Titel: [Kleinere Mittheilungen.]
Fundstelle: Band 255, Jahrgang 1885, Miszellen, S. 399
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[Kleinere Mittheilungen.] Kleinere Mittheilungen. Neuer Schnurspanner für Indicatorschnüre; von Dreyer, Rosenkranz und Droop in Hannover. Textabbildung Bd. 255, S. 399 D. W. Ernsting in Bremen hat unter Kl. 34 * Nr. 24 723 vom 3. Mai 1883 eine Vorrichtung zum selbstthätigen Festklemmen von Rollvorhangschnüren u. dgl. patentirt erhalten. Nach diesem Klemmer haben Dreyer, Rosenkranz und Droop in Hannover den nachstehend veranschaulichten Schnurspanner für Indicatorschnüre hergestellt; die Textfigur zeigt die Einrichtung am Ende bezieh. in der Mitte einer Schnur angebracht. Ein Zug in der Richtung des Pfeiles P klemmt durch den Backen H die Schnur sofort sicher fest; ein Zug im Sinne des Pfeiles R löst dieselbe sogleich wieder. Der Einschnitt X verhütet, daſs der Schnurspanner beim Aushaken sich nicht auf der Schnur verschieben kann, indem man vorher die Schnur in diesem Schlitze X in der gezeichneten Weise einklemmt. Neuere Lüftungseinrichtungen für Schiffsräume. Auf zahlreichen englischen und amerikanischen Dampfern ist nun, wie im Engineer, 1884 Bd. 58 * S. 254 mitgetheilt wird, die Lüftung der Schiffsräume mit Hilfe der Green'schen Strahlapparate (vgl. 1876 222 16. 1880 237 * 290. 1883 247 * 202) eingerichtet worden und zwar wird hierbei durch eingetriebene Preisluft in die Räume frische Luft eingeführt und die Abluft aus denselben entfernt. Beispielsweise wird eine Einrichtung mitgetheilt, bei welcher in der Minute durch ein Rohr von 0m,36 Durchmesser 85cbm Luft mittels eines Strahles auf ⅓at Ueberdruck verdichteter Luft gefördert wurden: das Rohr war hierbei an der Düse auf 0m,2 Durchmesser zusammengezogen und es wurden 4cbm Preſsluft in der Minute verbraucht; die Luftgeschwindigkeit im Rohre betrug also ungefähr 12m. In der gleichen Zeitschrift * S. 290 ist ferner eine Lüftungsanlage für Schiffsräume von J. Webb mitgetheilt, bei welcher durch die Räume nahe der Decke Röhren von 0,05 bis 0m,10 Durchmesser gelegt werden, die mit kleinen Löchern versehen sind und sämmtlich in den Dampfmantel des Schornsteins führen und in diesem ein Stück aufwärts gehen; diese Röhrentheile erfahren somit eine Erwärmung und es entsteht hierdurch ein Auftrieb in denselben, durch welchen die verbrauchte Luft aus den Räumen abgesaugt wird. Zur Einführung frischer Luft gehen Röhren von auſsen lothrecht abwärts in die Räume und sind ebenfalls mit Löchern versehen, aus welchen entsprechend der abgesaugten Luftmenge frische Luft in die Räume strömt, Damit nun bei hoher See kein Wasser in diese Frischluftröhren gelangen und so in die Schiffsräume flieſsen kann, sind die Röhren krümmerartig abgebogen und mit auf dem Deckel befestigten Kasten umgeben. Das abgebogene Ende jeden Rohres ist kegelförmig erweitert und enthält ein Ventil aus Ulmenholz mit Korkeinlage oder hohl aus Blech hergestellt. Sobald durch Wellenschlag Wasser in die Kasten gelangt, hebt sich das Ventil als Schwimmer und schlieſst die Mündung des Frischluftrohres. Das Zwillingsschiff Castalia, welches nunmehr zu dem Schiffshospital von Long-Reach gehört, ist aus diesem Anlasse mit einer Lüftungsanlage unter Anwendung Boyle'scher Schlotaufsätze (vgl. 1883 247 * 27) versehen worden, wie im Sanitary Record, 1884 Bd. 6 * S. 239 mitgetheilt wird. Für die Absaugung der Abluft aus den Kajüten sind 20 