Titel: Kleinere Mitteilungen.
Fundstelle: Band 317, Jahrgang 1902, Miszellen, S. 228
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Kleinere Mitteilungen. Kleinere Mitteilungen. Das Alter der Schiffe. Das älteste Schiff der Welt ist, nach den Untersuchungen des Mouvement maritime, ohne Zweifel die „Victory“, das bekannte Admiralschiff Nelson's in der Schlacht von Trafalgar; es wurde im Jahre 1765 vom Stapel gelassen und hat somit ein Alter von 136 Jahren erreicht. Obwohl dieser Veteran einer grossen Zeit seit Jahren in den Docks von Portsmouth ein beschauliches Leben führt, hat der Zahn der Zeit doch seine zerstörende Wirkung auf ihn ausgeübt und die britische Admiralität musste noch vor kurzer Zeit beträchtliche Summen aufwenden, um ihn vor dem Untergange zu bewahren. Im allgemeinen werden Schiffe, selbst wenn sie aus tadellosem Material gefertigt sind, ein Alter von 120 Jahren nicht überschreiten. Natürlich gibt es aber auch Ausnahmen. Der bemerkenswerteste Fall dieser Art ist' wohl der des Walfischfängers „Truelove“, in Hüll beheimatet. Dieses Schiff, eine Dreimastbark von 248 t, wurde im Jahre 1748 in Philadelphia erbaut und, nachdem es ein paar Jahre unter amerikanischer Flagge gefahren, von einem britischen Reeder für den Walfang im nördlichen Eismeere erworben. Noch im stattlichen Alter von 97 Jahren, wenn der Lebenslauf anderer Schiffe längst zu Ende, trotzte die „Truelove“ mit Erfolg dem Polareise. Sie ging in anderen Besitz über und fand noch 44 Jahre lang im Holztransport in der Ostsee Verwendung, bis sie nach 139 aktiven Dienstjahren dem Beile des Schiffsschlächters anheimfiel. Eine lange Lebensdauer war auch dem Segler „Betsy Cains“ beschieden. Wann er vom Stapel gelaufen, ist nicht bekannt, es steht aber fest, dass er im Jahre 1688 den Namen „Princesse Marie“ führte und den Prinzen Wilhelm von Oranien nach England hinübertrug. Dann diente er der Königin Anna eine Zeit lang als Lustjacht, wurde darauf verkauft und erhielt nun den Namen „Betsy Cains“; er ging im Jahre 1827 durch Schiffbruch auf der Barre von Tynemouth verloren, nachdem er 139 Jahre lang die englische Flagge getragen hatte. Ein langes Dasein war ferner der Dreimast-Goelette „Three Sisters“ bestimmt, einer Zeitgenossin der „Betsy Cains“; sie hatte bereits im Jahre 1689 an der Belagerung von Londonderry teilgenommen und fuhr noch zu Anfang des vorigen Jahrhunderts, 130 Jahre alt, auf der Irischen See. Unter den Schiffen von bemerkenswert langer Dauer verdient sodann die Brigg „Brotherly Love“ Erwähnung, auf der Kapitän Cook mehrere seiner grossen Reisen machte; sie fiel nach 140 Jahren Fahrt im Hamburger Hafen einer Kollision zum Opfer. Als im November 1892 das dänische Schiff „De Tree Sostrene“ im Hafen von Dundee lag, kam man infolge mehrerer aussergewöhnlichen Umstände auf die Idee, nach dessen Alter zu forschen; dabei stellte sich dann heraus, dass es im Jahre 1772 in Rudkjöbing erbaut war, mithin 120 Jahre Seefahrt hinter sich hatte. Der „Success“, der vor einigen Jahren als Ausstellungsschiff eine Rundfahrt durch die englischen Häfen machte, war im Jahre 1789 zu Wasser gelassen, machte 1895 noch eine Frachtfahrt nach Australien und später eine solche über den Atlantischen Ozean. – Die britischen Registerbehörden stellten jüngst Untersuchungen über das Alter der Schiffe