Titel: Biegungsschwingungen umlaufender Wellen.
Autor: Ulrici
Fundstelle: Band 339, Jahrgang 1924, S. 90
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Biegungsschwingungen umlaufender Wellen. Von Dipl.-Ing. Ulrici, Charlottenburg. ULRICI, Biegungsschwingungen umlaufender Wellen. Bei den kritischen Drehzahlen umlaufender Wellen treten die Biegungseigenschwingungen mit den erregenden Kraftschwingungen in Resonanz. Um das Verhalten der Wellen dabei zu erkennen, soll zunächst der einfachste Fall einer gewichtslosen an den Enden gelagerten Welle mit einer scheibenförmigen Last betrachtet werden. Die Last sei vollkommen ausbalanziert; ihr Schwerpunkt liege also genau in der Wellenmitte. Von einer Durchbiegung der Welle infolge der Gewichtswirkung der Last werde abgesehen; es kommt also nur ihre Masse in Betracht. Wird die ruhende, nicht umlaufende Welle in der Querebene der Masse etwa durch zwei verschieblich neben der Masse angebrachte Lager durchgebogen, so werden auf diese und die Endlager der Welle Kräfte übertragen, deren Größe nur von dem elastischen Widerstand der Welle abhängig ist. Läßt man die so verbogene Welle rotieren, so werden dadurch keine neuen Kräfte wachgerufen. Der einzige Unterschied zwischen den beiden Zuständen besteht darin, daß durch die Umdrehung die Welle dauernd in eine neue Form gebracht werden muß. Dort, wo eben noch Zugbeanspruchungen herrschen, treten bei wachsendem Umlauf Druckbeanspruchungen auf. Die an der Außenseite der Durchbiegung liegende Faser kommt nach einer halben Umdrehung an die Jnnenseite. Jede Faser durchläuft ständig wechselnd die Zustände höchster Zug- und höchster Druckbeanspruchung. Es muß daher ein ständiger Wechsel in der Arbeitsleistung für die elastische Formänderung eintreten, und falls dieser mit innerer Reibung erfolgt, zur Ueberwindung dieser ständig Arbeit aufgebracht werden. Diese Leistung kann nur das die Welle drehende äußere Drehmoment liefern, so daß ein Verlust von Arbeit entsteht, der in Form von Wärme von der Welle nach außen wieder abgegeben wird. Wenn dieselbe ruhende, aber nicht umlaufende, Welle plötzlich von den beiden Lagern neben der Masse freigegeben wird, so schnellt sie unter dem Einfluß der elastischen Federkraft in der Richtung nach der ehemaligen Ruhelage, in der die Welle ursprünglich war, zurück. Dabei muß die Masse mitgeführt; werden und Geschwindigkeit erhalten. Wenn die Welle sich etwas zurückverbogen hat, ist die elastische Formänderungsarbeit, die vorher für diese Durchbiegung erforderlich war, zur Beschleunigung der Masse verbraucht, und findet sich, wenn von jeglichen Reibungswiderständen abgesehen wird, in der Bewegungsenergie der Masse wieder. Im Augenblick, da die Welle wieder gerade geworden ist, enthält die Masse, die jetzt ihre größte Geschwindigkeit hat, die ganze ursprüngliche elastische Energie der Welle als Bewegungsenergie. Sie verharrt daher nicht in der spannungslosen Ruhelage, sondern die weiterdrängende Masse biegt sie nach der anderen Seite durch und gibt unter ständiger Verzögerung ihre Energie an die Welle wieder ab. Es ist dies das charakteristische Bild des Arbeitsaustausches zwischen kinetischer und potentieller Energie der Schwingung, die solange bestehen bleibt, als sie nicht durch plötzlich neu hinzutretende oder durch die Schwingung selbst wachgerufene Kräfte gestört wird. Letztere können aus elastischer