Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 233, Jahrgang 1879, Miszellen, S. 169
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Miscellen. Miscellen. Barbe und Pétry's Wasserrohrkessel. In dem Berichte über den von der Firma Barbe, Pétry und Comp. zu Molenbeek bei Brüssel ausgestellten Dampfkessel, System Barbe (* 1879 231 405), habe ich als Patentinhaber folgende Gegenbemerkungen zu machen. Zuerst behauptet der Verfasser, das Einsetzen der Röhren sei viel schwieriger wie bei den gewöhnlichen Röhrenkesseln, während dies doch in keiner Weise der Fall ist. Bei den Barbe'schen Kesseln wird der obere cylindrische Kessel durch drei rechteckige Kästen getragen, welche durch zwei Rohrenbundel mit einander verbunden sind. Diese Röhren aber werden mit der gröſsten Leichtigkeit eingezogen, weil die Deckel der beiden Endkästen nicht aufgenietet, sondern aufgeschraubt sind, während der mittlere Kasten bei einer Breite von 560mm sicherlich hinreichenden Raum zum Verstemmen der Röhren bietet, da beispielshalber bei Schiffskesseln dieser Zwischenraum nur 500mm beträgt. Worin soll also die gerügte Schwierigkeit des Röhren-Einsetzens zu suchen zu sein? Die weitere Behauptung, das Reinigen der Röhren sei beim. Barbe'schen Kessel fast unmöglich, kann nur auf Grund einer oberflächlichen Betrachtung des Kessels gefallen sein, da es zu einer gründlichen und mühelosen Reinigung der Röhren genügt, die Deckel der Endkästen loszuschrauben, was mittels besonderer Werkzeuge in kurzer Zeit geschehen kann. Es ist jedoch nicht nöthig, die Röhren einer häufigen Reinigung zu unterwerfen, da in Folge des raschen Wasserumlaufes, welcher durch die Neigung der Röhren noch erleichtert wird, ein Festsetzen von Niederschlägen in den Röhren fast unmöglich ist. Der ganze Niederschlag findet vielmehr fast ausschlieſslich in dem mittleren, deshalb auch tiefer angelegten Kasten statt, und zwar in Form von losem Schlamm, welcher mit der gröſsten Leichtigkeit entfernt werden kann. Wenn der Verfasser ferner die rechteckige Form der Kästen als eine schwierig herzustellende kritisirt, so mag er Recht haben, insofern er hierbei die veralteten Kesselschmieden im Auge hat, bei denen das Facon schmieden eine fast unbekannte Sache ist; gut eingerichtete Kesselfabriken aber, welche sich – wie die meinige – mit Herstellung von Locomotiv- und Schiffskesseln, letztere bis zu 4 und 5m Durchmesser, befassen, werden auch nicht die geringste Schwierigkeit darin finden, rechteckige Kästen mit Seiten wänden von 1,20 oder 2m Länge zu construiren. Dasselbe gilt für den Einwand, daſs das Barbe'sche Kesselsystem sich nicht für hohe Dampfspannung eigne, weil die rechteckigen Kästen nicht mit den erforderlichen Versteifungen versehen werden könnten. Ist es dem Verfasser entgangen, daſs die Kästen des in Paris ausgestellten Kessels sowohl mit Winkel wie Anker ausgerüstet waren, oder bieten die geraden Flächen dieser Kästen mehr Gefahr wie die viel gröſseren geraden Flächen der Schiffskessel? Die Schluſsfolgerung des Verfassers: „Es scheint uns, daſs mit diesem Kesselsysteme günstige Resultate nicht zu erzielen sind“, kann angesichts der vorstehend angeführten Voraussetzungen nicht überraschen, wird aber am besten durch die Thatsache widerlegt, daſs diese Kessel überall, wo sie zur Anwendung kamen den gröſsten Beifall gefunden haben, wie ich dies durch einige dreiſsig Zeugnisse von belgischen und holländischen Fabrikanten belegen kann. Zudem ist das Barbe'sche Kesselsystem vollständig