Titel: Kleinere Mitteilungen.
Fundstelle: Band 317, Jahrgang 1902, Miszellen, S. 209
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Kleinere Mitteilungen. Kleinere Mitteilungen. Mechanische Heizvorrichtung für Lokomotiven. Bekanntlich können bei Dampfkesselfeuerungen mechanische Vorrichtungen zum Beschicken des Rostes, was die Regelmässigkeit der Brennstoffzuführung und die Wirtschaftlichkeit des Verbrauches anbelangt, von grossem Werte sein, namentlich dort, wo es sich um eine stetig gleichbleibende Dampferzeugung handelt. Weniger günstig erweist sich natürlich die Anwendung mechanischer Beschickungsvorrichtungen für solche Kesselanlagen, welche ungleich in Anspruch genommen sind. Zuvörderst wohl deshalb, zum Teile aber auch wegen der beengten Raumverhältnisse hat man bisher wenig darauf geachtet, derartige Anordnungen an Lokomotiven anzubringen, die ja bei der Thal- oder Bergfahrt, beim Anhalten oder Anfahren, während der Aufenthalte auf den Stationen oder bei voller Fahrt auf offener Strecke u.s.w. immer wieder andere Mengen oder auch gar keinen Dampf verbrauchen. In Europa wenigstens sind, wie es scheint, überhaupt noch keine ernstlichen Versuche mit einschlägigen Hilfseinrichtungen auf Lokomotiven angestellt worden, wohl aber in Amerika, allein auch da nur ganz selten und vereinzelt. In der That lassen sich auf Lokomotiven in Anbetracht des schwankenden Dampfbedarfes Beschickungsvorrichtungen überhaupt nur dann verwenden, wenn sie so eingerichtet sind, dass die Geschwindigkeit, mit der die selbstthätigen Brennstoffzuführungen aufeinander folgen oder die Menge des Heizmaterials bei den einzelnen Beschickungen dem jeweiligen Erfordernisse einigermassen angepasst werden kann. Textabbildung Bd. 317, S. 210 Fig. 1. Textabbildung Bd. 317, S. 210 Fig. 2. Textabbildung Bd. 317, S. 210 Fig. 3. Textabbildung Bd. 317, S. 210 Fig. 4. Vor kurzem wurden nun wieder in den Vereinigten Staaten mit einem der in Rede stehenden, ausschliesslich für Lokomotiven bestimmten Feuerungsapparaten Versuche vorgenommen, welche nach Mitteilung der Railroad Gazette zu befriedigenden Erfolgen geführt haben, indem sie betreffs des Heizstoffes gegenüber der sorgsamsten Handfeuerung noch immer einen Minderverbrauch von 10 bis 20 % erzielen liessen, während gegenüber der gewöhnlichen, ohne besondere Sorgfalt durchgeführten Handbedienung der Feuerung 20 bis 50 % Ersparnisse festgestellt werden konnten. Diese Proben sind während einer ziemlich langen Zeitperiode gleichmässig angestellt worden und zwar sowohl auf einfachen Lokomotiven als auf Compoundmaschinen, desgleichen sowohl bei Personen- als bei Lastzügen und endlich auf sehr langen Linien sowohl als auf ganz kurzen Strecken, so dass die Endergebnisse Durchschnittswerte darstellen, die allen möglichen Eisenbahnbetriebsverhältnissen Rechnung tragen. Aus diesem Grund wird sonach die betreffende, in Fig. 1 bis 4 ersichtlich gemachte, von Kincaid entworfene und bei J. H. Day und Cie. ausgeführte Vorrichtung von seiten der interessierten Eisenbahnbetriebsingenieure gewiss einige Beachtung verdienen. Dieselbe besteht aus zwei Hauptteilen, nämlich aus der Kohlenschüttung mit dem Blechtrichter a, den zwei Schneckenspindeln s1 und s2 und dem -förmigen langgestreckten Förderkasten k, sodann aus einer kleinen Dampfmaschine mit dem Kolbencylinder c, dem Verteiler d, der Anschlussmuffe f und dem