Titel: Der Wärmeübergang bei kondensierendem Heißdampf.
Autor: Parey
Fundstelle: Band 340, Jahrgang 1925, S. 243
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Der Wärmeübergang bei kondensierendem Heißdampf. Der Wärmeübergang bei kondensierendem Heißdampf. In der Frage, wie sich überhitzter Dampf in bezug auf seine Wärmeabgabe verhält, bestand in technischen Kreisen bisher durchaus keine eindeutige Meinung. Im allgemeinen wurde und wird z. T. noch heute die Ansicht vertreten, daß Heißdampf eine weit schlechtere Wärmeabgabe habe als Sattdampf. Man wählte deshalb für Rohrleitungen, deren Verluste man gering halten wollte, Heißdampf, während für Heizzwecke Sattdampf verwendet wurde. Hervorgerufen wurde diese Ansicht dadurch, daß die Wärmeübergangszahl des Sattdampfes viel größer ist als die von überhitztem Dampf. In einer eingehenden Arbeit in Nr. 27/1925 der V.d.J.-Zeitschrift führt nun Dr.-Ing. W. Stender (Berlin) den Beweis, daß es irrig ist, anzunehmen, die Wärmeabgabe des Heißdampfes sei geringer als die von Sattdampf. Die wichtigsten Gedankengänge aus dieser Arbeit sollen im nachstehenden zusammengefaßt werden. Es sei zunächst vorausgesetzt, daß die Wärmeübergangszahl von Sattdampf bzw. Naßdampf an Wand 250mal so groß ist als die von Heißdampf an Wand und 5mal so groß als die von Wand an Wasser. Es verhalten sich also: Wand-Wasser Satt-dampf-Wand Heiß-dampf-Wand die Wärmeübergangszahlen wie   1 5 1/50, die Temperaturunterschiede wie 10 2 500 Wenn z.B. 20 000 kcal/m2h übertragen werden sollen, müssen bei 1 at. abs. die Temperaturen, in °C gemessen, betragen bei Wasser Wand Sattdampf Heißdampf 88°   98° 100° 90° 100° 600° Die Wärmeübergangszahl a ist also (in kcal/m2 h°C) für Wasser = 2000, Sattdampf = 10000, Heißdampf = 40. Der vorstehende Vergleich ist jedoch noch nicht einwandfrei, da die Wassertemperaturen bei Sattdampf und Heißdampf verschieden eingesetzt sind. Setzen wir auch bei Heißdampf die Wassertemperatur mit 88 °C ein bei gleichem Dampfdruck, so erhalten wir die Temperaturen bei Wasser Wand Heißdampf 88° 100° 700° Dabei werden unter der Voraussetzung, daß αWasser = 2000 und αHeßdampf = 40 ist, 24000 kcal/m2 h übertragen. Es zeigt sich hier, daß bei gleicher Kühlwassertemperatur und gleichem Dampfdruck vom überhitztem Dampf 20 v. H. mehr Wärme übertragen werden als vom Sattdampf, aber nicht weniger, wie allgemein angenommen wird. Dabei ist hier vorausgesetzt worden, daß der Dampf nur Ueberhitzungswärme abgibt, denn die Temperatur der Innenseite der Wand ist gleich der Sättigungstemperatur. Das wurde aber doch gerade aus der niedrigen Wärmeübergangszahl des Heißdampfes geschlossen, daß die Wärmeabgabe dann besonders schlecht sei, wenn nur Ueberhitzungswärme zu übertragen war. Diese Ansicht ist im vorstehenden also schon als irrig bewiesen. Auch auf anderem Wege kommt man zum gleichen Ergebnis. Es bedeute in den nachstehenden Formeln QH die vom Heißdampf an das Kühlmittel stündlich abgegebene Wärmemenge, je m2 Wandfläche, Qs die vom Sattdampf an das Kühlmittel stündlich abgegebene Wärmemenge, je m2 Wandfläche, Θ die Temperatur des zugeführten Heißdampfes, t die Sättigungstemperatur des