Titel: Bücherschau.
Autor: A. Marx
Fundstelle: Band 331, Jahrgang 1916, S. 195
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Bücherschau. Bücherschau. Der Verstoß gegen die allgemein anerkannten Regeln der Baukunst. Von Dr.-Ing. Alfred Berlowitz. Berlin 1915. Julius Springer. Preis geb. 2,– M. Der § 330 des Strafgesetzes für das Deutsche Reich lautet: „Wer bei der Leitung oder Ausführung eines Baues wider die allgemein anerkannten Regeln der Baukunst dergestalt handelt, daß hieraus für andere Gefahr entsteht, wird mit Geldstrafe bis zu 900 M oder mit Gefängnis bis zu einem Jahr bestraft.“ Der Verfasser macht es sich zur Aufgabe, die durch diesen Paragraphen gegebene Rechtslage und den durch die Praxis der Gerichte geschaffenen Rechtszustand vom Standpunkte des Technikers aus näher zu untersuchen. Eine sehr dankenswerte Aufgabe, deren Lösung dem Techniker die im praktischen Falle nötige Rechtsbelehrung bringt, und zwar in klarer, scharf durchdachter Weise. Zunächst wird der Begriff „Bau“ untersucht, der an zu großer Unbestimmtheit leidet; es wird festgestellt, daß die Auffassung der beteiligten Verkehrskreise sich mit der Zweckbestimmung des Gesetzes deckt, und daß das Geltungsbereich des Begriffes „Bau“ sich erstreckt auf erstens Hoch- und Tiefbauten aller Art, zweitens Vorbereitungs- und Hilfsarbeiten im Baugewerbe einschließlich der dabei gebrauchten Hilfsgeräte und Rüstungen, drittens Herstellung einzelner Bauteile und bauliche Ausbesserungen, viertens Abbruche der vorgenannten Konstruktionen. Von besonderem Interesse ist der fernere Abschnitt, der sich mit „Leitung“ und „Ausführung“ eines Baues und mit den „Allgemein anerkannten Regeln der Baukunst“befaßt. Auch hier geht der Verfasser mit größter Klarheit der Ausführungen vor und analysiert die Rechtsprechung an Hand einer Mehrzahl von Beispielen. Insbesondere werden die Pflichten der Bauleitung, der Bauführer, Poliere, Handwerker, Arbeiter behandelt; als wichtigstes Ergebnis der Untersuchungen erscheint aber die scharfe Umgrenzung des Begriffes der allgemein anerkannten Regeln der Baukunst. In den folgenden Abschnitten werden dann behandelt: Vorsatz und Fahrlässigkeit, Anstiftung, Mittäterschaft und Beihilfe, die gefährdeten Personen und Rechtsgüter, die Gefährdung (vier charakteristische Beispiele) und die Verjährung. Der Verfasser kommt zu dem Endergebnis, daß einerseits die Aufgabe des § 330 mit der Bestrafung des Schuldigen nicht als erfüllt angesehen werden kann, daß vielmehr das Gesetz das Verantwortlichkeitsgefühl des Technikers im Interesse der öffentlichen Sicherheit stärken soll, und daß andererseits der erstrebte Erfolg so lange unsicher bleibt, als noch Zweifel über die Auslegung bestehen können, und diese sind möglich, wie bewiesen wurde; insbesondere gibt der Begriff „allgemein anerkannte“ Regeln Anlaß zu Schwierigkeiten der Festsetzung. Verfasser gelangt zum Vorschlage einer neuen Fassung des § 330, welche lautet. „Wer durch Mitwirkung an der Errichtung, Abänderung, Ausbesserung oder an dem Abbruch von Hoch- und Tiefbauten aller Art, einschließlich der dazu gehörenden Vor- und Nebenarbeiten, andere infolge Verstoßes gegen die Regeln der Technik gefährdet, wird mit Geldstrafe usw.“ Als von ganz besonderem Interesse ist der Abschnitt „Gefährdung“ mit seinen vier ganz charakteristischen Beispielen hervorzuheben, durch welche gezeigt wird, welcher Art die Fälle sind, die der Strafbestimmung unterliegen (tatsächliches und wahrscheinliches Eintreten einer Gefährdung). Ich kann die Berlowitzsche Schrift allen, die Interesse an diesem außerordentlich wichtigen Gegenstand haben, aufs angelegentlichste empfehlen. Dr. Nitzsche. Robert Mayer über die Erhaltung der Kraft. Vier Abhandlungen, neu herausgegeben und mit einer Einleitung sowie Erläuterungen versehen von Dr. A. Neuburger. Voigtländers Quellenbücher Band 12. Leipzig 1916. R. Voigtländer. Preis 0,90 M. Es ist zweifellos ein verdienstliches Unternehmen des Verlages, eine billige Ausgabe der vier Abhandlungen Robert Mayers über das Gesetz von der Erhaltung der Kraft oder, wie wir jetzt richtiger sagen, von der Erhaltung der Energie veranstaltet zu haben. Die erste dieser Abhandlungen führt die Ueberschrift: Ueber die quantitative und qualitative Bestimmung der Kräfte. Sie ist seiner Zeit (1841) dem Herausgeber der Annalen der Physik und Chemie eingesandt, von ihm aber nicht abgedruckt worden. Eine ganze Reihe von Berufenen und Unberufenen hat sich im Laufe der Zeiten bemüßigt gefühlt, gegen Poggendorff wegen seiner ablehnenden Haltung Vorwürfe zu erheben. Noch in diesen Tagen konnte man in einem Zeitungsartikel (Roter Tag, 27. April) aus der Feder eines bekannten Tagesschriftstellers lesen: Poggendorff, dem er seine kleine, aber grundlegende Schrift einreichte, wies ihn zurück.