Titel: Kleinere Mitteilungen.
Fundstelle: Band 315, Jahrgang 1900, Miszellen, S. 676
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Kleinere Mitteilungen. Kleinere Mitteilungen. Die Elektrotechnik auf der Pariser Weltausstellung 1900. Prof. Dr. Fr. Vogel hielt am 25. September d. Js. im Verein deutscher Maschineningenieure einen Vortrag über Die Elektrotechnik auf der Pariser Weltausstellung 1900. Wir entnehmen demselben folgendes: Die Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft Berlin hat eine Drehstromdynamomaschine von 3000 Kilo-Watt Leistungsfähigkeit ausgestellt, deren Erregermaschine direkt auf der Welle sitzt, angetrieben durch eine Maschine von A. Borsig. Ebenfalls eine ansehnliche Drehstromdynamo (1000 Kilo-Watt bei 5000 Volt Spannung) hat die Elektrizitäts-Aktiengesellschaft vormals Lahmeger und Co. in Frankfurt a. M. ausgestellt. Nicht minder hervorragend ist das von der Elektrizitäts-Aktiengesellschaft vormals Schuckert und Co. in Nürnberg Gebotene. Um die Ehre, die grösste Dynamomaschine nicht nur auf die Ausstellung geschickt, sondern überhaupt gebaut zu haben, wetteifert mit der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft der Helios, Aktiengesellschaft in Köln. Diese Maschine ist eine direkt gekuppelte Weckselstrommaschine, die bei 70 Umdrehungen pro Minute 2000 Kilo-Watt einfachen Wechselstrom oder 3000 Kilo-Watt Drehstrom liefert (s. S. 258 d. Bd.). Siemens und Halske haben eine Dreiphasenmaschine von 2500 PS bei 2200 Volt Spannung ausgestellt. Besonderes Interesse beanspruchen die Widerstände von Dr. Max Levy in Berlin, bei denen die Widerstandsdrähte als Bänder hochkant in Email auf massiven Unterlagen eingelassen sind. Aber auch das Ausland hat sich bemüht, durch Maschinen grösster Leistungsfähigkeit zu imponieren. Die Société anonyme Le Carbone zeichnet sich durch ihr in verschiedenen Härtegraden hergestelltes Kohlenmaterial aus. Dass die Bogenlampenindustrie eine wohlgepflegte Spezialfabrikation bildet, zeigt u.a. die geschmackvolle Anordnung der Firma Körting und Matthiesen in Leutzsch-Leipzig. Besonderes Interesse erregt naturgemäss der Nernst-Lampen; pavillon der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft. Der Vortragende fasste den gewonnenen Gesamteindruck dahin zusammen, dass die Pariser Weltausstellung die stetige Fortentwickelung der Elektrotechnik, namentlich der elektrischen Bahnen zur Anschauung bringt, wenngleich auf ihr kein so durchschlagender Versuch vorgeführt wird, wie dies seiner Zeit auf der internationalen elektrotechnischen Ausstellung zu Frankfurt a. M. mit der Lauffen-Frankfurter Kraftübertragung geschah. Die transkaukasische Petroleumleitung. Am 3. Juli d. Js. wurde im Kaukasus die grosse Rohrleitung, die dazu bestimmt ist, das Petroleum der Bakuer Naphtaindustrie am Kaspischen Meere nach dem Hafen von Batum am Schwarzen Meere zu leiten, dem Betriebe übergeben. Zur Zeit hat man den Rohrstrang noch nicht bis in das Erzeugungsgebiet des Petroleums bei Baku hineingeleitet, sondern vorläufig nur bis zur Eisenbahnstation Michailowo der Transkaukasusbahn. Von den Bakuschen Naphtafeldern gelangt das Petroleum in Kesselwagen nach der Station Michailowo, wo man besondere Sammelbehälter von je 30000 Pud (491,4 t) Fassungsraum zur Aufnahme und Messung des Petroleums errichtet hat. Der Abfluss des Petroleums aus den Kesselwagen in die Sammelbehälter geschieht in abgedeckten und geneigten eisernen Röhren, die an den Schienensträngen entlang geführt sind. Nachdem das Petroleum in den Sammelbehältern gemessen worden ist, wird es durch Pumpen in drei Behälter von je 120000 Pud (je 1965,6 t) Fassungsraum gehoben und aus diesen nach Batum abgeleitet. Zwischen Michailowo und Batum befinden sich auf den Bahnstationen Ssamtredi und Ssupssan Sammelbehälter mit Pumpvorrichtungen. Die Pumpen von Michailowo können das Petroleum, wegen des hier vorhandenen natürlichen Gefälls, bis auf 117 Werst (125 km), die von Ssamtredi und Ssupssan nur auf 47 bezw. 48 Werst (50 bezw. 51 km) Länge drücken. Die Gesamtlänge