Titel: Kleinere Mitteilungen.
Fundstelle: Band 316, Jahrgang 1901, S. 722
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Kleinere Mitteilungen. Bücherschau. Bücherschau. Patentgesetz und Gesetz betreffend den Schutz von Gebrauchsmustern. Erläutert von Dr. Arnold Seligsohn, Justizrat, Rechtsanwalt und Notar in Berlin. Zweite Auflage. Berlin. J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, G. m. b. H. Der Verfasser ist als Kommentator des Patentgesetzes durch die erste Auflage dieses Werkes bekannt. Das Buch ist besonders für Juristen bestimmt; auch der Patentanwalt wird in juristischen Fragen mancherlei Belehrung aus dem Buche schöpfen. Die Patentlitteratur ist sehr ausgiebig benutzt und citiert. Beim Durchblättern des Buches findet man aber auch mancheAuffassung, die streitig ist, manches, was zweifellos unrichtig ist. Der Jurist kann sich selbst dann, wenn er ein gutes Verständnis für technische Dinge besitzt, nicht in manche Einzelheiten des Patentrechtes so hineinfinden, wie umgekehrt der Techniker, welcher ein gutes Verständnis für juristische Fragen besitzt und vor allen Dingen im Auge behält, dass das Patentgesetz in hervorragendem Masse für die Praxis bestimmt ist, und dass diejenige Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen den Vorzug haben muss, die bei grösster Einfachheit dem praktischen Bedürfnis am meisten Rechnung trägt. Es ist ein Fehler des Seligsohn'schen Kommentars, zu „juristisch“ sein zu wollen. Schon auf der zweiten Seite des eigentlichen Kommentars findet sich hierfür ein Beispiel. Das Wort „Inland“ soll im Patentgesetz zweierlei Bedeutung haben, einmal – im § 12 – soll es bedeuten: Das Deutsche Reich ohne Einschluss der Schutzgebiete; sonst soll Inland bedeuten: Deutsches Reich und Schutzgebiete. Es erscheint wohl richtiger, dem Wort Inland immer die Bedeutung zu geben: Das Deutsche Reich – ohne Schutzgebiete – und dies ist um so mehr am Platze, da die Vorschriften über den Schutz von Erfindungen durch besondere kaiserliche Verordnung betr. die Rechtsverhältnisse in den deutschen Schutzgebieten vom 9. November 1900 für die Schutzgebiete besonders in Kraft gesetzt sind, also der Schutz der Erfindungen in den Schutzgebieten auch gewährt wird, wenn „Inland“ im Patentgesetz immer dieselbe Bedeutung hat. Der Ausdruck „Postanstalt im Gebiet des Deutschen Reiches“ im § 9 des Patentgesetzes, bei welcher die Gebühr rechtzeitig einzuzahlen ist, um das Erlöschen des Patentes zu verhindern, rechtfertigt durchaus nicht die Annahme, dass hierin ein Gegensatz zum „Inland“ in der von Seligsohn untergeschobenen Bedeutung des Patentgesetzes gefunden werden soll, vielmehr handelt es sich nur um einen anderen Ausdruck für Inland, und zwar ist dieser Ausdruck wohl deshalb gewählt, weil das Gebiet des Deutschen Reiches postalisch ein einheitliches nicht darstellt und man neben der kaiserlichen deutschen Postanstalt auch württembergische und bayerische Postanstalten hat. Noch mehr als die theoretische Tüftelei über die Bedeutung des Wortes Inland, die also in demselben Gesetz wandelbar sein soll, gibt die Definition des Begriffs Erfindung, wie sie nach zahlreichen Citaten anderer von Seligsohn gegeben wird, zur Kritik Veranlassung. Als wesentliches Moment für den Begriff Erfindung wird die Patentwürdigkeit herangezogen: „es handelt sich um die Abschätzung des Produktes einer Geistesarbeit, insbesondere um die Abwägung, ob dieses Produkt gegenüber dem Vorhandenen einen so erheblichen technischen Fortschritt bedeutet, dass es sich rechtfertigt, seinem Urheber ein die allgemeine Gewerbefreiheit in dem Masse einschränkendes Recht, wie es der Patentschutz