innerer oder aus äußerer Reibung bestehen. Ihre dämpfende Wirkung kostet Arbeit und vermindert die Schwingungsweite, wenn nicht von außen wieder Energie zugeführt wird. Erhält die Welle z.B. in regelmäßiger Folge der Schwingungsperiode einen Stoß, groß genug, die Reibungsverluste zu ersetzen, so bleibt die Schwingung dauernd bestehen. Solche kleinen Stöße, die z.B. in einer Uhr für den Antrieb des Pendels verwirklicht sind, können auch in Form einer gleichmäßig mit der Periode der Schwingung schwankenden, im einfachsten Falle harmonischen Kraft, deren zeitlicher Größenverlauf der Sinuslinie entspricht, auftreten. Eine Blattfeder übt an einem Ende eine solche Kraft aus, wenn sie an dem anderen Ende durch einen Kurbel- oder Exzenterantrieb in gleichmäßigem Wechsel hin- und hergebogen wird. Nun werde die rotierende und ausgebogene Welle plötzlich frei gegeben. Dadurch ändert sich an dem eben erhaltenen Bilde der Schwingung ohne Rotation nichts. Die Welle schwingt hin und her, unbeeinflußt von der Rotation und rotiert, unbeeinflußt von der Verbiegung. Eine Aenderung der Tourenzahl bringt keine Aenderung der Schwingung hervor, wenn von dem Einfluß irgendwelcher Reibung abgesehen wird. Wie vorher, besteht der einzige Unterschied infolge der Rotation darin, daß die einzelnen Wellenfasern abwechselnd gezogen und gedrückt werden und bei innerer Reibung dazu Arbeit verbraucht wird. Aber es ist zu beachten, daß der Betrag der elastischen Formänderungsarbeit mit dem jeweils vorhandenen Schwingungsausschlag sich ändert und demnach bei innerer Reibung auch der Arbeitsverlust mit dem Schwingungsausschlag steigt und fällt. Wenn die Welle durch die Ruhelage schwingt, bedingt die Rotation keine Formänderung und bei innerer Reibung auch keinen Verlust. In allen anderen Lagen der Schwingung treten elastische Deformationen und innere Reibungsverluste ein. Die Art und Größe des Gesamtverlustes an Arbeit hängt von dem Zusammenspiel von Umdrehung und Schwingung ab und läßt sich im allgemeinen nicht übersehen. Da sich Schwingungen verschiedener Art ebenso wie verschiedene Durchbiegungen überlagern können, ohne sich gegenseitig zu stören, so kann die Welle gleichzeitig in verschiedenen Ebenen schwingen. Umgekehrt kann jede beliebige Schwingung, bei der die Wellenmittellinie also eine räumliche Bewegung ausführt, in zwei oder mehrere ebene Schwingungen aufgelöst werden. Der interessanteste Fall tritt ein, wenn die Welle in zwei senkrecht zu einander stehenden Ebenen mit gleich großer Amplitude schwingt. Jeder Wellenmittelpunkt macht dann eine kreisende Bewegung um seine Ruhelage als Mittelpunkt. Der Durchmesser des Kreises ist die für beide Schwingungen gleiche Schwingungsweite. Der Wellenmittelpunkt durchläuft diesen Kreis in der Zeit einer Schwingung einmal. Die Umlaufrichtung hängt von der gegenseitigen Richtung der Schwingungen ab. Sie kann also, wenn die Welle gleichzeitig rotiert, in demselben und im entgegengesetzten Sinne erfolgen. Ist der Drehsinn der gleiche, so tritt der wichtige Fall ein, daß die Welle trotz der Schwingung keiner Formänderung unterworfen ist. Die ganz außen gelegenen gezogenen Fasern der Welle werden bei zusammenwirkender Schwingung und Drehung stets dem ursprünglichen Mittelpunkt der Welle diametral abgekehrt und daher am weitesten außen bleiben. Der Wellenquerschnitt kreist um den Mittelpunkt der Ruhelage wie der Mond