Titel: [Kleinere Mittheilungen.]
Fundstelle: Band 259, Jahrgang 1886, Miszellen, S. 380
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[Kleinere Mittheilungen.] Kleinere Mittheilungen. H. Förster's Verdrängung des Stauwassers bei Turbinen. Zur Verdrängung des Stauwassers bei Turbinen empfiehlt Hugo Förster in Mühle Gorsdorf bei Jessen (* D. R. P. Kl. 88 Nr. 33884 vom 7. Mai 1885), das Laufrad mit einem Mantel zu umgeben, der oben gegen das Druckwasser dicht schlieſst und in welchen Preſsluft gepumpt wird. (Vgl. Laudien 1880 238 433.) Schiffsgeschwindigkeiten. Auf Seeschiffen wird die Fahrgeschwindigkeit nach Knoten (zu je 1852m) in der Stunde berechnet; 1 Knoten entspricht also 0m,514 in der Secunde. Ein Segelschiff alter Construction lief mit günstigem Winde höchstens 8 Knoten (4m,112), während ein heutiger Segler es auf 13 Knoten (6m,682) bringen kann, wenn Wind und Wetter günstig sind. Die Fahrgeschwindigkeit der Frachtdampfer liegt zwischen 8 und 10 Knoten (4m,112 und 5m,140). Post- und Passagierdampfer sind erheblich schneller. Die transatlantischen Schnelldampfer des Bremer Lloyd laufen mit einer Durchschnittsfahrt von 15 bis 16 Knoten (7m,710 bis 8m,214) über den Ocean. Die schnellsten Torpedoboote können eine Geschwindigkeit von 21 bis 22 Knoten (10m,794 bis 11m,308) erreichen. Unsere Panzerfregatten machen 12 bis 13 Knoten (6m,168 bis 6m,682) Fahrt bei äuſserster Anspannung der Maschine. Der Postdampfer Irland, nach dem Engineer, 1885 Bd. 60 * S. 204, von Gebrüder Laird in Birkenhead für die Linie Holyhead-Kingstown gebaut, erreichte bei der Probefahrt eine Geschwindigkeit von 20 Knoten oder 37km (10m,28 in der Secunde). Bemerkenswerth ist, daſs Maschine und Kessel nach dem alten, vor 30 Jahren üblich gewesenen Niederdrucksystem construirt sind, während man sonst in der ganzen Schiffstechnik bei Neubauten heute in der Regel das Compoundsystem anwendet, welches bedeutende Kohlenersparniſs, also bei gegebenem Kohlenvorrathe die Zurücklegung eines gröſseren Weges als das alte System ermöglicht. Da der Weg von Holyhead nach Kingstown in nur 3 Stunden zurückgelegt wird, ein Kohlenmangel also ausgeschlossen ist, gab man die Vortheile des Compoundsystem es auf, um eine möglichst leichte Maschine zu haben. Leimwärmapparat für Buchbindereien. L. Hertz in Warschau und G. v. Nawrocki in Berlin (* D. R. P. Kl. 11 Nr. 33693 vom 21. Juni 1885) haben einen Apparat zum Flüssighalten von Leim angegeben, bei welchem der Leim in dünner Schicht durch Dampf für das Durchziehen ganzer Papptafeln warm gehalten wird. In einen auf Füſsen stehenden viereckigen Dampfkessel ist eine nur für Holzkohlen berechnete Feuerung eingebaut und läuft der Dampfraum oben am Kessel in zwei flache Kammern aus, welche auf ihrer oberen Fläche Pfannen zur Aufnahme des Leimes bilden. In der Mitte zwischen beiden Pfannen ist Platz zum Aufstellen der Kochtöpfe für den Leim, aus welchen der letztere in die Pfannen immer nachgegossen werden kann. Die Papptafeln werden mit der zu beklebenden Seite nach unten einfach über den Spiegel des flüssigen Leimes in den Pfannen hinweggezogen. Carhart's Tragband für Telephon-Luftkabel. Textabbildung Bd. 259, S. 380 Da das Ausspannen einer groſsen Anzahl einzelner Leitungsdrähte in mehrfacher Beziehung unbequem und schwierig ist, so vereinigen die amerikanischen Telephongesellschaften sehr häufig eine gröſsere Zahl ihrer Drähte zu einem Kabel, welches dann an einem einzigen starken Drahte in der Luft aufgehängt wird. Für diesen