Titel: Bücherschau.
Fundstelle: Band 324, Jahrgang 1909, S. 384
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Bücherschau. Bücherschau. Angewandte Mechanik. Von J. Perry, Ein Lehrbuch für Studierende. 666 Seiten. 371 Figuren. Geb. 18 M. Leipzig und Berlin 1908. B.G. Teubner. Der Unterricht in Deutschland erfreut sich seit langem besonderer Pflege und gilt vielfach als vorbildlich. Aber gerade dann, wenn sich eine Entwickelung in festen traditionellen Bahnen bewegt, ist es ratsam, von Zeit zu Zeit zu prüfen, ob sie auch in lebendiger Berührung mit der Wirklichkeit geblieben ist, und es ist von Wert, zu sehen, wie man es anderwärts macht. In dem Lehrbuch der „Angewandten Mechanik“ eines englischen Pädagogen wie Terry hoffen wir etwas von dem praktischen Sinn anzutreffen, der dem Engländer nachgerühmt wird. Und wir werden hierin nicht getäuscht. Schon die allgemeinen Gesichtspunkte lassen dies erkennen, die der Verfasser bei seinem Unterricht in der technischen Mechanik auf Grund langjähriger Lehrerfahrung befolgt. Da finden wir zuförderst neben den Vorlesungen, graphischen und rechnerischen Uebungen das mechanische Laboratorium mit Apparaten, welche die mechanischen Grundgesetze veranschaulichen und an denen der Studierende selbst Messungen ausführt. Nicht in allem, aber doch in den Hauptsachen lernt der Studierende nicht nur vom Hörensagen, sondern durch die eigene Beobachtung. „Es hat sich,“ schreibt der Verfasser, „ergeben, daß meine Methode Ingenieure erzieht, die ihre Kenntnisse stets zur Anwendung auf praktische Aufgaben bereit haben und sich zugleich der Grenzen bewußt sind, innerhalb derer ihre Kenntnisse Nutzen bringen.“ Ein aktiver, stets auf die Anwendung gerichteter Zug geht durch das Buch. Keine einseitige Bevorzugung eines einzelnen Zweigs, keine Bevorzugung des Graphischen, oder des Analytischen. In den Mittelpunkt des Unterrichts sind die einfachen, an Zahl nicht großen Grundlehren gestellt und diese sind eingehend und gründlich demonstriert und angewandt. Eine große Menge einfacher Uebungsbeispiele sind zusammengestellt und im klein gedruckten Text auf schwierigere Probleme hingewiesen, wie plötzliches Aufhalten strömenden Wassers, Resonanzschwingungen, Massenausgleich. Zum Teil sind diese Abschnitte für sich verständlich, zum Teil sind sie als Anleitung zum Studium und zur Uebersicht von Spezialwerken nützlich, weil der Verfasser bestrebt ist, das grundsätzlich Wichtige und technisch Anwendbare hervorzuheben. Von den 30 Kapitelüberschriften seien erwähnt: Arbeit oder Energie. Reibung. Wirkungsgrad. Elementare, analytische und graphische Methoden. Allgemeines über Maschinen. Kinetische Energie. – Baustoffe. Zug und Druck. Abscherung und Torsion. Schwierigere Theorie der Elastizität. Biegung. Träger. Schwierigere Be-lastungs- und Stützungsfälle. Knickung. Bogenbrücken. Messung eines Stoßes. Hydrodynamik. Periodische Bewegung. Mechanismen. Centrifugalkraft. Federn. Wie ersichtlich, ist der Festigkeitslehre breiter Raum gewährt. Hier findet man auch manche hübsche Veranschaulichung z.B. der Kräfte in einem beliebigen Querschnitt eines Freiträgers. Es ist nicht beabsichtigt und in Kürze auch nicht möglich, auf einzelnes einzugehen. Der Geist, in dem das lebendig und originell geschriebene Buch abgefaßt ist, verdient alle Anerkennung und Beachtung. Daß auch in Deutschland ähnliche Bestrebungen in Gang sind, darf erwähnt werden, so das Anfertigen von Apparaten im Physikunterricht der Vorschulen; auf der letzten Münchener Industrie- und Gewerbeausstellung konnte man sehen, was unter der Leitung unserer sehr strebsamen Volksschullehrer Erfreuliches in dieser Richtung geleistet wird. An der Technischen Hochschule in Charlottenburg hat Eugen Meyer ein Laboratorium für Technische Mechanik eingerichtet. Perrys Buch ist ungemein reichhaltig und anregend, besonders für Lehrer der Technischen Mechanik und solche Studierende, die das Glück haben, in einem Laboratorium für Technische Mechanik arbeiten zu können. Für „Examenskandidaten“ ist es nicht geschrieben. Für Lehrer der Mechanik enthält es die eindringliche Mahnung: Schafft Laboratorien für Technische Mechanik! Dr.-Ing. Max Enßlin. Bei der Redaktion eingegangene Bücher. Nivellierkunst. Anleitung zum Nivellieren von Professor Dr. C. Pietsch. Sechste Auflage. Mit 61 Abb. Leipzig 1908. J.J. Weber. Preis geb. M. 2.–. Massengüterbahnen. Von Dr. Walter Rathenau und Professor Wilhelm Cauer. Mit 1 lithographierten Tafel. Berlin 1909. Julius Springer.