Titel: [Kleinere Mittheilungen.]
Fundstelle: Band 256, Jahrgang 1885, Miszellen, S. 284
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[Kleinere Mittheilungen.] Kleinere Mittheilungen. Ueber eine neue Methode der Wasserhebung. Wie Werner Siemens im Verein zur Beförderung des Gewerbfleißes (vgl. Sitzungsbericht März 1885 S. 80) mittheilte, handelte es sich um die Entwässerung eines Braunkohlenflötzes in der Nähe Berlins, welches mit einer über 30m hohen Schicht feinen flieſsenden Sandes bedeckt ist. Die zur Niederbringung des Schachtes benutzte sogen. Gefriermethode von Poetsch (vgl. 1884 252 100) war zwar in so weit gelungen, als der Schacht bis zu dem etliche 30m tief liegenden Kohlenflötze ohne Anstand vollendet werden konnte; doch als der Schutz des Frostmantels aufhörte, war das eindringende Wasser nicht mehr zu bewältigen und der Schacht füllte sich mit Wasser und mitgerissenem Sande. Um das Werk zu vollenden und einen gesicherten Abbau des Kohlenlagers zu ermöglichen, erschien als das geeignetste Mittel, das in dem nach allen Seiten offenen Sandmeere herandringende Grundwasser durch ein System von Abessinier-Brunnen dem Boden beständig zu entziehen und dadurch den Wasserdruck an der Bruchstelle zu beseitigen. In den engen Brunnenröhren lassen sich aber Druckpumpen von groſser Leistungsfähigkeit nicht gut anbringen. Ein mit Preſsluft betriebenes Ventilpumpensystem versprach zwar bessere Erfolge; doch erschien die Leistungsfähigkeit der einzelnen Brunnen noch immer zu klein im Verhältnisse zur Gröſse der zu bewältigenden Wassermassen. Diese Nothlage führte Siemens auf den Gedanken, die in Geysern, Sprudelquellen, Erdölspringbrunnen u. dgl. von der Natur selbst so vielfach benutzte Methode der Flüssigkeitshebung durch Gasentwickelung in der Tiefe nachzubilden und durch Einführung gepreſster Luft in den Sauger eines Abessinier-Rohres einen künstlichen Geyserbrunnen herzustellen. Dieser Plan fand weder bei Gelehrten, noch bei Praktikern, denen derselbe mitgetheilt wurde, Anklang und es gehörte eine beträchtliche Ueberzeugungsfestigkeit dazu, ihn dennoch auszuführen. Der Erfolg hat aber die Siemens'sche Anschauung vollständig bestätigt. Der benutzte, schon lange bestehende Abessinier-Brunnen hat eine Rohrweite von 80mm, ist ungefähr 30m tief eingesenkt und mit einem Sauger von etwa 3m Länge ausgerüstet. Das Rohr ist zu diesem Versuche mit einer Verlängerung von 9m über dem Boden versehen; die durch eine in umgekehrter Richtung gedrehte Locomobile verdichtete Luft wird durch ein Bleirohr von 2cm lichter Weite, dessen unteres Ende mit einem unten geschlossenen Kupferrohre mit vielen feinen Löchern zum Austritte der Luft versehen ist, im Rohre hinab bis zum Sauger geführt. Sobald die Luft im Kessel der Locomobile bis auf 3at Druck gepreſst ist, tritt dieselbe in das mit Wasser bis zum Grundwasserstand gefüllte Rohr ein und steigt in demselben in vielen feinen Blasen langsam in die Höhe. Da jede Blase auf das über ihr befindliche Wasser einen Druck vom Gewichte des durch sie verdrängten Wassers ausübt, so wird durch den von sämmtlichen Blasen ausgeübten Auftrieb das Gleichgewicht in dem aus dem Rohre und dem Grundwasser gebildeten communicirenden Rohrsysteme gestört, das Wasser muſs sich im Rohre so hoch heben, bis wieder Gleichgewicht mit dem Drucke des