Titel: Kleinere Mitteilungen.
Fundstelle: Band 315, Jahrgang 1900, Miszellen, S. 19
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Kleinere Mitteilungen. Kleinere Mitteilungen. Die Petroleumleitung der Transkaukasischen Bahn von Michailowo bis Batum. Bereits Ende der 80er Jahre erwies es sich, dass die Transportfähigkeit der Transkaukasischen Eisenbahn dem wachsenden Export des Petroleums nicht genügen würde, auch verursachen Naturerscheinungen mancherlei Art nicht selten eine vollständige Stockung des Verkehrs. Es trat daher das Projekt auf, eine Rohrleitung für Naphta oder Petroleum von Baku bis Batum zu legen. Nach verschiedenen Wandlungen entschied man sich für eine Petroleumleitung und das Projekt des Chefs der Transkaukasischen Bahn, Ingenieur Wedenejew, wurde angenommen, der Bau von der Krone übernommen und im Sommer 1897 mit den Arbeiten begonnen. Leiter des Baues ist Ingenieur L. W. Wartenburg. Ueber die Einzelheiten der Ausführung wird in der Riga'schen Industriezeitung berichtet. Die Leitung geht von Michailowo mit Zwischenstationen in Ssamtredi und Ssupssa bis Batum und erhält eine Gesamtlänge von 216 Werst. Eine Verlängerung bis Ag-Taglia, jenseits Tiflis, ist in Aussicht genommen worden, doch einstweilen wegen sehr schwieriger Terrainverhältnisse noch nicht ausgeführt worden. Die Anlage sollte eine Maximalleistungsfähigkeit von 60 Millionen Pud1 Pud = 40 russ. Pfund = 16,38 kg. Petroleum im Jahre besitzen oder monatlich etwa 6 Millionen Pud. Für die Berechnung der Leitung wurde angenommen, dass sie in jedem Monat nur während 28 Tagen in Thätigkeit sein würde, dann kämen auf jeden Tag etwa 215000 Pud. In Michailowo, Ssamtredi und Ssupssa befinden sich Pumpstationen, die auf die Entfernung von 117, 47 und 48 Werst wirken. Der erste Abstand ist grösser gewählt als die beiden folgenden, da ein bedeutendes natürliches Gefälle vorhanden ist, denn Michailowo liegt um 313 Faden1 Faden = 2,134 m. höher als Ssamtredi, was einem Ueberdruck von 53,5 at entspricht(der Druck 1 at ist gleich dem Gewicht einer Petroleumsäule von 41 Fuss Höhe angenommen). Die Röhren erhalten einen lichten Durchmesser von 8 Zoll Bei einer Leitung von 215000 Pud täglich ist der Druck in der Nähe der Pumpstation in Michailowo mit 47 at, bei Ssamtredi und Ssupssa mit 40 at angenommen. Bei Ermittelung des verschiedenen Druckes ist der Bewegungswiderstand für Petroleum nach der Formel von Flamant zu Grunde gelegt; diese Formel ist wohl nicht für Bewegungen von Petroleum in Röhren bestimmt, sondern für Wasserleitungen; es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass der Widerstand bei Petroleum in Wirklichkeit etwas geringer ausfallen werde, und die Leitung daher eine noch grössere Leistungsfähigkeit besitzen wird. Die erforderlichen Eisenröhren sind nur bei russischen Werken bestellt worden, und zwar bei der Nikopol-Mariupol'schen Fabrik Röhren für 150 Werst, bei einer Fabrik in Ssosnowice und der Jekaterinoslaw'schen Fabrik für je 33½ Werst. Die Stärke der Röhren und Muffen beträgt etwa 8 mm, die Muffen sind 155 mm lang, das Schraubengewinde erhält 8 Gänge auf 1 Zoll; für das Gewinde ist das System des amerikanischen Röhrenwalzwerkes National Tube Works in St. Petersburg gewählt. Laut den technischen Lieferungsbedingungen werden die Röhren mit einem Probedruck von 120 at geprüft. Das anfangs gelieferte Material entsprach nicht den Anforderungen und es hat viel Zeit und Mühe