Saugköpfe der früher beschriebenen Einrichtung, welche zur Verhütung des Wassereinfalles bei hoher See oder durch Regen mit Wasserfängen versehen sind, von 1m,8 Durchmesser aufgestellt und durch Röhren von 0,75 bis 1m,2 Durchmesser mit den zu lüftenden Räumen verbunden; ferner sind zur Entfernung der Abluft aus den Abtritten, Wasch- und Baderäumen o. dgl. 16 gleichartige Saugköpfe von 1m,2 Durchmesser angebracht. Die frische Luft wird den Räumen durch mittels Klappen regelbare Oeffnungen in der Schiffswandung zugeführt; die Frischluft tritt in die Räume fein vertheilt durch die durchbrochen gebildeten Schnurleisten; im Winter wird die Luft vorher über Heiſswasserröhren geleitet und dadurch erwärmt. Durch Versuche ergab sich, daſs die Raumluft 12mal in der Stunde erneuert wurde und in der Stunde durch die ganze Anlage 135000cbm Luft eingeführt wurden. Die Entfernung des bei hohem Seegange in den Schachtaufsatz eingedrungenen Wassers will Alex. Huber in Köln (* D. R. P. Kl. 27 Nr. 24640 vom 26. Januar 1883, Zusatz zu Nr. 21377) durch Anordnung von Wassersäcken an den beiden Röhren für die Entfernung der Abluft und die Einführung von Frischluft erreichen. Im Hauptpatente hat Huber seinen früher zur Absaugung von Abluft angegebenen Schachtaufsatz (vgl. 1883 250 * 363) auch zur Einpressung von Frischluft eingerichtet (vgl. Conr. Müller 1884 254 * 190), indem durch Windfangwände, welche auf den Kanten einer zweiten, mit ihrer Grundfläche gegen oben gekehrten Pyramide stehen und in einen Trichter ragen, Auſsenluft abgefangen wird, welche dann in einem das Abluftrohr umgebenden zweiten Rohre nach dem zu lüftenden Räume geleitet wird. Zur besonderen Verwendung dieses doppelt wirkenden Schlotaufsatzes für Schiffslüftung führt Huber die beiden Röhren nicht unmittelbar vom Aufsatze abwärts in den betreffenden Seitenraum, sondern leitet dieselben seitlich ab und läſst sie dann in das Innere des Schiffes hinabsteigen. Die schräg liegenden Rohrtheile stehen nun durch Ausschnitte an ihrer unteren Fläche mit zwei in einander liegenden Wassersäcken in Verbindung; die etwas tiefer angeordnete Ausfluſsöffnung des äuſseren Wassersackes ist mit einer durch Gegengewicht angedrückten Klappe versehen, welche sich öffnet, wenn Wasser durch den Schlotaufsatz in die Röhren gedrungen und von diesen in die Wassersäcke geflossen ist, und somit das Wasser ablaufen läſst. Damit an den Wandungen des inneren Rohres nicht Wasser neben dem Ausschnitte vorbeiläuft, sind in diesem Rohre an dieser Stelle sichelartige Rippen angebracht, welche das Wasser nach dem Ausschnitte leiten- ferner sind in dem Räume zwischen den Röhren an dem Ausfluſsrohre Längsrippen angeordnet, welche verhüten, daſs das Wasser bei groſsen Schiffsschwankungen aus den Wassersäcken zurück in das äuſsere Rohr geschleudert wird. Zur Entfernung der Abluft aus den Schiffsräumen wird ferner von J. Barton in Sidney, wie im Scientific American, 1884 Bd. 51 * S. 338 berichtet wird, vorgeschlagen, den nothwendigen Auftrieb durch ein Lockfeuer zu erzeugen, welches durch eine vorhandene oder besonders anzulegende Feuerung dargestellt wird; die Abluftröhren sollen in den Feuerraum unter dem Roste münden, so daſs durch den Zug des Rauchrohres bezieh. durch die Erwärmung desselben eine Absaugung der Abluft durch das Feuer hindurch nach dem Rauchrohre der Feuerung entsteht. Die elektrische Beleuchtung der kgl. Theater in München. Am 18. Januar d. J. hat