sonstigen Zubehör. Das Ganze ist auf der Lokomotivbrücke zwischen Führer- und Heizerstand senkrecht vor der Feuerthür t angebracht und kann im Falle des Untauglichwerdens, damit der Raum unverzüglich wieder für die Durchführung der Handfeuerung verfügbar wird, angeblich in weniger als 1 Minute beseitigt und auf den Tender verladen werden. Im Bodenteile des Blechtrichters a befinden sich die in den Trichterwänden gelagerten beiden Schneckenspindeln s1 und s2, auf deren nach rückwärts vorstehenden Wellenenden je ein Zahnrad sitzt, das als sogen. Sperr- oder Schaltrad dient und in welches deshalb bei richtiger Normallage des Trichters eine federnde Schieberklaue eingreift. Die in den Trichter geworfene Kohle gelangt schon in Anbetracht des von den Trichterwänden gegebenen Fallwinkels auf und zwischen die Schneckengänge der Spindeln s1 und s2 und von da zu einem Ausschnitte a1 (Fig. 2 und 4) des Trichterbodens, von wo sie in den Förderkasten k fallen, dessen Mundstück in den Heizraum hineinragt. Der Oberteil dieser Anordnung kann übrigens, da er in einer Wiege lagert, mittels einer Handhabe seitlich aufgekippt werden, wie es die Fig. 2 und 4 darstellen, wenn es aus irgend einem Grunde, beispielsweise fürs Anheizen, nötig ist, den Weg zur Feuerbüchse vorübergehend frei zu machen. Während der richtigen Arbeitslage, wie sie Fig. 1 oder 3 kennzeichnet, wird die beim Bodenausschnitt a1 in den Förderkasten h fallende Kohle durch ein Blechprisma b (Fig. 3), das auf der aus dem Cylinder c vorstehenden, in den Kasten h hineinreichenden Kolbenstange der Dampfmaschine sitzt, von rückwärts nach vorwärts geschoben, und also durch die Thür t in die Feuerbüchse geworfen; hier fällt sie auf den kegelförmig gebogenen Zerstreuer u (Fig. 3 und 4), der in diesem Augenblick vermittelst einer Knagge vom Kolben etwas nach abwärts geschnellt wird, so dass er den Heizstoff über den Rost gleichmässig auswirft. Bei der in Fig. 3 ersichtlich gemachten äussersten Lage des Kolbens ist die Trichteröffnung a1 durch den Blechkopf b des Kolbens verschlossen, weil dieser denselben Querschnitt besitzt wie der lichte Raum des Förderkastens h und dieselbe Länge hat wie die Trichteröffnung a; bei der zweiten Endstellung befindet sich hingegen die Vorderwand von b gerade am inneren Rand von a, so dass nach jedesmaligem Einziehen des Kolbens auch wieder Kohle durch a in den Kasten h fällt, die dann beim nächsten Vorgehen des Kolbens wieder in die Feuerbüchse geschoben wird. Um die allfällige Ansammlung zu grosser Kohlenstaubmengen zwischen dem Kolbenkopf b und der an h stossenden Vorderwand des Dampfcylinders c hintanzuhalten, befindet sich in der Seitenwand des Förderkastens ein Schlitz i, wo der Staub durch die mit den Kolbenbewegungen verbundenen Luftstösse ins Freie getrieben wird. Die hin und her gehende Bewegung des Kolbens wirkt auch auf zwei Winkelhaken derart ein, dass die letzteren die weiter oben erwähnten Schiebklauen hochheben, welche in die Schalträdchen der beiden Schneckenspindeln s1 und s2 eingreifen. Auf diese Weise werden bei jedem Kolbengang, d. i. beim Hingang wie beim Rückgang, die beiden Schneckenspindeln – und zwar gegeneinander – um einen Zahn ihres Schaltrades weiter gerückt, so dass sich die Kohle im Trichter unausgesetzt gegen die Oeffnung a nachschiebt. Als das Wichtigste an der ganzen Anordnung darf jedoch die Reguliervorrichtung