Titel: [Kleinere Mittheilungen.]
Fundstelle: Band 303, Jahrgang 1897, Miszellen, S. 119
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[Kleinere Mittheilungen.] Kleinere Mittheilungen. Zerspringen von Schwungrädern. Die bei Schwungrädern entfesselten Centrifugalkräfte sind bekanntlich ganz ungeheuere und sind daher solche Zufälle meist mit schweren Materialschäden und Verlust an Menschenleben verbunden. Ein Beispiel der bei solchen Anlässen entwickelten Zerstörungskraft gab ein vor Kurzem erfolgtes Zerspringen des 260 Centner schweren Schwungrades einer Walzenzugmaschine in Sheffield. Ein Theil des Schwungkranzes im Gewicht von 6 Centnern wurde über ein etwa 500 m entferntes zweistöckiges Gebäude hinweggeschleudert, durchschlug die Strassenpflasterung und wühlte sich 80 cm tief in den Boden ein. Flugtechnisches. Das Aërodrom Langley's, welches derselbe in New York zeigte und das, wie Graham Bell bestätigte, von einer Höhe abfliegend, eine Flugstrecke von 1000 m wagerecht zurücklegte und sodann in einer schrägen Fallinie im Gleitfluge auf einer Wasserfläche sanft niedersank, bestand hauptsächlich aus einer vogelflügelartig geformten zweitheiligen Aeroplanfläche, in deren Mittelpunkt ein kleiner Dampfmotor aufgehangen war, der zwei Propellerschrauben in entgegengesetzte Drehung brachte. Liess Langley diesen kleinen Flugapparat von einem Höhenpunkte frei fallen und wurden gleichzeitig die beiden Schrauben durch den Motor in Bewegung gesetzt, so entstand eine Fluglinie, welche anfänglich durch das Gewicht des Apparates nach abwärts gerichtet war, sodann durch die Wirkung der Schrauben wagerecht wurde und endlich, nachdem der Dampfvorrath verbraucht, schräg nach abwärts ging. Langley hat mit diesem Experimente die Richtigkeit der Segelflugtheorie neuerdings nachgewiesen. Es unterliegt keinem Zweifel, dass, wenn Langley seine ausgesprochene Absicht, nunmehr einen Apparat zu bauen, welcher einen Menschen trägt, auch ausführt, er mit einem solchen Apparate, der eine Dampfmaschine mit grösserem Dampfvorrath besitzen wird, Wegstrecken von mehreren Meilen Ausdehnung wird zurücklegen können. Man wird aber die Erfahrung machen, dass für grössere Lasten die Ausdehnung der Aeroplanfläche eine sehr grosse, die Lenkung erschwerende sein wird. Ein Wiederaufsteigen nach der Landung ist mit dem Motor unmöglich, weil für die Hebung des Apparatgewichtes eine viel grössere Arbeitskraft erforderlich ist als für den Horizontalflug. Diesem Mangel abzuhelfen, erscheint nicht unmöglich. Es ergibt sich dies daraus, dass die für den Aufflug nothwendige grosse Arbeitskraft immer nur für einige Secunden erforderlich ist und dies nach dem Vorschlage von Lorenz durch Anwendung von leichten Torpedomaschinen geschehen könnte. Ueber die Hebewirkung von Luftschrauben hat Prof. Wellner in Brunn ausführliche Versuche angestellt.Z. d. österr. Ing.- u. Archit.-V., 1896 S. 504. Die nicht unerheblichen Kosten dieser Versuche hat der Fabrikant Dr. Friess bestritten. Es wurden zwei Luftschrauben gebaut, die eine rechtsläufig mit Ballonstoffüberzug, die andere linksläufig mit Aluminiumblechbelag mit einem anfänglichen Ausmaass von 13,5 qm, welches nach und nach durch Wegnahme von Stücken auf 7,5 qm reducirt wurde. Die Achse bildete ein Mannesmannstahlrohr von 54 mm Durchmesser und 2,5 mm Wandstärke. Jeder Flügel bestand aus neun Radialstangen von Holz und diese waren der Schraubenfläche entsprechend windschief verdreht, mit nach aussen hin allmählich abnehmendem Querschnitt. Der Ueberzug der Schraubenflächen geschah oberhalb und unterhalb