Zweck erscheint das beistehend nach der Electrical World, 1885 Bd. 6 * S. 96 dargestellte Kabel-Tragband von Carhart besonders geeignet. Dasselbe besteht aus zwei aus schwachem Bleche hergestellten Theilen, einem oberen, auf dem tragenden Drahte ruhenden und aus einem unteren, das Kabel umfassenden Theile, welcher das Kabel fast vollständig umschlieſst; seine beiden nach oben gerichteten Lappen sind am Ende hakenförmig nach auſsen umgebogen und greifen mit diesen Haken in entsprechende Falze, zu welchen die Lappen des oberen Theiles nach innen zu umgebogen sind. Ein Ausschnitt in diesen Falzen greift über einen zungenförmigen Ansatz der Lappen des unteren Theiles und verhindert so die seitliche Verschiebung beider Theile gegen einander. Lestelle's Schutz der Weingärten gegen Fröste mittels Elektricität. Die Verheerungen, welche nächtliche Fröste im April und Mai in Obst- und Weingärten anzurichten pflegen, bekämpft man seit einigen Jahren durch künstliche Erzeugung von Wolken behufs Verminderung der Wärmeausstrahlung (vgl. 1874 214 498. 1878 229 566). Man verbrennt dazu Theersubstanzen auf den zu schützenden Feldern. Um diesen Schutz zuverlässiger und minder kostspielig zu machen, benutzt der Telegrapheninspector Lestelle in Mont de Marsan eine seit 1882 in den Weingärten Laudes und in der Gironde eingeführte elektrische Anordnung. Wie die Zeitschrift für Elektrotechnik, 1885 S. 746 nach dem Bulletin de la Compagnie internationale des téléphones berichtet, bringt er inmitten des Weinberges oder Feldes ein Thermometer an, welches, wenn die Temperatur auf 2° über Null sinkt, den Stromkreis eines galvanischen Elementes schlieſst. Dadurch kommt ein von einem Triebwerke bewegter Commutator in Thätigkeit, welcher nach und nach den Strom eines kleinen Rühmkorff'schen Inductors durch eine Reihe von Stromkreisen sendet. In jedem Stromkreise befindet sich ein Zünder, welchen der elektrische Strom entzündet, worauf eine Zündschnur ein Büschel Schieſswolle und durch diese das Zündpulver auf einem benachbarten Feuerherde in Brand setzt. Die Feuerherde, aus Laub, Kräutern u. dgl. gebildet, sind in etwa 40m Entfernung von einander und werden sämmtlich in weniger als 1 Secunde entzündet. Gegen Unregelmäſsigkeiten wird der Herd dadurch geschützt, daſs man denselben mit in Oel und Harz getränkten Sägespänen bedeckt, welche zugleich die Raucherzeugung vermehren. Die Entzündung der von den Zündern ausgehenden Schieſswollfäden wird dadurch erleichtert, daſs man auf ihre Unterlage in geschmolzenes Pech eingetauchtes Stroh oder andere recht leicht entzündliche Stoffe auflegt. Die Kosten der ersten Anlage werden auf 88 bis 90 M. für 1ha geschätzt, für welche Fläche 7 Feuerherde ausreichen, um eine zusammenhängende Rauchwolke zu erzeugen. Ueber Rübenbau. Rübenbauversuche unter Anwendung der Elektricität wurden von C. Braune (Deutsche Zuckerindustrie, 1885 S. 1614) ausgeführt. Als die Rübenpflanzen aufgegangen waren, wurde an einem Ende der 56m langen Reihen eine Kupfer-, am anderen eine Zinkplatte eingesenkt und diese oberirdisch durch einen Draht verbunden (A). Zwei andere Reihen erhielten an den Enden Kupferplatten, in deren oberirdische Verbindung eine Batterie von 14 Meidinger'schen Elementen eingeschaltet war (B). Der elektrische Strom war vom 3. Juni bis 7. August gleichmäſsig stark, nahm aber dann ab. Die am 26. Oktober geernteten Rüben ergaben das Gewichtsverhältniſs 230 und 235 zu 210 ohne Elektricität (C). Bei der Polarisation fand man: Brix