Titel: Kleinere Mitteilungen.
Fundstelle: Band 316, Jahrgang 1901, Miszellen, S. 690
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Kleinere Mitteilungen. Kleinere Mitteilungen. Neue Dampfkesselfeuerung für Brauereizwecke. Eine Preisaufgabe der Versuchs- und Lehranstalt in Berlin kulminiert in der bedeutenden Differenz der Dampfbildung pro Quadratmeter und Stunde, wozu auch noch, abgesehen von Rauchlosigkeit, die freie Wahl der Steinkohle vorbehalten ist. Als Ziel wird die Gewinnung einer Feuerungsanlage für Steinkohle betrachtet, welche an jedem Flammrohrkessel ohne erhebliche Kosten angebracht werden kann, welche es gestattet, dass einmal auf 1 qm Heizfläche und Stunde 7,5 kg, das andere Mal 25 kg Dampf gebildet werden könne, ohne dass der Kohlensäuregehalt der abziehenden Heizgase wesentlich verändert wird, und ohne dass eine wesentliche Rauchbildung entsteht. Textabbildung Bd. 316, S. 690 Fig. 1. Textabbildung Bd. 316, S. 690 Fig. 2. Es springt ohne weiteres in die Augen, dass die gewöhnliche Planrostfeuerung oder auch irgend welche Art der Schüttfeuerung selbst in der Hand eines tüchtigen Heizers hierzu nicht ausreicht, sondern dass die Aufgabe nur unter Anwendung einer Halbgasfeuerung, welche den konstanten Flammenzug GewährleistetVgl. mein Compendium der Gasfeuerung, 3. Aufl. Leipzig 1890. Verlag von Arthur Felix., und unter Beihilfe einer mechanischen Streuvorrichtung gelöst werden kann. Fig. 1 bis 4 stellen eine solche Konstruktion in schematischer Gestalt dar, und zwar habe ich hierzu einen Flammrohrkessel zu 1 m Durchmesser gewählt, von welchem aus die Uebertragung der Dimensionen auf andere Grössen leicht zu bewerkstelligen sein dürfte. Die Feuerung an sich – Halbgasfeuerung – zeigt eine Kombination von Plan- und Pultrost, und zwar besteht letzterer aus einfachen, schmiedeeisernen Hakenstäben l, welche nicht allein das Abschlacken bei Gasheizung wesentlich erleichtern, sondern auch bei einer veränderten Wahl der Kohlengattung bequem auszuwechseln sind. g sind Löcher für Unterluft in den Thüren des Aschefalls, ff Schaulöcher zur Beobachtung der Flamme, welche für gewöhnlich zu verstopfen sind. Die Feuerung findet ihren Abschluss durch eine Gussplatte, welche den Streuapparat trägt, und zwar besteht dieser zunächst aus den zwei kanellierten Hartgusswalzen a und b, welch erstere als Fixwalze mit dem Riemenscheibenkonus d ausgerüstet, während letztere sich mit a in dem gemeinschaftlichen Schlitten ee bewegt. Auf beiden Seiten ist b stellbar vermittelst der Schrauben hh und ist zwischen jeder und den Walzenzapfen ein kleiner Kautschukpuffer ii mit Blechplatten eingeschaltet, um die Gewindstösse abzuschwächen. Die Stellbarkeit der Walze b gegen a variiert zwischen 1½ bis 10 cm, so dass also die Möglichkeit geboten ist, unter Konkurrenz der Riemenscheibenkonusse, Staubkohle bis Stückkohle zu streuen, und ist es dabei vollkommen in die Hand des Heizers gegeben, die Intensität der Flamme zu regulieren je nach Stellung der Walzen bezw. ihre Umdrehungsgeschwindigkeit durch die Konusse. Zu unterstützen ist hierbei jedes Manöver durch die Regulierung der Oberluft, welche der regulierbare Luftkanal cc unmittelbar dem Fuchs zuführt. Befestigt sind die Schlitten ee durch Laschen kk an der Abschlussplatte. Der Füllkasten ist mit gutschliessenden Falldeckeln zu versehen, um dem Zutritt der Oberluft von hier aus zu begegnen. Textabbildung