gekostet, um eine Art, die Röhren zu legen, ausfindig zu machen, bei der das Lecken der Röhrenverbindungen vermieden oder eingeschränkt wurde. Infolgedessen hat sich anfangs die Legung der Röhren verzögert. Nach Ablieferung der ersten 15 Werst hatte das Nikopol-Mariupol'sche Werk seine Erzeugnisse bedeutend verbessert. Die Röhrenleitung wird auf dem Eisenbahn dämm etwa ½ Arschin tief gelegt und mit einer Ballastschicht von gleicher Höhe mit derjenigen der Bahn selbst bedeckt. Bei Brücken über Flüsse oder Schluchten liegen die Röhren entweder neben der Brücke oder auf dem Bohlenbelag derselben. Für den Fall, dass durch irgend welche Natureinflüsse den Röhren Beschädigungen zugefügt werden sollten, sind in den Röhren Ventile in Abständen von 2 bis 4 Werst vorgesehen, je nach dem Druck und der Nähe gefährlicher Stellen. Die Beaufsichtigung der Röhrenleitung wird den gewöhnlichen Bahnwärtern übertragen. Die erforderlichen Pumpen sind bei Worthington in Brooklyn bestellt und werden auf jeder Pumpstation je zwei von 150 PS aufgestellt, die beständig in Thätigkeit sein sollen. Eine projektierte dritte Pumpe wurde der Kosten wegen nicht bewilligt, dafür sollen aber stets Reserveteile vorhanden sein. In Michailowo werden drei grosse Behälter für je 120000 Pud Petroleum gebaut. Der geringe Umfang derselben lässt sich dadurch erklären, dass Michailowo vermutlich nicht lange Anfangsstation bleiben, sondern Ag-Taglia diese Rolle übernehmen wird. Die beiden Stationen Ssamtredi und Ssupssa sollen auch je drei ebenso grosse Behälter erhalten. Batum wird Endstation der ganzen Leitung und erhält 11 Behälter für das Gesamtquantum von 1½ Millionen Pud. Von der Station aus gehen zwei 8zöllige Rohrleitungen auf das Molo und Zweigleitungen zu den einzelnen Fabriken. Von dem Molo aus soll ein Tankschiff von 4000 t in weniger als 10 Stunden gefüllt und gleichzeitig Petroleum in die Behälter der verschiedenen Fabriken geliefert werden können. Das ganze Unternehmen befindet sich gegenwärtig in folgendem Stadium: 1897 begann die Arbeit, doch verging das erste Jahr mit Versuchen, dazu kamen noch schlechte und verspätete Lieferungen. Gegenwärtig sind etwa 170 Werst Röhren gelegt, von denen 16 Werst umgelegt werden müssen und 75 Werst waren vorigen Herbst noch auszuführen, von denen 40 Werst fast ganz fertig gelegt sind, die Erdarbeiten sind fast ganz fertig. Die Kessel- und Pumphäuser, sowie die Wohngebäude sind bis auf den Ausbau fertig. Wenn keine unvorhergesehenen Störungen eintreten, wird die ganze Anlage zu Ende 1899 fertig sein und der Betrieb im Winter beginnen. Die Betriebsregeln sind bereits ausgearbeitet, aber noch nicht bestätigt. Zu Grunde liegt ihnen das Prinzip, dass die Petroleumleitungsanlage in keinem Fall der Transkaukasischen Eisenbahn Konkurrenz machen soll, sondern als ein Hilfsunternehmen sich in engster Verbindung mit derselben befinden werde. Eine Tarifermässigung von ¼% gegen den Tarif für den Cisternentransport soll vollkommen genügend sein. Da bei der Benutzung der Leitung eine Vermischung des Petroleums verschiedener Produzenten unvermeidlich ist, so muss dasselbe absolut gleicher Qualität sein, was von der Petroleumindustrie von Baku bisher noch nicht erreicht worden ist. Es wird beabsichtigt, die Acciseprozedur nur in Baku oder Batum vorzunehmen und die Station Michailowo vollkommen davon auszuschliessen. A. Ein Schulschiff für die Handelsmarine. Der Entschluss des