Zucker Nichtzucker Quotient A 18,0 15,3 2,7 85,6 B 17,9 15,5 2,4 86,6 C 16,7 15,0 1,7 89,7. Daraus ergibt sich, daſs die Vertheilung und Aufschlieſsung der Salze im Erdboden, wie sie durch die Wirkung des elektrischen Stromes bedingt ist, beim Zuckerrübenbau den Gewichtsertrag erheblich, den Zuckergehalt in etwas bereichert, dagegen den Reinheitsquotienten wesentlich herabmindert. Umfassende Versuche über die Keimfähigkeitsdauer der Runkelrübenknäule wurden von G. Marek ausgeführt (Zeitschrift des deutschen Vereins für Rübenzucker-Industrie, 1885 S. 945). Hiernach war die einjährige Saat die beste, dieser folgten fast gleichwerthig die 3- und 4jährige Saat, dieser die frisch geerntete und die 2jährige Saat. Im Allgemeinen hat diese Untersuchung einen wesentlichen Unterschied in der Beschaffenheit zwischen den 5 letzten Ernten nicht ergeben; es hat sich sogar herausgestellt, daſs der 3- und 4jährige Samen vollwerthig dem frischen zur Seite steht. Mit dem Alter von 5 Jahren begannen merkliche Rückgänge in der Keimfähigkeit hervorzutreten, welche sich nach dem 6. und 7. Jahre allmählich steigerten und mit dem 9. Jahre ihre höchste Grenze erreichten. Umfassende Versuche von G. Marek (daselbst S. 1073) lieferten das für Rüben Samenzüchter wichtige Ergebniſs, daſs der Zuckergehalt eine erbliche Eigenthümlichkeit der Rübe ist, bei welchem der Standort derselben nicht einen solchen Einfluſs zu üben scheint, daſs diese erbliche Eigenthümlichkeit hierdurch verdeckt wird. Fälle dieser Art dürften in normalen Verhältnissen nur die Ausnahme bilden. Es scheint sogar die Eigenschaft der Rübe, ihren Zuckergehalt auf ihre Nachkommen zu vererben, so stark zu sein, daſs sie Bodenarten, welche bisher als dem Rübenbau nicht günstig bezeichnet wurden, sich zu erschlieſsen vermag, und Düngungen, welche bisher als schädlich galten, in gewissen Fällen, ohne Einbuſse der Güte, zulässig erscheinen läſst. Versuche von M. Hollrung (daselbst S. 297) bestätigen, daſs Frost namentlich den vorgequellten Rübensamen stark schädigen kann. B. Corenwinder (Sucrerie indigène, 1885 Bd. 24 S. 630) bestätigt die schon von J. Liebig gemachten Angaben über den Einfluß der Aschenbestandtheile auf das Wachsthum der Zuckerrübe, daſs die übrigen Düngemittel nichts helfen, wenn der Boden nicht genug Kalk enthält. E. Wollny (Fühling's landwirthschaftliche Zeitung, 1885 Nr. 10) zeigt, daſs die Behäufelungskultur nur auf bündigen, humosen, das Wasser gut anhaltenden Böden, sowie in einem feuchten Klima dem Ertragsvermögen der Pflanzen förderlich, auf allen leicht austrocknenden Böden und in einem trockenen Klima aber unzweckmäſsig ist, weil den Kulturpflanzen unter solchen Umständen die zur normalen Entwickelung nothwendigen Wassermengen nicht zur Verfügung stehen. W. Rimpau (daselbst 1885 Nr. 12) führt aus, daſs aus den durch Polarisation ausgewählten Stammrüben immer einige ihre Vorzüge nicht vererben, so daſs nur eine mehrere Jahre hindurch ausgeführte Zuchtwahl sicheren Erfolg gibt. Nach Versuchen von G. Marek (Der Landwirth, 1885 S. 521) haben Salzlösungen zur Bestimmung der specifischen Schwere ganzer Rüben nur sehr bedingten Werth, da die Gröſse des Kopftheiles, anhaftende Luft u. dgl. groſsen Einfluſs besitzen. Auch durch Einlegen kleiner Abschnitte in Salzlösungen von 1,06 ist eine Auswahl der an Zucker reichsten Rüben nicht zu erzielen. L. Malkhoff (Neue Zeitschrift für Rübenzucker-Industrie, 1885 Bd. 14 S. 313) findet, daſs die gleichzeitige Zuführung von Feuchtigkeit und Düngstoffen der Entwickelung des Keimes und der jungen Pflanzen sehr förderlich ist. Nach A. Ladureau (Sucrerie belge, 1885 S. 314) wirkt die Phosphorsäure auf die Zuckerrübe als basisches, citratlösliches Phosphat ebenso vortheilhaft wie als Superphosphat. (Vgl. 1885 255 354. 