Grundwassers herbeigeführt ist, oder, wenn das Rohr so hoch nicht ist, muſs es oben ausströmen und mit einer dem übrig bleibenden Druckunterschiede entsprechenden Geschwindigkeit durch den Sauger nachströmen. Diese Geschwindigkeit wird eine stetige, wenn der Luftzufluſs unveränderlich, und ist abhängig von der Menge der in der Zeiteinheit zugeführten Luft und den Reibungswiderständen im Rohre und dem Sauger. Es ist hierbei zu bemerken, daſs die Luftblasen, während sie mit dem Wasserstrome schnell in die Höhe steigen, sich allmählich wieder bis zum Atmosphärendrucke ausdehnen, also auch eine entsprechend gröſsere Menge Wasser verdrängen. Für den durch die eingepumpte Luft bewirkten Auftrieb ist daher die mittlere Dichtigkeit der Luft im Rohre in Rehnung zu ziehen. Soll das Wasser mithin um die halbe Grundwasserhöhe, vom Sauger an gemessen, gehoben werden, so muſs zur Erzielung des hydrostatischen Gleichgewichtes das specifische Gewicht des Gemisches von Wasser und Luft im Rohre im Durchschnitte ⅓ sein; es muſs also hierfür ⅔ des durch den Sauger eintretenden Wasservolumens Luft von der Dichtigkeit der halben Druckhöhe des Grundwassers eingeführt werden, oder ⅙ des Wasservolumens zur vollen Druckhöhe verdichtete, in der Tiefe eintretende Luft. Zur Beschleunigung des Wassers bis zur Austrittsgeschwindigkeit und zur Ueberwindung des Reibungswiderstandes im Rohre und im Sauger muſs dieses Luftvolumen noch entsprechend vergröſsert werden. Diese Vermehrung der nöthigen Luftmenge zur Erzeugung der Wasserbewegung bildet im Wesentlichen den Arbeitsverlust, zu welchem noch hinzuzurechnen ist der Arbeitsverlust durch Erwärmung der Luft bei ihrer Verdichtung und ein weiterer, der vom Verhältnisse der Geschwindigkeit, mit welcher die Luftblasen im ruhigen Wasser aufsteigen, zu der Geschwindigkeit, mit welcher sie mit dem strömenden Wasser emporsteigen, abhängt. Tritt die Luft durch viele feine Oeffnungen in das Wasser ein, so daſs die Blasen klein werden, also langsam im ruhigen Wasser aufsteigen und ist die Wassergeschwindigkeit beträchtlich, so ist der letztgenannte Arbeitsverlust nur unbedeutend. Bei dem angeführten Versuche wurde durch das 80mm weite Rohr in der Minute eine Wassermenge von 600 bis 700l gehoben und eine Wassergeschwindigkeit von 2m,5 in der Secunde erzielt. In Wirklichkeit ist die Geschwindigkeit noch viel gröſser, da das Wasser namentlich im oberen Theile des Rohres mit einer groſsen Menge Luft gemischt ist und als ein schwerer gleichartiger Schaum aus der Rohrmündung herausgeschleudert wird. Eine Berechnung der Oekonomie dieser Wasserhebungsmethode hat noch nicht ausgeführt werden können und es wird auch noch vieler Versuche bedürfen, um die besten Verhältnisse der Rohr- und Saugerabmessungen, der Rohrlänge zu der Hubhöhe des Wassers und der einzublasenden Luftmenge zu ermitteln. Man kann aber schon jetzt mit Bestimmtheit behaupten, daſs diese neue Wasserhebungsmethode in vielen Fällen, namentlich beim Bergbaue, ländlichen Bewässerungsanlagen u. dgl. nützliche Verwendung finden wird; sie ist auch nicht auf die Benutzung von Abessinier-Brunnen mit Saugern beschränkt, sondern überall da anwendbar, wo man durch Anlage tiefer Brunnen oder eingesenkter tiefer Röhren, von deren Grund aus sich das Steigrohr erhebt ein communicirendes Rohr von mindestens halber Höhe