die Vorstellung in den beiden kgl. Theatern zu München zum ersten Male bei elektrischer Beleuchtung stattgefunden. Die nun vollendete Anlage ist, abgesehen von den neuen elektrischen Centralstationen, welche gegenwärtig von der Deutschen Edison-Gesellschaft in Berlin ausgeführt werden, die bisher gröſste Beleuchtungseinrichtung dieser Art in Deutschland (vgl. 1884 253 * 330). Die Maschinenanlage, in welcher der elektrische Strom erzeugt wird, besteht aus 6 groſsen Edison-Dynamomaschinen, von denen fünf je 450 Edisonlampen von je 16 Normalkerzen und eine 250 Edisonlampen gleicher Leuchtkraft zu betreiben vermögen. Die kleinere dieser Maschinen ist hauptsächlich für die Tagesbeleuchtung bestimmt. Diese elektrischen Maschinen werden durch drei raschgehende Behältermaschinen (Compound-Dampfmaschinen), welche besonders für elektrische Beleuchtungszwecke construirt sind und zusammen etwa 350e besitzen, in Bewegunggesetzt. Der erforderliche Dampf wird von 3 Kesseln mit je 85qm Heizfläche geliefert. In denselben sollen oberbayerische Kohlen, welche sich für Gasbeleuchtung nicht eignen, nunmehr ebenfalls als Lichtlieferungsmaterial zur Verwendung kommen. Da in den Theatern je nach Bedarf Hunderte von Lampen entzündet oder ausgelöscht werden müssen, ohne daſs eine vorherige Verständigung mit dem Wartpersonal in dem in einiger Entfernung auſserhalb der Theater angeordneten Maschinenhause möglich ist, so sind die Einrichtungen in dem Räume, wo die Elektricität erzeugt wird, ähnlich wie bei elektrischen Centralstationen getroffen. Es sind Apparate vorhanden, welche entsprechend der jeweilig nöthigen Strommenge das beliebige Ein- und Ausschalten sowohl der Dampf-, wie der Dynamomaschinen während des vollen Betriebes, ohne daſs auch nur das geringste Schwanken des Lichtes dabei eintritt, ermöglichen. Eine Anzahl verschiedener optischer und akustischer Beobachtungsapparate zeigen dem Maschinisten jederzeit die Zahl der jeweilig brennenden Lampen, die Menge des von jeder Maschine gelieferten Stromes, die Lichtstärke, mit welcher im Theater die Lampen brennen, etwaige Fehler, welche durch Beschädigung in den Leitungen entstehen sollten, u. dgl. an. Der elektrische Strom wird durch 8 Kabel von je 315qmm Kupferquerschnitt, welche zuerst mit einer dicken Isolirmasse, dann mit einem Bleimantel, hierauf mit getheerter Jute-Umspinnung, darüber mit starken Eisen drahten und schlieſslich mit einer Asphaltschicht umhüllt sind und 1m unter der Erde liegen, nach den etwa 280m entfernten Theatern geleitet. In den Theatern vertheilt sich der Strom durch ein Leitungsnetz von über 50km Länge, in welchem zahlreiche Umschaltungen und Sicherheitsschaltungen zur Verhütung jeder Erwärmung der Leitungsdrähte angebracht sind, nach 2500 Edisonlampen von je 16 Kerzenstärken, welche die beiden Bühnen und die Zuschauerräume erhellen. In beiden Theatern befindet sich eine gröſsere Anzahl von Regulirapparaten, welche gestatten, die Lampen in kleineren oder gröſseren Gruppen, allmählich oder plötzlich, dunkel oder hell zu drehen. Ein damit in Verbindung stehender Rheostat mit etwa 20km langem Neusilberdraht bewirkt, daſs stets nur die dem benöthigten Leuchtgrade entsprechende Elektricitätsmenge erzeugt und zu den Lampen geleitet wird. Der Hauptregulirapparat des Hoftheaters befindet sich unter der Bühne neben dem Souffleurkasten, von welchem Platze aus derjenige, welcher den Apparat handhabt, die Bühne übersehen