rationell und will ich dem Referenten nicht bestreiten, daſs solches einige Analogie mit den sogen. Bouilleurkesseln habe, obgleich es diesen gegenüber einerseits ein Kohlenersparniſs von 30 bis 40 Proc. bietet, während es andererseits nicht den Nachtheil hat, daſs sich Bleche und Vernietungen direct über dem Feuer befinden. Diese leiden, wie es allen Besitzern von Bouilleurkesseln hinreichend bekannt sein dürfte, durch die fortwährenden Dilatationen auſserordentlich. Da bei dem Barbe'schen System das groſse Siederohr (oder Bouilleur) durch eine Menge enger gezogener Röhren ersetzt ist, müſs die auf dem Roste entwickelte Wärmemenge viel besser ausgenutzt werden, und ist denn auch durch zahlreiche Versuche an verschiedenen Kesseln dieses Systemes ein Nutzeffect von 8 bis 10k trockenen Dampfes für 1k verbrannter Kohle festgestellt worden. Luttich, Juni 1879. E. Pétry-Chaudoir. Anschlieſsend an vorstehende Bemerkungen geben wir gern zu, daſs im Vergleich zu den meisten gegenwärtig gebrauchten Schiffskesseln das Barbe'sche Kesselsystem keine auſsergewöhnlichen Schwierigkeiten der Construction und Instandhaltung bietet; ob aber dieses Beispiel auch für Stabilkessel maſsgebend werden soll, mag doch noch fraglich erscheinen. Selbstverständlich wird dieser Kessel, sowie alle Röhrenkessel, ausgezeichnete Verdampfung liefern – auf wie lange, hängt von der Reinheit des Wassers, der Sorgfalt der Wartung und der Güte der Ausführung ab und fallen hier diese Factoren jedenfalls mehr ins Gewicht als bei vielen anderen Röhrenkesseln. M–M. Cohnfeld's selbstthätiger Kesselspeiseapparat. Ingenieur R. Bredo macht darauf aufmerksam, „daſs die am Schluſse der Beschreibung obigen Apparates (*1879 232 310) ausgesprochene Bemerkung über in Aussicht zu nehmende Bedienung mehrerer Kessel durch einen gemeinsamen Apparat unzulässig ist, indem sowohl eine von einander abweichende Dampfspannung dieser Kessel ein regelmäſsiges Arbeiten des Apparates unmöglich machen würde und ein Ueberdrucken des Kesselwassers nach sich ziehen müſste, als auch das Gesetz die directe Verbindung des Wasserraumes mehrerer Kessel mit einander verbietet.“ Da diese Auffassung nicht im Sinne des Verfassers gelegen war, so sei nachstehend seine Erwiederung als Berichtigung angefügt: „Wenn ein Cohnfeld'scher Apparat mehrere Kessel speisen soll, so mussen diese selbstverständlich gleichen Dampfdruck haben und muſs bei denselben der Normalwasserstand in gleichem Niveau liegen. Dieser Fall tritt ein, wenn mehrere Kessel zu einer Dampfmaschine gehören und in Folge dessen erstere ihren Dampf in ein gemeinsames Dampfsammelrohr abgeben. Die Kessel bilden dann ein System communicirender Röhren, für welches die Füllung eines Rohres genügt, um den Wasserstand in allen Rohren gleichmäſsig zum Steigen zu bringen. Es bedarf weiter keines Beweises, daſs in diesem Falle, den wir allein im Sinne gehabt haben, die Speisung mehrerer Kessel durch einen einzigen Apparat sehr gut zu bewerkstelligen ist. Solche Anlagen sind von Cohnfeld mehrfach mit Erfolg ausgeführt.