Titel: Kleinere Mitteilungen.
Fundstelle: Band 316, Jahrgang 1901, Miszellen, S. 17
Download: XML
Kleinere Mitteilungen. Kleinere Mitteilungen. Die panamerikanische Ausstellung in Buffalo 1901. Auch in Amerika wollte man den Beginn des neuen Jahrhunderts nicht ohne Heerschau über die im vergangenen Jahrhundert auf dem Kontinent der westlichen Hemisphäre erreichten kulturellen Fortschritte vorübergehen lassen, und soll dieses Bestreben durch eine in diesem Jahre in Buffalo abzuhaltende, allamerikanische Ausstellung reale Form erhalten. Für die Durchführung der letztgedachten, von einer Gesellschaft von Industriellen ausgehenden Unternehmens sind 25 Millionen Mark aufgebracht worden, ungerechnet der von den zur Beschickung eingeladenen unabhängigen Regierungen und Kolonien zu gewärtigenden beträchtlichen Zuschüsse. Wie wir der Revue universelle, 1900 S. 389, entnehmen, welcher Zeitschrift wir auch die Verantwortung für die Richtigkeit der nachstehenden Daten überlassen, wird die in Rede stehende Ausstellung sich auf folgende 15 Hauptgruppen erstrecken: Elektrizität, schöne Künste, darstellende Künste, freie Künste, Ethnologie, Landwirtschaft, Gartenbau, Viehzucht, Forstwirtschaft, Fischerei, Bergbau, Maschinenwesen und endlich Erzeugnisse der Sandwichinseln, der Philippinen und Porto Ricos. Das ein zusammenhängendes Gelände bildende, in umstehender Abbildung ersichtlich gemachte, im Norden der Stadt Buffalo (Staat New York) liegende Ausstellungsgebiet besitzt eine Bodenfläche von 142 ha, annähernd in der Form eines langgestreckten Viereckes von beiläufig 800 m durchschnittlicher Breite und doppelt so grosser Länge, und lässt sich sowohl mittelbar durch die 36 Eisenbahnlinien, welche in Buffalo einmünden, als unmittelbar durch mehrere Strassenbahnen von allen Seiten her bequem und leicht erreichen. Der grösste Teil des Grundstückes ist mit Bäumen und Strauchwerk bepflanzt und von künstlichen Wasserläufen durchzogen, die miteinem malerisch gelegenen kleinen See in Verbindung stehen. Sämtliche wichtigen Ausstellungsgebäude werden einheitlich im Renaissancestil erbaut und erhalten lange Kolonnaden, Kuppeln, Türme, monumentale Thorbogen, reichverzierte Fenster u.s.w. Zur Eindeckung der betreffenden Dächer, welche bei allen Hauptgebäuden an den Säumen die gleichmässige Höhe von 15 m erhalten, will man lediglich rote Falzziegel verwenden. Die bedeutendsten der eben angeführten Bauwerke werden um einen freien Platz gruppiert, der durch mehrere nach Art des Wasserschlosses der Pariser Weltausstellung elektrisch beleuchtbaren Becken mit spielenden Wässern und verschiedenen Blumengärten und Rasenbeeten geschmückt ist. Besondere Ausdehnung und eine hervorragende architektonische Durchgestaltung werden die Paläste für Industrie und Gewerbe und für die „freien Künste“ (Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musik) einerseits, sowie für Maschinen- und Verkehrswesen andererseits finden, von denen jedes über 150 m lang und 105 m breit ist, also annähernd 16000 qm Fläche bedeckt. Für die Gruppen Ackerbau und Elektrizität werden je eine Ausstellungshalle von 150 m Länge und 45 m Breite, für die Gruppe Gartenbau ein quadratisches Glaspalais von 66 m Seitenlänge und 70 m Höhe erbaut. Das Verwaltungsgebäude misst 180 m in der Front bei 39 m Tiefe und wird mit einer Kuppel von 75 m Höhe geziert sein. Mit der künstlerischen Ausgestaltung, d.h. mit den Entwürfen der Fassadenpläne für die aufgezählten Bauwerke sowie für weitere 20 grössere Ausstellungsgebäude