Titel: [Kleinere Mittheilungen.]
Fundstelle: Band 308, Jahrgang 1898, Miszellen, S. 96
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[Kleinere Mittheilungen.] Kleinere Mittheilungen. Der durch den grossen englischen Maschinenbauerausstand herbeigeführte Verlust. Ueber die Kosten des Maschinenbauerausstandes theilt Lüders Nachstehendes mit: Daily News bringen eine Aufstellung über die Kosten des grossen englischen Arbeitskrieges für beide Theile. Das Blatt rechnet nur mit Schätzungen, hat aber augenscheinlich aus voller Kenntniss der Dinge geschöpft und ist jedenfalls nicht sehr weit von den wirklichen Ergebnissen entfernt. Die Zahlen haben um so mehr Anspruch auf Beachtung, als der Ausstand im Ganzen wohl als der grösste bezeichnet werden kann, den England bisher erlebt hat. Unmittelbar betroffen waren von den Gewerkvereinen der grosse Maschinenarbeiterverein (Amalgamated Society of Engineers 92000 Mitglieder), die Dampfmaschinenarbeitervereinigung (8500 Mitglieder), die Vereinigten Maschinenarbeiter (4300 Mitglieder), die Vereinigte Gesellschaft der Werkzeugarbeiter (2500 Mitglieder), die Schmiede und Hammerarbeiter (1000 Mitglieder), die Arbeiter für wissenschaftliche Instrumente (600 Mitglieder), die Gesellschaft der Kupferschmiede (500 Mitglieder), die Londoner Vereinigte Gesellschaft der Messinggiesser (400 Mitglieder), die Vereinigte Gesellschaft der Bohrer (350 Mitglieder), die Londoner und Provincial-Gesellschaft der Hammerarbeiter (250 Mitglieder). Von diesen im Ganzen 110400 Mitgliedern verbündeter Vereine feierten während der Dauer des Arbeitskrieges im Durchschnitt die ganze Zeit über 34000 Mann. Dann kamen dazu noch 6000 Nichtmitglieder von Gewerkvereinen, die sich der Bewegung anschlössen. Es kamen ferner hinzu 22000 Tagelöhner und Handlanger, die durch den Stillstand ausser Thätigkeit gesetzt wurden und weitere 3000 Arbeiter und Tagelöhner der verwandten Betriebe, die mittelbar lahm gelegt wurden. Alles zusammen feierten 70000 Arbeiter und Tagelöhner. Von diesen 70000 Arbeitern nimmt der betreffende Sachverständige an, dass mit Rücksicht auf das lebhafte Geschäft zur Zeit des Ausbruchs, auf den Umfang der damals üblichen Ueberstunden und auf die Thatsache, dass die Mehrzahl der Feiernden aus gelernten Handwerkern bestand, ein Durchschnittswochenlohn von 30 M. die annähernd richtigste Schätzung sei. Der Gesammtverlust an Löhnen für 70000 Mann zu durchschnittlich 30 M. wöchentlich beträgt auf 31 Wochen 64500000 M. Dieser gewaltige Betrag stellt indess nur einen Theil der von den Arbeitern erlittenen Verluste dar. Die verbündeten Gewerkvereine hatten vielmehr durch ihre Ausstandsleitung für 40000 Mann eine durchschnittliche Ausstandslöhnung von 12,50 M. für 31 Wochen zu beschaffen, was weitere 15500000 M. ausmacht. Ferner berechnet man die Beiträge der verwandten Arbeitszweige der Kesselschmiede, Eisenformer, Modellmacher, Schiffbauer, Schlosser und Zimmerleute auf 2000000 M. an Löhnungen für Arbeitslose. Sodann musste eine gewisse Anzahl von Tagelöhnern und Handlangern, die mit zu den Gewerkvereinen gehörten, ebenfalls aus deren Mitteln unterhalten werden. Wenn dafür weitere 1000000 M. in Anschlag gebracht werden, so ergibt sich an Ausstandslohnzahlungen ein Gesammtbetrag von 18500000 M. Damit sind die Verluste der Arbeiter noch keineswegs erschöpft. In guten Geschäftszeiten sind die Ersparnisse tüchtiger Arbeiter im Maschinenbaufache vielfach ganz ansehnlich. Einen gewissen Maasstab dafür gewährten die beträchtlichen Anerbietungen von Vorschüssen, die dem Ausstandsausschusse von einzelnen Mitgliedern gemacht wurden. Aus diesen Ersparnissen wurde in erster Linie von den feiernden Arbeitern die Ausstandslöhnung ergänzt, um einigermaassen