“ Selbstthätige Feuerbeschickung bei Locomotiven; von A. Focke in Bernburg. Die Beschickung geschieht hier (*D. R. P. Nr. 5018 vom 10. August 1878) durch zwei ununterbrochen arbeitende Plungerkolben, welche von Excentern, die auf der hinteren Maschinenachse oder vorderen Tenderachse aufgekeilt sind, bewegt werden. Dieselben arbeiten in einem unterhalb des Führerstandes angebrachten Fülltrichter, welcher durch zwei in der Boxhinterwand angebrachte Ausschnitte mit dem Feuerraum in Verbindung steht. Durch diese Ausschnitte schieben die Plungerkolben beim Vorwärtsgang Kohle in den Feuerraum, beim Rückgang sinkt die den Trichter füllende Kohle nach und ermöglicht so neuerliche Füllung beim nächsten Hub. Soll das Nachfeuern unterbrochen werden, so wird einfach der Fülltrichter leer gelassen. Von Details ist das Drahtgitter zu erwähnen, welches den Fülltrichter nach oben zu abschlieſst und so die maximale Korngröſse der Kohle begrenzt – eine Vorsicht, welche bei dem heut zu Tage auf Locomotiven gefeuerten Kleinmaterial ziemlich unnöthig ist, Bemerkenswerth ist die schiefe, zur Rohrwand ansteigende Lage des Rostes; derselbe erhält so die Kohle am tiefsten Punkt, die glühende obere Schicht wird stets erhalten und eine rationelle Verbrennung ermöglicht. Wir glauben, daſs diese interessante Idee, welche augenscheinlich noch nicht ausgeführt wurde, alle Beachtung verdient und eines rationellen Versuches wohl werth ist. (Vgl. 1877 224 223. 225 321.) Wilman. Neue Eisenbahnschwellen aus Glas. Welches Material ist zugleich stark, dauerhaft, der Verwesung nicht ausgesetzt und den Angriffen der Insekten, sowie klimatischen Einflussen trotzend? – Es ist Glas – und darum macht H. L. Bucknall in Bayswater, England (D. R. P. Nr. 5022 vom 6. September 1878) seine Eisenbahnschwellen in mannigfachen Formen aus gegossenem Glas und nimmt darauf Patente! Elektrische Transmission und elektrische Eisenbahn. Die vor kurzem eröffnete Berliner Gewerbe-Ausstellung hat Gelegenheit zu zwei Arbeitsübertragungen mittels Elektricität gegeben. Die eine derselben zeigt sich in Form einer gewöhnlichen Transmission, die andere in Form einer elektrischen Eisenbahn. In beiden Fällen wird die Arbeit in einer von der Transmission getriebenen v. Hefner'schen Dynamo-Inductionsmaschine (vgl. *1875 217 257) in elektrischen Strom umgesetzt und dieser Strom einer zweiten solchen Inductionsmaschine zugeleitet, welche ihn wieder in Arbeit umsetzt. Die beiden den Strom liefernden Maschinen stehen in der Maschinenhalle und sind gleichwie die beiden andern aus der Fabrik von Siemens und Halske in Berlin hervorgegangen. Die elektrische Transmission gleicht übrigens ganz der schon in D. p. J. 1878 221 210 erwähnten. Die den Strom wieder in Arbeit umsetzende Maschine treibt in der Webereihalle eine Welle, welche sich mit der Haupttriebwelle in der Maschinenhalle nur in sehr umständlicher Weise durch eine gewöhnliche Transmission würde in Verbindung bringen lassen. Die elektrische Eisenbahn liegt im Freien und bildet eine mit zahlreichen Krümmungen von zum Theil sehr kleinem Halbmesser versehene, in sich zurücklaufende Schleife von etwa 300m Länge. Auf ihr läuft als Locomotive eine auf einem vierräderigen Rahmen montirte Dynamomaschine, welcher der elektrische Strom durch eine auf kleinen Holzklötzchen liegende und durch dieselben gegen den Erdboden genügend isolirte Mittelschiene zugeführt wird, welche in der Mitte zwischen den beiden Laufschienen des Geleises hinläuft. Die Locomotive zieht drei kleine Wagen, deren jeder bequem für 6 Personen Platz bietet, oft aber selbst von 8 Personen besetzt wird, da der Zudrang zum Mitfahren unter den Besuchern der Ausstellung natürlich ein sehr starker ist. Der in der Regel auſser dem Zugführer mit 18 Personen besetzte Zug braucht etwa 2 Minuten, um die Bahn einmal zu durchlaufen. Der Zugführer hat seinen Platz auf der Locomotive; mit der einen Hand gibt er mittels einer Glocke dem Publicum das