Titel: Holzkonservierung und ihre Bedeutung.
Autor: F. W. Landgraeber
Fundstelle: Band 345, Jahrgang 1930, S. 148
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Holzkonservierung und ihre Bedeutung. Von Bergwerksdirektor F. W. Landgraeber. LANDGRAEBER, Holzkonservierung. Fachleute schätzen den Wert des auf der ganzen Welt jährlich durch Fäulnis, Bakterien, Holzwurm und andere Holz Schädlinge unbrauchbar gewordenen Holzes auf eine Milliarde Mark. Die neuzeitliche Holzkonservierung hat daher derartige Fortschritte gemacht und ist von so großer Bedeutung geworden, daß sie geradezu als eine eigene Wissenschaft betrachtet werden kann. Zur Verhinderung von Fäulnis pflegt man seit alters her im allgemeinen Oberflächenanstrich mit Steinkohlenteer, Karbolineum, Holzteer, Kreosot oder Quecksilberchlorid zu verwenden. Die zur Anwendung gelangenden Methoden sind jedoch je nach Art, Eigenschaften und Verwendungszweck verschieden. Ein empfehlenswertes Schutzmittel besteht aus zwei Teilen Steinkohlenteer und einem Teil Holzteer. Die Mischung wird mit etwas Kolophonium aufgekocht und mit vier Teilen trockenen Aetzkalk verrührt. Voraussetzung ist, daß das Holz vollkommen trocken ist. Andernfalls verursacht das zurückbleibende Wasser sehr schnell eine Fäulnis im Innern, weil es nicht mehr entweichen kann. Außer mechanischen Verfahren kannte bereits das Altertum die Wirkung von Harz, Wachs, Paraffin, Leinöl und Talg als Konservierungsmittel. Trotz ihrer guten Eigenschaften kommen diese bei Verwendung größerer Holzmassen wie Bauhölzer, Holz für Wasser- und Straßenbau, Eisenbahnschwellen oder Telegraphenstangen nicht in Betracht. Völlig ausgeschlossen ist ihre Anwendung bei Grubenholz. Der Massenverbrauch von Grubenholz fordert zunächst die Anwendung billigster Methoden mit ausreichend Fäulnis verhütender Wirkung. Hierher gehören einmal Metallsalze und zum anderen antiseptisch wirkende ölige Stoffe. Zu denjenigen Mitteln, die neuzeitlich zur Holzimprägnierungstechnik Verwendung finden und wirtschaftliche Bedeutung erlangt haben, sind Quecksilber und Zinkchloride, Kupfervitriol, Eisenvitriol, Kreosot aus Buchenholz und Teer sowie ganz besonders Teeröl zu nennen. Viele der Oberflächenanstrichsmethoden und Imprägnierungsverfahren sind keineswegs etwas Neues, sondern waren schon in alten Zeiten in Anwendung. Die Anstrichverfahren sind z.B. eher bekannt gewesen als die Theorie des Verbrennungsvorgangs bekannt war. Die Imprägnierungsverfahren blicken bereits auf ein Alter von mehr als zwei Jahrhunderten zurück. Ihre Anwendung erfolgte allerdings in primitiver Weise, infolgedessen waren auch die Wirkungen nur gering. Das Imprägnierungsverfahren mit Quecksilber, das im Jahre 1823 dem Engländer Kyan patentiert wurde, wird bis in die Jetztzeit noch mit Kyanisieren bezeichnet, und auch heute noch so ausgeführt. Zum Imprägnieren oder „Einsumpfen“, wie es hier genannt wird, verwendet man eine ⅔ % Lösung des Quecksilberchlorids. Die Anwendung des Imprägnierungsmittels nach altem System hat jedoch Nachteile. Einmal dringt die Salzlösung nicht tief genug ins Holz ein, und ferner ist seine Anwendung mit bedeutender Giftigkeit des Sublimats verbunden. Immerhin hat das Kyanisieren für bestimmte Zwecke gute Erfolge zu verzeichnen. Beim Paynisierungsverfahren, so genannt nach dem Erfinder Payne (1811) wird Eisenvitriol in Verbindung mit Kalklösung oder Schwefelbarium verwandt. Da sich seine Anwendung nur für kleine Holzstücke ermöglichte, erlangte es nur wenig praktischen Wert. Kupfervitriol war das Medium für das sog. Saftverdrängungsverfahren von Boucherie. Das Boucheriesystem wurde über ein halbes Jahrhundert von der deutschen Telegraphengesellschaft geübt, und ungefähr 90 % aller Telegraphenstangen erhielten Kupfervitrioltränkung. Vor 25 Jahren kam das Betthelisieren an seine Stelle. Dieses Verfahren besteht in der Imprägnierung mit Teeröl. Teeröl wird bereits im Jahre 1756 zum Zwecke der Holzimprägnierung im Patent von Haies erwähnt. Damals gelangte es jedoch nicht über die Bedeutung