zugeführten Heißdampfes, t die Wandungstemperatur auf der Dampfseite, t0 die Temperatur des Kühlmittels, {\alpha_1}^H die Wärmeübergangszahl von Heißdampf an Wand, {\alpha_1}^s die Wärmeübergangszahl von Sattdampf an Wand, kh die Wärmeübergangszahl von Heißdampf an das Kühlmittel, ks die Wärmeübergangszahl von Sattdampf an das Kühlmittel, k0 die Wärmeübergangszahl von der Wand auf der Dampfseite an das Kühlmittel. Dann ergibt sich QH = kH (Θ – t0)           (1) Die Abgabe dieser Wärmemenge vom Heißdampf an das Kühlmittel geht so vor sich, daß die Wärme zunächst vom Dampf an die Wand abgegeben, durch die Wand hindurchgeleitet und weiter von der Wand an das Kühlmittel abgegeben wird. Die letzten beiden Vorgänge haben wir dadurch in einen zusammengefaßt, daß wir k0, die Wärmeübergangszahl von der Wand auf der Dampfseite an das Kühlwasser, eingeführt haben. Es ist nun klar, daß im Beharrungszustand die Wärmeabgabe vom Dampf an die Wand und weiter von der Wand an das Kühlmittel identisch ist der Wärmeabgabe vom Dampf an das Kühlmittel, denn Verluste treten ja nicht auf. Also ist Q_{H}={\alpha_1}^H\,(\Theta-t)           (2) und Q_H = k0 (t – t0)           (3) Für Sattdampf gilt die gleiche Betrachtung, nur mit dem Unterschied, daß die Sättigungstemperatur t und die für Sattdampf geltenden Wärmeübergangszahlen eingesetzt werden müssen. Es ist also Qs = ks (t – t0)           (4) Q_s={\alpha_1}^s\,(t-t)           (5) Qs = k0 (t – t0)           (6) Hierbei zeigt sich, daß Gleichung 3 identisch ist mit Gleichung 6. Die übertragene Wärmemenge ist also bei gegebener Wärmeübergangszahl von Wand auf Dampfseite an das Kühlmittel und bei gegebener Kühlmitteltemperatur lediglich abhängig von der Wandtemperatur auf der Dampfseite; die Wärmeübergangszahl vom Dampf an die Wand ist ohne Einfluß. Die übertragene Wärmemenge ist also um so größer, je höher die Temperatur der Wand auf der Dampf seile ist. Man kann zwar von vornherein annehmen, daß diese Wandtemperatur bei Heißdampf höher sein wird als bei Sattdampf gleichen Druckes, doch soll das auch noch bewiesen werden. Zu diesem Zweck wählen wir als Beispiel die Wärmeverteilung in einem mit Dampf gefüllten Rohr, das außen von einem Kühlmittel umgeben ist. Die höchste Temperatur herrscht in der Rohrachse; sie nimmt nach der Wandung zu anfangs nahezu linear, in der Nähe der Wandung wesentlich schneller ab; der Verlauf der Temperaturabnahme ist von der Dampfmenge und der Strömungsgeschwindigkeit abhängig. Es ist nun klar, daß bei tiefer Temperatur der Wand der Dampf kondensiert, so daß sich eine Kondenswasserschicht von der Dicke \delta^k an der Wand bildet. Diese Schicht hat auf der Dampfseite die Sättigungstemperatur t des Dampfes, während auf der Wandseite die Temperatur geringer sein muß; denn sonst könnte keine Wärme durch die Kondensatschicht hindurchgeleitet werden. Die Temperatur auf der Wandseite ist aber um so niedriger, je dicker die Kondensatschicht ist. Wird nun bei gleichbleibender Temperatur des Kühlmittels ein Rohr einmal mit Heißdampf, das andere Mal mit Sattdampf gleichen Druckes beschickt, somuß die Kondensatschicht bei Heißdampf dünner sein als bei Sattdampf, da