hat man die bedeutendsten Architekten verschiedener amerikanischer Städte betraut, während die Konstruktionseinzelheiten und die Ausführung der Bauten Aufgaben der Ingenieure und Baumeister der Ausstellungsverwaltung sind, welch letzterer ein eigener aus Bauverständigen und Künstlern zusammengesetzter Bauausschuss beigegeben ist, dem alle Entwürfe zur Begutachtung und Genehmigung vorgelegt werden müssen. In den meisten Fällen ist die Gebäudekonstruktion an sich höchst einfach, da sie im wesentlichen mit Rücksicht auf den ephemeren Charakter der Baulichkeiten eben nur aus eisernen Fachwerksgerippen besteht, die durch leichte Holzverschalungen und darüber angebrachten dekorativen Bewurf oder künstliche Steinverkleidungen ihr äusseres Gewand erhalten. Textabbildung Bd. 316, S. 18 1 Eingangsthore. 2 Rasenplätze. 3 Blumenrabatte. 4 Rennbahn (400 m). 5 Turm. 6 Grosses Bassin. 7 Elektrizitätspalais. 8 Ackerbau. 9 Springbrunnenhof. 10 Maschinen- und Transportwesen. 11 Kunst und Gewerbe. 12 Spielplätze. 13 Stallungen und Pferde. 14 Lilienhain. 15 Cypressenhain. 16 Gartenbaupalais. 17 Forstwirtschaft und Bergbau. 18 Spiegelweiher. 19 Ausstellungsbauten der Fremden. 20 Musikkiosk. 21 Kunstpalast. 22 Kraftstation. 23 Gouvernementspalais. 24 Seebucht. 25 Restaurant. 26 See. Als bleibender monumentaler Bau ist das Palais des Staates New York geplant, für welches die Herstellungskosten mit 630000 M. veranschlagt sind; dasselbe wird aus Sandstein und Marmor ausgeführt, eine Grundfläche von 25 m zu 40 m bedecken und nach der Ausstellung als Museum für die Sammlungen der historischen Gesellschaft von Buffalo Verwendung finden. Desgleichen hat das Gebäude für Malerei, Bildhauerei, Kunstgewerbe und vervielfältigende Künste, für dessen Errichtung 1500000 M. ausgeworfen sind, als bleibender Monumentalbau ausgeführt zu werden, um späterhin unter dem Namen „Albright Art Gallery“ als Kunstmuseum zu dienen. Ein besonders reicher Spielraum ist natürlich der Elektrizität zugedacht, die in allen ihren industriellen Verwendungen und namentlich für die Erzeugung von Licht und Kraft in hervorragendster Weise vorgeführt werden wird. Es wurde diesfalls elektrische Energie von 9000 PS vorgesehen, von denen 4000 PS an Ort und Stelle erzeugt, die restlichen 5000 PS jedoch mittels 19drähtiger, auf Pfahlböcken angebrachter Kabel aus Reinkupfer von den Fällen des Niagara bezogen werden. Hinsichtlich aller Gebäude der Ausstellung beabsichtigt man, dieselben allabendlich durch elektrische Glühlampen zu beleuchten, welche an den verschiedenen Kuppeln, Türmen, Pylonen, Thorbögen und allen sonstigen Hauptkonturen der Fassaden rahmenartige Einfassungen bilden werden; ebenso sollen zahlreiche Springbrunnen, Spiegelteiche, Wasserfälle u. dgl. m. im reichsten elektrischen Lichtschmuck erglänzen. Das bemerkenswerteste Objekt zur praktischen Vorführung aussergewöhnlich grossartiger und brillanter elektrischer Beleuchtungseffekte wird jedoch ein 112,50 m hoher Turm sein, der sich in der Mitte des Hauptausstellungsplatzes hinter einem mit Kaskaden- und verschiedenen ähnlichen, spielenden Wassern eingerichteten, 120 m breiten, 180 m langen Weiher erhebt. An den Turm, der einen quadratischen Grundriss von 21 m Seitenlänge besitzt, schliessen sich rechts und links 14 m hohe offene Säulengänge an, die Viertelkreise bilden von 60 m Halbmesser. Die freien Enden dieser beiden Flügel sind durch 21 m hohe Ecktürme begrenzt, welche reich mit Skulpturen geschmückt und im Stile des Hauptturmes von durchbrochenen