eines Apothekerrezeptes hinaus. Ein hochwertiges Konservierungsverfahren wurde der Imprägnierungstechnik im Jahre 1831 von Breant gegeben. Bei diesem wird die zu verwendende Flüssigkeit durch Druck in einen luftleeren Raum eingebracht. Zunächst wird das Holz in einen Imprägnierungszylinder mittels Wasserdampf von 1,5 Atmosphäre gedämpft. Alsdann wird die Luft aus dem Zylinder sowie aus dem Innern des Holzes durch Luftpumpen ausgesogen. Nachdem die Lüftverdünnung einen gewissen Grad erreicht hat, leitet man die Imprägnierungsflüssigkeit unter einem Druck von 8–10 Atmosphären in den Zylinder, wodurch diese in das Holz eingepreßt werden. Der Erfinder benutzte Eisenvitriol zum Tränken. Obgleich mit den von ihm angewandten Metallsalzen der erstrebte Zweck nicht zu einem Dauererfolg führte, wurde trotzdem dieses sog. Druckverfahren die Grundlage der gesamten Imprägnierungstechnik. Burnett nahm anstatt des Eisenvitriols Zinkchlorid beim Breantschen Druckverfahren. Auch dieses Salz verlieh den damit behandelten Hölzern nur begrenzte Lebensfähigkeit. Zinkchlorid hat den Vorteil großer Billigkeit. Jenes dürfte daher künftig von erheblicher Bedeutung für die Konservierung der zum Massenverbrauch bestimmten Hölzer werden, falls es gelingt, gewisse Nachteile auszumerzen, Versuche in dieser Hinsicht werden dauernd unternommen. Erst als es gelang, Teeröl an Stelle der Metallsalze erfolgreich zu verwenden, begann ein neuer Abschnitt in der Imprägnierungstechnik. Teeröl hat sich infolge seiner außergewöhnlichen antiseptischen Kraft als Imprägnierungsmittel von bedeutender Wirkung erwiesen. Die Ursache, weswegen es lange Zeit nicht mit anderen Mitteln konkurrieren konnte, lag vorwiegend daran, daß es nur in verhältnismäßig geringen Mengen auf den Markt kam und infolgedessen teurer als alle andern Mittel war. Dank der Fortschritte der Kokerei- und Gastechnik ist heute genügend zu haben. Das Oelerhitzungsverfahren von Rütgers fand bald darauf bedeutende Verwendung. Das Oel wird auf 110° C erwärmt und unter Druck von 7 atm eingepreßt. Da jedoch dieses Verfahren erhebliche Oelmengen erforderte, wurde bald darauf das Rüpingsche Teerölverfahren erfunden, nach welchem mehr als 50 % Oel eingespart werden kann. Diese Ersparnis wird dadurch erzielt, daß nach der Imprägnierung ein großer Teil des Oeles mittels Vakuumbehandlung aus dem Holz wieder herausgesaugt wird. Die Lebensdauer der so imprägnierten Telegraphenstangen beträgt etwa 30 Jahre. Unzweifelhaft hat diese Art der Konservierung für den Eisenbahn-, Wasser- und Wegebau die größte Zukunft. Für die Konservierung von Grubenholz kommen wegen des penetranten Geruchs und der Feuergefährlichkeit weder Teerölverfahren noch Metallsalze in Frage. An Stelle von metallorganischen Verbindungen wie früher wer den neuzeitlich Abkömmlinge des Phenols verwandt. Die am meisten verwendete Wolmannsche Flüssigkeit setzt sich hauptsächlich aus Fluor-Dinitrophenol-, Chrom- und Kreosotsalzen zusammen. Ein anderes Imprägnierungsmittel ist das sog. Bellitdoppelfluor, bestehend aus 80 % Fluornatrium, 7 % Dinitrophenol und 5 % Anilinöl. Es verursacht ungefähr die gleiche antiseptische Wirkung wie Quecksilberchlorid. Neuzeitlich sind Bestrebungen im Gange, für Grubenhölzer die Verbindungen von Arsen oder Antimon zu verwenden. Es handelt sich hierbei um Lösungen komplexer Salze der Weinsäure mit Arsen und einer organischen Base in geeigneten Oelen mineralischen Ursprungs wie Anilin arsentartrat, Pyridinarsentartrat, Chinolinarsen tartrat, Strychninarsentartrat u.a.m. An Oelen mineralischer Herkunft, die sich zur Auflösung jener Verbindungen vorzüglich eignen, kommen Steinkohlenteeröl, Schieferöl oder Urteer in Frage. Man nimmt sie allein oder in Mischungen. Besonders günstig wirken naturgemäß diejenigen, die an sich schon ein wirksames Mittel gegen holzschädigende Pilze und tierische Schädlinge enthalten. Die Zunahme der Druckfestigkeit durch Teeröltränkung beträgt z.B. bei Kiefer mehr als 12 %, und die radiale Scherfestigkeit um mehr als 58 %.