Titel: [Kleinere Mittheilungen.]
Fundstelle: Band 286, Jahrgang 1892, Miszellen, S. 215
Download: XML
[Kleinere Mittheilungen.] Kleinere Mittheilungen. Die specifische Erfindungskraft der Staaten und Landestheile des Deutschen Reiches. In dem vom Kaiserl. Patentamte herausgegebenen Patentblatte ist neuerdings die Statistik aller das Patentwesen Deutschlands betreffenden Verhältnisse veröffentlicht worden; dieselbe umfasst den 14½jährigen Zeitraum vom 1. Juli 1877 bis 31. December 1891. Bringt man die Ergebnisse derselben mit den Ergebnissen der Volkszählung vom 1. December 1890 in Beziehung, so gelangt man zu Folgendem: Von den 61010 deutschen Erfindungspatenten, die in dem bezeichneten Zeitraume ertheilt wurden, gehen zunächst 19081 (31,3 Proc.) ab, die auf ausländische Erfinder kommen; es verbleiben also 41929 Patente auf Erfindungen deutschen Ursprunges, denen 49426384 Einwohner entsprechen, danach kommen im Durchschnitt 848 Patente auf 1 Million Einwohner. Lässt man die drei Hansestädte, die als blosse Stadtgebiete nicht wohl zur Vergleichung herangezogen werden können, ausser Betracht, so ergibt sich, dass nur drei Staaten eine den allgemeinen Durchschnitt übertreffende Erfindungskraft besitzen: das Königreich Sachsen mit 1730, das Herzogthum Braunschweig mit 1718, das Herzogthum Anhalt mit 1287 Erfindungspatenten auf 1 Million Einwohner. Von den Königreichen nimmt sonach Sachsen die erste, Preussen die zweite, Württemberg die dritte, Bayern die vierte Stelle ein; die Grossherzogthümer ordnen sich nach dem Grade der erfinderischen Thätigkeit in der Reihenfolge Baden, Hessen, Sachsen-Weimar, Mecklenburg-Schwerin, Oldenburg, Mecklenburg-Strelitz; die Herzogthümer nach der Reihe Braunschweig, Anhalt, Sachsen-Coburg-Gotha, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Meiningen; von den Fürstentümern nimmt Reuss ältere Linie die erste, Waldeck und Pyrmont die letzte Stelle ein; die freien Städte ordnen sich in der Reihenfolge Hamburg, Bremen, Lübeck. Sachsen hatte schon vor Uebernahme der Patentverwaltung durch das Reich einen besonders lebhaften Geschäftsgang in Ertheilung von Erfindungsprivilegien wahrzunehmen; in den 51½ Jahren von Anfang 1825 bis Mitte 1877 hat es 5006 Patente zu ertheilen gehabt, davon 2115 an sächsische Erfinder, also 40 im Jahre; die entsprechende Durchschnittszahl für den verflossenen 14½jährigen Zeitraum seit Einrichtung des Reichspatentamtes berechnet sich aus \frac{6060}{14,5} zu 418, ist also auf mehr als das Zehnfache angestiegen. (Nach Mittheilung von Hartig im Civilingenieur.) Vorrichtung zum Biegen von Bleiröhren. Der äusserst einfache Apparat, der die zu biegenden Bleiröhren gegen Ein- und Flachdrücken, Quetschen und Knicken schützt, besteht aus einer Spiralfeder von Tiegelstahldraht von 60 cm Länge. Er ist vorn mit einer Spitze und hinten zum leichteren Herausziehen mit einer Oese versehen. Der Apparat, von einem der Rohrweite entsprechenden Durchmesser, wird, mit Oel beträufelt, in das Rohr eingeführt, worauf dieses einfach über dem Knie beliebig gekrümmt wird. Die Spirale wird dann etwas nach rechts gedreht, wodurch sich ihr Durchmesser so weit vermindert, dass sie herausgezogen werden kann. Der Rohrbieger ist durch die Firma Passavant-Iselin in Basel auf den Markt gebracht worden. Carstarphen's elektrischer Meissel. Hammer und Meissel in der Hand des