an und fanden dabei in den Registern 24 Fahrzeuge unter englischer Flagge, die über 100 Jahre, und 13, die über 95 Jahre alt waren. Dagegen wurden als mittleres Alter eines Seeschiffes 26 Jahre festgestellt. Natürlich ist es zur Zeit noch nicht möglich, zu ermitteln, welche Maximaldienstzeit man von einem Dampfer unter günstigsten Umständen verlangen kann. Bemerkenswert aber ist, dass von den Dampfern, die in den Jahren 1815 bis 1830 gebaut sind, auch nicht einer mehr vorhanden ist. Der älteste Dampfer der englischen Handelsflotte ist der Raddampfer „Sir Charles Ogles“, in Halifax beheimatet und 1830 in Dartmouth gebaut. Unter den eisernen Dampfern Englands hält der Cardiffer Dampfer „Swift“ den Rekord des Alters, der im Jahre 1841 vom Stapel lief und noch heute in Fahrt ist. Bücherschau. Kerntheorie und Dachpfettenberechnung. Nebst einigen weiteren Kapiteln aus der Festigkeitslehre und einem Anhang: Anwendung der Trägheitskreise. Von Paul Weiske, Ingenieur und Oberlehrer an der Baugewerkschule in Cassel. Mit 104 Abbildungen. Stuttgart 1902. Arnold Bergsträsser Verlagsbuchhandlung (A. Kröner). Preis 3 M., in Leinwand geb. 3,60 M. Der Verfasser untersucht mit elementarer Mathematik, jedoch streng wissenschaftlich, die allgemeine Theorie der Trägheits- und Zentrifugalmomente, die schiefe Belastung eines Querschnitts, die exzentrische Druckbelastung und die Kerntheorie. Die Kerntheorie benutzt er zur Lösung von Aufgaben aus der Biegungsbelastung und exzentrischen Druckbelastung; namentlich lassen sich solche Aufgaben dann rasch lösen, wenn die Kerne der in Betracht kommenden Querschnitte leicht aufzutragen sind. Im § 5 befinden sich Kernberechnungen und Tabellen der Normalprofile für Bauhölzer, für -, ⊏- und Z -Eisen, welche nach Ansicht des Verfassers wohl zum erstenmal in dieser Ausführlichkeit veröffentlicht worden sind. In den letzten beiden Abschnitten befindet sich die Anwendung des Kerns zur Profilbestimmung und Spannungsberechnung von Querschnitten bei sich drehender Momentenfläche. Neben dem von Prof. Land in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1898 Nr. 16 S. 444, mitgeteilten empirischen Verfahren, die günstigste Lage eines Balkenquerschnitts bei sich ändernder Momentenfläche festzustellen, teilt der Verfasser ein neues Verfahren mit, welches ganz genaue Ergebnisse liefert, wenn der Kern ein Viereck ist. Dieses Verfahren erfand und benutzte der Verfasser bereits im Herbst 1898 bei der Profilberechnung der eisernen Pfetten zu einer Perronhalle. Es lässt sich damit die günstigste Stellung bei wechselndem Schnee- und Winddruck sehr rasch angeben. Wegen der vielen Zahlenbeispiele wird der in der Praxis stehende Techniker das Buch sehr gut benutzen können; aber auch Schülern an höheren Maschinenbauschulen kann das Buch auf das wärmste empfohlen werden, wenn sie sich mit dem so sehr wichtigen Zweige der Festigkeitslehre beschäftigen wollen. Die Ausstattung des Buches ist eine gute und der Preis angemessen. In einer künftigen Auflage könnte der Verfasser auch auf die bahnbrechenden Arbeiten von O. Mohr, Hüppner, Lang, Keck, Müller-Breslau etwas eingehen; ein Literaturnachweis, dass z.B. Bresse der Entdecker des Kerns, W. Ritter derjenige ist, der zuerst die Berechnung der Spannung mit Hilfe des Kerns angab u.s.w., wäre wünschenswert. R.