Zeichen, die Bahn frei zu lassen, in der andern Hand hat er den Bremshebel und beherrscht so die Bewegung des Zuges. Mit dem Bremshebel ist ein Ausschalter verbunden, so daſs der elektrische Strom stets unterbrochen wird, bevor die Bremse auf die Räder zu wirken anfängt. Die Ein- und Ausschaltung aber besorgt ein mittels des Bremshebels bewegtes treppenförmiges Metallstück, das mit seinen Stufen mit einer Anzahl von über einander liegenden, kupfernen Federn in Berührung gebracht werden kann und dadurch einen kürzern oder längern Theil einer mit in den Stromkreis eingeschalteten schlecht leitenden Flüssigkeitssäule ausschaltet, also die Stromstärke regulirt. Mit einem verwandten Regulator der Stromstärke ist auch die elektrische Transmission ausgerüstet. E–e. Tragseil-Anordnung für Winden und Krahne. Einer Mittheilung von Professor Teichmann in Stuttgart über einen beim Ulmer Münsterbau benutzten Materialaufzug entnehmen wir eine nachahmenswerthe Neuerung, welche darin besteht, daſs auf bezieh. von der Seiltrommel zwei Seilstücke in entgegengesetztem Sinne derart laufen, daſs das auflaufende Seil sich auf den vom ablaufenden eben verlassenen Trommeltheil aufwindet. Durch diese einfache Anordnung wird gegen die sonst gebräuchlichen die nöthige Trommellänge auf die Hälfte vermindert, was namentlich für gröſsere Förderhöhen sehr bequem ist. Sobald der Bau nahezu bis zur Aufstellungshöhe der Winde gediehen ist, läſst sich dieselbe auch noch ohne Platzänderung bis fast zur doppelten Förderhöhe benutzen, wenn man das eine Seil in die Höhe und dann über eine Rolle wieder abwärts zur Winde leitet. Denkt man sich dann vom Boden aus die Last mit dem einen Seil bis zur Winde gehoben, so kann sie hier an das mittlerweile von oben herabgekommene Seil gehängt und bis zur vollen Bauhöhe gefördert werden. Das erste Seil gelangt unterdessen wieder zur Erde, so daſs mit dieser Art der Förderung durchaus keine Zeitversäumniſs, wohl aber die Zulässigkeit bedeutend geringerer Trommellängen verknüpft ist. H–s. Neuerung an rotirenden Trockenmaschinen mit Luftzug. Zum Zwecke der bequemen Handhabung und der gröſseren Sicherheit benutzt C. H. Weisbach in Chemnitz (*D. R. P. Nr. 2737 vom 18. August 1877) durchlochte Arme. Es bezieht sich diese Erfindung auf solche Garntrockenmaschinen, in welchen die Strähne diametral zu einer sich drehenden Welle aufgespannt werden (vgl. * 1878 227 537). Dreht man die letztere und die die Strähne tragenden Kreuze, so trocknet das Garn. Beide Kreuze sind aus Guſseisen hergestellt und haben acht oder mehr Arme, in welche Bolzen gesteckt werden, auf die man das Garn ziemlich gut ausgebreitet hatte. Um nun diese Garnstäbe leicht aus- und einlegen und während des Trocknens auch feststellen zu können, ist ihre Länge gleich der Kreuzgestellbreite und ist am einen Ende die Oeffnung im Arme durch ein Schutzblech geschlossen, am anderen Ende aber für das Ein- und Auslegen des Bolzens zu öffnen. Man zieht das auf dem Arme liegende Blech so hoch, daſs seine Oeffnungen mit denen des Armes übereinstimmen. Hat man den Stab eingelegt, so läſst man das Blech los und eine Feder wirken, welche es herunterdrückt und dadurch alle Oeffnungen schlieſst. E. L. Neuerungen an Cementbedachungen. Nach H. Frühling in Berlin (D. R. P. Nr. 5430 vom 28. September 1878) ist die Holz- oder Eisenconstruction des Dachstuhles und die Verschalung desselben die gleiche als bei einer Deckung mit Schiefer oder Dachpappe. Diese -Verschalung wird mit getheertem