Titel: [Kleinere Mitteilungen.]
Fundstelle: Band 320, Jahrgang 1905, S. 320
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[Kleinere Mitteilungen.] [Kleinere Mitteilungen.] Bücherschau. Die Wechselstromtechnik. Herausgegeben von E. Arnold, Professor und Direktor des Elektrotechnischen Institutes der Technischen Hochschule zu Karlsruhe. III. Band: Die Wicklungen der Wechselstrommaschinen. Von E. Arnold. Berlin, 1904. Julius Springer. Wenn auch die bei weitem grösste Zahl der gebräuchlichen Wechselstromwicklungen einfache Spulenwicklungen sind, die ohne weiteres von jedem Elektrotechniker verstanden werden, so bleiben immerhin noch zahlreiche Fälle übrig, bei denen dies nicht der Fall ist. Da überdies zu der theoretischen Behandlung noch die praktische Ausführung gehört, über die vieles gesagt werden kann, so ist es sehr zu begrüssen, dass mit dem vorliegenden Buche in der elektrotechnischen Literatur ein Werk erschienen ist, das die Wechselstromwicklungen zusammenfassend und eingehend behandelt. Die Anlage des Buches ist ähnlich der der „Ankerwicklungen“ desselben Verfassers. Nachdem in der Einleitung die Erzeugung von ein- und mehrphasigen Strömen und die Arbeitsweise und Wicklungen von synchronen und asynchronen Maschinen im Prinzip erläutert sind, wird zu den verschiedenen Wicklungsanordnungen übergegangen. Die gewöhnlichen Wechselstromwicklungen, die in Spulen und umlaufende Wicklungen unterschieden werden, sind umfassend und doch in gedrängter Form dargestellt. Ebenso kurz und treffend werden die Gleichstromwicklungen gebracht, soweit sie für den Wechselstrom Bedeutung haben. Die unveränderten Gleichstromwicklungen hauptsächlich als Einankerumformer, die aufgeschnittenen und abgeänderten für die Rotoren der Ein- und Mehrphasenmotoren. Die letzteren nähern sich den in einem früheren Kapitel behandelten umlaufenden Wicklungen, die dem Praktiker als die leichter verständlichen erscheinen werden. Immerhin ist es vorteilhaft, sie im Rahmen der Gleichstromwicklungen zu bringen, da dadurch alle Fälle theoretisch mit inbegriffen werden. Die Wicklungen für grosse Stromstärken, die wegen der eventuell auftretenden Wirbelströme in den Kupferquerschnitten und den Ausgleichströmen parallel geschalteter Zweige besonderer Anordnung bedürfen, bilden ein besonderes Kapitel. Von den Polumschaltungen sind die wesentlichsten erwähnt, und zwar sowohl die Ausführungen der Statoren als auch die der Rotoren. Ausgiebig werden die Isoliermaterialien und ihre Verwendung beschrieben. Bei den Anforderungen, die an ein solches gestellt werden, dürfte etwas mehr Gewicht auf die mechanische Festigkeit gelegt sein, da die Isolation durch Drücke und Stösse beim Biegen der Schablone, beim Einlegen der Wicklung in die Nut, beim Nachrichten, beim Bänderaufziehen sehr stark beansprucht wird. Ist die Spannung nicht sehr hoch, so entstehen weit mehr Fehler durch zu geringe mechanische Festigkeit als durch zu geringe ursprüngliche Isolierfestigkeit. Unter Hartgummi ist nicht erwähnt die billigere, weniger isolierfeste, dafür aber wärmebeständigere Sorte, die vielfach verwendet wird, Temperaturen bis 130° C aushält und deren Isolierfestigkeit für die meisten Fälle bei weitem ausreicht. Bei den Hölzern fehlen Kiefern und Elsenholz, die imprägniert mit die beste Isolation geben. Bei den Lacken sind eine Reihe hervorragender Fabrikate nicht erwähnt. Erstere dürften sich überhaupt in bezug auf Güte nur wenig unterscheiden. Das Haupterfordernis für eine gute, feuchtigkeitssichere Isolation ist eben, den Lack in mehreren Schichten aufzutragen und sehr gut zu trocknen. Auf die wichtige Isolation der Oberflächenwege nach Erde hin ist nirgends hingewiesen. Es sollten hier einige Erfahrungszahlen für die verschiedenen Spannungen angegeben sein. Es fehlen ferner die Angaben über die Isolierfestigkeit der Bespinnungen und die über die Grösse der zulässigen Lagenspannung, die namentlich bei Hochspannungsmaschinen in Hinsicht auf vorkommende Ueberspannungen von grösster Wichtigkeit sind. Auf die Notwendigkeit der Erzielung einer möglichst geringen Lagenspannung ist zwar hingewiesen, die Angabe einer Grenzahl wäre jedoch sehr angebracht. In der Tabelle der üblichen Prüfspannungen auf S. 182 (eine Minute lang ganze Wicklung gegen Gehäuse) dürften die Werte für die hohen Spannungen von 