Steinhauers soll ein von Wm. P. Carstarphen jr. in Denver, Col., erfundener elektrischer Meissel entbehrlich machen. Innerhalb zweier Drahtspulen, durch welche abwechselnd ein Strom einer Batterie oder einer Dynamo gesendet wird, wird ein Kolben hin und her bewegt, welcher rasche Schläge gegen den zu bearbeitenden Stein führt. Die Umschaltung der Spulen bewirkt eine zwischen denselben angebrachte und durch den Kolben selbst bethätigte Vorrichtung. Die Zahl der Schläge schwankt zwischen 300 und 600 in der Minute, die Schlaghöhe zwischen 3 und 25 mm; erstere lässt sich mittels eines an der einen Seite des Werkzeuges angebrachten Knopfes reguliren. Zu einem 3pfündigen Werkzeuge ist ein Strom von 4 bis 6 Volt erforderlich. (New Yorker Electrical Engineer, 1892 Bd. XIV * S. 357.) Das Telephon von Andrews und Brown. In Lumière Électrique, 1892 Bd. 46 * S. 182, ist ein eigenartiges Telephon beschrieben, das, namentlich beim Gebrauch auf grosse Entfernungen, sehr gut arbeiten soll, weil man das magnetische Feld des Ankers verstärken kann, so weit man will. Dasselbe ist 1892 von Andrews und Brown angegeben worden. In ihm wird ein gerader Anker verwendet, welcher in seiner Mitte auf einer Achse gelagert ist, mit seinen beiden spitz zulaufenden Enden aber in kleine Vertiefungen in den ihnen zugewendeten Polflächen eines flachen permanenten Hufeisenmagnetes hineinragt. Von dem einen Schenkel des Ankers, nahe an der Spitze dieses Schenkels geht ein Verbindungsstab nach der Mitte der hölzernen Schallplatte und überträgt auf diese die Schwingungen des Ankers. Auf den oberen Schenkeln des Hufeisens, nahe an deren Enden, stecken die beiden Spulen. Der Anker kommt nie mit den Polen des Hufeisenmagnetes in Berührung, liegt ihnen aber beständig ganz nahe. Unexplodirbare Benzinlöthlampe. Die Firma Albert und Lindner in München bringt eine Benzinlöthlampe in den Handel, welche in Folge vollständiger Ausfüllung des Innenraumes mit Dochtmaterial in jeder Lage gleichmässig brennt und deren Flamme eine Temperatur von 1200° erreicht bei einer Brenndauer von 1¼ bis 2½ Stunden. In das Gefäss der Lampe, welches eine vertiefte Oberfläche besitzt zur Aufnahme des zum Anheizen nöthigen Spiritus, tauchen zwei etwas schräg gestellte, oben geschlossene Röhren, welche das Dochtmaterial enthalten und die von der Flamme angewärmt als Wärmeübertrager auf das Benzin dienen. Auf diese beiden Rohre ist schräg nach aufwärts das Brennerrohr aufgesetzt. Dasselbe ist hinten durch eine Haube geschlossen, welche durch eine Schraube befestigt das Ende der Röhre umfasst, aber genügend Zwischenraum zum Eintritt der Luft frei lässt. In dieses Brennerrohr tritt der Benzindampf durch eine Düse ein, welche in Verbindung mit den Dochtröhren steht. Der Zutritt des Benzindampfes wird durch eine Schraube geregelt. – Die Lampe, welche mit dem Montyon-Preis in Paris ausgezeichnet wurde, soll sich gut bewähren. (Nach dem Bayerischen Industrie- und Gewerbeblatt, 1892 Bd. 24 S. 471.) Das Rothwerden der Carbolsäure. Nach E. Fabini ist die Ursache des Rothwerdens der Carbolsäure ein rother FarbstoffPharmaceutische Post, 1891 S. 2 und 903; vgl. auch D. p. J. 1892 284 192., Phenerythen, der sich bildet, wenn metalloxydhaltige Carbolsäure mit Ammoniak in Berührung kommt. Durch Reduction mit nascirendem Wasserstoff geht der Farbstoff in eine farblose Verbindung über. Zu