innerhalb der Grenzen der hergebrachten Lebensgewohnheiten zu bleiben. Es ist nicht leicht, hier einen zuverlässigen Maasstab zur Schätzung zu gewinnen, es wird jedoch von den Führern der Gewerkvereine, die am meisten Uebersicht und Urtheil über diesen Punkt besitzen, angenommen, dass 10000000 M. an Ersparnissen während der 31 Wochen des Ausstandes aufgezehrt wurden. Fragt man, woher die 15500000 M. an Ausstandslöhnung kommen, die während der 31 Wochen vertheilt wurden, so ist zuerst auf die Baarbestände der Gewerkvereine hinzuweisen. Die Amalgamated Society of Engineers begann den Kampf mit 7200000 M. Davon gehörten 1200000 M. zum Pensionsfonds. Von den weiteren 6000000 M. sollen heute nur mehr 700000 M. übrig sein. Die anderen Gewerkverbände hatten ein Vermögen von 400000 M., die bis auf den letzten Heller aufgegangen sind. Man kann sonach sagen, dass 5700000 M. aus den Vereinskassen zur Deckung der Ausstandslöhnung geflossen sind. Ausser dem wurden die in Arbeit gebliebenen Mitglieder der Vereine mit 4 M. wöchentlich zu Beiträgen herangezogen, was für 60000 Mann, die 25 Wochen lang diese Kriegssteuer tragen, annähernd weitere 6000000 M. ausmacht. Sodann wurden 600000 M. an Vorschüssen aufgenommen. Sehr beträchtlich waren auch die Beiträge, die von ausserhalb des Kreises der unmittelbar Betroffenen eingingen. Die Gewerkvereine, die nicht unmittelbar oder mittelbar in den Kreis des Kampfes gehörten, haben 3200000 M. beigesteuert, aus dem Publikum sind Alles in Allem nur 160000 bis 200000 M. eingegangen. Recht ansehnlich waren unter den Beiträgen der Gewerkvereine von ausserhalb auch die deutschen Sendungen vertreten. Im Ganzen stellt sich sonach der Kostenbeitrag der Arbeiter an nicht verdientem Lohn, an ausgezahlter Ausstandslöhnung und an aufgezehrten Ersparnissen auf annähernd 93600000 M. Auf Seiten der Unternehmer sind die Verluste dieser 31 Wochen viel schwerer zu übersehen. Auf den ersten Blick fallen hauptsächlich Einbussen an Gewinn und fortlaufende Kosten für Geschäftsleitung auf, allein es dürfen auch die Verluste der einschlägigen Geschäftszweige nicht übersehen werden, die von der Stockung in der Lieferung von Rohmaterial herrühren. Zu diesen Darstellungen wurde der einzige Maasstab genommen, den man überhaupt anlegen kann, nämlich der, der nicht gelieferten Arbeit für die 31 Wochen des Ausstandes. Wenn man annimmt, dass im Maschinengewerbe die Arbeitslöhne ein Drittel des Werthes der Erzeugnisse darstellen, und wenn man sich vergegenwärtigt, dass der Verlust an Löhnen der Arbeiter annähernd auf 65300000 M. zu stehen kommt, so ist der Bruttogeschäftsverlust der Unternehmer auf 130220000 M. oder unter Abzug von 12½ Proc. für Arbeit, die von Nichtgewerkvereinsmitgliedern hergestellt wurde, auf 113920000 M. anzuschlagen. Es hätten sonach Arbeiter und Unternehmer zusammen in diesem Kriege von 31 Wochen annähernd gegen 207520000 M. eingebüsst. Doch selbst in diesem grossen Betrage ist der Gesammtbetrag der schlimmen Wirkungen des grossen Kampfes bei Weitem nicht enthalten. Es gibt so vieles, was sich nicht in Ziffern wiedergeben lässt. Die Folge Monate langer Unthätigkeit, die Erbitterung zwischen Unternehmern und Arbeitern, das Darben mit seinen zerstörenden Wirkungen auf die Kindheit in arbeitslosen Familien und noch manches andere ist auf der Verlustseite eines grossen Industriekampfes zu erwägen, ohne dass man es in Ziffern und Geld in Anwendung bringen könnte. Hochspannungsisolator. Der Hochspannungsisolator von M. Locke in Victor, N. Y., besteht aus drei Porzellanglocken, die durch eine Glasurschicht mit einander verschmolzen sind und hutförmig einander überdecken. Der untere Theil des Isolators setzt sich in einen Porzellanhals fort, der die Stütze