7000 bis 13000 Volt etwas zu hoch gegriffen sein, wenn nicht eine Prüfanordnung, die Ueberspannungen möglichst vermeidet, gewählt wird. Ueber die praktische Anwendung der Isoliermaterialien, -Methoden und -Anordnungen sind zahlreiche Beispiele der verschiedensten Firmen gegeben. Die hierher gehörigen Kapitel sind besonders lehrreich und nützlich. Eine grosse Zahl guter und deutlicher Abbildungen tun uns die praktische Ausführung der Wicklungen dar. Hier sind fast alle hervorragenden Firmen vertreten. In diesem rein praktischen Teil ist die nähere Ausführung von Draht- und Stabschablonen nicht enthalten. Ueberhaupt nicht erwähnt sind die Polwicklungen von synchronen Generatoren, die namentlich in jüngerer Zeit durch die Einführung der Dampfturbine sehr an Bedeutung gewinnen. Den eigentlichen Wicklungen sind noch einige Kapitel angegliedert, deren Inhalt sehr eng mit der Wicklung zusammenhängt, und die logischerweise in dem Buche noch Platz finden. Es sind dies die Kapitel, in denen die Form der Feldkurven von synchronen und asynchronen Maschinen und die in ihnen erzeugten E. M. K. abgeleitet werden. Auch dieser Teil des Buches ist in klarer, übersichtlicher Weise geschrieben, obgleich es der Stoff mit sich bringt, eine ganze Reihe von Faktoren in die Rechnung einzuführen, die zunächst für den praktischen Ingenieur etwas beschwerlich sein dürften. Bei den höheren Anforderungen, die mit der Zeit an Maschinen und Motoren gestellt werden, ist es indes erforderlich, ihre Eigenschaften und Wirkungsweise mit Hilfe der Theorie tiefer zu ergründen, wenn auch in vielen Fällen, wie z.B. bei dem Entwurf der Polschuhform die praktischen Massnahmen nicht so genau getroffen werden können, dass die Unterlagen der Rechnung erfüllt wären. Die Zerlegung der Kurven in ihre Harmonischen ist durchgeführt, einesteils um den Gesamtwicklungsfaktor analytisch berechnen zu können, andernteils um bei verketteten Systemen einige Tatsachen, wie innere Ströme bei Δ-Schaltung und verhältnismässige Verschiedenheit zwischen Phasenspannung und verketteter Spannung, erklären zu können. Ueber Füllungs, Wicklungs-, Polschuh-, EMK-Faktoren und das Uebersetzungsverhältnis von rotierenden Umformern sind Tabellen aufgestellt, aus denen man diese Grössen für die verschiedenen Verhältnisse entnehmen kann. In einer dieser Tabellen auf S. 246 ist eine Rubrik für f=\frac{B_{\mbox{max.}}}{B_{\mbox{mitt.}}} angegeben, dessen Bedeutung nirgends erläutert ist Da der Füllungsfaktor a_i=\frac{B_{\mbox{mitt.}}}{B_{\mbox{max.}}} ist, sollten f und αi reziproke Werte sein. Dies ist jedoch nicht der Fall. Bei der Ableitung der Feldkurve von asynchronen Maschinen zerlegt der Verfasser die Wechselfelder in zwei entgegengesetzt rotierende Drehfelder und setzt bei Mehrphasenmotoren diese Drehfelder zusammen, oder besser gesagt: Dieses Verfahren ergibt sich durch die analytische Behandlung von selbst. Auf dieselbe Weise wie bei Generatoren werden hier die Wicklungsfaktoren von Grund und Oberfelder abgeleitet In dem Abschnitt „Einfluss der Stromkurve auf die Form der Feldkurve“ sind einige Versehen unterlaufen. Zunächst sind die Formen der Stromkurven in Fig. 402 und 404 bei Dreiphasenstrom nicht möglich, da bei ihnen die Summe der Momentanstromwerte nicht überall gleich Null ist. Sodann sind Fig. 401 und 403 miteinander verwechselt, da die Werte der magnetmotorischen Kräfte I II III für die fünf angegebenen Momente a bis e in Fig. 401 mit den momentanen Stromwerten von Fig. 404 übereinstimmen. Schliesslich können die Schlussfolgerungen, die sich auf die Richtigkeit der Fig. 401–404 stützen, nicht richtig sein. Es sind in dem Buche noch einige Unrichtigkeiten enthalten von denen die unkorrekte Fassung der Handregel zur Bestimmung der Richtung der E. M. K die schwerwiegendste ist. In letzterer muss es heissen: „und der Daumen die Drehrichtung des Ankers angibt.“ Die zweite Richtungsregel ist völlig unklar. Es dürfte sich überhaupt empfehlen, von derartigen Gedächtnisregeln immer nur eine anzuführen, auch wenn diese nicht für alle Fälle die einfachste ist; gar zu leicht vergisst man beide. Im übrigen kann das Buch dem Ingenieur sehr empfohlen werden; er findet in ihm Theorie und Praxis, so dass nicht nur der ausführende und konstruierende, sondern auch der rechnende Ingenieur auf seine Kosten kommt. G. Bopp.