starkem Papier oder Pappe belegt, dann wird die Dachfläche durch Aufnageln schmaler, der Länge nach im rechten Winkel gebogener Blechstreifen in Felder von beliebiger Form und Gröſse eingetheilt. Die so durch die aufrechten Schenkel der Winkelbleche entstehenden flachen Kästen werden mit einer passenden Mörtelmischung gefüllt; die Füllung wird glatt bis auf die Blechkanten abgestrichen. Bei einer Mischung von 2 Th. Cement und 3 Th. Sand genügt eine 8 bis 10mm starke Füllung. Durch Verwendung gefärbter Cemente lassen sich entsprechende Flächenmuster erzielen. Herstellung künstlicher Steinmassen. K. W. Kunis in Reudnitz bei Leipzig (D. R. P. Nr. 5270 vom 16. August 1878) mischt gebrannten Magnesit je nach Bedarf mit irgend einem Mineral (z.B. Schmirgel), einer Erde oder Farbe, fügt verdünnte Salzsäure hinzu und preſst in Formen. Die Masse soll nach 5 bis 6 Stunden so hart sein, daſs sie zur Herstellung von Schmirgelwaaren, Mühlsteinen, künstlichen Marmor u.s.w. verwendet werden kann. Diese Steine sollen wesentlich besser sein als die früher mit einer Chlormagnesium-Lösung hergestellten. Bestimmung des Schmelzpunktes organischer Körper. Nach A. Terreil (Bulletin de la Société chimique, 1879 Bd. 31 S. 155) läſst man von dem zu untersuchenden Körper einen Tropfen unmittelbar auf das Quecksilbergefäſs eines Thermometers fallen. Nach dem Abkühlen hält man dasselbe in einige Entfernung über eine Gasflamme, liest die Temperatur beim Schmelzen des Tropfens ab und, nach dem Entfernen von der Flamme, beim Erstarren desselben. – Der Grad der Genauigkeit einer solchen Schmelzpunktbestimmung wird nicht groſs sein. Ueber Desinfectionsmittel. Zur Desinfection von Abortsstoffen schlägt A. Tedesco in der Chemischen Industrie, 1879 S. 155 das durch Lösen von Bauxit in Schwefelsäure hergestellte Eisen haltige Thonerdesulfat vor. Die Angabe, dasselbe sei ein gutes Desinfectionsmittel, ist allerdings nicht richtig (vgl. 1873 210 131). Ch. Chamberland bestätigt in den Comptes rendus, 1879 Bd. 88 S. 659, daſs man Wasser durch halb- oder ganzstündiges Kochen nicht mit Sicherheit von allen Keimen organischer Wesen befreien kann; erst bei 1150 werden alle Keime getödtet. A. Wernich (Chemisches Centralblatt, 1879 S. 343) hat mit faulender Fäcalflüssigkeit oder Fleischjauche getränkte Wolle, Leinwand oder Watte langsam getrocknet und nun nach dem Erhitzen im Luftbade oder Behandeln mit Schwefligsäure unter einer Glasglocke in eine geeignete Nährflüssigkeit gebracht. Er erhielt auf diese Weise folgende Ergebnisse: 1) Die nur langsam und bei gelinder Wärme getrockneten Stoffe brachten in 16 Versuchen ausnahmlos eine schnelle und starke Trübung der Nährflüssigkeit hervor. In 4 Versuchen mit Watte trat dieselbe zögernd auf. 2) Nach Impfungen mit Material, welches nur 1 bis 2 Minuten einer Hitze von 140 bis 150° ausgesetzt war, trat in 4 von 8 Versuchen Trübung ein, aber erst nach 2 oder 3 Tagen. Durch Stoffe, welche 10 bis 60 Minuten einer Hitze von 110 bis 118° ausgesetzt waren, erfolgte in 5 von 6 Versuchen Bakterienentwicklung bereits nach 24 Stunden. 3) Stoffe, welche 5 Minuten oder länger einer Hitze von 125 bis 1500 ausgesetzt worden waren, bewirkten in 10 Versuchen niemals Infection. Das Klarbleiben der Nährflüssigkeit ist 11 Tage lang – vom Tage der Impfung an gerechnet – verfolgt worden. 4) Waren unter der Glasglocke 1,5 bezieh. 2,2, 3,3 Vol.-Proc. schwefliger Säure zur Entwicklung gekommen, so entstand durch die unter ihr geschwefelten Materialien Bakterientrübung in 8 von 9 Versuchen, ohne Unterschied, ob die Einwirkung 1 Stunde oder 22 Stunden gedauert hatte. 