und so die von demselben erzeugten Wirkungen beobachten kann. Es können von diesem Apparate aus die Soffiten, die Coulissen, die Versatz- und Transparentstücke, die Mondbeleuchtungen, die Rampe, der Kronleuchter und die Festbeleuchtung, entweder einzeln oder zu beliebigen Gruppen geschaltet, geregelt werden; auſserdem ist aber auch noch in jeder Coulissengasse eine besondere Regulirvorrichtung angebracht, welche gestattet, die an der betreffenden Stelle befindlichen Beleuchtungsgegenstände von der zugehörigen Coulissengasse oder vom Hauptregulator aus oder von beiden gleichzeitig zu regeln. Die verschiedenartige Färbung des Lichtes geschieht nicht, wie bisher, nur an wenigen Stellen der Bühne, sondern nach einem dem Obermaschinenmeister Lautenschläger patentirten Systeme in einer neuen und vorzüglichen Weise an sämmtlichen Beleuchtungsgegenständen. (Vgl. 1884 253 * 336. * D. R. P. Kl. 21 Nr. 25808 vom 24. Juni 1883.) Die Effectbeleuchtung mittels Bogenlichtes kann unmittelbar von den Leitungen für Versatz- und Transparentbeleuchtung in jeder Coulissengasse entnommen werden, so daſs hierfür keine getrennte elektrische Maschinenanlage erforderlich ist. Die Einrichtungsarbeiten waren dadurch erschwert und verzögert, daſs der Betrieb der Theater durch dieselben nicht gestört werden durfte. Fettflecke bei Fichtensohlleder. W. Eitner (Gerber, 1884 S. 207) zeigt durch entsprechende Versuche, daſs die Fettflecke auf den Fichtenterzen durch Fett entstehen, das der Haut von der Aaseite her anhaftet und wegen ungenügender Reinigung vor dem Aeschern dabei in Kalkseife verwandelt wird, welche nun in die Haut eindringt. Man kann daher die Fettflecke durch sorgfältiges Reinigen der Haut vor dem Aeschern vermeiden, oder besser dadurch, daſs man den Aescher ganz entfallen läſst, dafür das Abgehen der Haare durch Schwefelnatrium veranlaſst, wonach man das Fett beim Ausscheren gleichzeitig mit dem Fleische abnimmt. Dadurch wird die Entfernung des Fettes gründlicher und auch auf bequemere Weise vor sich gehen, als wenn die Haut vor dem Aescher von Fett befreit wird. Bleibt beim Ausscheren an der Fleischseite fettreiches Zellgewebe sitzen, so tritt während der Gerbung und beim Austrocknen der Leder aus den Fettzellen, welche durch die Gerbung zusammengezogen, also gepreſst werden, das Fett aus und wird begierig von dem Ledergewebe angezogen und aufgenommen. Es kommen solche Durchfettungen auch bei geschwitzten Sohlledern vor, wo also das Fett nicht in Form von Kalkseife in die Haut gebracht werden kann, in welchem Falle nur ein mangelhaftes Ausscheren der Häute die Schuld an dem Fehler trägt. Bei der Enthaarung rechnet Eitner auf 1k Grünhaut 4g Schwefelnatrium (vgl. 1875 218 355 und 308), welche in 200cc Wasser gelöst werden. Die Lösung wird mit Kalk entsprechend verdickt, so daſs der ganze Schwödebrei eine dünnflüssige Masse bildet; es kommen je nach Güte des Kalkes auf 1 Th. Schwefelnatrium 3 bis 5 gebrannter Kalk. Häute, welche mit dieser Mischung tüchtig bestrichen wurden, lassen in 2 bis 3 Stunden vollständig Haare, Grundhaare und Gneist, können leicht enthaart werden und erfahren weiters dieselbe Behandlung wie Häute nach dem Aescher. Häute, welche in angegebener Weise für die Gerbung vorbereitet wurden, werden nach derselben keine Spur von den jetzt so häufig vorkommenden Fettflecken zeigen. Zur Kenntniſs der Melasse. Syrup von Rohrzucker, welcher aus Melasse mittels Strontian hergestellt