aufnimmt und in gewöhnlicher Weise ausgebildet ist. Lederersatz aus japanischem Papier. Gelegentlich der Austragung einer Zollstreitigkeit wurden der königl. technischen Versuchsanstalt zu Berlin, wie Abtheilungsvorsteher W. Herzberg in Heft 1 der Mittheilungen für 1897 berichtet, zwei Muster sogen. japanischer Lederpapiere behufs Feststellung der Festigkeitseigenschaften übersandt. Das eine Muster war grün gefärbt, hatte ein Quadratmetergewicht von 261 g, das zweite zeigte rothe Farbe und war 190 g das Quadratmeter schwer. In ihrem Aeusseren ähnelten die Muster wirklichem Leder ganz ausserordentlich, sowohl auf der Vorderseite als auch auf der Rückseite. Die Festigkeitsprüfungen lieferten folgende Ergebnisse: Bruchdehnung Reisslänge Muster I, grün MaschinenrichtungQuerrichtungMittel 37,843,540,7 Proc. 315014502300 m Muster II, roth MaschinenrichtungQuerrichtungMittel 41,321,031,2 420019503075 Im Anschluss an diese Versuchsergebnisse macht Herzberg einige Mittheilungen über die Herstellung der japanischen Lederpapiere. Diese Ledernachahmungen, welche in Japan den Namen Kami-Kava führen, werden in den verschiedensten Farben erzeugt und kommen geköpert oder glatt, mit Arabesken versehen, mit Blumen oder anderen Verzierungen bedruckt, oder auf andere Weise reich ausgestattet, in den Handel. Ihre Weichheit, ihr Aussehen und ihre Geschmeidigkeit sind oft derartig, dass man glaubt, es mit wirklichem Leder zu thun zu haben. Diese Lederpapiere werden in Japan zur Herstellung von Brieftaschen, Tabaksbeuteln, Futteralen, Tischdecken, Tapeten und vielen anderen Gegenständen benutzt. Das einfach geköperte, schwarz lackirte Lederpapier dient zum Schutz der Füsse bei Regenwetter. Gewöhnlich wird das Lederpapier in kleineren Bogen hergestellt, zuweilen aber auch in längeren Bahnen, wenn es beispielsweise zu Tapeten verwendet werden soll. Als Rohmaterial wird festes Gampipapier verwendet, und auch die in der Versuchsanstalt geprüften, eingangs erwähnten Proben enthielten ausschliesslich Gampifasern. Ueber die Herstellung des Lederpapiers berichtet Rein in seinem trefflichen Werk über Japan Folgendes: Man breitet das Papier auf einem Brett aus, die glatte Seite nach oben, und bestreicht es mittels einer weichen Haarbürste mit verdünntem Reiskleister, dem etwas Kienruss zugesetzt ist. Dann hängt man den Bogen über wagerecht laufende Stangen und lässt ihn trocknen. Der so gekleisterte und getrocknete Bogen wird dann geköpert, wobei er sich nach beiden Richtungen beträchtlich verkürzt. Dieses Köpern wird in einfachen Hebelpressen vorgenommen. Die Papierbogen werden durch Besprengen angefeuchtet und dann, eine Stunde lang über einander geschichtet, dem geringen Druck einer Presse ausgesetzt, damit die Feuchtigkeit sich gleichmässig durch die einzelnen Lagen vertheilt. Gewissermaaasen als Form für das Kreppen dienen grosse, braune Katabogen aus dickem Papier, welche parallel streifig nach einer oder mehreren Richtungen gefurcht und in feuchtem Zustande sehr elastisch sind. Auf diesen Katabogen legt man einen Bogen des angefeuchteten Papiers, hierauf einen zweiten Katabogen, dann wieder einen Papierbogen und so fort, etwa zehn Wiederholungen, bis man mit einem Katabogen den Schluss macht. Auf diesen Stoss wird eine Walze gelegt und das Papier fest um dieselbe zu einem Cylinder gerollt, aus welchem die Walze beiderseits etwa 5 bis 6 cm hervorragen muss. Diesen Cylinder umwickelt man sodann, um ihm besseren Halt zu geben, mit einem Streifen Leinwand und bringt die umwickelte Walze in die Presse. Der Arbeiter drückt das Papier ruckweise 6- bis 10mal auf der Rolle zusammen, wodurch diese in der Richtung der Längsachse zusammengepresst wird. Darauf wird die Rolle aus dem Brett genommen, der