Bd. 316, S. 691 Neben der geforderten Effektivleistung dürfte vorliegende Konstruktion auch die Billigkeit mit der grösstmöglichsten Einfachheit verbinden. Dresden, August 1901. F. Steinmann. Ueber die Kesselfrage in der britischen Kriegsmarine. Als plötzlich, ziemlich überraschend, die Antipathie gegen die Verwendung von Wasserrohrkesseln, Typ Belleville, auf Schiffen der englischen Kriegsmarine vor etwa 3 Monaten losbrach, war vorauszusehen, dass sich in nicht ferner Zeit ruhigere Ansichten Bahn brechen würden. Einmal fahren seit vielen Jahren Schiffe anderer Flaggen, vornehmlich französische, so zwölf der „Messageries Maritimes“, darunter als letzte „Indus“, „Tonkin“, „Annam“, „Atiantique“, anstandslos mit Belleville-Kesseln, ferner ist wohl zu berücksichtigen, dass dieser Typ der erste der Wasserrohrkessel war, welcher in umfangreicher Weise Eingang gefunden hatte, und dass es sehr natürlich erscheinen muss, wenn solche Systeme überholt werden, und endlich sind die Belleville-Kessel der englischen Schiffe in englischen Etablissements hergestellt, bei denen der Ankauf und die Ausführung eines spezifisch französischen Patents bei den bekannten Nationaleigenschaften der Engländer kaum hervorragend erfreulich begrüsst wird. Die Kessel der beiden Riesenkreuzer „Poverfull“ und „Terrible“, Schiffe von je 14200 t Deplacement, mögen sich ja nicht gerade hervorragend vor anderen Systemen ausgezeichnet haben, aber beide Schiffe sind längere Zeit in Ostasien gewesen; „Terrible“ ist noch dort, und von besonderen Ausstellungen ist nichts bekannt geworden. Das Linienschiff „Canopus“ dagegen soll, wie jetzt verlautet, nicht in seinem Kesselsystem – Typ Belleville – entsprochen haben; man will „Canopus“ im Kanalgeschwader ablösen und durch Linienschiff „Formidable“ ersetzen. Es wird nun in den sehr gut informierten Mitteilungen aus dem Gebiet des Seewesens, 1901 Heft 7, gesagt, „Canopus“ hätte die vorgeschriebene Geschwindigkeit nicht erreicht, und das wäre mit der Grund der ungünstigen Beurteilung des Kesseltyps. Das dürfte aber kaum zutreffend sein, denn „Canopus“ hat seine Probefahrten längst hinter sich und ist inzwischen im Mittelmeer-, China- und Kanalgeschwader stationiert gewesen. „Canopus“ wurde im Arsenal zu Portsmouth am 4. Januar 1897 begonnen und lief daselbst am 13. Oktober desselben Jahres vom Stapel. Er war das erste Schiff seiner aus noch fünf Schwestern bestehenden Klasse, welche, wie vor ihnen „Renown“ von 12350 t Deplacement, „Barfleur“ und „Centurion“ von 10500 t, bestimmt waren, als Schlachtschiffe auf auswärtigen Stationen zu stehen. Zu dieser Massnahme, Linienschiffe so weit ab zu verwenden, ist England erst seit einem Jahrzehnt, namentlich durch dasEntstehen der neuen Seemacht Japan, gezwungen worden. Die Schiffe der „Canopus“-Klasse deplacieren rund 13000 t (genauer 12950 t), haben Holzbeplankung und sind gekupfert. Eine Beurteilung ihrer Gefechtsstärke gehört nicht hierher. – Die Ansichten darüber sind, wie in solchen Dingen immer, geteilte, teilweise entgegengesetzte; ihre Bestückung ist mit geringen Abweichungen die der neuesten englischen Linienschiffe. „Canopus“ begann Sommer 1899 seine ProbefahrtenIndustries and Iron vom 11. August 1899. und er lief am 12. September desselben Jahres auf der Reede von Spithead 8 Stunden hindurch im Mittel 18,5 Meilen (à 1852 m) bei 13763 PS, 780,2 g Kohlenverbrauch für die