bezeichnet werden, insofern eben sie allein es ist, was die geschilderte mechanische Beschickung für Lokomotiven geeignet macht. Dieselbe besteht einfach aus drei im Verteiler d (Fig. 1 und 2) vorhandenen Dampfventile, mit welchen sich die Menge des in den Cylinder c gelangenden Dampfes regulieren lässt. Die drei zu diesen Ventilen gehörenden, mit Knöpfen versehenen Zugstangen v (Fig. 1 und 2), welche herausgezogen oder hineingedrückt werden müssen, um das betreffende Zuströmungsrohr zum Cylinder zu öffnen oder zu verschliessen, befinden sich an der linken Seitenwand des Dampfverteilers d und werden vom Heizer gehandhabt. Ist nur einer der Knöpfe v gezogen, so bewegt sich der Kolben der Dampfmaschine mit seiner geringsten Geschwindigkeit; letztere steigert sich ums doppelte, wenn zwei Ventile geöffnet sind und wird zum Maximum, sobald alle drei Ventile in Thätigkeit gesetzt sind. Mit der Geschwindigkeit des Kolbens erhöht sich natürlich auch die Drehgeschwindigkeit der beiden Schneckenspindeln im Kohlentrichter, sowie die Zahl der Beschickungen und endlich auch die Wurfgeschwindigkeit, mit der das Heizmaterial in die Feuerbüchse gelangt. Es wird also durch die Kolbengeschwindigkeit auch die örtliche Verteilung des Brennstoffes auf den Rost mitreguliert werden können, weil bei langsamem Kolbengang die Kohle vorwiegend zunächst der Vorderwand der Feuerbüchse zur Verteilung gelangt, bei schnellem Gang hingegen bis zum äussersten Rostende nach rückwärts geworfen wird. Es erübrigt schliesslich noch zu bemerken, dass die Heizthür t der Feuerbüchse während der Thätigkeit der mechanischen Beschickungsvorrichtung gegen aussen stets abgeschlossen bleibt, indem der Schieber t1 (Fig. 2 und 4) über den Förderkasten k eingeklappt ist. Dieser Schieber lässt sich aber, wie es in Fig. 4 dargestellt erscheint, leicht mit der Hand hochheben, wenn es notwendig wird, mit dem Schürhaken Schlacken aufzureissen oder sonst eine Nachhilfe in der Feuerbüchse vorzunehmen. Die Entwickelung der elektrischen Eisenbahnen in Frankreich. Wie der weiter unten wiedergegebene, auf Grund der seit 1893 gepflogenen Erhebungen des Fachblattes Industrie électrique zusammengestellte Ausweis ersehen lässt, haben die elektrischen Eisenbahnbetriebe während den letzten Jahren auch in Frankreich einen unausgesetzten raschen Aufschwung genommen. Im Jahre 1890 war es die Gesellschaft Industrie électrique, welche in Clermont-Ferrand die erste dem öffentlichen Verkehr gewidmete elektrische Strassenbahnlinie Frankreichs in Betrieb setzte. Diese Anlage hatte noch eine geschlitzte Rohrleitung als Stromzuführung nach der ältesten Siemens und Halske'schen Anordnung mit Kontaktschiffchen als Stromabnehmer. Von diesem Jahre an ist bekanntlich die Entwickelungskurve der elektrischen Eisenbahnen am ganzen europäischen Kontinent im Ansteigen begriffen und hierin hat auch Frankreich, wie die Tabelle ersehen lässt, gleichen Schritt gehalten. Der bedeutendste Aufschwung fällt dort jedoch in das Ausstellungsjahr 1900, wo die Länge der elektrisch betriebenen Bahnen von 752,8 km auf 1486,3 km gewachsen ist, also nahezu sich verdoppelt hat. Noch auffälliger erscheint in diesem Jahre die Vermehrung der Leistungsfähigkeit der Elektrizitätswerke, welche eine Steigerung von 28308 Kilo-Watt auf 64383 Kilo-Watt aufweist, was sich aus dem Umstand erklärt, dass mehrere neue Bahnen bei der Anlage