256 374.) Der Einfluſs der Weichreife auf die Beschaffenheit des Malzes. Nach C. Lintner sen. (Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1885 S. 468) wird nicht in allen Mälzereien derselbe Grad von Weichreife angewendet, da durch einen höheren Weichgrad auch ein etwas gröſserer Verlust an nützlichen Bestandtheilen der Gerstetrockensubstanz eintritt. Je geringer aber der Wassergehalt des Grünmalzes ist, um so rascher wird unter sonst gleichen Umständen das Austrocknen auf der oberen Darre vor sich gehen und auch um so geringer wird der Wassergehalt des Malzes sein, wenn dasselbe auf die untere Darre gebracht wird. Auf diese Weise erhält man leicht ein lichtes Malz, unbedeutend süſs und nahezu ohne Aroma. Ist aber dagegen der Wasserrest in dem auf die obere Darre gegebenen Grünmalze noch ein verhältniſsmäſsig hoher, so muſs die Austrocknung desselben langsamer ausgeführt werden und dürfte auſserdem das Trockenmalz noch mit einem etwas höheren Wassergehalte auf die untere Darre gelangen. Dieser Wasserrest im Grünmalze auf der oberen und derselbe auch im Trockenmalze auf der unteren Darre sind aber zu berücksichtigen, wenn nicht ein leichtes, sondern ein mehr oder weniger dunkles und jedenfalls ein süßes Darrmalz mit deutlichem Malzaroma erhalten werden soll. Wird ein Grünmalz auf der oberen Darre mit genügendem Wasserrest in einer ziemlich hohen Schicht langsam ausgetrocknet, so sterben zwar auch hier die Keime bald ab; wegen der groſsen Feuchtigkeit im Malze geht aber der diastatische Proceſs in demselben noch eine Zeit lang fort und, da der dabei erzeugte Zucker nicht mehr verbraucht wird, so bleibt derselbe im Malze und es entsteht ein süſses Malz. Ein gewisser Zuckergehalt mit einer geringen Wassermenge – etwa dem Wassergehalte der lufttrockenen Gerste 12 bis 14 Proc. entsprechend – geben auf der unteren Darre das süſse und aromatische Malz für bayerische Biere. Zur Kenntniſs der frischen Kartoffeln. Noch nicht völlig ausgereifte, frische Kartoffeln enthielten nach J. Hungerbühler (Landwirthschaftliche Versuchsstation, 1885 Bd. 32 S. 386) als wichtigste Bestandtheile: Zeit der Probenahme Eiweiſs Stärke Zucker Vom Gesammtstickstoffvorhanden alsEiweiſs-N als Nicht-Eiweiſs-N 23. Juni    0,94%      9,65%    1,09%    70,9%    29,1% 30. 1,22 12,44 0,91 64,4 35,6   7. Juli 1,02 12,83 0,90 58,7 41,3 Der Gehalt an Eiweiſs wurde in bekannter Weise durch Multiplication des Eiweiſs-Stickstoffes mit 6,25 berechnet. Neuer Zuckerersatz. Auf der Erfindungsausstellung in London war von C. Fahlberg in New-York unter der Bezeichnung Saccharin ein ungemein süſs schmeckendes weiſses Pulver ausgestellt, welches den Zucker ersetzen soll. Diese neue Verbindung wird als Anhydroorthosulfaminbenzoesäure, C6H4.CO.SO2NH, bezeichnet. Nach Angabe einer Flugschrift: Saccharin, Patent Dr. C. Fahlberg in New-York und A. List in Leipzig (New-York 1885)“ löst sich dieser Stoff schwer in kaltem Wasser, leichter in heiſsem Wasser. Der Geschmack soll viele Hundertmal süſser sein als der von Traubenzucker. Stärkezucker, mit 0,05 bis 0,1 Procent dieser Verbindung versetzt, soll den Rohrzucker in jeder Beziehung vertreten. Damit soll also der Rübenzucker beseitigt, der chemischen Industrie