ist, zu gewähren“ (Seite 27). Hier wird untereinander gemischt der Begriff „Erfindung“ und der rein technische Begriff „Neuheit der Erfindung“, indem das Recht der allgemeinen Gewerbefreiheit dem Erfinderrecht übergeordnet wird, während beide vom natürlichen Standpunkt aus als gleichberechtigt anzusehen sein dürften. Ausserdem kann bei zufällig gemachten Erfindungen, die auch Seligsohn an anderer Stelle als Erfindungen anerkennt, von dem Produkte einer Geistesthätigkeit keine Rede sein. Das, was Seligsohn von den Definitionsversuchen anderer bezüglich des Begriffes Erfindung sagt, gilt auch von seinem eigenen Versuche: der Versuch kann nicht als gelungen gelten. Das Patentgesetz sagt viel klarer, was es will, ohne Definition des Begriffes der Erfindung, als diejenigen, welche den Begriff Erfindung so oder ähnlich definieren wollen. Dies liegt daran, weil in den Definitionen nicht ebenso, wie in dem Gesetz auseinander gehalten werde die drei Begriffe: Erfindung, Neuheit der Erfindung im Sinn des Patentgesetzes, gewerbliche Verwertbarkeit im Sinn des Patentgesetzes. „Erfindung“ im Sinn des Patentgesetzes ist nichts anderes als Erfindung im Sinn des allgemeinen Sprachgebrauches, Erfindung ist die Erfindung eines Mittels zur Erreichung eines Zweckes. Stellt man Entdeckung und Erfindung nebeneinander, so bedeutet das erstere die Findung einer bisher unbekannten, die menschliche Erkenntnis vermehrende Thatsache, während Erfindung eine neue, das menschliche Können vermehrende Verwertung einer Thatsache darstellt. Entdeckung liegt also auf dem abstrakten Wissensgebiete, Erfindung liegt auf dem Gebiete angewandten Wissens. So ist es auch bei den Erfindungen des Patentgesetzes, und der Schwerpunkt bei der Frage, was ist patentfähig, darf keineswegs auf die Definition des Begriffes der Erfindung gelegt werden, sondern auf die Definition der Begriffe „Neuheit“ der Erfindung, „gewerbliche Verwertbarkeit“ der Erfindung. Mehrere Seiten des Seligsohn'schen Kommentars sind durch Nichtbeachtung dieses Erfordernisses ohne eigentlichen Wert, ausgenommen im negativen Sinn, weil sie den logisch denkenden Techniker zur richtigeren Auslegung des Begriffes Erfindung geradezu zwingt. Leider, und das ist die weniger unschuldige Seite der Seligsohn'schen Kommentation und ähnlicher Veröffentlichungen über das, was patentfähig ist, haben die Erfinder Nachteile durch den weitverbreiteten Trieb, den Begriff der Erfindung einzuengen, denn dadurch werden gewerblich wertvolle Erfindungen, welche allen Voraussetzungen an Neuheit und gewerbliche Verwertbarkeit genügen, vom Patentschutz ausgeschlossen, weil sie nicht spezifisch technischer Natur sind. Exempla docent. In einem Fall wurde einem Anmelder, der in etwa 200000 Erzeugnissen eine Erfindung verkörpert hatte, erst entgegengehalten, seine Erfindung stelle keine Benutzung der Naturkräfte dar, und dann war schliesslich der Grund der Abweisung: Es fehlt die gewerbliche Verwertbarkeit. Dabei war eine 200000fache Verwertung da, und – die Nachahmer verwerteten die Erfindung, für welche 100000 M. vom Anmelder bezahlt wurden, auch schon, wenn auch in abgeänderter Art der Ausführung, wie auch amtlich zur Kenntnis gebrachtwar. Die Ursache, durch welche solche, die Interessen der Erfinder schädigenden Eigentümlichkeiten bedingt werden, sind im letzten Grund unbrauchbare und unklare Begriffsbestimmungen der oben erwähnten Art. Der landläufige Begriff der Erfindung ist ja zu einfach, deshalb wird „gesucht“, und das Resultat sind „gesuchte“ Definition und „gesuchte“ Anwendung des Gesetzes. Während der Begriff „Erfindung“ von Seligsohn ohne jede Veranlassung zu eng