war, hatte sich mit zahllosen feinen Nadeln erfüllt, welche, wie B. Tollens (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1885 S. 26) fand, keine Aehnlichkeit mit gewöhnlichem Rohrzucker hatten. Um die Krystalle zu gewinnen, wurden 3k,7 Melasse mit 1750g Alkohol von 95 Proc. und 400g Wasser, so daſs die Flüssigkeiten sich mischten, verrührt, wodurch ermöglicht wurde, die Masse zu filtriren, ohne daſs die Krystalle sich erheblich lösten. Der so erhaltene Krystallbrei lieferte nach starkem Auspressen und nach vielfachem Umkrystallisiren gegen 60g weiſse Nädelchen. Diese an der Luft getrockneten Krystalle schmolzen bei raschem Erhitzen auf 100°, jedoch nicht bei 100° und sogar nicht bei 130°, wenn sie vorher längere Zeit bei 60 bis 80° getrocknet worden waren. Ueber Schwefelsäure verloren die Krystalle 3,2 bis 3,4 Proc., Wasser, worauf das Gewicht unverändert blieb und bei nachher erfolgendem Erhitzen auf 1000 noch so viel Wasser fortging, daſs der Gesammtverlust 14,7 bis 15 Proc. betrug. Die Elementaranalyse führte zur Formel C12H22O11.3H2O, Die Polarisation ergab für eine 9,5986procentige Lösung im Landolt-Laurent'schen Apparate, sowie eine solche von 5g zu 50cc im Schmidt und Haensch'schen Halbschattenapparate eine specifische Drehung (α)D = 102,5 bis 103°, wobei sich Birotation nicht zeigte. Durch Erhitzen der obigen 9,6procentigen Lösung mit etwas Schwefelsäure wurde die Polarisation auf weniger als die Hälfte herabgedrückt, nämlich auf 45°. Fehling'sche Lösung wurde erst nach vorherigem Erhitzen der Verbindung mit Säuren reducirt. Diese Eigenschaften stimmen zu denjenigen eines von Loiseau (Comptes rendus, 1876 Bd. 82 S. 1058) hergestellten Zuckers, der Raffinose. Dieses Vorkommen der Raffinose erklärt den auffälligen Umstand, daſs bei der Untersuchung einiger in neuester Zeit hergestellten Zuckerproducte letztere stärker polarisiren, als ihrem Gehalte an Rohrzucker entspricht. Zu diesen Producten gehört besonders ein ungewöhnlich krystallisirt auftretender Rohrzucker, welcher aus Rübenmelasse mit Hilfe von Strontiumhydrat gefällt und nach Trennung von der genannten Base krystallisirt worden ist; denn es berechnen sich zuweilen nach der Polarisation, obgleich die Probe augenscheinlich nicht ganz rein ist, 100 oder gar mehr als 100 Proc. reiner Zucker. Diese Eigenschaft, höher zu polarisiren, ist nun den Melassen, welche von den oben genannten Zuckern stammen, in noch höherem Maſse zu eigen, ohne daſs bisher der Grund der hohen Polarisation bekannt gewesen ist, so daſs der Name „Pluszucker“ für die hypothetische Ursache des genannten Umstandes gebräuchlich ist. Dieser gesuchte „Pluszucker“ ist also ganz oder vorwiegend die stärker als Rohrzucker drehende Raffinose. Es scheint, daſs die Raffinose ebenfalls die merkwürdige Eigenschaft zeigt, die Krystallisation des Rohrzuckers so zu beeinflussen, daſs die Krystalle sich auf andere Weise, als es gewöhnlich geschieht, ausbilden, so daſs sie mehr in die Länge gezogen säulenartig erscheinen. Untersuchung einer Salpetererde aus Turkestan. Im Gebiete des Khanats von Chiwa auf dem linken Ufer des Amu-Darjas, südwestlich vom Fort Nukus ist eine Fläche von etwa 4qkm mit einer Schicht Salpetererde bedeckt, welche nach N. Ljubawin (Journal der russischen chemischen Gesellschaft, 1884 S. 617) folgende Zusammensetzung hat: In Wasser lösliche Bestandtheile 27,89 Proc. In Salzsäure 17,14 Kohlensäure   5,73 Unlösliche