Kuppeln abgekrönt sind. Während der stufenartig abgesetzte 4 m hohe Sockel des Turmes nebst seinen beiden Flügeln mit dem vor ihm sich ausbreitenden Wasserbecken zusammengezogen als Untergrund und Fassung für verschiedene Kaskaden und Springbrunnen dient, wird das Innere der Kolonnade als Wandelbahn und zur Aufstellung plastischer Kunstwerke Benutzung finden. Die Aussenseiten des Turmes werden durch einen Anstrich das Ansehen und die Farbe des weissen Marmors erhalten, zugleich aber auch an verschiedenem Zierwerk und an den Gesimsen vergoldet und in der Vorderwand durch eingelassene farbigeGlaslinsen, welche Edelsteine imitieren, geschmückt sein. Der 60 m über der Sohle des Erdgeschosses beginnende pyramidale Abschluss des Turmes besteht bis zur Spitze aus drei durchbrochenen Aufbauten, ähnlich wie bei den altitalienischen Glockentürmen, nur in viel reicherer Ornamentik und mit dem Zweck, nicht nur glattweg als architektonische Ausstattung zu dienen, sondern auch durch elektrische Innenbeleuchtung ganz aussergewöhnliche Wirkungen zu ermöglichen. Auch die ganze Vorderfront des Turmmassives wird in diesem Sinne ausgeschmückt sein, d.h. sie bleibt ohne Fenster; dafür aber werden in den betreffenden Wandöffnungen Kunststeinrosetten eingesetzt, die wie Spitzen so reich und zart durchbrochen und rückwärts mit verschiedenfarbigen Tafeln verglast sind, um nachts transparent erleuchtet zu werden. Von den drei Stockwerken des oben erwähnten pyramidalen Turmabschlusses bilden das unterste einen riesigen, von Säulen und Rundbögen getragenen, quadratischen Saal, der durch vier mit steilen Kuppeln überbauten Ecktürmchen abgegrenzt ist und nach allen vier Seiten eine offene Aussichtsgalerie bildet, auf der sich angemessen zurückspringend das nächsthohe Geschoss aufbaut, das einen kreisrunden Säulengang bildet, um den sich eine Treppe windet. Auf dieser Rotunde befindet sich endlich das letzte, gleichfalls etwas zurückspringende Stockwerk, eine schlanke von Säulen getragene Kuppel, auf der als oberster Abschluss eine allegorische Figur steht. Auch das eigentliche Turmmassiv wird drei Stockwerke aufweisen, von denen also jedes 20 m hoch ist; davon sollen das unterste, nämlich das Erdgeschoss und das erste Stockwerk lediglich für Empfangsräume, Bibliotheken, Lesezimmer und Festsäle, sowie für Bureaux der Ausstellungsverwaltung ausgenutzt werden, wogegen das dritte Geschoss als Restaurant bestimmt ist, in das man mit Hilfe zweier elektrischer Aufzüge gelangen kann. Die weiteren drei schon früher erwähnten Stockwerke, welche die Abkrönung des Turmes bilden, haben keine besondere Bestimmung, ausser die, für die zur Unterbringung verschiedener elektrischer Beleuchtungseinrichtungen und namentlich für die Aufstellung von Scheinwerfern zu dienen, und den Besuchern eine ebenso schöne als interessante Aussicht über das gesamte Ausstellungsgebiet zu gewähren. Obwohl nun dieser Turm bloss für die Dauer der Ausstellung errichtet wird und später wieder beseitigt werden soll, so ist das Gerippe desselben doch sorgsamst auf mächtigen, aus Beton ausgeführten Grundmauern fundiert und mit besonderer Solidität aus Stahlblechträgern hergestellt, die untereinander vernietet sind. Die Aussenseiten des Stahlgerippes erhalten Holzverkleidungen, welche den Bewurf und die Thon-, Gips- und Kunststeinverzierungen der Fassaden und Innenräume tragen. Auch die sämtlichen Decken bestehen lediglich aus Stahlblechträgern, die durch Querträger zu einem Roste verbunden sind, dessen Felder durch