PS/Std.Times vom 2. Oktober 1899 und Rivista merit., November 1899.. Man wird kaum behaupten können, dass dieses Ergebnis ein unbefriedigendes oder gar schlechtes genannt werden kann, um so weniger, als das Schiff diese Leistung mit 7,92 m Tiefgang erreichte. „Canopus“ wurde dann dem Mittelmeergeschwader zugeteilt und ging bei Eintritt der Wirren in China nach Ostasien, wo er mit noch drei seiner Schwestern, „Goliath“, „Glory“ und „Ocean“ auch ein aus vier gleichartigen Linienschiffen bestehendes Geschwader britischer Flagge bilden konnte, was demnach nicht, wie mehrfach in der Tagespresse betont wurde, Deutschland durch Entsendung seiner ostasiatischen Linienschiffsdivision allein durchführte. England besass zudem noch weitere drei Linienschiffe dort: „Victorious“, 14900 t, „Barfleur“ und „Centurion“, je 10500 t deplacierend, welche alle drei wie „Canopus“ bis Ende dieses Jahres zurückgezogen werden, nach Abfahrt des deutschen Panzergeschwaders. „Canopus“ wurde zurückgerufen, dem Kanalgeschwader zugeteilt und wird, wie gesagt, durch den bereits am 17. November 1898 im Arsenal zu Portsmouth abgelaufenen 15000 t grossen, jetzt zum erstenmal in Dienst gestellten „Formidable“ ersetzt. Ob man „Canopus“ nun seine 20 Belleville-Kessel nehmen wird, ist noch nicht ausgesprochen, wahrscheinlich nicht; denn es ist nicht anzunehmen, dass man weitere Schiffe mit diesem Kesseltyp ausrüsten würde, wenn sich derselbe als unbrauchbar oder als auch nur nicht völlig genügend erwiesen haben sollte, unbeschadet der Ansicht, dass es noch bessere Arten geben kann. Folgende in Bau oder Ausrüstung befindliche englische Schiffe, die zum Teil erst in den Anfängen sich befinden, erhalten Belleville-Wasserrohrkessel: Panzerkreuzer „Lancaster“, im Bau bei Armstrong Mitchell und Co. seit Anfang des Jahres 1901. Es wird behauptet, dass andernfalls seine Fertigstellung zu lang hinausgeschoben werden müsste, doch steht diese Ansicht auf recht schwachen Füssen. Mit ihm zugleich wurden noch fünf Schwestern aufgelegt und von diesen erhalten ebenfalls zwei diesen verpönten Typ, nämlich „Cumberland“, in Bau bei der London and Glascow Comp. Clyde; „Donegal“ bei der Fairfield Comp. ebenda. Aber auch Schlachtschiff „Montague“, im Bau zu Devonport seit dem 23. November 1899, erhält 30 Bellevilles, und desgleichen Schlachtschiff „Prince of Wales“, erst im Frühjahr 1901 zu Chatam begonnen. Eine Konkurrenzfahrt zwischen den beiden gleichartigen Kreuzern „Minerva“ mit acht Cylinderkesseln und „Hyacinth“ mit 18 Belleville-Kesseln nach Gibraltar und zurück im Sommer 1901 unternommen, hat die zweifellose Ueberlegenheit der Belleville-Kessel dargethan. Nur „Hyacinth“ war im stande, 8 Stunden hindurch 20 Meilen unter Volldampf zu laufen, bei 8000 PS lief „Minerva“ 18 Meilen, „Hyacinth“ 18,5 Meilen in der Stunde, jener brauchte 2,4, dieser nur 1,8 Pfund Kohle pro Stunde und Pferdestärke. Es ist noch nicht dementiert, dass der Russe „Knäz Suwaroff“ von 13600 t, auf der Baltischen Werft zu St. Petersburg im Bau, für den 20 Kessel des in England beanstandeten Typs vorgesehen sind, sie nicht erhalten soll, ebenso wenig von der am 12. Mai 1900 daselbst abgelaufenen „Pobjeda“ von 12500 t, und die auf französischen Werften hergestellten russischen grossen Schiffe haben sie auch erhalten, desgleichen der modernisierte „Imperator Nicolaj I.