ihrer Zentralen gleich von vornherein für die voraussichtlich baldige Erweiterung ihres Netzes Vorsorge getroffen haben oder dass für fusionierte Linien neue leistungsfähigere Werke errichtet worden sind. Am wesentlichsten mögen jedoch diese Ziffern dadurch günstig beeinflusst worden sein, dass man 1901 auch die elektrisch betriebenen Strecken und Einrichtungen der in Paris einmündenden Vollbahnen in den statistischen Ausweis mit aufnahm. Die Vermehrung der Antriebwagen entspricht in den Jahren 1900 auf 1901 so ziemlich der Zunahme der Bahnlänge, doch ist diese Zunahme gegenüber jener vom Jahre 1890 auf 1900 etwas weniger günstig, insofern anfangs 1900 auf einen Antriebwagen im Durchschnitt nur je 581 m Bahnlänge, anfangs 1901 hingegen je 642 m Bahnlänge entfallen sind. Die Industrie électrique ergänzt ihre allgemeine Tabelle noch durch die Bemerkung, dass in Frankreich zur Zeit fast überall als Betriebsströme für Traktionszwecke lediglich Gleichströme von 500 Volt benutzt werden, und dass bei den grösseren Unternehmungen oder für Liniennetze, die unter einer gemeinsamen Verwaltung zusammengezogen worden sind, die Erzeugung des Stromes – wie bereits erwähnt – in Elektrizitätswerke von grosser Leistungsfähigkeit zentralisiert sind. Diese Werke, wie beispielsweise Moulineause, Asnières, Vitry u.a.m. erzeugen Dreiphasenströme von 5000 bis 5500 Volt (mit 25 Perioden pro Sekunde), welche sie zur angemessenen Umwandlung an die passend verteilten Unterstationen entsenden. Sehr häufig sind grosse Speicherbatterien als Buffer und Aushilfe in Verwendung. Verzeichnis der elektrischen Eisenbahnen in Frankreich von 1893 bis 1901. 1893 1894 1895 1896 1897 1898 1899 1900 1901 Gesamtlängen der Linien in km 37,4 41,4 96,3 152 279,3 396,8 487,5 752,8 1486,3 Für die Zugförderung benutzte Kilo-Watt 1525 1796 3610 4490 8756 15158 18718 28308 64383 Gesamtzahl der Antreibwagen 20 29 152 225 432 664 759 1295 2425 Linien mit oberirdischer Stromzuführung 2 4 7 11 19 36 42 56 76 Linien mit unterirdischer Stromzuführung 0 0 0 0 1 1 2 3 6 Linien mit einer dritten Schiene als Stromzuführung 1 1 1 1 1 1 1 1 4 Mit Speicherbatterien betriebene Linien 2 2 3 4 5 4 6 6 8 Mit gemischtem Betriebe (Speicherbatterien und Trolley) 0 0 0 0 0 2 4 4 6 Mit gemischtem Betriebe (Trolley und unterirdisch) 0 0 0 0 0 0 1 2 2 Mit gemischtem Betriebe (Trolley und Oberflächenkontakt) 0 0 0 0 0 0 0 0 7 Unter den im Verzeichnis ausgewiesenen Bahnen befinden sich auch vier Bergbahnen, nämlich die Zahnradbahn auf die Salève, dann jene auf den Mont-Dore und je eine solche in Cauterets und Chamounix. L. K. Panama- oder Nicaragua-Kanal. Nach dem Engineering haben die Vereinigten Staaten den Hay-Pauncefote-Vertrag, betreffend den Nicaragua-Kanal, derartig geändert, dass England ihn nicht anerkannt hat. Diese Gelegenheit hat die Panama-Gesellschaft benutzt, um in Amerika für ihr Unternehmen Stimmung zu machen. Die Gesellschaft möchte das ganze Unternehmen gerne für 436000000 M. an die Vereinigten Staaten verkaufen und hatte einen ihrer Direktoren, M. Hutin, mit dem Abschluss dieses Geschäftes beauftragt. In Amerika war jedoch die Entscheidung für den Kanal über Nicaragua gefallen und M. Hutin erzielte nur ein Angebot von 160000000 M. Dass unter solchen Umständen unmöglich eine Einigung erzielt werden konnte, lässt sich einsehen, doch beschloss die Gesellschaft in einer