Betonguss flach ausgemauert werden. Das gesamte tote Gewicht des Turmmaterials wird sich auf 1675 t belaufen, während die äusserste lebende Belastung sich mit 600 t veranschlagen lässt. Die hieraus abzuleitende Maximalbelastung der Tragpfeiler beträgt 112,50 kg pro Quadratcentimeter. Für jene tragenden Konstruktionsteile, welche Winddruck aufzunehmen haben, hatte man zur Berechnung der Inanspruchnahme ein für allemal die sich aus dem lebenden und toten Gewicht ergebende ziffermässige Totalbelastung uni 25 % erhöht. Von den mehrfach schon besprochenen drei Geschossen des oberen Turmabschlusses ruht natürlich jedes auf einer dem Grundriss des daraufstehenden Stockwerkes besonders angepassten Trägerdecke. So besteht die zwischen dem dritten und vierten Stockwerk eingezogene Decke aus vier Hauptträgern von 10 m Spannweite und 1,50 m Höhe, auf denen die Tragsäulen stehen, welche die aus 0,50 m hohen Stahlblechträgern hergestellte Decke des nächst höheren Geschosses tragen. Auf der letzteren sind wieder schwächere Stuhlsäulen gestellt, die das vorletzte Geschoss bilden und eine aus nur 0,38 m hohen Trägern ausgeführte Decke erhalten. Erst diese bildet die Basis für das den Turmknauf darstellende sechste und letzte Geschoss des Turmes, das nurmehr den Sockel der abkrönenden Statue trägt. In konstruktiver Beziehung ist dieses Bauwerk ersichtlichermassen recht interessant; es soll im Verein mit den anschliessenden Wasserbecken für Buffalo offenbar dieselbe Rolle spielen, wie für Paris die kunstvolle Giebelfront des Elektrizitätspalais gemeinsam mit dem Wasserschlosse gespielt hat. Das Etzel-Werk bei Einsiedeln. Im Anschluss an den Uebersichtsbericht über die Turbinen auf der Pariser Ausstellung 1900D. p. J. 1900 315 * 645 und * 670. sollen, nachdem die Gruppen hydraulischer Motoren einzelner Aussteller besprochen sind, nachstehend die verschiedenen Turbinenkonstruktionen und grösseren Zentralanlagen – wozu die einzelnen Objekte bestimmt waren – soweit dies nicht schon früher geschehen, zur Sprache kommen. Textabbildung Bd. 316, S. 19 Bis zu welch kühnen Unternehmungen der menschliche Schaffensgeist vordringt, zeigt das von der Maschinenfabrik Oerlikon geplante, von L. Kürsteiner, Zivilingenieur in St. Gallen, entworfene und gegenwärtig in Vorbereitung befindliche „Elektrizitätswerk am Etzel“ bei Einsiedeln in der Schweiz, welchem Entwurf die goldene Medaille zuerkannt wurde. Das Projekt hat sich die Aufgabe gestellt, 55000 PS am Zürchersee für die Industrie nutzbar zu machen. Durch Aufstauen der. Sihlwasser, die bei kleinstem Stand zu 0,9 cbm in der Sekunde angenommen werden, in einem von der Natur geschaffenen Behälter, dessen nutzbarer Inhalt 85 Millionen cbm beträgt, soll eine konstante Wassermenge von etwa 6 cbm in der Sekunde verfügbar sein. Das Terrain östlich von Einsiedeln eignet sich für den beabsichtigten Zweck ganz vorzüglich, wie aus nebenstehender Uebersichtskarte, im Massstab 1 : 150000, zu ersehen ist. Angaben über den maschinellen Teil müssen einer späteren Veröffentlichung vorbehalten bleiben; vorläufig mögen nachstehende wichtigere Daten angemerkt werden: Weiheroberfläche 11 qkm Höhe des gefüllten Weihers 891 m über Meer   „      der Turbinen 415 Bruttogefälle 476 Nettogefälle 450 Tägliche Leistungsfähigkeit etwa 650000 Pferdestunden. Angenommen ist vorläufig, dass Einheiten von 3000 PS, nach gänzlichem Ausbau deren 20 Stück, zur Aufstellung gelangen sollen. Die grosse Wassermenge und die Druckverhältnisse bedingen die Teilung der