fast demselben Ergebniss kam auch W. Hankó.Math. Nat. Ber. a. Ungarn. Nach ihm ist das Rothwerden der Carbolsäure ebenfalls ein Oxydationsprocess, der bedingt wird durch Metalle und Ammoniumverbindungen. Zinnchlorür verhindert die Rothfärbung. Wird geröthete Carbolsäure mit Zinnchlorür destillirt, so geht ein hellgrünes Destillat über, das durch abermalige Behandlung mit Zinnchlorür fast farblos erhalten werden kann. Nach den Untersuchungen des Verf. bewirkt Kupfer eine gelbliche, Kupfer und Ammoniumverbindungen eine rothe, Ammoniak eine blaue Färbung. Alle diese Färbungen werden durch reducirende Stoffe, besonders durch Zinnchlorür, in eine grüne Färbung übergeführt, welche durch einige Tropfen concentrirter Schwefelsäure in ein schönes Smaragdgrün umgewandelt werden kann. Die angenommene grüne Farbe ist unbeständig; Wasser, Alkohol, Luft, Wärme verwandeln sie wieder in Roth. Die drei verschiedenen Färbungen, gelb, roth und blau, rühren von drei verschiedenen Verbindungen her, welche sich als Oxydationsproducte dem jeweiligen Oxydationsgrade entsprechend aus der Carbolsäure bilden. Der Oxydationsprocess vollzieht sich sehr langsam. Durch Vergrösserung der Oberfläche, durch häufiges Schmelzen, sowie durch Zusatz von Metallsalzen kann die Carbolsäure schliesslich in einen dunkelrothen, dichten, zähen Körper übergeführt werden. Der grösste Theil der Farbstoffsubstanz destillirt bei 180 bis 184° als farblose Flüssigkeit, welche schnell zu einer weissen krystallinischen Masse erstarrt, während der Farbstoff als wenige Tropfen einer dunkelrothen Flüssigkeit hinterbleibt. Durch Ausschütteln der gelben, rothen oder blauen Carbolsäure mit alkoholhaltigem Wasser können die Farbstoffe als amorphe, klebrige, harzähnliche, entsprechend dunkelgefärbte Massen erhalten werden, welche durch Lösen in absolutem Alkohol und Eindampfen gereinigt werden können. Absoluter Alkohol, Chloroform und Carbolsäure lösen die Farbstoffe. Die Lösungen nehmen, mit Zinnchlorür geschüttelt, eine schöne grüne Farbe an. Verf. betrachtet die drei Farbstoffe als drei neue Phenolfarbstoffe. (Nach Zeitschrift für angewandte Chemie, 1892 S. 554.) Bronzetinctur. Eine brauchbare Bronzetinctur soll man erhalten durch Auflösen von 10,0 g Diamantfuchsin und 5,0 g Methylviolett in 100 g Spiritus (95 proc.) unter Erwärmen auf dem Wasserbad. Die erhaltene Lösung wird mit 5,0 g Benzoesäure 5 bis 10 Minuten gekocht, bis die grüne Farbe der Mischung in eine helle Bronzefarbe übergegangen ist. Die so erzeugte Farbe soll einen hohen Glanz von grosser Dauer besitzen und fest an Papier, Glas, Stein, Leder u.a. haften. Die Tinctur kann mit einem Pinsel aufgetragen werden und trocknet in kurzer Zeit. (Nach Pharmaceutische Zeitung durch Polytechnisches Notizblatt, 1892 Bd. 47 S. 218; vgl. auch 1892 283 140.) Herstellung von Kautschukfirnissen. Zur Herstellung von Kautschukfirnissen gibt P. Lehmann folgende Vorschriften: 1) 1 Th. Kautschuk wird in 1 Th. Erdöl gelöst und der Lösung 2 Th. Kopalfirniss zugesetzt. 2) 2 Th. Kautschuk werden mit 1 Th. Aether macerirt und dann unter Erwärmen auf dem Wasserbad gelöst, worauf je 2 Th. Leinöl und Terpentinöl hinzugefügt werden. 3) 1 Th. Kautschuk wird in 2 Th. geschmolzenes Dammar oder Colophonium eingetragen und 2 Th. heisses Leinöl zugegeben. 