5) Bei 15 Versuchen, in welchen die schweflige Säure 4,0, 6,6 bezieh. 7,15 Vol.-Proc. des Inhaltes der Glocke ausmachte, erzielte die Impfung mit dem so geschwefelten Materiale keine Trübung mehr, wenn das Verfahren 6 Stunden und länger gedauert hatte. Dagegen trat durch die nur 20, 40, 60 oder 200 Minuten so stark geschwefelten Stücke (9 Versuch) noch Bakterieninfection auf. Es stellte sich hiernach heraus, daſs 3,3 Vol.-Proc. schwefliger Säure die in Stoffe aufgenommenen Fäulniſsbakterien noch nicht tödten bezieh, fortpflanzungsunfähig machen, daſs andererseits auch erst hohe Grade trockener Hitze diesen Erfolg erzielen, letztere allerdings in sehr kurzer Zeit. Bei dem heutigen Stande der Bakterienfrage bedarf es nur der Erinnerung daran, daſs diese Resultate nicht auf alle Bacterienarten übertragen werden dürfen, daſs es Arten geben kann, welche widerstandsfähiger sind und möglicherweise erst durch noch energischere Mittel wirklich abgetodtet werden. Einigermaſsen wichtig erscheint die bereits kurz angedeutete Beobachtung, daſs die geprüften Stoffe mit verschiedener Leichtigkeit die von ihnen beherbergten Infectionskeime loslassen: der Wollfaden am leichtesten, die Leinwand etwas weniger leicht, die Watte viel schwerer. (Vgl. 1873 210 137.) Um Phenol, Kreosot und andere Theerbestandtheile transportfähiger und für Desinfectionszwecke geeigneter zu machen, vermischt sie J. F. Holtz in Berlin (D. R. P. Nr. 5193 vom 28. Juni 1878) mit 2 Th. Infusorienerde oder mit ähnlichen porösen Stoffen. Er nennt ein solches Gemisch „Phenolith“. Am 13. März 1879 hat das Preuſsische Kriegsministerium folgende Verordnung zur Desinfection von Militärpferdeställen bei Influenza erlassen: Die betreffenden Stallungen sind, so weit die Rücksicht auf kranke Pferde, welche nicht aus dem Stalle entfernt werden können, dies zulässt, gründlich zu lüften und auf das sorgfältigste zu reinigen. Zu letzterem Behuf empfiehlt es sich, die Wände und Decken, so weit sie aus Holz bestehen, die Eisentheile und, wenn ausführbar, auch die Fuſsböden mit heiſsem Seifenwasser zu scheuern, gekalkte Wände frisch zu tünchen und die Fuſsböden mit Gyps zu bestreuen. – Wird eine noch eingehendere Desinfection nöthig, so wird das folgende Verfahren empfohlen. Nach Entfernung der Pferde aus dem Stalle ist auf etwa je 18cbm Raum eine Schale mit Sand aufzustellen, in deren jeder sich eine Flasche mit 250g Brom befindet. Nach Schlieſsung der Oeffnungen des Stalles werden die Flaschen umgestoſsen, so daſs sich der Inhalt in den Sand ergieſst, und wird, nachdem sich der Mann aus dem Stalle entfernt hat, auch die Stallthür wieder schnell geschlossen. Nach 24 Stunden kann der Stall geöffnet und nach 12 stündiger starker Lüftung wieder belegt werden. Eisentheile, die nicht befestigt sind, müssen vor der angegebenen Desinfection, um das Rosten zu vermeiden, entfernt werden. Die Ausrüstungsstücke der Pferde, wie Decken, Sattelzeug u. s. w., sind, wenn mit Brom desinficirt wird, in dem Stalle zu belassen und nach Wiedereröffnung desselben zu lüften, auszuklopfen und an den etwaigen Eisentheilen zu putzen. Statt der Behandlung mit Seifenwasser und Gyps werden Decken, Wände und Fuſsböden jedenfalls wirksamer durch Bestreichen mit einer 5 Proc. Phenol haltigen Kalkmilch desinficirt und statt des Bromes würde wohl besser Schwefligsäure oder Salpetrigsäure verwendet (vgl. 1876 219 