stürmischen Sitzung, die zu Anfang des Monats Januar in Paris abgehalten wurde, und in der M. Hutin sein Amt niederlegte, die Verhandlungen nicht aufzugeben. Die Neue Panama-Gesellschaft hat. schon viel geleistet und endgültige Beweise ihrer Tüchtigkeit und Leistungsfähigkeit gegeben, auch steht für sie andererseits fast alles auf dem Spiel, denn, wie die Dinge liegen, wird sich schwerlich ein anderer Käufer finden als die Vereinigten Staaten. Hier steht einmal der Senator Morgan mit einem grossen Anhang, sodann auch die Besitzerin des Nicaragua-Unternehmens, eine amerikanische Gesellschaft, dem Panama-Unternehmen – in Hand einer fremden und ausländischen Gesellschaft – feindlich gegenüber. Die Regierung der Vereinigten Staaten berücksichtigt wohl in erster Linie die Geldfrage, und hier liegen die Verhältnisse annähernd wie die folgende Zusammenstellung sie gibt: Einzelheiten Nicaragua-Kanal nachMenocal'sEntwurf Panama-Kanalnach tech-nischemAusschussvon 1899 Vergleichs-zahlen km v. H. derGesamt-länge km v. H. Panama-v. H. derNicaragua-Länge Mehr bezw.Wenigerv. H. Länge des eigent-    lichen Kanals     45000   16,4   47500   63,8 105,54 +   5,54 Länge des schon vor-    handenen Wasser-    weges   280000   83,6   26900   36,2   11,76 – 88,24 Gesamtlänge     25000 100,0   74400 100,0   27,20 – 82,80 Anzahl der Schleusen 3m 4m 133,33 + 33,33 Mittlerer Hub   10,27 33⅓   7,82   25,0   70,00 – 30,00 Gesamthub über   33,55 31,26   93,18 –   6,82 Kosten bis zur Voll-    endung Mill. M  600 Mill. M420 Ankauf 160 Den Anforderungen der Handelsmarine entspricht jedenfalls der kürzere Weg durch den Panama-Kanal, ebenso die 6,82 v. H. weniger Hub, dagegen kommen die 5,54 v. H. grössere Länge im Kunstweg kaum in Betracht. Vom militärischen Standpunkt ist der Panama-Kanal einem Handstreich eher verfallen wie der von Nicaragua. Was die Kosten der Ausführung anbelangt, so ist die Summe für den Nicaragua-Kanal viel zu sehr auf Schätzung begründet. Die erste Schätzung von Menocal setzte die Gesamtkosten auf 240 Millionen Mark fest, der erste gemischte Prüfungsausschuss gelangte zu der Summe von 400 Millionen Mark und jetzt ist man zu der Summe des französischen Ausschusses von 1872 gelangt, von 600 Millionen, aber, wie gesagt, liegen auch hier nur angenäherte Zahlen vor. Beim Panama-Kanal sind bis jetzt 1200 Millionen Mark verbraucht. Davon sind 240 Millionen in brauchbare und ausgeführte Arbeit umgesetzt (wenn dieselbe für 160 Millionen zu erstehen ist, sollte Amerika zugreifen) und die Berechnung der noch auszuführenden Arbeiten auf 420 Millionen Mark gründet sich auf langjährige Erfahrung einer mit Grund und Boden vertrauten Körperschaft tüchtiger Ingenieure. Nach welcher Seite die Entscheidung der Vereinigten Staaten fällt, muss abgewartet werden, ausgeschlossen wäre ja immer noch nicht, dass der Panama-Kanal unter europäischer Aufsicht ausgeführt würde, was bei den politischen Neigungen, welche die Vereinigten Staaten zur Zeit zur Schau tragen, noch immer am zweckmässigsten sein würde, namentlich wenn es gelänge, für diesen Wasserweg die völlige Neutralität durchzusetzen. E. A. Sehvorrichtungen für Unterseeboote. Ende 1899 machte das grösste aller Unterseeboote, der Franzose „Gustave Zédé“, seine erste Probefahrt mit Erfolg – viele erfolglose, teilweise mit, schweren Havarien verbundene, waren vorausgegangen. Das Ergebnis der Uebungen