um die Erde, der ebenfalls bei einem Umlauf sich einmal um sich selbst dreht. Arbeitsverluste durch innere, elastische Reibung treten natürlich nicht auf; ebensowenig durch äußere, etwa Luftreibung. Denn diese liefert bei der kreisenden Bewegung der Welle nur ein Drehmoment, das durch das Antriebsdrehmoment der Welle ausgeglichen werden muß. Nur, wenn dieses nicht dazu ausreicht und dadurch die Drehzahl der Welle erniedrigt wird, entsteht mittelbar ein Einfluß auf die Schwingung. Dann fällt die Welle aus dem Takt und Drehung und Schwingung setzen sich zu einer ganz anders gearteten Bewegung zusammen. Der Wellenmittelpunkt macht zwar nach wie vor eine kreisende Bewegung, so daß die Wirkung der Luftreibung auf die Schwingung als Dämpfung entfällt, aber die Welle dreht sich jetzt nicht mehr im Verlauf einer Kreisschwingung einmal um sich selbst. Es entstehen also sofort wieder die elastischen Deformationen, damit innere Reibung und Dämpfung der Schwingung. Der Resonanzfall ist also dadurch ausgezeichnet, daß die Schwingung weder durch äußere noch innere Reibung gedämpft wird. Die Welle behält ihre einmal erregte Schwingung bei und rotiert, als wäre sie, dem größten Schwingungsausschlag entsprechend, dauernd verbogen. Der Vorgang hat daher, äußerlich betrachtet, mit einer Schwingungsbewegung scheinbar gar nichts mehr gemeinsam. Das ist z. T. eine Folge der Annahme, daß die beiden senkrecht zu einander stehenden Schwingungen gleiche Schwingungsweite haben sollten. Ist die eine größer als die andere, so macht der Wellenmittelpunkt eine ellyptische Bewegung, die deutlich den Eindruck einer Schwingung macht, die sich um die kreisförmige Bewegung des Wellenmittelpunktes als „Ruhelage“ abspielt. Es treten innere und äußere Reibungsverluste auf, die bei fehlendem Ersatz auf die kreisförmige Bewegung hinwirken. Wenn man sich das Bild dieser rotierenden, verbogenen Welle vorstellt, entsteht unwillkürlich der Gedanke, daß die in den verbogenen Teilen hervorgerufenen Centrifugalkräfte der Rotation eine ständig fortschreitende Ausbiegung der Welle bis zum Bruch hervorrufen müßten, weil jede weitere Verbiegung die Centrifugalkraft vergrößert. Das widerspricht durchaus der Vorstellung, die wir uns vorher von der zusammengesetzten Schwingung und Drehung gemacht haben. Danach soll der einmal durch irgend eine Erregung eingetretene kreisförmige Schwingungszustand erhalten bleiben und beim Fehlen von Reibung von der Rotation unabhängig sein. Der Widerspruch löst sich sogleich, wenn man sich der elastischen Biegungskraft der Welle erinnert. Wäre diese nicht vorhanden, und die Welle also unelastisch deformiert, so läge ein ganz anderer Zustand vor, dessen Wesen in der fehlenden Ausbalanzierung liegen würde. Die elastische Biegungskraft der Welle steht eben im Gleichgewicht mit der Centrifugalkraft. Bezeichnen m die Masse, ω die Winkelgeschwindigkeit der Drehung, c die elastische Kraft der Welle pro Durchbiegungseinheit, f die Durchbiegung, so ist m f ω2 die Centrifugalkraft der Masse und c f die elastische Rückstellkraft der Welle; deren Gleichgewicht liefert: m\,f\,\omega^2=c\,f;\ m\,\omega^2=c;\ \omega=\sqrt{\frac{c}{m}}. Das ist der bekannte Wert der Eigenschwingung der Welle mit einer Masse, und es war ja vorausgesetzt, daß die Resonanz bestehen sollte. Daß der Wert der Durchbiegung f aus der Gleichung herausfällt, beweist, daß das