“, der als Flaggschiff in das Mittelmeer abgeht. Gewiss mag französischer Einfluss sich in der Kriegsschiffbaukunst der Russen greifbar zeigen, und man scheint in russischen Fachkreisen durchaus nicht sicher über den Wert der verschiedenen Systeme zu sein. Die russische Regierung hat bei den Howald-Werken in Kiel ein 12000 t grosses Schulschiff, „Ocean“, in Bestellung gegebenMitteilungen aus dem Gebiet des Seewesens, 1901 Heft 2 und 5; Deutsche Marine-Rundschau, 1901 Heft 2; Ueberall, 1901 Nr. 38., welches Wasserrohrkessel Typ Schultz, Niclausse, Belleville und Yarrow bekommen soll. Was die Marineleitung des Deutschen Reiches auf vier grossen Kreuzern in Erprobung gegeben hat, will man in der russischen Marine auf einem Schiff in ernster Weise prüfen. Man kann auf die Berichte wohl gespannt sein; zu abgeschlossenen Urteilen aber werden sie kaum führen. Aus diesen Unsicherheiten aber ist nicht zu entnehmen, dass man dem englischen absprechenden Urteil über die Leistungen der Belleville-Kessel unbedingt zu folgen hat. Dieses Urteil ist gefällt worden, und es hat in seiner Schärfe grosses Aufsehen erregt und gehörige Unruhe verbreitet. Der französische Schiffbau steht denn aber doch, trotz aller neuerlichen Angriffe, zu gross da, als dass man berechtigt wäre, den ihn leitenden Ingenieuren den Vorwurf zu machen, sie bauten unbrauchbares Zeug, und die Russen sind kaum so schlecht beraten und so unvorsichtig, dass sie ihre Linienschiffe mit minderwertigen Kesseltypen ausrüsten oder ausrüsten lassen. Das plötzliche Auftreten gegen die Belleville-Kessel in England scheint auf einer Basis aufgebaut zu sein, die mit der Gebrauchs- und Leistungsfähigkeit des Systems nicht in engstem Zusammenhang stehen dürfte. Als erstes englisches Schiff will man den Kreuzer II. Klasse „Encounter“, zu dem Anfang dieses Jahres der Kiel zu Devonport gestreckt wurde, mit Dürr-Kesseln der bekannten Fabrik in Düsseldorf ausrüsten, die jedoch im Arsenal zu Keyham hergestellt werden. Der Kreuzer sollte anfangs 36 Belleville-Kessel erhalten, doch hat sich die Meinung über dieselben auch in Ansehung dieses Schiffes geändert. Der Rat, sich in Deutschland nicht allzu grossen Hoffnungen hinzugeben, wenn es sich um Lieferungen für die englische Kriegsmarine oder auch nur um Annahme eines deutschen Kesselsystems handelt, ist oft erteilt, selten befolgt. Illusionen, England gegenüber, wird man sich in Deutschland immer noch hingeben, obwohl von jenseits des Kanals seit längerer Zeit schon in schärfster Weise von der unbequemen deutschen Konkurrenz offen gesprochen wird. England ist momentan recht sehr geniert, aber es hat schon schwerere Krisen überwunden –, man denke nur an 1782, wo es alle Seemächte gegen sich hatte und dazu den Landkrieg gegen die Vereinigten Staaten führte. Hat England wieder die Hände frei, zieht es sicher andere Saiten auf. Deutschlands Industrie hat von England, soweit es das Schiffsbauwesen angeht, nichts zu hoffen, man wird am Dürr-Kessel Ausstellungen haben wie am Belleville-Kessel und schliesslich stolz zum Yarrow- oder einem spezifisch englischen Typ übergehen. Bücherschau. Die Eisenbahntechnik der Gegenwart, herausgegeben von Blum, v. Borris und Barkhausen. Wiesbaden 1899. C. W. Kreidel. Zweiter Band, dritter Abschnitt: „Bahnhofsanlagen“, bearbeitet von Berndt, v. Bayer, Ebert, Fränkl, Gröschl, Himbeck, Jäger, Leistner, Lehner, Leissner, Sommerguth, Wehrenpfennig und Zehme. Ohne erst auf die ausserordentliche, an