Heißdampf einen größeren Wärmeinhalt hat als Sattdampf gleichen Druckes. Infolge der dünneren Kondensatschicht ist auch die Temperatur auf der Wandseite der Schicht höher, also auch die Wandtemperatur t, die sich aus der durchgeleiteten Wärmemenge Q erreichnen läßt nach der Formel: Q=\frac{\lambda_k}{\delta_k}\,(t-t). Darin ist λk die Wärmeleitfähigkeit des Kondensats, δk die Dicke der Kondensatschicht, und t die Temperatur des Kondensats auf der Dampfseite gleich der Sättigungstemperatur des Dampfes. Da also die Wandtemperatur t bei Heißdampf höher ist als bei Sattdampf gleichen Druckes ist nach Gleichung (3) auch die abgegebene Wärmemenge Q größer. Die Kondensatschicht wird um so dünner, je höher die Temperatur des Heißdampfes ist; sie verschwindet ganz, wenn der Dampf aus seiner Ueberhitzungswärme gerade die Wärmemenge abgibt, die die Wand an das Kühlwasser ableiten kann. Wird der Dampf noch höher überhitzt, so steigt auch die Temperatur der Wand auf der Dampfseite, also auch die abgegebene Wärmemenge. Es würde zu weit führen, auch die ausführliche mathematische Beweisführung für obige Ableitungen hier wiederzugeben; dieselbe ist in der oben angeführten Arbeit in Heft 27/1925 der V. d. I.-Zeitschrift zu finden. Das sei jedoch daraus hervorgehoben, daß bei kondensierendem Heißdampf die Wärmeübergangszahl keine konstante Größe ist, sondern mit der Dampfmenge, die je m2 Bodenfläche stündlich kondensiert, und mit der spez. Wärme bei konstantem Druck (cp) zunimmt. Hervorgerufen wird diese Veränderlichkeit der Wärmeübergangszahl dadurch, daß der Wärmetransport von der Rohrachse zur Wand nicht allein durch Leitung im Dampf erfolgt, sondern daß die an der Wand kondensierende Dampfmenge ersetzt werden muß. Infolgedessen tritt eine Bewegung des Dampfes von der Rohrachse zur Wand ein, wobei direkt Wärme transportiert wird. Die gleiche Erscheinung tritt bei turbulanter Strömung ein; es ist also hiermit gleichzeitig die Erklärung gegeben für die Erscheinung, daß die Wärmeübergangszahl bei hoher Strömungsgeschwindigkeit mit turbulanter Strömung zunimmt. Zusammenfassend ist zu sagen: Die Wärmeabgabe von Heißdampf ist größer als die von Sattdampf gleichen Druckes; und zwar ist sie um so größer, je höher die Ueberhitzungstemperatur ist. Es ist also falsch, dem Heißdampf vor dem Eintritt in Heizanlagen seine Ueberhitzungswärme künstlich zu entziehen. Die Heizfläche wird mit Heißdampf besser ausgenutzt als mit Sattdampf. Es ist ein Irrtum, anzunehmen, daß Heißdampfleitungen geringere Wärmeverluste aufweisen als Leitungen mit Sattdampf gleichen Druckes. Die Wärmeverluste sind bei Heißdampf größer; der Vorteil der Ueberhitzung liegt darin, daß die Kondensation vermindert, also die Schwierigkeit der Kondensatableitung verringert oder gar vermieden wird. Um die Kondensation ganz zu vermeiden, genügt es nicht, den Dampf soweit zu überhitzen, daß die Differenz zwischen den Wärmeinhalten des Heiß- und des Sattdampfes gerade die Wärmeverluste decken. Vielmehr muß in diesem Fall die Ueberhitzung am Anfang der Leitung so groß sein, daß auch am Leitungsende die Wärmeverluste noch durch Ueberhitzungswärme ausgeglichen werden. Parey.