dieser tragenden Armstangen, so dass die Stangen vollkommen verdeckt waren. In Folge der glatten Oberflächenbeschaffenheit war der Luftwiderstand auf ein Minimum gebracht. Das Gewicht der rechtsläufigen Schraube betrug 47 k, das der linksläufigen 59 k. Auf einem kräftigen Balkengerüst von Eichenholz befand sich oben aufgeschraubt eine Lagerbüchse für die senkrechte, 3 m lange und 40 mm starke Spindelwelle, auf deren oberem Ende das Mannesmannrohr der Luftschraube aufgepasst und durch einen Keil festgemacht wurde. Das untere Ende dieser Spindel mit der Spur ruhte auf der Plattform einer gewöhnlichen Decimalwage. Lose drehbar um die Hülse der Lagerbüchse war eine Antriebsriemenscheibe von 920 mm Durchmesser angebracht. Zwei diametrale Bolzen in der Riemenscheibe passten in einen auf der Welle festgekeilten Mitnehmer. In Folge dessen übte das wirksame Drehmoment während des Betriebes keinen einseitigen Druck auf die Welle aus, dieselbe war vollkommen frei und konnte sich ungehindert auf- und abwärts bewegen. Bei jedem Versuch wurde die Schraube mit der Welle ausgewogen und dann der Motor in Bewegung gesetzt. Es trat nun wegen des an den Flügelflächen stattfindenden Luftwiderstandes eine Entlastung der Wage ein und die zur Herstellung des Gleichgewichts aufgelegten Gewichte gaben die Hebekraft der Schraube an. Als Motor für den Antrieb wurde eine Locomobile benutzt, welche bei 5 at Dampfdruck und 150 Umläufen in der Minute 6 verrichten konnte. Die Umlaufszahl der Luftschrauben wurde von 60 in der Minute bis auf 160 gesteigert. Schon bei 140 Umdrehungen machte sich ein unruhiges Poltern in den Blechen der Schraube bemerkbar und musste häufig in den Verbindungen nachgebessert werden.Die aufgewendete Arbeitsleistung der Maschine betrug für 140 und 160 Umläufe der Schraube 1,9 bis 2,5 . F n P in k \frac{n^2}{P} F n P in k \frac{n^2}{P} qm12,567   80110112130150160 152830395262 426432418431433413 qm7,386   94106110126128140 253032394047 353375378407409417 Aus der Tabelle mit der Fläche von 7,386 qm ist ersichtlich, dass das Ansteigen dieser Curve gegenüber dem einfachen quadratischen Gesetz um etwas Weniges zurückbleibt, indem die Grösse n2 : P mit steigendem n höhere Werthe annehmen. Diese Differenz dürfte in dem Umstände ihren Grund haben, dass die Vorderkante der Versuchsfläche nicht ordnungsmässig zugeschärft war und hierdurch schädliche, den Effect beeinträchtigende Störungen und Luftwirbelbildungen verursacht hatte. Die Aluminiumfläche war der Ballonstofffläche entschieden überlegen. Die anfängliche Breite und die spiralförmig umgrenzten Flügelflächen brachten keinen Vortheil, indem die verkleinerten schmäleren Flügel einen kräftigeren Auftrieb erzeugten. Es zeigte sich ferner, dass die Construction der Flügel gegenüber den Fliehkräften besonders fest sein muss. Die Hebe-Wirkung verlangt ebenfalls eine genügende Tragkraft der Armstangen, und hinsichtlich des ungleichförmigen Einflusses der zeitweilig herrschenden Luftströmungen spielt die Steifigkeit und Widerstandsfähigkeit des Flächengefüges und der Schraubenachse gegen Biegung und Torsion eine höchst wichtige Rolle. Deutlich war bei den Versuchen zu beobachten, dass jede Unebenheit der Oberfläche Schaden brachte, weil sie die Luftreibung vergrösserte und nachtheilige Wirbelbildungen verursachte. Wagerecht herankommende Winde erzeugten jedesmal eine Steigerung der Kraft um 5 bis 10 k und darüber. Immer machte sich eine Ungleichmässigkeit des Druckes in der Richtung bemerkbar, dass die dem Winde entgegengeführte Hälfte der rotirenden Flügelflächen