dagegen durch die Lieferung von Schwefelsäure, Salzsäure, Chlorkalk und Soda aufgeholfen werden, der Kohlentheerindustrie durch Nachfrage nach Toluol, der Landwirthschaft durch Lieferung des zur Beschaffung des Stärkezuckers erforderlichen Getreides. Als sehr schätzenswerth werden überdies die groſsen antiseptischen Wirkungen des Stoffes bezeichnet. Referent hatte kürzlich Gelegenheit, diesen wunderbaren Stoff zu kosten. Etwa 1mg desselben, auf die Zunge gebracht, entwickelte anfangs einen an Benzoesäure erinnernden, dann einen eigenthümlich süſsen Geschmack, welcher mehrere Stunden anhielt und dadurch schlieſslich SO unangenehm wurde, daſs zur Beseitigung desselben etwas China genommen werden muſste. Diese Eigenschaft erscheint wenig geeignet für die Einführung dieses Süſsstoffes an Stelle von Zucker. Welche Wirkungen ferner der tägliche Genuſs eines stark antiseptischen Stoffes auf den menschlichen Körper haben wird, müssen erst noch Versuche zeigen. Zu berücksichtigen ist ferner, daſs dieses sogen. Saccharin bestenfalls lediglich ein Genußmittel sein würde, während Zucker zugleich ein Nahrungsmittel ist. 100k Rohzucker von 96 Proc. kosten zur Zeit 46 M. oder nach Abzug der Steuer rund 28 M., während nach König (Nahrungsmittel, S. 210) der Nährwerth von 100k solcher Stickstoff freier Extractstoffe 25 M. beträgt, so daſs auf Rechnung des „Süſsstoffes“ nur 3 M. kämen (vgl. S. 219 d. Bd.). F. Zur Untersuchung von Borsäure. Das Verfahren von Stolba (Zeitschrift für analytische Chemie, 1864 S. 357) zur Bestimmung des Wassergehaltes der Borsäure durch Erhitzen mit 4 Th. Borax ist nach H. Gilbert (Repertorium für analytische Chemie, 1885 S. 375) bei Gegenwart von Schwefelsäure nicht verwendbar. Er bringt dagegen 1g,5 Aetzkalk in eine Platin schale, glüht auf dem Gebläse bis zum bleibenden Gewichte, übergieſst den Kalk mit etwa 10cc Wasser, rührt 2g Borsäure mittels eines Glasstäbchens in die Kalkmilch ein, spritzt das Anhaftende zum Schaleninhalte und dampft auf dem Wasserbade zur Trockene. Dann wird erhitzt anfangs mit kleiner, später mit voller Flamme und zuletzt, um die aufgenommene Kohlensäure zu verjagen, noch 5 Minuten auf dem Gebläse. Der Gewichtsverlust ist Wasser, bei der toskanischen Borsäure Wasser und Ammoniak, welches letztere selbstverständlich besonders ermittelt und in Abzug gebracht werden muſs. Proben von toskanischer (I) und kalifornischer Borsäure (II) hatten folgende Zusammensetzung: I II Wasser 42,03 45,29 Unlösliches 0,96 0,22 Ammoniak 1,23 Natron und Kali 0,72 1,01 Kalk 0,40 0,47 Magnesia 0,83 0,15 Eisenoxyd und Thonerde 0,28 0,07 Chlor 0,06 0,97 Schwefelsäure 7,04 1,17 Borsäure 46,47 50,87 –––– –––– 100,02 100,22 Ab Sauerstoff für Chlor 0,02 0,22 Neue Pyridinabkömmlinge. W. Epstein (Liebig's Annalen, 1885 Bd. 231 S. 1) erhielt durch Zusammenbringen von Zimmtaldehyd, Ammoniak in wasserfreier alkoholischer Lösung und Acetessigäther in den der Gleichung: C9H8O + HN3 + 2C6H10O3 = C21H25O4N + 3H2O entsprechenden Verhältnissen den Benzylidendihydrocollidindicarbonsäureäther:  C5N(CH3)2(CH.CH.C6H5.H2)(COOC2H5)2 und daraus das Lutidin: C5N(CH3)2H3. Entsprechende Versuche von F. Engelmann (daselbst S. 37) zeigen, daſs die ursprüngliche Reaction, aus Acetessigäther und Aldehydammoniak zu Pyridinbasen zu gelangen, in der Reihe der Fettaldehyde von der Formel CnH2nO wohl eine allgemeine genannt werden darf. Die aus Propylaldehyd, Isobutylaldehyd und Valeraldehyd auf diese Weise gewonnenen Verbindungen besitzen im