gefasst wird, ist bei der Definition des Begriffes „gewerbliche Verwertbarkeit“ das Umgekehrte der Fall. Zwar ist die Definition des Begriffes Gewerbe, wie sie von verschiedenen Schriftstellern so aufgestellt ist, dass ein Irrtum über den Begriff „gewerbliche Verwertbarkeit“ fast unmöglich wird, von Seligsohn acceptiert, aber doch geht er bei der Erklärung des Begriffes „gewerbliche Verwertbarkeit“ tastend umher und gerät in die Irre. Die acceptierte Definition für Gewerbe ist: „Thätigkeit, welche auf die Gewinnung, Berarbeitung oder Verarbeitung von Rohstoffen, einschliesslich der Halbfabrikate und Zwischenprodukte, gerichtet ist.“ Nun gehört zwar das Heilgewerbe, das Barbiergewerbe, das Nahrungsmittelchemikergewerbe u.s.w. auch zu den Gewerben, es ist also die obige Definition thatsächlich zu eng, indessen kann es keinem Zweifel unterliegen, dass der Erfindungsschutz ein spezifisches Industrierecht ist, dass „gewerblich verwertbar“ bedeutet: bei der Herstellung von Waren anwendbar. Die Landwirtschaft, Gärtnerei u.s.w. wird zur Industrie, wenn sie durch besondere Arbeitsmethoden Produkte besonderer Art gewinnt, auch sie schaffen Waren, und auch hier kann man wohl sprechen von Gewerbe. Seligsohn, welcher für die Erfindung in dem „Erfordernis der Schöpfung“ den wesentlichen Unterschied gegenüber der Entdeckung findet – nota bene wieder ein Irrtum, denn unter Umständen ist die Entdeckung zugleich Erfindung, weil die neue Erkenntnis der Thatsache sich ohne weiteres darstellt als die Findung eines Mittels zur Erreichung eines Zweckes und ausserdem von dem „Erfordernis der Schöpfung“, streng genommen überhaupt nicht, insbesondere aber bei Erfindungen, welche z.B. auf Verwandlung der Kräfte sich beziehen, gar keine Rede sein kann – sagt nun z.B. auf Seite 30: „Die Schöpfung kann entweder ein Verfahren oder ein körperlicher Gegenstand oder beides zugleich sein. Der körperliche Gegenstand ist entweder Arbeitsmittel oder Arbeitserzeugnis. (Warum dies alles?! Ware ist der körperliche Gegenstand!) Das Verfahren kann auch in einem unkörperlichen Resultat auslaufen, z.B. ein Heil-, ein Trocknungsverfahren oder ein Verfahren, Margarine von Naturbutter zu unterscheiden. Ein solches Resultat, dem die Körperlichkeit mangelt, kann nicht patentiert werden (Kohler, ‚Aus dem Patent- und Industrierecht‘, II. S. 5), nur dem Verfahren kommt der Schutz zu.“ Also wir erfahren hier, dass dem Verfahren, Margarine von Naturbutter zu unterscheiden, der Erfindungsschutz (Neuheit vorausgesetzt) zukommt. Seligsohn vergisst vollständig die von ihm acceptierte richtige Definition des Begriffes Gewerbe oder vielmehr die Bedeutung „gewerblich“ in dem einheitlichen Begriff „gewerblich verwertbar“. Nur solche Verfahren sind aber in Wirklichkeit geschützt, die sich auf die Herstellung von Erzeugnissen beziehen oder aber doch mit Herstellung von Waren in Beziehung stehen. Unter Umständen kann zwar auch ein anderes Verfahren abstrakter Art geschützt sein, aber nur durch Vermittlung des Schutzes auf die Ware, welche für die Ausübung des Verfahrens nicht entbehrt werden könne. Nicht die Untersuchungsmethode, die Lehrmethode u.s.w., wohl aber der Untersuchungsapparat, das Verfahren zur Herstellung des Untersuchungsmittels, das Lehrmittel können Patentschutz geniessen. Hiermit fällt denn auch noch mancherlei aus dem Aufbau des Seligsohn'schen Patentrechtes: Eine Benutzung der Naturkräfte muss stattgefunden haben bei der patentfähigen Erfindung; bei Lehrmitteln z.B. ist doch der Lehrzweck, bei Spielmitteln ist der Spielzweck das Ziel des Mittels, welches wir Erfindung nennen, und hierbei kommen doch wohl oft mehr die Benutzung