eine stärkere Hebung erfuhr, als die mit dem Winde laufende Gegenseite, wodurch Stösse der Schraubenachse verursacht wurden. Die Stösse und das Rütteln des Windes an den Schraubenflächen würde sofort aufhören, wenn man die Versuche mit ungefesselten, in freier Luft fliegenden Apparaten vornehmen könnte, bei welchen sich jede beliebige Lage in selbsthätiger Weise einzustellen vermöchte. Auf Grundlage der gewonnenen Erfahrungen construirte Wellner eine neue Schraube von leichterer Bauart, kleineren Dimensionen und für rascheren Umlauf bestimmt, zu deren Fertigstellung Dr. Friess wieder behilflich war. Sieben diametral laufende Ulmenholzstäbe, in der Mitte flach über einander gelegt und durch eine obere Kappe sowie durch Holzschrauben fest zusammengehalten, sitzen auf einem kurzen Stahlrohr, worin vier quer hindurchgesteckte in die Hölzer eingepasste Röhrchen die Mitnahme des Flügelrades bei der Drehung vermitteln. Jeder einzelne Stab hat eine entsprechende Profilirung und Stärke, ist von der Mitte ab hochkantig schief gestellt und gegen die Enden flach auslaufend gebaut. Die Steigungshöhe der Schraubenfläche ist für alle Stellen gleich gross, nämlich 180 mm für einen Centriwinkel von 60°, somit für den ganzen Kreis 1,08 m. Die Aluminiumbleche zur Deckung der oberen und unteren Seite der Flügelflächen hatten 0,25 mm Stärke und wurden an ihren Stössen sowie am Flügelrande gefalzt und durch Kupferösen zusammengenietet. Das Gesammtgewicht der Schraube betrug 25 k und die Flügelfläche 3,473 qm. Anzahl der vorhandenen Dampfmaschinen. Von den gegenwärtig in der ganzen Welt vorhandenen Dampfmaschinen wurden nach den neuesten statistischen Zusammenstellungen nicht weniger als ⅘ derselben erst während der letzten 25 Jahre gebaut. Frankreich besitzt 79590 stationäre und locomobile Kessel, 1850 Schiffskessel und 7000 Locomotivkessel; Deutschland 59000 Landkessel, 1700 Schiffskessel, 10000 Locomotivkessel; Oesterreich 12000 stationäre und 2800 Locomotivkessel. Die arbeitenden Dampfmaschinen der Vereinigten Staaten repräsentirten 7500000 , diejenigen Englands 7000000, diejenigen Deutschlands 4500000, diejenigen Frankreichs 3000000 und Oesterreichs 1500000. In diesen Angaben sind die Locomotiven nicht eingeschlossen, deren Anzahl insgesammt 105000 und deren Gesammtleistungen 3000000 betragen. Nach R. Lüders in Görlitz würden die Dampfmaschinen der ganzen Welt, welche zusammen mehr als 26000000 leisten, äquivalent der Arbeit von rund 1000 Millionen Menschen sein. Bücher-Anzeigen. Joly's technisches Auskunftsbuch für das Jahr 1897. Notizen, Tabellen, Regeln, Formeln, Gesetze, Verordnungen, Preise der Bezugsquellen auf dem Gebiete des Bau- und Ingenieurwesens in alphabetischer Anordnung von Hubert Joly. 4. Jahrgang. Wittenberg. Verlag des technischen Auskunftsbureaus. Der alphabetische Theil enthält ein reiches Material aus den verschiedensten Theilen der Technik, Angaben aus dem Baufach, über Materialien, aus der Rechtssphäre und Angaben aller Art, deren Aufsuchung sonst grosse Mühe macht. Der zweite Theil: Bezugsquellen, enthält von den betreffenden Geschäften aufgegebene Geschäftsempfehlungen. Der dritte Theil bringt ein kurzes Kalendarium. Die Technik im Alterthum. Eine kulturgeschichtliche Skizze von Prof. Theodor Pregel. Sonderabdruck aus dem Jahresbericht der Technischen Staatslehranstalten in Chemnitz 1895/96. Chemnitz. Pickenhahn und Sohn. Berichtigung. Seite 76 und 77 Heft 4 ist bei der Bezeichnung der Figuren in beiden Fällen die Nürnberger Maschinenbau-Actiengesellschaft Nürnberg als Urheberin aufzuführen.