dieser Stelle bereits mehrmals gewürdigte Bedeutung des eingangs genannten Sammelwerkes neuerlich näher einzugehen, obliegt es uns, hier lediglich den vorliegenden zweiten Band, dritten Abschnitt, in Betracht zu ziehen und zu dem Ende zuförderst hervorzuheben, dass derselbe sich mit den Geleisverbindungen, Bahnhöfen, Bahnhofshochbauten, sonstigen Bahnhofseinrichtungen (Bahnsteige, Rampen, Verlade- und Hebevorrichtungen, Brücken- und Gepäckwagen, Beleuchtungs- und Reinigungsanlagen) und den Bahnhofsanlagen elektrischer Bahnen beschäftigt. Diesem Stoffe sind volle 35 Druckbogen, Lexikonformat, mit 616 in den Text gesetzten Abbildungen und 7 lithographierte Tafeln gewidmet; trotzdem findet sich im reichen Inhalt des Buches manche Unterabteilung, von der man wünschen würde, es hätte dem Autor dafür noch mehr Raum zur Verfügung gestanden. Was die Darstellung und Behandlung der verschiedenen Kapitel anbelangt, so ist sie durchwegs kurz, klar und vortrefflich, ausserdem aber auch, was wir als einen besonderen Vorzug rühmen müssen, vollständig frei von jedem partikularistischen Anhauche; fast sämtliche Kapitel – wir wollen etwa nur die „Weichen- und Kreuzungen“ oder die „Beleuchtungsanlagen“ besonders nennen – sind geradezu mustergültig bearbeitet. Die Darlegungen des Buches reichen unmittelbar bis zur vorigjährigen Weltausstellung heran und gewähren sonach dem Eisenbahnfachmann jede nur immer wünschenswerte Auskunft über die heutigentags massgebenden Gesichtspunkte für das Entwerfen, die Ausgestaltung und Einrichtung von Bahnhofsanlagen. Dieser Abschnitt darf kurzweg den besten bisher erschienenen Bänden bezw. Abschnitten der „Eisenbahntechnik der Gegenwart“ als vollkommen ebenbürtig zugezählt werden. Dritter Band, erste Hälfte, „Die Unterhaltung der Eisenbahnen“, bearbeitet von Bathmann, Fränkl, Garbe, Schubert, Schugt, Schumacher, Troske und Weiss; 1901. In diesem 243 Druckseiten, 146 Abbildungen im Text und2 lithographierte Tafeln umfassenden Buch wird der dankenswerte Versuch gemacht, die Unterhaltung der Eisenbahnen ganz für sich allein, nämlich möglichst losgetrennt von den Neuanlagen zu behandeln, wie man ja auch den Bau vom Betriebe abscheidet. Es gibt in dieser Richtung bis jetzt keine eigentlichen Vorbilder in der Eisenbahnlitteratur, obwohl ein umfassendes Hilfsbuch über diesen Gegenstand für die weitaus grössere Zahl der ausübenden Eisenbahnfachleute im Grunde genommen begehrenswerter erscheinen muss, als ein solches über Neubau, für den schon die Hochschule gründlich vorbereitet und auch ein reicher Schatz von Litteraturbehelfen vorhanden ist. Der vorliegende Band hatte also im vorhinein berechtigte Anwartschaft auf einen erweiterten Leserkreis; ob es demnach zweckdienlich war, ihm die äusserste Knappheit zur Richtschnur zu geben, erscheint in Frage gestellt. Zum mindesten wirkt es auf den Leser nicht ermunternd, wiederholt auf andere Bände des Werkes verwiesen zu werden. Trotz der sonst so vorzüglichen Behandlung des Stoffes oder vielleicht eben deshalb, machen sich also manche Kürzen und Lücken recht lebhaft fühlbar, und wir empfanden dies u.a. im Abschnitt Die Instandhaltung der Strecke hinsichtlich verschiedener Sonderbedürfnisse der Gebirgsbahnen sowie der Untergrundbahnen, desgleichen im Abschnitt „Abnutzung der Schienen“ betreffs der Vorrichtungen um Feststellen und Messen der Abnutzungen und Formveränderungen