des Steigrohres unter dem Spiegel des zu hebenden Wassers herstellen kann. Wie Gerlach in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1885 S. 311 mittheilt, ist diese Methode unter dem Namen „Aerostatisches Kunstgezeug“ schon im J. 1797 vom Bergmeister Löscher in Freiberg in einer Druckschrift veröffentlicht worden; zu mehr aber als zu kleinen Zimmerversuchen ist es damals nicht gekommen. Neuerung an Glade's Brettchenschneidmaschine. Bei dieser * S. 63 d. Bd. beschriebenen Maschine ist an Stelle der Tischbewegung mittels Seil und Gewicht eine längs des Gestelles gelagerte Schraubenspindel angewendet, welche vom Vorgelege aus abwechselnd links und rechts in Drehung gesetzt wird. Die zum Festhalten des Holzes auf dem Tische dienenden Hebel sitzen auf einer wagerechten Welle, welche der Höhe des zu schneidenden Holzblockes entsprechend in geschlitzten Ständern senkrecht verstellt werden können. Verfahren und Apparat zum Aufziehen von Furnüren. Das zur Zeit übliche Verfahren, Furnüre oder dünne Lagen von Pappe, Zeug u. dgl. aufzuziehen, besteht darin, den Ueberzug mit einem Werkzeuge von Hand anzupressen, oder in einer Presse längere Zeit hindurch einem gewissen Drucke auszusetzen. Beide Verfahren nehmen eine längere Zeit in Anspruch und bieten trotzdem noch keine Sicherheit für eine tadellose Ausführung, da bei dem ersteren stets an den Stellen wieder Blasen entstehen, welche man kurz zuvor bearbeitet hat, und bei dem letzteren ein völlig gleichmäſsiger Druck über die ganze zu überziehende Fläche nicht stattfinden kann. Diesen Arbeits- und Zeitverlust soll ein Apparat von W. Wepler in Offenbach a. M. (* D. R. P. Kl. 38 Nr. 29980 vom 20. Mai 1884) beseitigen. Der Hergang des Aufziehens ist der, daſs die Furnüre sammt der zu bekleidenden Holzplatte durch Walzen läuft und schlieſslich durch eine Kette von Druckdaumen an jeder einzelnen Stelle niedergepreſst wird. Im Wesentlichen besteht der Apparat aus mehreren Walzen, welche in seitlich an einem Untergestelle angebrachten beweglichen Lagern liegen, und einer mittels Zahnstangengetrieben unter den Walzen durchzuführenden Platte. Der aufzuziehende Stoff wird mit Leim oder einem anderen Bindemittel bestrichen, auf das zu überziehende Brett gelegt und sammt letzterem auf der Platte durch Schrauben oder Knaggen befestigt; sodann tritt der Apparat in Thätigkeit und führt Furnüre und Brett unter den Walzen und der Kette von Druckdaumen hindurch. Die erste Walze vertheilt den Leim und preist die Furnüre an, die übrigen Walzen beseitigen die Fehler, welche durch das erste Verfahren noch zurückgelassen sind. Sollten sich hiernach noch Unebenheiten zeigen, so sollen diese durch die Druckdaumen beseitigt werden, da diese die einzelnen Theile der ganzen Fläche, jeden für sich, unter gleichen Druck halten. Kollergang für Papierstoff. Ducreuil will nach dem Moniteur de la Papeterie bezieh. der Papierzeitung, 1885 S. 655 die Schwierigkeit beseitigen, daſs sich die Papierrohstoffe im Kollergange in eine elastische Masse verwandeln, welche den Mahlsteinen groſsen Widerstand entgegensetzt und die Leistung vermindert. Er läſst zu diesem Zwecke unter dem Steine Wasser eintreten und nimmt die Umfassungswand 70 bis 80cm anstatt wie bisher 15 bis 20cm hoch. Die senkrechte Welle wird durch einen cylindrisch kegelförmigen Mantel