Gleichgewicht für jede Durchbiegung besteht. Es bildet also dieser kreisende Schwingungsvorgang der Welle trotz Fehlens der inneren und äußeren Reibungsdämpfung keine Gefahr. Die bisher betrachtete Bewegung ist die Eigenschwingung der Welle. Sie tritt bei vollkommen ausbalanzierten Massen, durch einen einmaligen Stoß oder harmonische Kräfte von der Periode der Eigenschwingung erregt, unabhängig von der Tourenzahl auf und bleibt nur bestehen, wenn die dämpfenden Reibungsverluste durch neue äußere Stöße ersetzt werden. Eine Ausnahme macht der Resonanzfall, wenn eine kreisende Doppelschwingung in der Drehrichtung der Welle besteht. Dann fehlt die Dämpfung und eine einmal erregte Schwingung bleibt bestehen. Die im Betriebe auftretenden einzelnen Stöße auf die Welle führen in den meisten Fällen nur zu schnell abklingenden Schwingungen, denen keine Bedeutung beizumessen ist. Wirken auf die Welle aber periodische Kräfte, so entstehen neben den bald verschwindenden Eigenschwingungen noch erzwungene Schwingungen, die mit der Periode der erregenden Kraft verlaufen. Sie unterliegen ebenso wie die Eigenschwingung der dämpfenden Wirkung der inneren und äußeren Reibungskräfte, führen aber dauernde oft unangenehme Beanspruchungen von Maschinenteilen und Energieverluste herbei; man wird ihre Entstehung daher möglichst schon bei der Konstruktion beachten und zu verhindern suchen. Wo sie durch die Eigenart der Maschine selbst unvermeidlich sind, lassen sie sich durch geeignete Maßregeln, meist durch die stets vorhandene Reibung in Lagern usw. von selbst klein genug halten, so daß keine übermäßigen Beanspruchungen entstehen. Haben aber die erregenden Kräfte die Periode der Eigenschwingungszahl, so gehen die erzwungenen Schwingungen in Eigenschwingungen über, und dann muß stets mit gefährlichen Wirkungen gerechnet werden. Da die Ausbildung unzulässig großer Schwingungsweiten vom Eintritt in das Resonanzgebiet an immer eine gewisse Zeit erfordert, so ist es möglich, das Resonanzgebiet gefahrlos zu durchschreiten, wenn dies in genügend kurzer Zeit gelingt. Es kann vorkommen, daß die Schwingungserregung mehr Energie kostet, als die Antriebsmaschine bei dem höheren Leistungsbedarf der angetriebenen Maschine bei steigender Drehzahl herzugeben vermag. Dann läuft das Aggregat in das Resonanzgebiet hinein, fällt ab unter heftigen Erschütterungen, macht einen neuen Anlauf und pendelt dauernd hin und her. Solche Verhältnisse müssen sicher vermieden werden. Von allen erregenden Kräften sind nun offenbar diejenigen am gefährlichsten, die Kreisschwingungen in Resonanz mit der Drehzahl erzeugen. Zu diesen gehören die durch nicht ausbalanzierte Massen hervorgerufenen Erregungen als die wichtigsten. Wird an die bisher betrachtete Welle eine kleine nicht ausbalanzierte Masse angebracht, so liefert sie eine Centrifugalkraft, die stets von der Mitte der Welle nach außen gerichtet ist und mit der Rotation umläuft. Sie läßt sich an jeder Stelle in eine horizontale und eine vertikale Komponente zerlegen.. Beide haben einen harmonischen Verlauf, sie wachsen und fallen wie der Sinus des Rotationswinkels und sind in ihrem Verlauf um eine Vierteldrehung gegeneinander versetzt. Jede erzeugt und unterhält eine Schwingung der Welle, die in aufeinander senkrecht stehenden Ebenen erfolgen mit gleich großen Schwingungsweiten. Stimmen nun Drehzahl und Eigenschwingungszahl der