der Rohrleitung bis zum Batumer Hafen beträgt 216 Werst (230 km). Sämtliche Röhren von 20 cm lichtem Durchmesser und 8 mm Wandstärke sind in der Bettung des Eisenbahndammes verlegt und in Abständen von 2 bis 4 km mit Ventilen versehen, die bei einem Rohrbruch das Ausfliessen grösserer Oelmengen verhüten sollen. Bei Brückenüberführungen liegen die Röhren auf dem Bohlenbelag oder ausserhalb der Brückenträger. Die Beaufsichtigung der Rohrleitung ist den Bahnwärtern übertragen, die für diesen Zweck mit den erforderlichen Werkzeugen zur Ausbesserung der Leitungsröhren und mit Ventilschlüsseln versehen sind. Die Wärterhäuser stehen durch Fernsprechleitungen und elektrische Signalvorrichtungen mit den Petroleumstationen in Michailowo, Ssamtredi und Ssupssan in Verbindung. Auf der Hauptstation hat man einen Hilfswagen mit allen Einrichtungen für grössere Rohrausbesserungen oder Rohrbrüche eingestellt. Die Leitungsröhren wurden in russischen Walzwerken hergestellt und sind an ihren Verbindungsstellen mit Schraubenmuffen versehen. Die Pumpen von je 150 PS, nach dem Coumpoundsystem mit Kühlvorrichtung und Kompensatoren, lieferte die Firma Worthington und Co. in Brooklyn. Die Rohrleitung ist für eine grösste Leistungsfähigkeit von 60 Millionen Pud (982800 t) jährlich berechnet worden, was bei 336 Arbeitstagen einer Tagesleistung von 215000 Pud (2925 t) entspricht. Die Pumpstation in Batum besitzt 11 Petroleumbehälter mit zusammen 1 ½ Millionen Pud (24570 t) Fassungsraum. Von hier führen zwei Leitungen nach dem Hafen und Zweigleitungen nach den umliegenden Fabriken. Durch die Hafenleitung kann ein Tankdampfer von 4000 t in weniger als 10 Stunden gefüllt werden. Das ganze Unternehmen wird von der Regierung verwaltet und hat einen Kostenaufwand von rund 5 Millionen Rubel (etwa 10,75 Millionen M.) beansprucht. Für die Beförderung des Petroleums von der Station Michailowo nach Batum werden 74 Kop. für 1 Pud (etwa 33 Pf. für 1 t) erhoben. Die Verlängerung der Leitung bis in den Fabrikationsmittelpunkt steht demnächst in Aussicht, bis zur Station Ag-Tagljä (etwa 141 km östlich von Michailowo) ist sie bereits beschlossen worden. Da Petroleumleitungen nicht nur ein gutes Mittel zur Entlastung der Eisenbahnen bilden, sondern auch wesentlich zur Verbilligung der Beförderungskosten beitragen, besteht der Plan, auch im nördlichen Kaukasus die Naphtagebiete von Grosny durch eine Leitung mit dem Hafen von Noworossiïsk am Schwarzen Meere zu verbinden. Bücherschau. Vorreden und Einleitungen zu klassischen Werken der Mechanik. Zweiter Band der Veröffentlichungen der Philosophischen Gesellschaft an der Universität zu Wien. Leipzig, Pfeffer, 1899. Preis M. 5.– Es ist ein erfreuliches Zeichen unserer Zeit, dass die Erkenntnislehre, die von jeher zu der Philosophie zählt, an Selbständigkeit gewinnt und vorurteilsfrei, unabhängig gar von der metaphysischen Philosophie, sich der Kritik der Naturwissenschaften zuwendet, die geschichtliche Entstehung ihrer Lehrsätze logisch erforschend. In der Mathematik und in der Geometrie ist diese Analyse eine leichte: hier herrscht die Denknotwendigkeit allein. Den ersten Schritt in die Erscheinung macht die Mechanik. Das ist die erste Wissenschaft, welche ausser der Denknotwendigkeit noch mit der Naturnotwendigkeit rechnen muss. In zunehmender Unterwerfung der letzteren folgen der Mechanik: die Physik, die Chemie, die biologischen und die soziologischen Wissenschaften. Darum das leichtbegreifliche Bestreben des 19. Jahrhunderts, alle Naturerkenntnisauf die mechanische zurückzuführen, von der Uebertreibung dessen aber der Mechaniker E. Mach warnt. Das oben bezeichnete Verhältnis aber macht es wieder leicht verständlich, warum sich die moderne Erkenntniskritik mit Vorliebe eben der Mechanik zuwendet; ist es auch fraglich, dass die Lehrsätze der Mechanik ohne weiteres den anderen Wissenschaften auch die Grundsteine liefern, so scheint es sicher, dass das Bild des Aufbaues einer Wissenschaft, welches an der Mechanik erkenntniskritisch gewonnen wird, auch für jede