geschützt und können, da die Masse leichter bewegbar ist, die üblichen Rechen durch Bürsten ersetzt werden, welche den Stoff unter die Steine schieben. Es soll dadurch bessere Mahlung erzielt und die Leistungsfähigkeit auf das 3 bis 4fache gesteigert werden. Neue Art, zwischen einem Eisenbahnzuge und einer Station zu telegraphiren. L. J. Phelps soll kürzlich nach dem Elektrotechnischen Anzeiger, 1885 S. 44 und 49 auf der Harlem River Zweigbahn der New-Haven Eisenbahn, und zwar in New Rochelle, in einer neuen Weise und angeblich durchaus befriedigend von einem fahrenden Eisenbahnzuge nach einer Station zu telegraphiren versucht haben, nämlich nicht so, daſs ein Strom vom Zuge aus unmittelbar in eine feste Leitung übergeführt und so nach der Station entsendet wurde, sondern daſs ein kräftiger Strom bloſs in einer auf dem Eisenbahnwagen befindlichen Leitung in der zum Telegraphiren erforderlichen Weise abwechselnd geschlossen und unterbrochen wurde, wobei jedoch ein am Wagen befestigter Theil der Leitung parallel zu der nach der Station führenden, fest liegenden Leitung lag und daher aus ersterer in letzterer den Schlieſsungen und Oeffnungen jenes Stromes entsprechende Wechselströme inducirt wurden. Die Annales industrielles, 1885 Bd. 1 S. 398 berichten, daſs die Versuchsstrecke 20km lang gewesen sei und Brücken sowie andere ähnliche Schwierigkeiten enthalten habe. Der von Station zu Station laufende Leiter, ein isolirter Draht, war auf glatter Strecke in eine Holzrinne von quadratischem Querschnitte und 50mm Seitenlänge eingeschlossen, welche mit einem Deckel versehen und mittels Unterlagen auf den Querschwellen befestigt war. An den Kreuzungspunkten, Straſsenübergängen u. dgl. kam anstatt der Holzrinne eine unter der Erde liegende eiserne Röhre zur Verwendung. Von dieser in möglichst sich gleich bleibender Höhe über den Schwellen hingeführten Leitung ganz getrennt war auf einem Wagen ein Stromkreis von etwa 2500m Länge aus isolirtem Kupferdraht hergestellt, welcher in 90 Windungen über einen Rahmen gewickelt war und über die ganze Länge des Wagens lief. Der obere Theil der Windungen lag auf dem Wagendache, der untere Theil derselben in einer Eisenröhre von 50mm unter dem Wagenboden und in einer Entfernung von 175mm von jenem Leitungsdrahte. In den Stationen wurde als Empfänger ein Telephon verwendet und zwar als Klopfer benutzt. Auf dem Wagen war in den Stromkreis der Windungen ein sehr empfindliches Relais in Verwendung, das einen Lokalstrom durch einen Morsetelegraphen schloſs. Jeder durch einen der beiden Stromkreise gesendete Strom übertrug sich dabei durch Induction in den anderen Stromkreis. Als Ergänzung der vorstehenden Mittheilungen sei aus dem Scientific American, 1885 Bd. 52 * S. 118 noch hinzugefügt, daſs die von Hartem River bis New-Rochelle Junction reichende Versuchsstrecke der New-York, New-Haven und Hartford Eisenbahn eine Länge von ziemlich 20km (12 engl. Meilen) hat. Der Zug fuhr theilweise mit einer Geschwindigkeit von 64km in der Stunde. Die Abbildungen a. a. O. zeigen die inducirende Spule von 2km,4 Drahtlänge zwar ganz unter dem Wagenboden liegend; doch wird. im Texte ebenfalls gesagt, daſs die obere Hälfte der Windungen über den oberen Theil des Wagens laufe, und es wird die Absicht, diese der unteren Hälfte entgegen wirkende Hälfte der Windungen