Welle überein, so liegt der eigenartige Zustand der kreisförmigen Doppelschwingung vor, bei dem Dämpfung durch äußere oder innere Reibung fehlt. Die Folge ist eine ständige Vergrößerung der Schwingung, die nur dadurch eine Begrenzung findet, daß beim Wachsen der Schwingungen sich die Verhältnisse praktisch anders gestalten, als die Grundlagen der hier angestellten Betrachtung ergeben. Sobald die Schwingungsausschläge zu einer gewissen Größe angewachsen sind, treten neue Kraftwirkungen auf, z.B. in den Lagern, die immer Spiel haben und der Welle eine kleine Bewegung gestatten, während die theoretische Betrachtung mit irgend einer Stützung, aber stets mit Bewegungslosigkeit in Mitte Lager rechnet. Die in die Schwingung eingewanderte Energie äußert sich dann in gefährlicher Weise, z.B. durch heftige Lagerstöße oder bei anderen Maschinenteilen durch Reibung an Stellen, an denen keine Berührung vorgesehen war und die daher zu empfindlichen Störungen führen muß. Auch elastische Verschiebungen konstruktiv fest zu einander liegender Teile treten ein, die nach kürzerer oder längerer Wirkung Veränderungen herbeizuführen vermögen, die den Betrieb der Maschine unmöglich machen. Auch wenn die Drehzahl zur Eigenschwingungszahl in einem ganzzahligen Verhältnis steht, wird die Schwingung auftreten. Sie wird dann kleiner ausfallen, da eine neue Erregung erst nach einigen Schwingungen erfolgt. Liegt keine Resonanz vor, so tritt trotzdem eine Schwingung auf. Die Welle wird dann von der erregenden Kraft zu einer mit deren Periode schwingenden Bewegung gezwungen. Diese Schwingung ist gegen die Erregung in der Phase versetzt. Der Phasenwinkel wird um so größer, je größer die Dämpfungskräfte sind und je näher die Umdrehungszahl, also auch die Zahl der erregenden Impulse, sich der Eigenschwingungszahl der Welle nähert, während der Schwingungsausschlag bei zunehmenden Dämpfungskräften abnimmt, aber bei Annäherung an die Schwingungszahl der Welle wächst, und um so plötzlicher und zu größeren Werten bei Resonanz ansteigt, je kleiner die Dämpfung ist. Dann ist der Phasenwinkel zwischen erregender Kraft und Schwingung fast 90°. Ohne Dämpfung würden genau 90° eintreten. Der bisher betrachtete Fall der gewichtslosen Welle mit einer schweren Masse von geringer Längsausdehnung findet sich bei Turbinen annähernd verwirklicht, trifft aber für viele andere Maschinenwellen, z.B. Generatorwellen, nicht zu. Betrachtet man eine nicht rotierende, schwingende, vollkommen ausbalanzierte Generatorwelle, so erkennt man, daß auch hier ein ständiger Wechsel zwischen elastischer und Bewegungs-Energie vorhanden ist. Für jeden kleinen Abschnitt der Welle ist der von diesem gelieferte Anteil an der gesamten Formänderungsarbeit in ständigem Austausch mit der Bewegungsenergie des kleinen Abschnittes. Was früher nur für die eine Masse galt, ist hier für jeden kleinen Teil der Welle zutreffend. In einer bestimmten Schwingungslage, also in irgend einem Augenblick, ist die Durchbiegungslinie das Ergebnis des Gleichgewichtes zwischen der elastischen Kraft und der Beschleunigungskraft an jeder Stelle der Welle. Wäre nun die Beschleunigung an allen Stellen gleich groß, so müßte die bei der Schwingung entstehende Durchbiegung dieselbe Form haben, wie die Durchbiegung infolge der Gewichtswirkung der Welle, denn dabei sind die biegenden Kräfte an jeder Stelle gleich dem Produkt der