bildet den Anfang des Enthusiasmus, den man in Frankreich für unterseeische Fahrzeuge hegt und der sich darin bethätigt, dass nicht nur die Marineleitung es sich angelegen sein lässt, der neuesten Seewaffe durch Bau zahlreicher Fahrzeuge Aufmerksamkeit zuzuwenden, sondern dass sich auch das grosse Publikum insofern in dieser Frage thätig gezeigt hat, als es auf Veranlassung des Pariser Matin die Geldmittel für die beiden Boote „Français“ und „Algérien“ in kurzer Zeit aufbrachte. Der grosse Marineenthusiast Lockroy, der auch eine Zeit Marineminister war und später auf seinen Informationsreisen die Etablissements Deutschlands besucht hat, von denen er ungefähr den Eindruck erhielt, den die auf Cato's Betreiben nach Beendigung des zweiten punischen Krieges an Karthago geschickte Römergesandtschaft von den Arsenalen Karthagos gehabt haben mag – nahm sich, nach den Erfolgen des „Gustave Zédé“, der Unterseeboote warm an. Er hatte Erfolg und namentlich betonte er im Parlament und anderswo: „Früher war das Unterseeboot blind, jetzt aber kann es sehen.“ – Diese Behauptung, selbst wenn sie nur sehr relativ aufgefasst wird und sich das „Sehen“ nur unter besonders günstigen Verhältnissen durchführen liesse, hat dazu geführt, sich um, wie man wohl sagen darf – die „Augen des Unterseebootes“ zu kümmern. Natürlich wird, wie bei allen Einrichtungen der unterseeischen Fahrzeuge, auch über diesen Punkt ein möglichst dichtes Dunkel gebreitet, und es kann auch heute keineswegs behauptet werden, dass man die Sehvorrichtungen der Unterseeboote Frankreichs oder einer anderen Macht, welche solche Fahrzeuge beschafft hat und sie vielleicht auch im Kriege zu verwenden beabsichtigt, genügend kennt. Jedenfalls aber weiss man, dass davon abgesehen ist, das Wasser unterdder Oberfläche um das Boot herum oder vor dem operierenden Boot her erleuchten zu wollen – soweit es sich um Unterseefahrzeuge für Kriegszwecke handelt. Diesem System Sehweiten zu schaffen, scheint gänzlich aufgegeben zu sein. Vor einigen Jahren hatte man zu Tauchversuchen mit dem „Goubet“ einen Journalisten zugezogen, natürlich zu dem Zweck, Reklame für das vom Konstrukteur der Marine angebotene Fahrzeug zu machen. Er that das auch und beschrieb die Sicherheit des Unter- und Auftauchens und die Behaglichkeit im Innern des Bootes. Fahren that es zwar nicht, Torpedos lanciert wurden ebensowenig wie andere Thätigkeiten entwickelt, aber eins konstatierte er – es war absolut nichts zu sehen wie graue Masse. Die Unterwasserbeleuchtung kann wohl für Taucherboote in Anwendung kommen, die den Zweck haben unter der Oberfläche Gegenstände zu suchen, Arbeiten irgend welcher Art zu verrichten, aber nicht an operierenden Kriegsfahrzeugen. Daher ist die Annahme vollberechtigt, dass alle die Sehvorrichtungen, welche bis heute in Gebrauch genommen wurden und die zu einigen Ergebnissen nicht ganz absprechender Natur geführt haben, optische Instrumente sind, bei welchen Linsensysteme aus Glaslinsen die Hauptrolle spielen, und welche nur dann ihren Zweck erfüllen können, wenn sie sich teilweise ausser Wasser, über der Oberfläche befinden. – Damit ist eigentlich schon gesagt, wie wenig zuverlässig solche Apparate sein müssen, denn einmal ist Wasser nass, und nasse Linsen können kein deutliches Bild geben, zweitens wird selbst bei ruhigster See das auftauchende Unterseeboot nicht ganz ruhig liegen, und