Rohrleitung in verschiedene Stränge, deren Kaliber von oben nach unten, um nicht allzugrosse Wandstärken zu bekommen, abnehmen, deren Zahl infolgedessen aber zunehmen muss. Es sind vorgesehen, von oben nach unten gerechnet: Durchmesser Länge per Strang Wandstärke   2 Rohrstränge à 1800 mm 1095 m 26 mm   4 1250   280 26   6 1000   130 26   8   850   340 26, 10   775 1120 35 Jeder der unteren Rohrstränge würde somit je zwei Turbinen zu 3000 PS bedienen. Die Tourenzahl der letzteren, mit horizontaler Welle direkt mit der Dynamomaschine gekuppelt, ist zu 300 bis 320 in der Minute angenommen. Als Turbinenräder sind solche nach System Pelton vorgesehen. Der Ablaufkanal mündet unmittelbar in den Zürchersee. Nachdem die Konzession für das Werk erteilt worden, ist Ingenieur Kürsteiner zur Zeit mit den Detailstudien über den baulichen Teil der Anlage beschäftigt und behalten wir uns vor, von der weiteren Entwickelung des Werkes seiner Zeit Bericht zu erstatten. Der mit dem Sihlseeprojekt betrauten Oerlikoner Maschinenfabrik haben sich noch drei bedeutende Firmen angeschlossen, um das Riesenwerk fertig zu stellen und die nötigen Kapitalien (nach neuerer Berechnung 34 Millionen Franks) aufzubringen. Es sind dies die Firmen Sulzer und Cie. und Rieter und Cie. in Winterthur, sowie Escher, Wyss und Cie. in Zürich. Wilh. Müller, Cannstatt. Drahtlose Mehrfachtelegraphie. Es ist bekannt, dass sich Prof. Slaby an der Technischen Hochschule zu Charlottenburg seit längerer Zeit mit der Ausbildung der drahtlosen Funkentelegraphie beschäftigt. Neuerdings ist ihm ein wichtiger Fortschritt gelungen, der für die Anwendung der drahtlosen Telegraphie ganz neue Bahnen eröffnet. Wir entnehmen das Nachstehende einem von Prof. Slaby kürzlich im Konferenzsaale der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft Berlin gehaltenen Vortrage. Der bisherigen Funkentelegraphie haftet ein empfindlicher Mangel an: es ist nicht möglich, mehrere korrespondierende Stationen zugleich arbeiten zu lassen, sie störten sich gegenseitig. Hierdurch wurde die Anwendung der Funkentelegraphie zunächst auf die Marine beschränkt. Die neue Erfindung beseitigt nun diesen Uebelstand, sie ermöglicht, dass beliebig viele Stationen gleichzeitig telegraphieren können, ohne sich gegenseitig zu stören. Das folgende packende Experiment bewies diese Behauptung. Auf dem Vortragstisch standen zwei Empfangsapparate, welche beide mit dem Blitzableiter am Schornstein der elektrischen Zentrale Schiffbauerdamm verbunden waren, ohne dass man dessen Erdverbindung aufgehoben hatte. Einige Funken, welche der Vortragende dem Induktorium entlockte, gaben in Morse-Zeichen zwei weit voneinander entfernten Stationen das Signal zum Beginn der Korrespondenz. Die eine dieser Stationen befand sich in Schönweide an der Oberspree, 14 km entfernt, die andere im Laboratorium des Professors in der Technischen Hochschule zu Charlottenburg, in der Luftlinie etwa 4 km vom Vortragssaal. Ein kurzer Augenblick des Harrens unter allgemeiner Spannung – dann begannen beide Apparate mit geschäftigem Ticktack zu antworten. Ungestört von einander schrieben sie mit der üblichen schnellen Telegraphiegeschwindigkeit ihre Stationsnamen auf den Morse-Streifen. In einfacher, leicht verständlicher Darlegung an der Hand analoger mechanischer Vorstellungen gab Prof. Slaby eine Erklärung der Erfindung. Sie beruht auf einem eingehenden Studium der elektrischen Wellen, welche von dem Geberapparat ausgesandt werden. Durch eigentümliche Schaltungen werden