möglichst fern von dem Drahte in der Holzrinne zu führen aus der Bemerkung erklärlich, daſs an einer Stelle der Bahn dieser Draht in 1m,22 Entfernung von der Inductionsrolle habe gelegt werden müssen und daſs selbst an dieser Stelle das Telegraphiren durch die Inductionsströme nicht unmöglich gewesen sei. Darstellung von Wasserglas aus Melasse. Zur Herstellung von Wasserglas aus Melasse-Entzuckerungslaugen werden diese nach H. Propfe in Hildesheim (D. R. P. Kl. 89 Nr. 30193 vom 19. März 1884) mit zerkleinertem Torf versetzt und mit Sand vermischt, als feuchte Masse in den Schmelzofen gebracht und verschmolzen. Ist die Lauge concentrirt, so ist die Anwendung von Torf nicht nöthig. Die in der Lauge enthaltenen Kohlenstoffverbindungen werden dadurch oxydirt, daſs eine verhältniſsmäſsige Menge schwefelsaures, doppeltschwefelsaures oder salpetersaures Alkali der Mischung zugesetzt wird. (Vgl. Propfe 1884 254 139.) Herstellung von Seife aus Oelsamen. Nach B. Seemann in Kitzingen (Oesterreich-Ungarisches Patent Kl. 23 vom 10. December 1883) werden Cocosnuſs-, Palmnuſskerne, Baumwollsamen u. dgl. zerkleinert mit einer Seifensiederlauge von etwa 20° B. gekocht, bis sich das in den Samen enthaltene Oel mit der Lauge verbunden hat, was gewöhnlich innerhalb einer Stunde stattfindet. Wenn über Feuer gekocht wird, muſs die durch Verdampfen verloren gehende Wassermenge genügend ersetzt werden, damit die Mischung im flüssigen Zustande erhalten bleibt und unausgesetzt kochen kann. Das auf diese Weise aus den Samenkörnern oder Kernen ausgetriebene Oel wird in der Lauge verseift und die Hülsen und Schalen der Samen und Kerne können durch Aussalzen oder Zusetzen einer starken concentrirten Lauge zu Boden gefällt werden. Durch weiteres Zusetzen von soviel Salz oder concentrirter Lauge, als zum Abscheiden der Unterlauge von der Seife nothwendig ist, erhält man einen festen Rückstand, ganz wie dies bei der Herstellung von Seife aus Oel, welches chemisch oder mechanisch aus Samenkörnern oder Kernen gewonnen wurde, der Fall ist. Durch wiederholtes Auskochen in Salz haltigem Wasser oder concentrirter Lauge kann eine vollkommen weiſse Seife gewonnen werden. Löslichmachen von Cacao. Nach Lobeck und Comp. in Löbtau (D. R. P. Kl. 53 Nr. 30894 vom 24. Mai 1884) sollen Cacaopräparate dadurch löslich gemacht werden, daſs man dieselben mit oder ohne Wasser in einem geschlossenen Gefäſse etwa 30 Minuten lang auf 150° erhitzt. Verfahren zur Darstellung von Ammoniakflüssigkeit. Nach A. Feldmann in Bremen (D. R. P. Kl. 75 Nr. 31237 vom 28. August 1884) wird durch die Gegenwart des Kalkschlammes die Destillation des Ammoniaks wesentlich erschwert. Es wird daher das rohe Ammoniakwasser oder Gaswasser in einen Behälter gebracht und mit Kalkmilch oder trockenem Kalkhydrat in bekannten Verhältnissen mittels Rührwerk innig vermischt. Nach beendeter Zersetzung wird das Gemisch einer Filterpresse oder Schleudertrommel zugeführt, die feste Masse von der Flüssigkeit abgeschieden und die letztere der Destillation unterworfen. Nach Abscheidung der Kalkverbindungen geht die Destillation ungleich leichter von statten, das Ammoniak kann ohne Verlust gewonnen und die Destillation in einfachster Weise in einem stetig wirkenden Colonnenapparat ausgeführt werden. Das gleiche Verfahren kann. auch bei der Herstellung