geistiger Fähigkeiten in Betracht, als Benutzung von Naturkräften – ganz abgesehen davon, dass gesunde Philosophie auch die Geisteskräfte zu den Naturkräften gerechnet hat, und mit Berechtigung rechnen kann –, denn Spielmittel sind oft nur die Verkörperungen der Spielregel und die Lehrmittel Verkörperungen der Lehrmethoden, trotzdem handelt es sich um Waren, die durch gewerbliche Verwertung der Erfindung entstehen und dieser ihre Eigenartigkeit verdanken. Seligsohn erkennt in den Ausdrücken gewerbliche „Verwertung“ des deutschen Patentgesetzes und gewerbliche „Anwendung“ des österreichischen Patentgesetzes keinen Unterschied; zunächst liegt es doch wohl nahe, anzunehmen, dass der neuere abweichende Ausdruck des österreichischen Patentgesetzes auf eine Absicht zurückzuführen ist. Wenn man hiervon ausgeht, so wird der des Patentrechts Kundige auch unschwer finden, welches die Absicht des österreichischen Gesetzgebers war, und man wird mit Recht konstatieren, dass der Ausdruck des österreichischen Gesetzes korrekter ist. Zweifellos ist die Findung einer Kurzschrift bezw. der Aufbau einer neuen Methode derselben eine Erfindung; ebenso kann eine Lehrmethode Erfindung sein; die neuen Heilmethoden sind vielfach Erfindung. Diese Erfindungen gestatten eine gewerbliche Verwertung, selbst wenn man „Gewerbe“ interpretiert nach der oben gegebenen Definition, wonach mit der Bezeichnung Gewerbe bezw. gewerblich im Sinn des Patentgesetzes die Industrie und die Warenproduktion gemeint ist. Denn solche abstrakte Methoden können nicht nur in Ausübung des Heilgewerbes u.s.w. verwertet werden, sondern sie können auch gewerblich verwertet werden in Form von Waren, denn man kann die Erfindungen beschreiben und gewerblich verwerten durch Vermittelung von Druckschriften, also durch Vermittelung von Waren; diese Art der gewerblichen Verwertung ist aber keine gewerbliche Anwendung der Erfindung. Es ist doch wohl möglich und sogar wahrscheinlich, dass dieser Gesichtspunkt zur Benutzung der präziseren Bezeichnung Anwendung im österreichischen Gesetz geführt hat. Ueber den Begriff „Neuheit“ der Erfindung geht Seligsohn mit wenigen Worten, welche nur eine Umschreibung der gesetzlichen Bestimmung darstellen, hinweg. Selbstverständlich sollen hier diese Lücken nicht ausgefüllt werden; es genügt die Feststellung, dass das Fundament des Patentrechtes von dem Kommentator nicht genügend erklärt ist, und dass trotz reichlicher Citate u.s.w. in wesentlichen Punkten eine Umarbeitung für eine etwaige spätere Auflage wünschenswert erscheint. Wesentlich vollständiger und zutreffender sind die Bestimmungen des Patentgesetzes auf dem mehr juristischen Gebiet erläutert; hier wird der Benutzer des Kommentars wohl nur selten etwas vermissen, wenn er sich über irgend einen bestimmten Punkt unterrichten will. Auf Seite 97 wird der Schutz besprochen, welchen die unmittelbar nach dem Verfahren erzeugten Produkte geniessen. Seligsohn sagt, dass alle Verfahren bezw. Maschinen hier ausscheiden, welche keine bestimmten körperlichen Produkte erzeugen, z.B. die Dynamomaschinen. Wenn die betreffende Maschine notwendig ist zur Ausübung des Verfahrens und nur zur Ausübung des geschützten Verfahrens dienen kann, so wird man selbstverständlich die Anmeldung stets richten auf die Vorrichtung und das Verfahren. Geschieht dies aber nicht, so wird auch dann die mit dem Verfahren bezeichnete neue Vorrichtung an der Maschine den Schutz geniessen, soweit diese Vorrichtung bezw. die neue Maschine lediglich in Frage kommt als Mittel, den Patentschutz zu verletzen. Der Gesetzgeber hat aber wohl nur an die reinen Verfahren gedacht und feststellen