550). M. Nenki (Journal für praktische Chemie, 1878 Bd. 19 S. 337) zeigt, daſs für Gährung und Fäulniſs der Zutritt oder Ausschluſs des Sauerstoffes gleichgiltig ist. So wie der aus Zucker entstandene Alkohol durch die nur an der Luft vegetirenden Pilzformen zu Essigsäure und schlieſslich zu Kohlensäure und Wasser oxydirt wird, ebenso werden bei Luftzutritt die durch die Fäulniſs gebildeten Fettsäuren, sowie gewisse Amidosäuren durch bestimmte Formen der Spaltpilze (Bakterien) zu Kohlensäure, Wasser und Ammoniak verbrannt. Diese die Fäulniſs bewirkenden niederen Organismen befinden sich nicht' nur im Darmrohr, ihre Keime sind auch in lebendigen, gesunden Geweben des Thierkörpers enthalten, namentlich dem Pankreas und der Leber. Es ist wahrscheinlich, daſs diese Organismen vom Darme aus durch die Lymphgefäſse in die entlegensten Theile des Körpers gelangen können und nur deshalb in gesunden Theilen keine Fäulniſs bewirken, weil die Lebensprocesse der Zellen sie daran hindern. Bestimmung des Alkoholgehaltes in Wein und Bier. G. Dahm zeigt in den Annalen der Oenologie, 1879 S. 85 an Beispielen, daſs ein allgemein giltiges Verhältniſs zwischen Alkohol-Volum- und Gewichtsprocenten beim Wein und Bier nicht besteht. Um daher den Alkoholgehalt dem Gewicht nach zu finden, wenn man bei der Ausführung der Untersuchung Wein und Destillat auf gleiches Volum gebracht hat, suche man in einer Gewichtsprocente angebenden Tabelle den dem specifischen Gewicht des Destillates entsprechenden Procentgehalt auf, multiplicire diesen Procentgehalt des Destillates mit dem specifischen Gewicht desselben und dividire durch das specifische Gewicht des Weines. Verwendung der Molken zur Senfbereitung. Nach einer Mittheilung von Wegner in der Milchzeitung, 1879 S. 365 verwenden jetzt die vier in Norden bestehenden Senffabriken sämmtlich Molken. Die Molken werden nach längerer Aufbewahrung in offenen Fässern in stark angesäuertem Zustande, nachdem also der gröſste Theil der vorher noch in Lösung. befindlichen Eiweiſskörper durch Gerinnen ausgeschieden ist, durch Filtriren oder wiederholtes Abgieſsen geklärt und zum Ersatze eines Theiles des sonst zur Senfbereitung benutzten Essigs verwendet. Der Senf bekommt, aus dieser Mischung von Milchsäure und Essigsäure dargestellt, einen milderen, angenehmeren Geschmack als der nur aus Essigsäure bereitete. Herstellung von schwefelsaurem Kalium. Als Grundstoffe für die Herstellung des Schönit (K2SO4.MgSO4.6H2O) benutzt H. Grüneberg in Köln (D. R. P. Nr. 5607 vom 19. November 1878) den durch ein Aufbereitungsverfahren aus dem sogen. „Staſsfurter Kalirohsalze“ gewonnenen, möglichst reinen Carnallit oder den bei der Herstellung von Chlorkalium aus den Staſsfurter Kalisalzen gewonnenen künstlichen Carnallit und andererseits Bittersalz oder Kieserit. Beide werden in äquivalenten Verhältnissen gemischt und unter geringer Befeuchtung mit einander vermählen. Der erhaltene Salzbrei wird von der gebildeten Chlormagnesiumlauge durch irgend eine Filtervorrichtung getrennt und mittels Wasser oder einer entsprechenden Salzlösung nachgewaschen, ohne daſs ein Verlust an Kalisalz zu befürchten wäre. Der so von Chlormagnesium möglichst befreite Schönit kann nach einem der bekannten Verfahren entweder durch Behandlung mit kalter Chlorkaliumlauge, oder indem man ihn heiſs löst und auf trocknes Chlorkalium wirken läſst, zur Darstellung von schwefelsaurem Kalium verwendet werden. Von dem bisher üblichen unterscheidet sich dieses Verfahren dadurch