Norddeutschen Lloyds, ein eigenes Schulschiff auszurüsten, auf dem junge Leute für die Laufbahn als Offiziere unserer Handelsmarine ausgebildet werden sollen, bedeutet eine ungemein interessante und wichtige Neuerung, wie sie in dieser Form bisher in keinem anderen Lande versucht worden ist. Es ist, so schreibt die Köln. Ztg., eine bekannte und viel beklagte Thatsache, dass bei dem Rückgang der Segelschiffahrt die Ausbildung tüchtiger Matrosen, Steuerleute und Kapitäne immer schwieriger wird. Es entsteht daraus die Gefahr, dass die Ausbildung unseres Personals an seemännischem Wert verliert. Diese Schwierigkeit bei der Rekrutierung und die Voraussicht, dass sie sich immer mehr vergrössern werde, haben nun den Lloyd bewogen, aus eigenen Mitteln für die Heranbildung eines tüchtigen, in jeder Beziehung vollständig ausgebildeten seemännischen Oberpersonals zu sorgen. Nach dem vorliegenden Programm sollen junge Leute im Alter von 15 bis 16 Jahren, die sich dem Beruf als Offiziere der Handelsmarine widmen wollen, zu einer dreijährigen Ausbildungszeit auf dem Kadettenschulschiff eingestellt werden. Das erste Jahr fahren sie als Schiffsjungen, das zweite als Leichtmatrosen und das dritte als Vollmatrosen. Während dieser Zeit wird nicht nur für ihre Ausbildung in allen seemännischen Handfertigkeiten gesorgt, so dass sie sich alle Eigenschaften eines tüchtigen Seematrosen aneignen, sondern sie werden auch systematisch zu ihrem künftigen Beruf als Seeoffiziere vorgebildet. Sie erhalten allen dazu nötigen Unterricht teils durch den Kapitän und die besonders ausgesuchten Seeoffiziere, die dem Schiffe beigegeben werden, wie auch durch besondere Lehrer, die stets mit dem Schiffe fahren werden. Da das Schiff als wirkliches Handelsschiff fährt, d.h. in hergebrachter Weise von einem Hafen zum anderen Warentransporte ausführen wird, so ist hier die Gelegenheit geboten, Theorie mit Praxis aufs engste zu vereinigen. Nach beendigtem dreijährigem Kursus werden die Schüler ein viertes Lehrjahr als Hilfsoffizier oder als Unteroffizier auf den Dampfern des Norddeutschen Lloyds durchmachen, um dann nach einem dreimonatigen Kursus auf der Seefahrtsschule das Steuermannsexamen abzulegen, das das Recht zum einjährigen Dienst in der kaiserlichen Marine gibt. Sie werden also, so denkt man sich den weiteren Ausbildungsgang, als Einjährige in die kaiserliche Marine eintreten und dort ihr Jahr abdienen, dann abersofort auf den Dampfern des Norddeutschen Lloyds als vierte Offiziere eingestellt werden, in welcher Stellung sie so lange verbleiben, bis sie nach abgelegtem Kapitänsexamen als dritte Offiziere endgültig in den Dienst der Gesellschaft aufgenommen werden. Es soll übrigens für die jungen Leute nicht der mindeste Zwang bestehen, sich gerade der Gesellschaft zuzuwenden, die ihre Ausbildung vorgenommen hat, sondern sie sollen ganz frei wählen können, wie sie ihre spätere Laufbahn einrichten wollen. Als einziges Entgelt für die durch ihre Ausbildung verursachten Kosten verlangt der Lloyd die Zahlung eines Jahrgeldes von 600 M. für den dreijährigen Kursus an Bord des Kadettenschulschiffes. Als besonders beachtenswert ist hervorzuheben, dass während der ganzen Ausbildungszeit streng im Auge behalten werden soll, dass man es mit künftigen Offizieren zu thun hat, d.h. dass die Behandlung durchaus anständig sein und die jungen Leute von solchen nicht seemännischen Arbeiten befreit sein sollen, die sonst den