elektrische Wellen von genau bemessener und vereinbarter Länge erzeugt. Ebenso sind die Empfangsapparate für Wellen vereinbarter Länge abgestimmt. Kommen nun Wellen von verschiedener Länge an einem und demselben Empfangsdraht an, so findet eine automatische Sortierung derselben statt, ein Durchsieben oder Durchfiltrieren, wie es der Vortragende nannte, derart, dass in die verschiedenen angeschlossenen Empfangsapparate nur solche Wellen Zutritt haben, für welche sie abgestimmt sind. Für Wellen von nicht passender Länge sind die Empfangsapparate gleichsam immun gemacht. Der Vortragende schilderte sodann die Einrichtungen an den Sendestationen, die unter den denkbar ungünstigsten Verhältnissen funktionierten. In Charlottenburg sendet die Wellen ein Draht von 16 m Länge auf dem Dach des Gebäudes der Hochschule. Die Herunterführung zum Laboratorium an der Westfront des Hauses ist wirkungslos, da der ganze Gebäudekomplex der Hochschule davorliegt. In Schönweide ist es ein zwischen zwei Schornsteinen herunterhängender Draht. Die dort ausgesandten Wellen müssen Berlin in seiner grössten Ausdehnung von Südost nach Nordwest durchqueren und werden durch zahlreiche dazwischenliegende Schornsteine und Türme geschwächt. Die Aufgabe war nur zu lösen durch eine zweite Erfindung, welche die Intensität der geschwächten Wellen wieder verstärkt. Dieser Apparat, vom Erfinder Multiplikator genannt, erhöht die Spannung der elektrischen Wellen in selbstthätiger Weise. Die Wirkungsweise erläuterte der Vortragende durch eine Stimmgabel, welche beim Anschlagen nur einen schwachen, schnell verklingenden Ton von sich gab. Setzte er sie jedoch auf einen geeigneteren Resonanzboden, so schwoll der Ton sofort zu bemerkenswerter Stärke und dauerte lange an. „Was der Resonanzboden für eine echte Stradivari, das leistet der Multiplikator für den Empfänger der Funkentelegraphie.“ Durch einige elektrische Experimente wurde die überraschende Wirkung des Multiplikators weiter erläutert. Die Erfindung, deren Tragweite sich noch nicht absehen lässt, hat Prof. Slaby im August vorletzten Jahres in ihren Grundzügen der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft mitgeteilt, welche sie unter hervorragender Mitwirkung des Grafen v. Arco, eines früheren Assistenten des Prof. Slaby, technisch weiter bildete. Sie scheint übrigens in der Luft gelegen zu haben, denn fast gleichzeitig wird aus London gemeldet, dass auch Marconi eine drahtlose Mehrfachtelegraphie erfunden habe, die er zur Zeit allerdings noch nicht bekannt geben wolle. Thätigkeit der Eisenhütten Russlands. Ueber die Thätigkeit der Eisenhütten Russlands im Jahre 1899 hat das Blatt für Bergwesen (Gornosawodski Listok) kürzlich folgende Angaben veröffentlicht. Es wurden erzeugt: Roheisen Schmiedeeisen Stahl Mill. Pud t Mill. Pud t Mill. Pud t Auf 14 Fabriken des Nordens  „ 107      „        im Ural  „   48      „        Zentralrusslands  „   18      „        des Südens  „     5      „        des Südwestens  „   40     „         im Königreich Polen     1,958  44,836  14,855  82,491    0,171  18,845     32072  734414  2433251351202      2791  308681   4,53016,617  3,472  5,371  0,109  4,455   74201272186  56871  87977    1785  72973   6,601  9,184  7,93845,02711,918   108124  150434  130024  737542  195217 Zus. auf 232 Fabriken 163,156 2672485 34,554 565993 80,668 1321341 Im Jahre 1898 wurden 134,15 Mill. Pud (2197377 t) Roheisen, 30,457 Mill. Pud (498896 t) Schmiedeeisen und 69,928 Mill. Pud (1145 421 t) Stahl erzeugt. Der Zuwachs