Wesentlichen alle die schon am Hydrocollidindicarbonsäureäther charakterisirten Eigenschaften, unterscheiden sich aber von diesem durch ihre zunehmende Löslichkeit und abnehmende Krystallisationsfähigkeit. Bei der Oxydation mit Salpetrigsäure geben die aus Propylaldehyd und Valeraldehyd gewonnenen Hydroäther genau die erwarteten basischen Dicarbonsäureäther und schlieſslich die entsprechenden Basen selbst; die aus Isobutylaldehyd erhaltene Verbindung hingegen liefert merkwürdigerweise, abweichend hiervon, Lutidincarbonsäureäther und als Endproduct Lutidin. Auf das Acroleïn ist die Synthese nicht anwendbar und Benzoylessigäther, an Stelle des Acetessigäthers gesetzt, gibt zwar ein Condensationsproduct mit Aldehyd, ist aber unvermögend, Pyridinabkömmlinge zu liefern. Nach E. Voges (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1885 S. 3162) ist die von Böttinger beschriebene Pyridindicarbonsäure lediglich Lutidinsäure. A. Hesekiel (daselbst S. 3091) untersuchte das aus Glycerin und Acetamid mit Phosphorsäure nach folgender Gleichung: 2C3H8O3 + C2H3O.NH2 = C6H7N + C2H3O.OH + 5H2O entstehende Picolin. Wird statt Glycerin Paraldehyd verwendet, so entsteht Methyläthylpyridin. Propionaldehyd gibt Parvolin. Nach M. Dennstedt (daselbst 1885 S. 3316 und 1886 S. 75) findet die Umwandlung des Pyrrols in Pyridin nach folgender Gleichung statt: C4H4NH + 2NaOH + CH2J2 = C5H5N + 2NaJ + 2H2O. Die Ausbeute an Pyridin ist aber auſserordentlich gering. Neuerung im Verfahren zum Bedrucken von Gespinnstfasern. Beim Bedrucken der Gespinnstfasern mit solchen Farbstoffen, welche als Tanninverbindungen fixirt werden, verwendete man bisher Mischungen, welche auſser dem Farbstoffe, der Verdickung u. dgl. noch Weinsäure, Methyl- oder Aethylweinsäure enthielten. Diese genannten Säuren sollen sich jedoch nach Angabe der Farbwerke vormals Meister, Lucius und Brüning in Höchst a. M. (* D. R. P. Kl. 8 Nr. 34515 vom 8. Mai 1885) mit Vortheil durch Lävulinsäure ersetzen lassen, welche billig ist, beim Dämpfen die Faser nicht angreift und eine schönere Entwickelung des Farbstoffes veranlaſst. Auch die Essigsäure läſst sich beim Zeugdruck durch Lävulinsäure ersetzen, so z.B. beim Bedrucken des Stoffes mit Alizarin oder Farbstoffen, welche in ähnlicher Weise wie das Alizarin als Thonerde- oder Chromlacke auf der Faser befestigt werden; es hat die Lävulinsäure vor der Essigsäure den Vorzug, daſs sie mit Wasserdampf nicht flüchtig ist, also beim Dämpfen des bedruckten Gewebes nicht entweicht. Zweckmäſsig verwendet man beim Drucken lävulinsäure Salze der Farbbasen oder Mischungen der Farbstoffe mit Lävulinsäure; man erhält solche, indem man in einer Naſsmühle die Lävulinsäure mit der getrockneten oder besser noch etwas feuchten Farbbase oder dem Farbstoffe so lange mahlt, bis eine vollständige Mischung erreicht ist. So bedruckt man z.B. den Stoff mit nachstehender Mischung: 183 Th. Druckblau (Indulin) als Paste, 25 proc. 500 Lävulinsäure 40 Oelemulsion 630 Essigsäure-Stärkeverdickung 100 Traganth-Tannin (50 Th. Traganthschleim und 50 Th. Tannin) und entwickelt die Farbe dann durch Dämpfen des bedruckten Stoffes. Das sogen. „Lävulinblau“ (Mischung von lävulinsaurem Indulin mit Lävulinsäure) wird durch Eintragen von 1 Th. feuchter Indulinbase in 3 Th. Lävulinsäure und innige Vermischung erhalten; das Product bildet eine zähflüssige Masse, welche in dieser Gestalt in den Handel gebracht wird und unmittelbar (unter Zusatz einer Verdickung) beim Zeugdruck benutzt werden kann.