andere Wissenschaft massgebend ist, welche die Naturerscheinungen wiederspiegeln muss. Die Kritik der Lehrsätze wird bekanntlich erleichtert durch das Lesen dessen, was die Klassiker der Wissenschaft selber hierüber geschrieben. Reden wir über Mechanik, so finden wir bei den Klassikern der Mechanik dergleichen Kritik fast ausschliesslich nur in Vorreden und Einleitungen. In erkenntnistheoretischer Hinsicht bieten somit die Vorhöfe der Werke das meiste Interesse. Dass sie nun alle in ein Buch vereinigt vor uns liegen, verdanken wir auf das Wärmste der Wiener philosophischen Gesellschaft, die sich offenbar die Ansichten des Philosophen E. Mach angeeignet hat. Der deutsche Leser findet die klassischen Aussagen in getreuer Uebersetzung. Dass aber auch die originellen Texte hinzugefügt sind, erhöht noch mehr den Wert dieses schönen Werkes. Möge es bald diejenigen Früchte tragen, auf die es zielt und sicherlich erzielen wird! P. K. v. E. Die Rohstoffe des Pflanzenreiches. Versuch einer technischen Rohstofflehre des Pflanzenreiches von Dr. Julius Wiesner, Professor der Anatomie und Physiologie der Pflanzen an der Wiener Universität. Zweite, gänzlich umgearbeitete und erweiterte Auflage. 1. Lieferung. Leipzig, Wilhelm Engelmann, 1900. Preis M. 5.– Von dem klassischen Werke Wiesner's beginnt eine neue Auflage zu erscheinen. Wir behalten uns vor, auf dieses ausgezeichnete Werk, dessen neue Ausgabe auf ungefähr den doppelten Umfang der ersten Auflage, entsprechend den Fortschritten auf dem Gebiete der technischen Rohstofflehre, berechnet ist, zurückzukommen. Die vorliegende 1. Lieferung enthält ausser der Einleitung (Definition und Entwicklung der Rohstofflehre) die Kapitel Gummiarten (chemischer Teil bearbeitet von Prof. Zeisel) und Harze (chemischer Teil von Prof. Bamberger). B. Wirkungsgrade und Kosten elektrischer und mechanischer Kraft-Transmissionen. Von Oberingenieur Jos. Krämer, Dozent für Elektrotechnik. Zweite umgearbeitete und erweiterte Auflage. VIII und 126 S. mit 82 Abbildungen. Leipzig 1900. Verlag von Oskar Lein er. Preis 4,50 M., geb. 5,50 M. Das Verdienst des Verfassers besteht darin, dass er uns Grundlagen zu einem Vergleich der verschiedenen Energieverteilungssysteme, hauptsächlich nach der wirtschaftlichen Seite hin, liefert und auch selbst Kostenberechnungen durchführt, welche, wenn sich auch die Einheitssätze nach Ort und Zeit ändern, immerhin einen relativen Wert besitzen und behalten. Einige Mängel dürften wohl in einer dritten Auflage beseitigt werden: So scheint der Verfasser die hochmoderne Francis-Turbine noch nicht zu kennen, ebenso wenig eine ganze Reihe von zwar komplizierten, aber ganz vorzüglichen Regulatoren, sonst hätte er die Sätze S. 29 nicht geschrieben: „Ob es verlässliche Regulatoren für Turbinen gibt? Die Fabrikanten behaupten: ja – die Abnehmer behaupten: nein; für uns ist diese Frage demnach noch nicht spruchreif.“ Wenig vertrauenerweckend ist die Ableitung der elektromotorischen Gegenkraft S. 87, unklar Lage und Grösse eines Winkels, „welcher von Polmitte zur Ankerlochmitte gemessen wird“ S. 89, und veraltet der Ausdruck „Multiplikationsspulen“ S. 92. Berechnung der Leitungen für Mehrphasenströme. Von Prof. J. Rodet, Ingenieur des arts et manufactures. Autorisierte deutsche Uebersetzung von M. Lachmann, Ingenieur für elektrische Bahnen. 55 S. mit 22 Abbildungen. Leipzig 1900. Verlag von Oskar Leiner. Das vorliegende kleine Buch erscheint als ein Teil des Werkes „Distribution de l'Energie par courants polyphasés“ von Prof. Rodet in Lyon. Es behandelt auf teils rechnerischem, teils graphischem Weg die verschiedenen Probleme der Mehrphasenleitungen, insbesondere die Ermittelung des Kupferquerschnitts, Spannungsabfalls und der Phasenverschiebung. Befremden muss es, dass der Uebersetzer durchweg die in diesem Zusammenhang längst verpönte Bezeichnung „Kraft“ an Stelle von „elektrischer Leistung“ oder „Energie“ verwendet. Wer mit den Grundlagen der Wechselstromberechnung bereits vertraut ist, wird das kleine Werk mit Interesse studieren.