stellte sich demnachfür 1899 auf etwa 29,00 Mill. Pud (475020 t) oder 21,6 % für Roheisen, 4,097 Mill. Pud (67109 t) oder 13,45 % für Schmiedeeisen und 10,74 Mill. Pud (175921 t) oder 15,4 % für Stahl. Ungeachtet dieses merkbaren Fortschrittes konnten die einheimischen Hütten die Nachfrage nicht befriedigen, der Bedarf musste durch Einfuhr aus dem Auslande gedeckt werden. Es wurden 1899 eingeführt: Mill. Pud t Roheisen   8,347 136724 Unverarbeitetes Eisen und Stahl 19,041 311891 Erzeugnisse aus Eisen und Stahl, Maschinen    und Apparate 16,292 266863 Zusammen Stahl, Eisen und Erzeugnisse aus    denselben 35,333 578754 oder auf Roheisen umgerechnet (wobei für 1 Pud Eisen = 1½ Pud Roheisen gesetzt wurden), rund 53 Mill. Pud (868140 t). Demnach stellte sich die Einfuhr von Roheisen auf (53 + 8,347) = 61,347 Mill. Pud (1004864 t) und der einheimische Bedarf auf (61,347 + 163,155) = 224,502 Mill. Pud (3677343 t) oder 1,76 Pud (28,83 kg) auf den Kopf der Bevölkerung. Ueber die Roheisenproduktion, die Roheiseneinfuhr und den Roheisenverbrauch der letzten Jahre gibt die folgende Tabelle Aufschluss. 1894 1895 1896 1897 1898 1899 Mill. Pud t Mill. Pud t Mill. Pud t Mill. Pud t Mill. Pud t Mill. Pud t Roheisenproduk-  tionRoheiseneinfuhr   80,144    9,441 1312759  154644   88,785    8,106 1454298  132776   98414    4,592 1612021    75217 113,982    6,238 1867025  102178 135,635    6,094 2221701    99820 163,155    8,347 2662479  136724 Zusammen   89,585 1467403   96,891 1587074 103,006 1687238 120,220 1969203 141,729 2321521 171,502 2799203 Gesamt-  verbrauch zusam-  men mit dem  eingeführten  Eisen, Stahl  und mit den  Erzeugnissen 127,655 2090989 136,281 2232283 149,540 2449465 166,229 2722731 139,021 2277164 224,502 3677343 Pud kg Pud kg Pud kg Pud kg Pud kg Pud kg Auf den Kopf der  Bevölkerung 1,06 17,36 1,13 18,51 1,15 18,84 1,31 21,46 1,53 25,06 1,76 28,83 Bücherschau Erdmann-König,Grundriss der allgemeinen Warenkunde. Dreizehnte vollkommen umgearbeitete Auflage von Prof. Eduard Hanausek. Leipzig 1901. Verlag von Ambrosius Barth. Seit dem Erscheinen der zwölften umgearbeiteten Auflage dieses Werkes sind 5 Jahre verflossen. Die eben erschienene Neuauflage ist wohl ein guter Beweis dafür, dass die damalige Neubearbeitung des Erdmann-König'schen Buches durch Professor Hanausek Anklang gefunden hat. Auch bei dieser 13. Auflage hat Prof. Hanausek in Berücksichtigung der neuen Forschungen manchem Kapitel eine gründliche Umarbeitung angedeihen lassen und dabei, ohne den Rahmen des Buches zu überschreiten, das Neue in kurzer und bündiger Form eingefügt. So haben bei folgenden Kapiteln Ergänzungen stattgefunden: Metalle – Beschreibung und Prüfung der Baumaterialien– Mikroskopische Prüfung der Nahrungs- und Genussmittel – Aetherische Oele – Kautschuk – Holz. Die Kapitel: Fasern – Die textilen Produkte – Papier (Papierprüfung) haben wesentliche Bereicherungen erfahren. Als sehr dankenswert muss die Vermehrung der Illustrationen bezeichnet werden. Das Buch hat durch all diese Bereicherungen, trotz mehrfacher Streichungen im alten Texte an Umfang (der zwölften Auflage gegenüber) zugenommen; wir begrüssen aber trotzdem diese Vergrösserung freudig, weil dieselbe den Wert des Buches als Lehrbuch nur zu erhöhen geeignet erscheint und empfehlen daher das Werk allen jenen, welche sich mit dem Studium der Warenkunde befassen wollen, auf das Beste. V. Arnold Bergsträsser Verlagsbuchhandlung (A. Kröner) Stuttgart. Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst.