Titel: Bücherschau.
Fundstelle: Band 324, Jahrgang 1909, S. 112
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Bücherschau. Bücherschau. Thermodynamik und Kinetik der Körper. Von Profi Dr. B. Weinstein. Dritter Band. Zweiter Halbband. Thermodynamik der Elektrizität und des Magnetismus. (Zweiter Teil.) Elektrochemie. Braunschweig 1908. Friedrich Vieweg und Sohn. Preis geh. Mk. 24,–. Der vorliegende Halbband enthält die Kinetik der Elektrolyte und zwar Stromleitung, Zersetzung, Entstehen der elektromotorischen Kraft, und Polarisation. So wertvoll auch die große Menge des zusammengebrachten Materials ist, so kann ich doch mit den Einzelheiten der Darstellung nicht überall einverstanden sein. So sind meiner Auffassung nach die anomalen Ueberführungszahlen Hittorfs viel zu kurz weggekommen sowohl in ihrer Darstellung selbst, als auch in. ihrer Verwendung auf andere Erscheinungen. Um die Abweichungen vom Ostwald-Planckschen Verdünnungsgesetz zu erklären, würden z.B. vielfach die durch die anomalen Ueberführungszahlen zum Ausdruck kommenden verwickelten Dissoziationen ausreichen. Die Bildung der Jonen verläuft eben nicht überall so einfach, wie man das mit großer Wahrscheinlichkeit z.B. beim KCl annehmen darf: KClK' + Cl'. An anderen Stellen wiederum hat sich der Verfasser die Jonisierung zu schwierig gemacht, so z.B. auf S. 572, wo er sich große Mühe gibt, das Auftreten von einwertigem Sauerstoff zu erklären. Während bei der Elektrolyse von Wasser an der Kathode der einfache elektrische Vorgang 2H' – 2' = H, stattfindet, haben wir an der Anode gleichzeitig einen elektrischen und einen chemischen Vorgang. 2(HO)' – 2' = 2(HO) = H2O + O Man kann sich das Anion (HO)' denken als (HO)' = (H' + O'') = (H' + O')'. Die beiden Elektronen in der Klammer binden sich gegenseitig; O bleibt also stets zweiwertig. Immerhin sind das aber nur Einzelheiten für die man weder in der einen noch in der anderen Richtung einen exakten hypothesenfreien Beweis erbringen kann; was ja auch in der Natur der Sache liegt: denn die ganze Kinetik ist doch mehr oder weniger überhaupt nur Hypothese. Mit dem vorliegenden Bande ist das ganze Werk abgeschlossen. Sein Wert besteht darin, daß der Verfasser sich, und wie man wohl sagen darf, mit gutem Erfolg bemüht hat, das ganze Gebiet der Physik von der rein kinetischen Naturauffassung aus zu bearbeiten. Jeder, der diese Auffassung einheitlich kennen lernen will, wird nicht umhin können, Weinsteins Thermodynamik studieren zu müssen. Dr. K. Schr.