von concentrirtem Ammoniakwasser (sogen. concentrirtem Gaswasser) in Anwendung kommen. Die hierbei bisher benutzten, ununterbrochen wirkenden Destillationsapparate liefern das concentrirte Ammoniakwasser nur in einer Stärke von etwa 12 bis 15 Proc. Ammoniak. Bei stärkerer Concentration treten sofort Ausscheidungen und Verstopfangen der Kühlvorrichtungen durch kohlensaures Ammoniak ein. Wird aber die Kohlensäure der Ammoniakverbindungen im rohen Ammoniakwasser ganz oder auch nur theilweise durch Aetzkalk ausgefällt und werden die entstandenen unlöslichen Kalkverbindungen, wie vorhin angegeben, vor der Destillation entfernt, so kann man das concentrirte Ammoniakwasser in Colonnenapparaten in jeder beliebigen Concentration unmittelbar erzeugen. Verhalten der Nitrile gegen Wasserstoffsuperoxyd. Aus Versuchen von B. Radziszewski (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1885 S. 355) folgt, daſs die Nitrile mit Wasserstoffsuperoxyd in Amide übergehen unter Entwicklung molekularen Sauerstoffes, entsprechend der Gleichung: R.CN + 2H2O2 = R.CONH2 + O2 + H2O. Die Einwirkung erfolgt besonders leicht in alkalischer Reaction und bei einer Temperatur von etwa 40°. Besonders schön läſst sich die Reaction zeigen, wenn man dazu solche Nitrile anwendet, deren Amide in Wasser schwer löslich sind, wie z.B. die aromatischen Nitrile, Kapronamid, Cyan u.s.w. Wenn man z.B. zu Wasserstoffsuperoxyd Benzonitril und etwas Kalilauge hinzufügt, so geht bei der Bruttemperatur nach einigen Minuten beim heftigen Schütteln die ganze Menge des Nitrils in vollkommen reines krystallisirtes Benzamid über. Die Reaction verläuft quantitativ. Verfahren zur Darstellung arsensaurer Salze. Nach E. A. Mebus in New-York (D. R. P. Kl. 12 Nr. 31149 vom 24. Juli 1884) wird in einem geeigneten Gefäſse eine Mischung von Salpeter und Arsenik mit Arsensäurelösung übergössen, worauf zur Beförderung der Reaction nach Bedarf Dampf eingeleitet wird. Die entweichenden salpetrigen Dämpfe werden in gewöhnlicher Weise durch Luft und Wasser zu Salpetersäure oxydirt, welche entweder für sich besonders aufgesammelt werden kann, oder zweckmäſsiger aus den höher gelegenen Condensatoren in den Entwickelungsapparat zurückflieſst und neue Mengen von Arsenik oxydirt, bis endlich durch Verlust von Salpetersäure der Prozeſs zum Stillstande kommt. Anstatt zu der Mischung von Salpeter und Arsenik Arsensäurelösung flieſsen zu lassen, kann man zu einer Mischung von Arsenik und Arsensäure eine Lösung von Salpeter geben. Ueber Sulfophtalsäure. Nach C. Graebe (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1885 S. 1126) bestellt das Oxydationsproduct der Binitronaphtolsulfosäure, deren Kalisalz das Naphtolgelb S bildet, der Hauptmenge nach aus β-Sulfophtalsäure C6H3.SO3H.(CO2H)2. Zur Darstellung der β-Sulfophtalsäure wird die wässerige Lösung der Binitronaphtolsulfosäure auf dem Wasserbade erwärmt und mit Salpetersäure von 1,3 sp. G. versetzt. Die Reaction vollzieht sich rasch unter Aufschäumen. Es ist, wie auch aus der Zusammensetzung sich ergibt, verhältniſsmäſsig nur wenig Salpetersäure zur Oxydation erforderlich. Die Sulfophtalsäure hinterbleibt als hellgelb gefärbter Syrup; sie läſst sich in Fluoresceïnsulfosäure verwandeln. Die aus der Sulfosäure dargestellten Farbstoffe haben einen technischen Werth nicht erlangt.