endlich ist bei der geringsten Bewegung der Wasseroberfläche die Brauchbarkeit gänzlich in Frage gestellt. Diese optischen Apparate, die man kurzhin mit dem Sammelnamen Periskope bezeichnen kann, mit welcher Bezeichnung das erste derartige Instrument erschien, sind seit einer Reihe von Jahren als Sehvorrichtungen für Unterseeboote bekannt, doch hat man ihren Leistungen, ausser in Frankreich und in neuester Zeit auch in Italien, allgemeines Misstrauen entgegengebracht, trotz aller Lobpreisungen, welche meistens ihren Ursprung in Tagesblättern gehabt haben dürften und von ihnen in Form von Notizen auf die Fachpresse übergingen. Jedenfalls wurden alle diese Konstruktionen als ein geheimnisvolles Gebiet angesehen, und nur mit Vorsicht wagte man sich daran, unter Anziehung von Quellen, Angaben über die einzelnen interessierenden Objekte zu machen. Da kommt die Revue industrielle und bringt am 18. Januar 1902 einen Aufsatz: La vision dans les bateaux sousmarins et les submersibles, in welchem sie nicht weniger als – sechs solcher Sehvorrichtungen beschreibt und von dreien derselben auch Zeichnungen bringt, die an Einfachheit nichts zu wünschen übrig lassen, und aus denen man entnehmen kann, dass die „Augen“ der Unterseeboote noch recht schwach sind, denn so einfach ist die Lösung der Angelegenheit denn doch nicht. Die sechs Vorrichtungen, welche das Blatt anführt, sind folgende: 1. Lunette de Drzewiecki. 2. Périscope du colonel Mangin. 3. Périscope du commandant Darrieus. 4. Lunette de M. Romazzotti. 5. Lunette de M. M. Garnier et Romazzotti. 6. Lunette de Daveling et Violette. Der Drzewiecki'schen Konstruktion wird von allen der Vorzug gegeben. Ce système, d'une grande simplicité, est peut-être le meilleur. Einfach ist es allerdings, so einfach, dass die Brauchbarkeit doch sehr in Frage gestellt werden darf. Hier die Originalbeschreibung: „Elle est compose d'un tube ayant à chaque extrémité un prisme droit à réflexion totale. La lunette coulisse dans un presse-étoupe. On peut donc la faire rentrer ou sortir du navive et, de plus, en la faisant tourner autour de son axe, on parcourt tout l'horizon.“ Das ist eine sehr dürftige Beschreibung – Skizze fehlt. Es wird noch bemerkt, dass das Instrument nur 5 cm Durchmesser (!) habe und dass man nur mit einem Auge durch dasselbe sehen könne, mithin eine Art drehbaren Fernrohrs mit Bilderreflexion nach unten. An dieser besten Sehvorrichtung aber hat man in Frankreich auch Aussetzungen zu machen, denn in der Schlussbetrachtung des Aufsatzes heisst es: „Wir glauben, dass das praktischste Instrument das mit den zwei Prismen von Drzewiecki ist, wenn man ihm bei 50 cm Länge 15 cm Durchmesser (des Objektivs. D. V.) geben könnte. Der Gesichtswinkel würde dann 18° etwa betragen (gegen 4° jetzt) und das würde genügen. Um die Achse drehbar würde man den Horizont absuchen können und zwar mit beiden Augen durch den Apparat sehend.