Schiffsjungen auf Handelsschiffen zufallen. Es liegt auf der Hand, dass die neue Einrichtung auch für unsere Kriegsmarine von grossem Vorteil sein muss, da sie ihr ein Material von Reserveoffizieren zuführt, wie es ihr bisher noch nicht geboten werden konnte. Aus diesem Grund erfreut sich auch der eigenartige jetzt unternommene Versuch des vollsten Beifalls der kaiserlichen Marinebehörden. Bücherschau. Neue gasometrische Methoden und Apparate. Von O. Bleier, stud. phil. Wien, Verlag von Spielhagen und Schurich, 1898. Mit 138 in den Text gedruckten Holzschnitten nach eigenen Zeichnungen. Preis 7 M. Das Werk zerfällt in fünf Teile, der erste behandelt das Messen der Gase und gliedert sich in drei Abschnitte, welche Theoretisches, die verschiedenen Messmethoden und die Hauptbestandteile der gasometrischen Apparate schildern. Auf den zweiten Teil entfällt die gewöhnliche Analyse der Gase, auf den dritten die Bestimmung einzelner Bestandteile von festen oder flüssigen Körpern auf gasanalytischem Wege (Gasgravimetrie). Der vierte Teil befasst sich mit der Bestimmung der Dampfspannung und der Dampf dichte, der fünfte gibt Anleitung zum Messen von Hohlräumen, Flüssigkeiten und festen Körpern (Luftverdrängungsverfahren). Im Anhang finden sich einschlägige Tabellen. Wenn man das Buch näher studiert, so findet sich in demselben manches Gute, aber entsprechend dem Titel des Buches: „Neue Methoden und Apparate“ erwartet man eigentlich doch etwas anderes. Man erwartet Neues, meistens aber handelt es sich jedoch hierbei um kleinere oder grössere, zum Teil vollkommen unwesentliche, zum Teil auch nicht immer wünschenswerte Abänderungen oder, wo es Verbesserungen sind, spielt die grössere Zerbrechlichkeit oder Kompliziertheit eine Rolle. Man kann auch das oder jenes noch an dem Apparat so oder so machen oder anbringen, heisst es zum Oefteren in dem Bleier'schen Buche; dies ist ganz zutreffend und geschieht auch mit vielen Apparaten in der Praxis, ohne dass man glaubt, man hätte neue Apparate ersonnen oder Entdeckungen gemacht, die man wert hält zu veröffentlichen. Man wird ja manchen Nutzen von dem Buche Bleier's haben, namentlich weil die Methoden eingehend und klar beschrieben sind, auch die Abänderung der Bunte'schen Bürette ist zweckmässig; was aber das Neue betrifft, so kommt der Praktiker, der viel mit Gasuntersuchungen zu thun hat, bald selbst auf kleine Bequemlichkeiten, Veränderungen und Vereinfachungen, zumal dann, wenn ihm ein tüchtiger Glasbläser zur Verfügung steht. Das Buch ist hübsch ausgestattet, die Zeichnungen sind mit Sorgfalt ausgeführt. Bjd. Die Elektrizität und ihre Anwendung. Von Dr. L. Graetz, Professor an der Universität München. Achte vermehrte Auflage (Doppelauflage). Mit 483 Abbildungen. Stuttgart. Verlag von J. Engelhorn 1900. Preis brosch. 7 M., geb. 8 M. Das für Schule wie zum Selbstunterricht mit gleich gutem Erfolg brauchbare Werk, dessen vorhergehende Auflagen wir wiederholt in den früheren Bänden unseres Journals besprochen hatten, liegt uns nun in der achten Auflage vor. Es hat dem Inhalte nach eine Vermehrung durch Berücksichtigung der neuesten Errungenschaften der Wissenschaft und Technik erfahren, ohne dass der Umfang grösser wurde, indem das auf dem Gebiete der Anwendung der Elektrizität Ueberholte fortgelassen wurde. Die Verdoppelung der Auflage ist ein Beweis für die grosse Nachfrage nach einem solchen Buche und für die Brauchbarkeit desselben.