wollen, dass nur die unmittelbar nach dem Verfahren enthaltenen Erzeugnisse den Schutz geniessen sollen, nicht aber Erzeugnisse, welche unter Mitanwendung des geschützten Erzeugnisses hergestellt werden. Auf Seite 280 ist die Rede davon, dass der Patentsucher Beschwerde einlegen kann unter anderm, wenn ihm das Patent in Abhängigkeit von einem andern Patent erteilt wird; eine solche Erteilung in Abhängigkeit von einem andern Patent ist aber an sich nach Entscheidung des Reichsgerichts nicht zulässig und wird auch nicht so erteilt. Auf Seite 281 wird gesagt, dass Anschlussbeschwerde nicht eingelegt werden kann, sobald die Beschwerdefrist für den Betreffenden verstrichen ist; diese Annahme ist so allgemein nicht richtig, denn Anschlussbeschwerde kann jeder Zeit eingelegt werden, solange der Betreffende noch Beteiligter ist, trotzdem er keine Beschwerde eingelegt hat. Auf Seite 283 wird gesagt, dass die Anmeldeabteilung nicht aus demselben Grund das Patent versagen kann, aus welchem sie die Anmeldung nicht zur Auslegung zugelassen hatte, nachdem die Beschwerdeabteilung diesen Grund gemissbilligt hat. Auch diese Auffassung ist nicht zutreffend, denn es können in dem Einspruchsverfahren Momente thatsächlicher und rechtlicher Art hervortreten, welche zu einer anderen Beurteilung der Sache führen, als bei der Entscheidung über die Beschwerde. Hinsichtlich der Frage, wann das Patent erteilt ist, wird die allgemein anerkannte Ansicht vertreten, dass das Patent solange nicht erteilt ist, als der Erteilungsbeschluss der Anmeldeabteilung noch angefochten werden kann; rein formell betrachtet liegt die Sache nun allerdings so, dass Beschwerden die Rechtskraft eines Beschlusses nicht hindern. Auch dem Verfahren vor dem Patentamt liegt die Zivilprozessordnung, soweit nicht besondere Bestimmungen getroffen sind, zu Grunde. In der Zivilprozessordnung ist bestimmt § 535: „Die Beschwerde hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen eine der in den §§ 345, 355, 374, 579, 619 erwähnten Entscheidungen gerichtet ist.“ Die hiernach in Betracht kommenden Fälle, in welchen die Beschwerde keine aufschiebende Wirkung hat, haben mit dem vorliegenden Fall keine Analogie, und deshalb könnte man wohl aus rein formellen Gründen zu der Auffassung kommen, dass die Beschwerde im Patenterteilungsverfahren keine aufschiebende Wirkung hat. Möglicherweise wird sich demnächst das Reichsgericht mit dieser Frage befassen. In Bezug auf den zweiten Absatz des § 35 des Patentgesetzeswird gesagt, dass es auch dort hätte heissen müssen: Unmittelbar nach dem patentierten Verfahren hergestellt“. Es ist jedoch zu beachten, dass der betreffende Ausdruck in § 4 eine ganz andere Bedeutung hat als in § 35. In § 4 handelt es sich um die Feststellung des Schutzumfanges, in § 35 um die Feststellung einer Rechtsvermutung; das Wort „unmittelbar“ hat in § 35 keinen Sinn. Das Gesetz betreffend den Schutz von Gebrauchsmustern wird auf etwa 60 Seiten behandelt und zwar ebenfalls unter ausgiebiger Benutzung der vorhandenen Litteratur. Die Rechtsbeständigkeit der Eintragung des Gebrauchsmusters ist nach Seligsohn u.a. davon abhängig, ob die neue Gestaltung u.s.w. (des Modells) an sich bestimmt und geeignet ist, dem Arbeits- oder Gebrauchszweck besser und wirksamer als das bisher Bekannte zu fördern. Im besondern wendet sich der Kommentator gegen die Auffassung des Reichsgerichts (Strafsachen 32/4), wonach nur die Bestimmung zu dem Zweck, nicht aber der Erfolg in Bezug auf die Erreichung des Zweckes als das Entscheidende angesehen wird. Dieser Auffassung des Kommentators wird man aber kaum zustimmen können, denn sonst wäre immer