Leinwandstreifen entfernt, die Bogen abgerollt und in derselben Weise abwechselnd wie vorher gelegt, aber so, dass die Papiere jetzt eine andere Lage gegen die Katabogen bekommen wie vorher; die weitere Bearbeitung ist genau wie beschrieben. Wenn dieses Verfahren 8- bis 10mal wiederholt worden ist, ist die Köperung fertig. Die Bogen werden nunmehr mit einem Anstrich eines trocknenden Oeles versehen und darauf in der Sonne zum gründlichen Trocknen aufgehängt. Nach vollständigem Trocknen erhalten sie einen Anstrich von Kleisterlösung, welcher gleichzeitig die Farbe beigemengt ist, die das Leder erhalten soll (Eisenoxyd, Auripigment, Indigo, Tusche u.s.w.). Zum Schluss erhält das Muster noch einen Lackanstrich und ist nun zur Verwendung fertig. Gelb gewordene Kupferstiche zu bleichen. Hierzu eignen sich nach den Photographischen Mittheilungen am besten Wasserstoffsuperoxyd, Chlorwasser oder Eau de Javelle (Fleckenwasser). Bei Anwendung der beiden letztgenannten Mittel müssen die Kupferstiche nach dem Bleichen mit einer verdünnten Lösung von Fixirnatron behandelt werden, um die im Papier zurückbleibenden Spuren von Chlor unschädlich zu machen. Die Dampfschiffahrtsgesellschaft für den Nieder- und Mittelrhein hat die Lieferung eines neuen Raddampfers, der im März 1899 in Dienst gestellt werden soll, der deutschen Werft von Gebr. Sachsenberg in Rosslau a. d. Elbe übertragen. Das Schiff soll ein erstklassiges Salonboot von 83 m Länge in der Wasserlinie, 8,2 m Breite zwischen den Radkasten und 1,09 m Tiefgang in dienstbereitem Zustande werden, während die grössten heutigen Salonboote 70 m Länge bei 7,32 m Breite messen. Das Boot wird ganz aus deutschem Material hergestellt, erhält eine Verbundmaschine von 1250 i und vier engröhrige Siederohrkessel (System Dürr) von zusammen 500 qm wasserberührter Heizfläche. Die Fahrgeschwindigkeit soll so bemessen werden, dass die Strecke Köln-Mainz gegen Strom bei einem Wasserstande von 2 m Cauber Pegel in 11¾ Stunden gegen 12¼ Stunden jetzt durchlaufen wird. (Stahl und Eisen.) Nernst'sches Licht. Das Nernst'sche Licht ist eine mit Elektricität gespeiste Glühlampe, deren Glühkörper anstatt des bekannten dünnen Kohlenfadens einen kleinen 8 mm langen und 1,6 mm dicken Hohlcylinder aus Magnesia, mit etwas Zirkon- und Kalkerde vermischt, erhält; diesem wird ein Wechselstrom niedriger Spannung zugeführt. Das starke Lichtentwicklungsvermögen dieser Erden ergibt sich daraus, dass ein Stromverbrauch von 1 Watt eine Lichtstärke von 1,04 Normalkerzen liefert, während in den gewöhnlichen Glühlampen unter gleichen Voraussetzungen nur 0,35 bis 0,40 Normalkerzen erzielt werden. (Nach Tägliche Rundschau.) Bücher-Anzeigen. Ueber Fernthermometer von Dr. Karl Scheel. Halle a. S. Verlag von C. Marhold 1898. 48 S. 1 M. Es ist in vielen Fällen von Werth, die Temperatur entfernter Räume beobachten zu können. Die vorliegende Monographie beschreibt übersichtlich: 1) Alarmthermometer; 2) Thermometer, welche in springender Folge, und 3) in stetiger Folge mehrere Temperaturen melden; 4) Fernregistrirende Thermometer. Berliner Bezirksverein des Vereines deutscher Chemiker. Mitgliederliste, Vereinsmittheilungen, Taschenbuch für das Jahr April 1898–99. Zusammengestellt vom Schriftführer Dr. Werner Heffter. 112 S. Vom Verfasser für 80 Pf. zu beziehen. Enthält neben dem im Titel angeführten Inhalt Kaiendarien, physikalische und chemische Tabellen und allgemeine Notizen über Post, Patente und Schutzgesetze, Aus- und Einfuhr. Eingesandt. Handelsbericht von Gehe und Co. in Dresden-Neustadt vom April 1898. 93 S. Verzeichniss neuerer Eilmittel mit kurzen Bemerkungen über Herkommen, Zusammensetzung und Wirkung. Zusammengestellt von Gehe und Co. in Dresden. April 1898. 28 S.