Titel: [Kleinere Mittheilungen.]
Fundstelle: Band 283, Jahrgang 1892, Miszellen, S. 92
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[Kleinere Mittheilungen.] Kleinere Mittheilungen. Bemerkenswerthe Schnellfahrten auf nordamerikanischen Eisenbahnen. Die zwischen New York und Philadelphia auf der mit Steigungen bis 1 : 140 angelegte Philadelphia und Reading Eisenbahn verkehrenden Schnellzüge zeichnen sich von je her durch grosse Geschwindigkeit aus, es sollen hier dauernde Höchstgeschwindigkeiten von 125 km in der Stunde für Züge von 4 Wagen (etwa 20 Achsen) üblich sein. Bei einer Probefahrt, angestellt um die Möglichkeit erheblich grösserer Geschwindigkeiten zu beweisen, gelang es mit einem aus einer Locomotive und 3 Wagen bestehenden Sonderzuge von zusammen 153 t Gewicht die 19,2 km lange Versuchsstrecke in 8 Minuten 42⅕ Secunden oder mit einer mittleren Geschwindigkeit von 132 km in der Stunde zu durchfahren. Auf einer 8 km langen Strecke wurde eine Geschwindigkeit von 139 km und für eine Strecke von 3,2 km sogar eine solche von 144 km erreicht. Von den im Zuge befindlichen Fachleuten und Vertretern der Presse wird versichert, dass der Gang der Wagen bei dieser ausserordentlichen Geschwindigkeit überraschend ruhig war. Eine auf der Strecke New York-Buffalo der New York Central-Bahn veranstaltete Schnellfahrt ist, wenn die erreichte Höchstgeschwindigkeit auch geringer war, doch darum noch bemerkenswerther, weil der Versuch den wirklichen Betriebsverhältnissen angepasst wurde und den praktischen Zweck hatte, zu ermitteln, ob eine erhebliche Verkürzung der Fahrzeit zwischen New York und Buffalo erreichbar sei. Der Zug bestand aus 3 zusammen 118 t schweren Wagen und einer \frac{2}{4} gekuppelten Locomotive mit Tender von 90800 kg Gewicht. Beachtenswerth ist an der nach dem Entwürfe des Maschinendirector Buchanan der New York Central-Bahn in der Locomotivfabrik zu Shenectady für besonders hohe Geschwindigkeit gebauten Locomotiven der grosse Triebachsendruck von 18160 kg, der Triebraddurchmesser von 1983 mm und die hohe Lage des Kessels von 2630 mm. Die dem linken Ufer des Hudson-Stromes bis Albany folgende und dann westwärts zum Erie-See sich wendende Hauptlinie der New York Central-Bahn ist durch günstige Steigungs- und Krümmungsverhältnisse für die Erzielung hoher Geschwindigkeiten besonders geeignet. 19 Minuten nach der Abfahrt hatte der Zug eine Geschwindigkeit von 96 km erreicht. Nach weiteren 16 km war dieselbe auf 112 km gestiegen und wurde in dieser Höhe ohne Schwierigkeit erhalten. Musste zum Zweck des Wassernehmens aus den zwischen den Schienen gelegenen Trögen langsamer gefahren werden, so wurde nach 8 bis 9 km die volle Geschwindigkeit wieder erreicht. Die 229 km lange Strecke New York-Albany, für welche die schnellsten regelmässigen Züge 195 Minuten gebrauchen, wurde ohne Anhalten in 140 Minuten 15 Secunden oder im Mittel mit 98 km in der Stunde durchfahren. Die ganze 704 km lange Strecke New York-Buffalo wurde einschliesslich der Aufenthalte in 7 Stunden 28 Minuten und 5 Secunden oder mit einer stündlichen Geschwindigkeit von 94 km zurückgelegt. Wird die Zeit für zweimaligen Maschinenwechsel und für Aufenthalt durch eine heissgelaufene Achsbüchse abgezogen, so ergibt sich sogar eine mittlere Geschwindigkeit von 97 km. Eine dritte Schnellfahrt fand kürzlich auf der kanadischen Ueberlandbahn statt. Gelegentlich einer sehr schnellen Ueberfahrt des Dampfers „Kaiserin von Japan“ von Yokohama nach Vancouver ordnete ein dort zufällig anwesender höherer Beamter dieser Bahn die sofortige Weiterführung der Post durch einen aus Locomotive, Post- und Gepäckwagen und einem Schlafwagen bestehenden Sonderzug an und setzte sich mit der New Yorker Central-Bahn wegen der Weiterführung dieses Zuges nach New York in Verbindung. Hierdurch gelang es die 5076 km lange Strecke von Ocean zu Ocean in 3 Tagen und 12 Stunden zurückzulegen, während die schnellsten fahrplanmässigen Züge 4¾, vor wenigen Jahren noch 5 bis 6 Tage brauchten. Aus den vorstehenden Versuchen, insbesondere denjenigen der Reading-Bahn, folgert die Railroad Gazette, dass die Ansicht derjenigen widerlegt sei, welche eine grössere Geschwindigkeit als 112 km für unthunlich und unmöglich erklären, obwohl diese Geschwindigkeit in dem regelmässigen Zugdienste für kurze Strecken Tag für Tag erreicht wird. Wenn eine allgemeine Anwendung einer Höchstgeschwindigkeit von 144 km zur Zeit auch nicht statthaft ist, so wird doch eine derartige Verbesserung der Fahrbahn und der gekuppelten Locomotiven für möglich gehalten, dass in Zukunft so hohe Geschwindigkeiten anwendbar sein werden. (Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens 1892, S. 20.) Die Telegraphen- und Telephonanlagen in Deutschland. In der Sitzung des Elektrotechnischen Vereins in Berlin am 27. October d. J. hat der Vorsitzende u.a. auch Mittheilungen über die derzeitige Ausdehnung der Telegraphen- und Telephonanlagen in Deutschland gemacht. Das Telegraphennetz im Deutschen Reiche einschliesslich Bayern und Württemberg umfasste: 1890 1891 98391 108536 km Linie mit 334083 367438 km Leitung; 17200 18121 Betriebsstellen, darunter 6475 Stellen mit Telephonbetrieb: 6329 km Landkabel mit 42908 km Leitung, 3504 km Seekabel mit 7337 km Leitung. Die Telephonanlagen im Reichstelegraphengebiete enthielten: 1890 1891 223 275 Städte mit allgemeinen Telephon-anlagen, worin 50508 58500 Sprechstellen: 7000 9100 km Linien mit 79800 8700 km Leitung. Die Zahl der Sprechstellen ist in Berlin auf 16300 angewachsen; Hamburg hat 2400, Leipzig 2250. Die Gesammtzahl der täglichen Gespräche beläuft sich auf 640200, in Berlin allein auf 238870. 292 Anlagen mit 21000 km Leitung aus Bronzedraht dienen zur Verbindung verschiedener Stadt-Telephonanlagen unter einander. Die 8 Bezirkstelephonnetze zählten 4204 Sprechstellen und hatten 8307 km Anschlussleitungen und 5200 km Verbindungsleitungen. Die Verwendung des Bronzedrahtes hat sich zufolge der damit gemachten günstigen Erfahrungen im Reichstelegraphengebiete auf 59621 km erweitert, wovon 56931 km auf Telephoneinrichtungen und Verbindungsleitungen und 2690 auf Telegraphenanlagen für den allgemeinen Verkehr entfallen. Der Vortrag ist vollständig abgedruckt im Archiv für Post und Telegraphie 1891. S. 733.