“ Die Bilder sollen klar und in natürlicher Grösse sein. Der Ingenieur Drzewiecki ist Russe und sein Auftreten in Frankreich datiert von Anfang der 90er Jahre. Er hatte einen eigenen Lancierapparat für Fischtorpedos konstruiert, der in erster Linie dazu bestimmt war, die Torpedos unterseeischer Fahrzeuge aussenbords bis zur Lancierung in einem horizontalen Rahmen mittels eigenartiger, klauenähnlicher Vorrichtungen festzuhalten. Der geschützte kleine Kreuzer „Surcouf“, in Deutschland bekannt durch seine Anwesenheit in Kiel 1895, gelegentlich der Einweihung des Kaiser Wilhelm-Kanals, und das erste und einzige französische Kriegsschiff, das diesen Kanal befahren hat, erprobte die Apparate Drzewiecki's im Jahre 1894 eingehend. Und die Proben müssen gut ausgefallen sein, denn obwohl nur Franzosen sich um die für Konstruktion von Unterseebooten ausgeschriebenen Preise, die 1897 zur Verteilung kamen, bewerben durften, erhielt der russische Ingenieur, wie der Franzose Laubeuf, der Konstrukteur des „Narval“, 5000 Franken, indem man den ersten Preis von 10000 Franken nicht zur Verteilung gelangen liess, sondern ihn unter die beiden Genannten ritterlich teilte. Was die anderen Sehinstrumente anbelangt, so ist eigentlich wenig von ihnen zu sagen; sie sind sich sehr ähnlich. Das Mangin'sche Periskop ist 1 m lang, hat 80 cm Durchmesser und gibt verkleinerte, verzerrte Bilder; das des Kommandanten Darrieus, der als Leutnant mehrere (?) Unterseeboote kommandiert haben soll, ist dem Drzewiecki'schen Apparat sehr ähnlich, jedoch sind die Linsen anders angeordnet, der Gesichtswinkel ist nur 4°, auch mit ihm kann der Horizont abgesucht werden, die Länge beträgt 1 m, der Durchmesser 30 cm. Romazzotti hat die Pläne für „Gustave Zédé“ geliefert. Es liegt sonach nahe, dass dieses Boot auch seinen Apparat erprobt hat; Genaues darüber weiss man nicht. Einen zweiten Apparat hat er mit Garnier konstruiert, der somit als eine Verbesserung wohl angesprochen werden kann. Die Apparate sollen 20° Gesichtswinkel besitzen und 40° Gesichtsfeld, bei 30 cm Durchmesser 1 m Länge. Die Vorrichtungen der Schiffsfähnriche Daveling und Violette, von denen 1899 grosses Aufheben gemacht wurde, sind nach Revue industrielle eine Abart der Vorrichtungen Garnier und Romazzotti, von 50 cm Durchmesser, 3,5 m Länge. Die Bilder sollen klein ausfallen, und das Blatt glaubt, es werde unmöglich sein, diesen Apparat während eines Manövers zu dirigieren. Andererseits aber ist ein Meter nur ein geringes Mass, und das Dirigieren aller dieser Apparate hat sicher seine grossen Schwierigkeiten, die sich erst in ernster Aktion zeigen und übersehen lassen werden. In Italien ist eine Sehvorrichtung von den Ingenieuren Busso und Laurent, eine andere von Albrizzi konstruiert und in Gebrauch genommen. Ueber die Konstruktion fehlen Details, nur wird gesagt, es seien „verbesserte Periskops“ mit klaren Bildern, grossem Gesichtswinkel. Endlich sei noch des submarinen Fernrohres von Malachowski gedacht, einer Sehvorrichtung zum Aufsuchen von Gegenständen auf dem Meeresgrunde, die zwar nicht, wie eingangs erwähnt, für Kriegsfahrzeuge in Betracht kommt, von der man sich jedoch viel versprach und die bisher praktisch noch nicht angewandt ist. Eingesandt. Die uns zugegangene Broschüre über die Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften zu Frankfurt a. M. enthält u.a. einen Bericht über die Eröffnung und das erste Semester, das Programm des Sommersemesters 1902, sowie die für die Besucher der Akademie wichtigen Mitteilungen. Der Lehrkörper besteht zur Zeit aus 8 etatsmässigen Dozenten und 14 Dozenten im Nebenamt; ausserdem haben Professoren der benachbarten Universitäten ihre Mitwirkung zugesagt bezw. während des verflossenen Wintersemesters gewährt. Die Teilnehmerzahl an den Vorlesungen und Uebungen betrug 549 Personen, darunter 53 Frauen.