Massen mit der Erdbeschleunigung. Bei der Schwingung ist nun für alle Stellen der Welle der zeitliche Ablauf der Bewegung gleich, aber der Schwingungsausschlag ist an allen Stellen verschieden, daher ist auch die Beschleunigung, die aus der Schwingung resultiert, an jeder Stelle der Welle von anderer Größe. So ist z.B. an den Enden der Welle, wo die Durchbiegung immer kleiner sein wird, als in der Mitte, die Beschleunigung der Schwingung immer kleiner, als in der Mitte; bei der Schwingung muß daher die Durchbiegung an den Enden im Verhältnis kleiner sein, als bei der Durchbiegung infolge der Gewichtswirkung. Die Durchbiegungslinie der Schwingung ist daher im allgemeinen stärker gekrümmt, als die der Gewichtswirkung. Die Berechnung der kritischen Drehzahl mit Hilfe der Föppelschen Formel aus der größten durch Gewichtsbelastung entstehenden Durchbiegung kann deshalb nicht genau sein, und wird ein um so mehr abweichendes Resultat ergeben, je mehr die „Schwingungslinie“ von der „Gewichtslinie“ abweicht. Bei der gewichtslosen Welle mit nur einer Masse ist dagegen kein Unterschied zwischen den beiden Durchbiegungslinien und die Föppelsche Formel gilt hier streng. Während die Welle mit einer Masse, wie sie auch anfänglich erregt sein mag, stets nur eine einzige Schwingung von bestimmter Art und Form in einer und derselben Ebene ausführen kann, ist die Zahl der Schwingungsarten einer Generatorwelle in derselben Ebene beliebig groß. Stößt man die Welle in der Mitte an, so schwingt sie ähnlich wie die gewichtslose Welle mit einer Masse. Die Lager bilden Knotenpunkte, die Welle bildet einen einzigen großen Bauch. Stößt man dagegen die Welle an zwei ungefähr je auf ein Viertel der Länge von den Lagern gelegenen Stellen in entgegengesetzter Richtung an, so wird die Welle mit drei Knotenpunkten, je einem in den Lagern und einem ungefähr in der Mitte und mit zwei entgegengesetzten Bäuchen schwingen. Durch beliebig viele, abwechselnd entgegengesetzt wirkende Stöße lassen sich Formen der Welle mit beliebig vielen Knotenpunkten und entsprechenden Schwingungsbäuchen erzeugen. Natürlich ist die Lage der Knotenpunkte und der Bäuche durch die Verteilung der Massen und der elastischen Kräfte der Welle bedingt. Zwingt man der Welle eine Gestalt auf, die mit dieser Verteilung nicht in Einklang steht, so werden sich mehrere gegeneinander zeitlich versetzte Schwingungen ergeben, derart, daß die aus allen zusammengesetzte Form der Welle der aufgezwungenen Gestalt gleicht. Von allen möglichen auf die Lager oder die Welle selbst wirkenden Erregerkräften ist auch hier wieder die Fliehkraft nicht ausbalanzierter Massen der rotierenden Welle die wichtigste. Große Mannigfaltigkeit tritt auf bei Wellen, die mehrere Massen tragen, oder deren Stärke die Vernachlässigung des Eigengewichtes nicht mehr gestattet, durch beliebig viele nicht ausbalancierte Massen, die in irgendwelchen Querschnitten und in verschiedenen radialen Längsebenen liegen. Ist nur eine einzige nicht ausbalanzierte Masse vorhanden, so gibt diese in den Komponenten ihrer Fliehkraft in zwei aufeinander senkrecht stehenden Ebenen harmonische Erregungskräfte, die in der Resonanz die kreisförmige Bewegung der Wellenmittellinie erzeugt. Liegt die exzentrische Masse in der Nähe der größten Massenbelastung der Welle, so bedingt sie eine Schwingung mit einem Bauch und den Knoten in den Lagern. Rückt