u.s.w. Man vermisst ferner ganz nach dem Sprichwort, dass beim Essen die Esslust sich mehrt, auch noch ein Kapitel über die Unterhaltung der Telegraphen, der elektrischen Leitungen, Läutewerke, Blockwerke u. dgl., und endlich ein solches über die Unterhaltung elektrischer Eisenbahnen, das allerdings am wenigsten entbehrt werden dürfte, aber schon mit Rücksicht auf die Stoffanordnung der anderen Bände ein gewisses Platzrecht besessen hätte. Allein diese in gewissem Sinne bedauerliche, relative Kürze ändert nichts daran, dass mit dem vorliegenden Buch für die didaktische Behandlung der „Unterhaltung der Eisenbahnen“ – nach Zusammenfassung und Uebersichtlichkeit des Stoffes – eine ganz neue, unseres Erachtens höchst wertvolle Form geschaffen wurde, und dass daher da Buch schon als bahnbrechende Leistung an sich die weitgehendste Anerkennung verdient; dasselbe wird namentlich den in der Praxis stehenden Eisenbahntechnikern besonders willkommen rein, denen es ja auch in der That wärmstens empfohlen werden kann. Die Erdströme im deutschen Reichstelegraphengebiet und ihr Zusammenhang mit den erdmagnetischen Erscheinungen von Dr. B. Weinstein. Mit einem Atlas, enthaltend 19 lithographierte Tafeln Braunschweig 1900. Friedrich Vieweg und Sohn. Die über Anregung eines Komitee und über Anordnung des Dr. v. Stephan durch 4 bis 5 Jahre lang durchgeführten Erdstromaufzeichnungen in mehreren längeren Leitungen der deutschen Telegraphenverwaltungen, liessen sehr bald Beziehungen zwischen den Erdströmen und den erdmagnetischen Erscheinungen erkennen, wie sie bis dahin noch nirgends mit solcher Deutlichkeit und Vollständigkeit hervorgetreten waren. Das bis zum Jahre 1887 erlangte umfangreiche Beobachtungsmaterial wurde dem ehemaligen Privatdozenten, jetzigen Universitätsprofessor Dr. B. Weinstein zur Bearbeitung überwiesen und bildet das vorliegende Werk das Ergebnis derselben. Die aus den Beobachtungsdaten durch analytische Verarbeitung gewonnenen Ergebnisse konnten nun zu gegenseitigen Vergleichen herangezogen und hieraus eine gewisse Regelmässigkeit der Beziehungen zwischen Erdströmen und erdmagnetischen Erscheinungen nachgewiesen werden. Zu positiven Ergebnissen konnten diese Untersuchungen schon aus dem Grunde nicht führen, weil die Beobachtungen sich nicht auf den gesamten Erdstrom, sondern nur auf einen verschwindend kleinen abgeleiteten Teil desselben beziehen konnten, und sich nur auf Grund des Durchschnittes dieser Beobachtungsergebnisse gewisse Schlüsse ziehen liessen, welche, abgesehen von sonstigen Folgerungen, zur allerdings nicht erwiesenen, aber wahrscheinlichen Annahme führten, dass die allerorten zu beobachtenden, mitunter recht auffälligen Schwankungen des Erdmagnetismus, thatsächlich nicht stattfinden, sondern auf eine Beeinflussung der magnetometrischen Instrumente durch die Erdströme zurückzuführen sind. Die Lektüre dieses nur 78 Seiten starken Werkes wird in jedem, mit dem in Rede stehenden Gegenstand nur halbwegs Vertrauten, sicher um so mehr das grösste Interesse erwecken, als das Werk fesselnd und klar geschrieben ist, und man sofort den Eindruck gewinnt, dass es sich hier um eine äusserst gewissenhafte ernste Arbeit handelt, bei welcher mit seltener Objektivität das Für und Wider jeder Annahme erwogen wird. Die das Verständnis wesentlich erleichternden graphischen Tafeln sind als ein Muster des Kunstdruckes zu bezeichnen. A. P.