vortheilhaft, daſs die vorherige Lösung der Rohstoffe vermieden ist. R. Grüneberg in Alt-Damm (D. R. P. Nr. 4933 vom 19. April 1878) erzielt die Schönit-Bildung durch Einwirken einer concentrirten Lösung von Magnesiumsulfat auf Chlorkalium oder Chlorkalium haltige Mutterlaugensalze. Der gebildete Schönit wird durch mehrmalige Behandlung mit Chlorkaliumlösung in Kaliumsulfat umgewandelt, die Mutterlauge zur Carnallitkrystallisation eingedampft. Das während der Verdampfung ausgeschiedene Gemisch von Chlorkalium und Kieserit wird mit der bei der zweiten Behandlung des Schönit mit Chlorkaliumlösung erhaltenen Lauge gewaschen und so wieder zu Schönit und Chlorkalium umgesetzt. Aus diesem Gemisch erhält man durch Behandlung mit einer Lösung von schwefelsaurem Magnesium abermals Schönit und, Chlormagnesium. Ueber die Einwirkung von Chlorkalk auf Aethylalkohol. Gelegentlich einer Untersuchung über den Chloroformproceſs machten R. Schmitt und Goldberg (Journal für praktische Chemie, 1879 Bd. 19 S. 393) die Beobachtung, daſs Chlorkalk auf absoluten Alkohol in der Weise einwirkt, daſs je nach der Güte des Chlorkalkes nach 7 bis 10 Minuten energische Selbsterwärmung des Gemenges eintritt und neben viel Alkohol, welcher, ohne an der Reaction Theil genommen zu haben, durch die Reactionswärme mit übergetrieben wird, ein grünlich gelbes Oel destillirt, das sich in der Vorlage unter dem Einflüsse des Lichtes oder der Wärme unter Abgabe von Salzsäure- und Unterchlorigsäuredämpfen explosionsartig zersetzt. Das explosible Oel ist wahrscheinlich Unterchlorigsäureäthyläther. Das Rohdestillat bestand nach der Explosion aus etwa 80 Proc. Alkohol und Aldehyd, der Rest war ein in Wasser untersinkendes Oel, in welchem Monochloracetal, Dichloracetal, eine Verbindung der Formel C3H7OCl, und Chloroform nachgewiesen wurden. Ueber Quercitrin und Quercetin. C. Liebermann und S. Hamburger haben Quercitronrinde 6 Stunden lang mit der 5 bis 6fachen Menge 85proc. Alkohol ausgekocht, aus dem Filtrate die Hälfte des Alkohols abdestillirt, nach Zusatz von nicht zu wenig Eisessig mit alkoholischer Bleiacetatlösung die Verunreinigungen ausgefällt, das Filtrat. mit Schwefelwasserstoff entbleit und die alkoholische Lösung zur Trockne abgedampft. Der Rückstand wurde mit Alkohol aufgenommen, mit Wasser gefällt und 4 bis 5mal aus siedendem Wasser umkrystallisirt. Das in deutlichen, sehr schwach hellgelb gefärbten, silberglänzenden Nadeln oder sehr gestreckten Blättchen krystallisirte Quercitrin entspricht der Formel C36H38O20. Durch mehrstündiges Kochen der wässerigen Losung mit sehr wenig verdünnter Schwefelsäure wurde Quercetin: C24H16O11, erhalten, welches sich aus der Flüssigkeit als citronengelbes, krystallinisches, in Waser sehr schwer lösliches Pulver ausscheidet. Bezüglich der verschiedenen Substitutionsproducte dieser beiden Farbstoffe muſs auf die Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1879 S. 1179 verwiesen werden. Zur Herstellung von Anstrichfarben. Nach A. E. Méry in Paris (D. R. P. Nr. 5065 vom 17. Mai 1878) mischt man 208g geschmolzenes, weiſses Wachs mit 260g Glycerin, fügt eine Lösung von 12g,5 Harz in Aether hinzu und dann nach und nach unter Umrühren 12g,5 Ammoniakflüssigkeit. Nun setzt man noch eine Lösung von 25g Leim in etwa 260g Glycerin hinzu, verdünnt mit Wasser und rührt um bis zum Erkalten. Die mit dem so erhaltenen Teig gemischten Farben sollen mit Vortheil für Wasser- und Oelmalerei auf Geweben, Tapeten, Thonwaaren u. dgl. verwendet werden.