nur dasjenige Modell durch Gebrauchsmuster geschützt, welches wirklich einen Fortschritt gegenüber dem Bekannten darstellt, und es würde die qualitative Beschaffenheit der Neuerung geprüft und berücksichtigt werden müssen bei der Feststellung, ob ein schutzfähiges Muster vorliegt. Es würde also z.B. die Anordnung an Manschettenknöpfen, welche der besseren Einschiebung der Knöpfe dient, nur dann schutzfähig sein, wenn diese neue Anordnung besser ist, als die bisher bekannten Anordnungen, d.h. nach der Auffassung des Kommentators. In Wirklichkeit kann es hierauf nicht ankommen, sondern das Ausschlaggebende ist die Neuheit der Anordnung; zwar genügt nicht, dass die Anordnung nur einem Zweck dienen soll, sondern es ist auch notwendig, dass sie dem bestimmten Zweck dienen kann, nicht aber ist es notwendig, dass sie diesem Zweck besser dient, als schon bekannte Vorrichtungen. Die betreffende Gesetzesbestimmung will besagen, dass nur solche Gestaltungen, Anordnungen u.s.w. die Schutzfähigkeit des Musters bedingen, welche mit dem praktischen Zweck des Gegenstandes in Beziehung stehen, und es genügt selbstverständlich nicht die Angabe, dass dies der Fall ist, sondern „soll“ ist zu verstehen als eine gesetzliche Voraussetzung in objektiver Beziehung und nicht subjektiv aufzufassen. Auch die Ansicht des Kommentators über das Verhältnis des jüngeren Schutzes zu dem älteren Schutz (§ 4) erscheint nicht zutreffend. Es wird nämlich die Ansicht vertreten, dass das jüngere Recht unbeschränkt wirksam ist gegenüber Dritten, und dass nur insofern eine Abhängigkeit des jüngeren Rechtes besteht, dass sein Inhaber den geschützten Gegenstand nicht herstellen, in Verkehr bringen, feilhalten und gebrauchen darf. Diese Auslegung findet aber in dem Gesetz bezw. in dem Wortlaut des Gesetzes keine Stütze. Das Recht, von welchem in § 4 Absatz 2 die Rede ist, ist das ausschliessliche Recht, also das Recht für sich und gegenüber Dritten, und die Ausübung dieses Rechtes ist im ganzen Umfang abhängig von dem Inhaber des älteren Rechtes. In diesem Sinn ist auch die Ansicht des Kommentators über den Inhalt des § 5 richtig zu stellen. Trotz dieser und anderer Mängel ist aber der Kommentar von Seligsohn ein sehr brauchbares Werk, dessen Anschaffung nur empfohlen werden kann. Rudolf Mewes. Bestimmung der Biegungs-, Zug-, Druck- und Schubfestigkeit an Bausteinen der österreich-ungarischen Monarchie von Baurat August Hanisch, k. k. Professor und Vorstand der Prüfungsanstalt für künstliche und natürliche Bausteine an der k. k. Staatsgewerbeschule im I. Bezirk in Wien. Wien. Karl Graeser und Co. Als wesentliche Ergänzung in Bezug auf die Ermittelung des Widerstandes gegen Biegung, Zug, Druck und Schub der von demselben Verfasser früher veröffentlichten Untersuchungen mit Bausteinen der österreich-ungarischen Monarchie, mitgeteilt in dessen Resultaten und Frostversuchen, erschienen im gleichen Verlag, dient dieses Werk. Zur Berechnung von Stiegenstufen, Zangenstücken, Konsolen u.s.w. aus Stein sind die entsprechenden Festigkeitskoeffizienten erforderlich, für welche jedoch bis jetzt nur ziemlich vereinzelte Versuchsergebnisse vorlagen. Mit dieser Veröffentlichung wird die richtige Beurteilung und zweckmässige Verwendung der Bausteine der österreich-ungarischen Monarchie wesentlich erleichtert und man gewinnt einen besseren Einblick in die Beziehungen zwischen den verschiedenen Arten der Widerstände. Das Werkchen kann den Ingenieuren, Architekten, Baumeistern u.s.w., sofern sie Bausteine aus Oesterreich-Ungarn benutzen, auf das wärmste empfohlen werden und machen wir noch besonders auf die beigelegte Tafel aufmerksam.