4) 1 Th. Kautschuk wird mit 4 Th. Terpentinöl einige Tage macerirt und unter Zusatz von weiteren 4 Th. Terpentinöl in der Wärme gelöst, welcher Lösung 12 Th. Kopal- und 6 Th. Leinölfirniss zugesetzt werden. Zu bemerken ist, dass der in Anwendung kommende Kautschuk völlig trocken sein muss. Das Trocknen des in dünne Streifen geschnittenen Kautschuks geschieht bei 40 bis 50°. (Nach Bayerisches Industrie- und Gewerbeblatt, 1892 Bd. 24 S. 425.) Bücher-Anzeigen. Dampf. Kalender für Dampfbetrieb. Ein Hand- und Hilfsbuch für Dampfanlagenbesitzer, Fabrikleiter, Ingenieure, Techniker, Werkführer, Werkmeister, Monteure, Maschinisten und Heizer. Bearbeitet und herausgegeben von R. Mittag. 6. Jahrgang 1893. Nebst Beilage. Berlin. R. Tessmer's Verlag. Geb. 4 M. Der Kalender erscheint, sorgfältig überarbeitet, in der alten Form und Stärke. Die Beilage enthält Auszüge gewerblicher Gesetze und Verordnungen: Gewerbeordnung, Concessionsverfahren, Dampfkessel, Versicherungs- und Haftpflichtgesetze und kleinere technische Mittheilungen. Die Reklameblätter des Kalenders hätten wohl in die Beilage verwiesen werden können. Ueber die wichtigsten internationalen Maasseinheiten von C. A. Forges, k. k. Hauptmann des Geniestabes. Wien. Verlag des technischen und administrativen Militärcomités. 72 S. Die absoluten Maasseund Dimensionen derphysikalischen Grössen. Mit Fragen, Erklärungen, gelösten und ungelösten Aufgaben. Zum Selbststudium, Gebrauch in Lehranstalten und zum Nachschlagen. Nach dem System Kleyer von Dr. H. Hovestadt. Stuttgart. Verlag von J. Maier. 231 S. 6 M. Die vorstehenden Werke sind recht zeitgemässe Erscheinungen, da die Maassbezeichnungen insbesondere durch den Einfluss der Elektrotechnik so mannigfaltig geworden sind und zum Theil ganz neue Bezeichnungen und Auffassungen erforderten. Während das erstere Werk in klarer und kurzer Uebersicht den einschlägigen Stoff behandelt, geht das zweite Werk darauf aus, die Begriffe der Maasse und Grossen durch Beispiele und Aufgaben geläufig zu machen und Umwandlungen aus einem System ins andere u. dgl. einzuüben. Das letztere Werk ist deshalb mehr zur Einführung und zum Einüben für den Uneingeweihten, das erstere mehr zur übersichtlichen Vorführung geeignet, wobei im letzteren Falle Bekanntschaft mit dem Stoff im Allgemeinen vorausgesetzt wird. Leçons sur la Théorie de l'Elasticité par H. Poincaré. Paris. Georges Carré, Éditeur. Rue Saint-André-des-arts 58. 208 S. Das durchaus wissenschaftlich gehaltene Werk hat folgende Kapitel: I. Étude cinématique des déformations. II. Étude des forces élastiques. III. Équations d'équilibre, Pressions. IV. Étude de quelques cas particuliers d'équilibre. V. Petits mouvements d'un corps élastique. VI. Propagation des ondes planes. Réflexion. Exemples de vibration. VII. Problème de Saint-Venant. VIII. Problème de l'élastique. Der Dampfkesselbetrieb. Allgemeinverständlich dargestellt von E. Schlippe. 2. Auflage. Berlin. Julius Springer. 267 S. Geb. 5 M. Wir konnten der ersten Auflage vorstehenden Werkes (1890 275 384) eine anerkennende Besprechung widmen und dasselbe als insbesondere für das Betriebspersonal geeignet bezeichnen. Die vorliegende Auflage ist nur wenig erweitert. An Stelle der sächsischen Ausführungsordnung und des Reichskanzlererlasses vom 29. Mai 1871 ist neuer Stoff bezieh. der Erlass vom 5. August 1890 getreten; zur Erleichterung des Aufsuchens ist ein Sachregister beigegeben worden.