die nicht ausbalanzierte Masse mehr zu den Lagern hin, so wird auch eine Schwingung mit zwei Bäuchen und drei Knoten entstehen, die sich der Schwingung mit einem Knoten überlagert. Welche der beiden Schwingungen überwiegt, hängt von der Verteilung der Massen und Trägheitsmomente, die für die Federkraft der Welle maßgebend sind, und der Form der Welle, die sie bei Beginn der Schwingungserregung besitzt, ab. Je nach der Lage der exzentrischen Masse und nach der Gestalt der Welle können Schwingungen mit mehreren Bäuchen und Knoten auftreten, die sich alle überlagern. Sind mehrere nicht ausbalanzierte Massen in verschiedenen Querschnitten, aber in derselben radialen Längsebene vorhanden, so bilden diese zusammen eine einzige Resultierende und einige Momente. Erstere wirkt ebenso wie eine einzige Erregungskraft. Die Momente bringen Schwingungen von mindestens drei Knotenpunkten und zwei Bäuchen hervor. Zweifellos wird im allgemeinen jede Resultierende von noch so vielen einzelnen, nicht ausbalanzierten Massen, auch die niedrigste Schwingung erregen. Welche Schwingungen höherer Art dabei vorzugsweise erregt werden, läßt sich beurteilen, wenn Größe und Lage der Unbalanzen bekannt ist. Das ist jedoch nicht der Fall. Man ist daher gezwungen, jede Erregungsmöglichkeit anzunehmen. Aber solange die Umdrehungszahlen der Maschinen so niedrig liegen, daß die Erregung höherer Schwingungen nicht zu befürchten ist, wird deren Untersuchung mit Recht unterlassen. Glücklicherweise wächst, wenn die Zahl der Möglichkeiten von Schwingungen erheblich zunimmt, damit auch gleichzeitig die Zahl der Mittel, um die Schwierigkeiten zu beseitigen bzw. zu umgehen. Weiter kann durch den Vergleich mit glatten Wellen gefolgert werden, daß die höheren Schwingungszahlen annähernd ähnliche Vielfache der niedrigsten Schwingungszahl sind. Die Schwingungen niedrigerer Art zeigen sich meist in Stößen in den Lagern und ganzen Maschinenteilen. Bei der Ausbreitung der Stöße über die ganze Maschine und das Fundament haben die Eigenschwingungen der einzelnen die Stöße fortleitenden Teile der Maschine einen wesentlichen Einfluß. Je höherer Art die Schwingungen sind, desto weniger treten Stöße in Erscheinung. Dann spielen sich die Schwingungsvorgänge nicht mehr zwischen den einzelnen großen Maschinenteilen als Ganze ab, sondern in den Teilen selbst. Sie greifen an den Aufbau der großen Maschinenteile aus ihren zahlreichen kleinen Stücken und schließlich in das Gefüge des Materiales selbst. Es ist sehr wahrscheinlich, daß gerade auf diesem Gebiete noch manche Erkenntnis der Aufdeckung harrt und eigenartige, schwer verständliche Vorgänge hier ihre Erklärung finden. Die Schwierigkeit liegt in der Bestimmung der Eigenschwingung und Schwingungsfortleitung, also fortschreitender Wellen, bei räumlich beliebig bestimmten Körperformen und Körperzusammenstellungen. Bei den höheren Schwingungsarten können die durch die Neigung der Wellenteile entstehenden Drehbeschleunigungen eine wesentliche Bedeutung bekommen, so daß sie nicht, wie üblich, vernachlässigt werden dürfen. Dadurch wird die Berechnung schwierig. Da es sich dann aber um hoch liegende Schwingungszahlen handelt, tritt selten die Gefahr der Erregung ein. Man begnügt sich daher damit, die Schwingungen niedrigster Art mit der niedrigsten Schwingungszahl zu berechnen und eine Erregung dieser zu vermeiden. (Schluß folgt.)