Bestandtheile 48,42 ––––– 99,18 Der in Wasser lösliche Theil enthielt: Salpetersaures Kalium   5,52 Proc. Salpetersaures Natrium   4,05 Salpetersaures Magnesium   1,04 Chlornatrium 12,90 Schwefelsaures Calcium   3,25 Schwefelsaures Magnesium   0,66 Gesammtmenge der Nitrate 10,61 Zur Kenntniſs des Steinkohlentheeres. K. E. Schulze (Liebig's Annalen, 1885 Bd. 227 S. 143) hat das sogen. Grünöl, welches durch Filtration vom Rohanthracen gewonnen wird, unter Druckverminderung fractionirt. Bei 80° ging wesentlich Wasser über, bis 125° ein dünnflüssiges, nach Xylenolen riechendes Oel, bis 150° ein ähnliches, dickflüssigeres Oel, bis 200° ein rothes Oel, welches Krystalle aus α- und β-Naphtol abschied. Beim Erhitzen der Steinkohlen entstehen zunächst Phenole. Diese Phenole spalten theilweise Wasser ab und geben so Veranlassung zur Bildung hochsiedender Kohlenwasserstoffe; theils werden dieselben reducirt und ergeben niedrig siedende Kohlenwasserstoffe, theils werden die Molekühle ganz gespalten und liefern so das Leuchtgas, theils entgehen sie, sobald ein Gleichgewichtszustand zwischen den verschiedenen Reactionen eingetreten ist, un-zersetzt der Einwirkung der hohen Temperatur. Verfahren zur Herstellung gelber Azofarbstoffe. Nach Angabe der Société anonyme des matteres colorantes de St. Denis in Paris (D. R. P. Kl. 22 Nr. 29991 vom 25. März 1884) entstehen Azofarbstoffe, welche Pflanzenfaser echt gelb färben, so daſs dieselbe einem Seifenbade von 60° widerstehen kann, durch die Einwirkung der Para- oder der Metadiazobenzoësäure auf Diphenylamin oder Monobenzylanilin. Man löst z.B. 5k para- oder metaamidobenzoësaures Natron in 200l Wasser, welchem man eine Lösung von 6k,6 33procentiges Natriumnitrit in Wasser hinzufügt. Alsdann säuert man die Mischung mit 9k,4 Schwefelsäure von 53° B. an, welche letztere zuvor mit Wasser verdünnt wurde, und trägt durch die Hinzufügung von Eis dafür Sorge, daſs die Temperatur der Mischung stets unter 20° bleibt. Diese Mischung gieſst man dann auf 5k,3 Diphenylamin oder Monobenzylanilin, welche in 170l angesäuertem Wasser vertheilt sind. Nach Verlauf von 5 bis 8 Tagen ist die Reaction beendet. Der gebildete, in Wasser unlösliche Farbstoff wird durch Filtriren gesammelt, dann gewaschen und getrocknet. Der durch die Einwirkung der Metadiazobenzoësäure auf Diphenylamin oder Monobenzylanilin erhaltene Farbstoff ist gelber als der durch Einwirkung der Paradiazobenzoësäure erhaltene; letzterer nähert sich mehr dem Orangegelb. Um mit diesen Farbstoffen z.B. auf Baumwolle schöne gelbe oder orangegelbe Farben zu erzeugen, wird der Farbstoff mit Stärkekleister oder Tragantschleim verdickt und dann mit der nöthigen Menge Soda, Kali oder Ammoniak versetzt, um den Säurefarbstoff in ein Salz umzuwandeln. Man kocht, läſst wieder erkalten und fügt Essigsäure im Ueberschusse hinzu. Der unlösliche Säurefarbstoff wird auf diese Weise wieder frei, aber in einem Zustande, welcher für seine Fixirung auf Baumwolle sehr geeignet ist. Als Beizmittel ist essigsaures Chromoxyd am vortheilhaftesten. Nach dem Drucken wird gedämpft. Die Farbe erhält erst ihren vollen Glanz in einem Seifenbade, dessen Temperatur bis 60° gesteigert werden kann. Wenn man ein Gelb erhalten will, welches schon nach einfachem Waschen lebhaft wird, so muſs man ein Aluminiumsalz als Beizmittel verwenden. Diese gelben Farbstoffe mit Chrom als Beizmittel vereinigen sich sehr gut mit künstlichem Alizarinroth.