“ Wer sich nun die Mühe nimmt, den Aufsatz Robert Mayers im Original zu lesen, wird überrascht sein, eine Mitteilung des Gesetzes der Erhaltung der Kraft nicht vorzufinden. Wovon R. Mayer spricht, ist etwas anderes, ist das, was wir jetzt Bewegungsgröße (Masse mal Geschwindigkeit) nennen; von der Energie \frac{1}{2}\,m\,v^2 ist gar keine Rede. Eine einzige Stelle klingt leise an, wenn R. Mayer sagt: „Bewegung geht in Wärme über..., die entstandene Wärme ist der entschwundenen Bewegung proportional.“ Daneben aber findet sich der Satz: „Das Licht bekommt also die Formel: 0,2\,\frac{M}{\infty}\,\infty\,C. Wenn man gerecht sein will, muß man sagen, daß Poggendorff mit seiner Ablehnung dieser Arbeit Robert Mayers durchaus im Recht war. Selbst die zweite Arbeit R. Mayers: „Bemerkungen über die Kräfte der unbelebten Natur“, die von Liebig in seinen Annalen der Chemie und der Pharmazie 1842 veröffentlicht wurde, bringt noch recht allgemein gehaltene physikalische Ueberlegungen, untermischt mit philosophischen Grundsätzen, die Robert Mayers Gedanken nicht klar genug hervortreten lassen. Das kann man erst von der dritten Arbeit „Bemerkungen über das mechanische Aequivalent der Wärme“ (1850) und vor allem von der hochinteressanten vierten Arbeit „Die organische Bewegung in ihrem Zusammenhange mit dem Stoffwechsel“ (1845) sagen. Leider wird der Genuß beim Lesen der Originalabhandlungen des Entdeckers des Gesetzes von der Erhaltung der Energie durch die Erläuterungen des Herausgebers getrübt, die, so weit sie sich auf das Physikalische beziehen, recht viele Unrichtigkeiten und Irrtümer enthalten. Der Verlag hätte besser getan, mit der Herausgabe einen Physiker zu betrauen. E. Jahnke. Deutscher Ausschuß für Eisenbeton. Heft 32. Probebelastung von Decken. Berichte nach Versuchen des Königl. Materialprüfungsamtes in Berlin-Lichterfelde-West und der Aktiengesellschaft für Beton- und Monierbau in Berlin. Teil I von Prof. M. Gary, Abteilungsvorsteher im Königl. Materialprüfungsamt, Teil II von Geh. Regierungsrat Professor M. Rudeloff, Direktor des Königl. Materialprüfungsamtes. Wilhelm Ernst & Sohn. Preis geh. 2,– M. Nach den bisherigen Bestimmungen für die Ausführung von Eisenbetonbauten (vom Jahre 1907) war bei Belastung des ganzen Deckenfeldes das Höchstmaß der Auflast zu 0,5 g + 1,5 p, das bei Streifenbelastung zu g + 2 p vorgeschrieben, wo g das Eigengewicht in kg/m2 und p die Nutzlast in kg/m2 bedeutet. Die neuesten Bestimmungen (Bestimmungen für Ausführung von Bauwerken aus Eisenbeton; aufgestellt vom deutschen Ausschuß für Eisenbeton, Oktober 1915; Berlin 1915; Wilh. Ernst & Sohn; 0,50 M) begnügen sich mit der 1,5-fachen Nutzlast (bei Belastung eines Deckenfeldes). Wie aus der Einleitung hervorgeht, scheint diese Bestimmung auf Grund der in Heft 32 des D. A. für Eisenbeton beschriebenen Versuche gegeben worden zu sein. Jedenfalls bezweckten die Versuche die Beantwortung der beiden Fragen: 1. Wie hoch ist die Probelastung zu bemessen? und 2. wann kann eine Probebebelastung als zufriedenstellend angesehen werden? Zur Beantwortung dieser Fragen wurden eine Reihe von Eisenbetondecken der Prüfung unterzogen, wobei die Durchbiegungen an verschiedenen Stellen gemessen wurden. Die meisten der Decken waren auf zwei Seiten auf Mauerwerk frei aufgelagert, Decke IV war eine eingespannte Eisenbetonkonstruktion (durchlaufende Decke), Decke VI war eine auf vier Seiten aufgelagerte Platte. Ferner werden die Versuchsergebnisse von Probebelastungen mitgeteilt, welche bereits im Jahre 1905 auf Antrag der Aktiengesellschaft für Beton- und Monierbau in der Versuchsanstalt ausgeführt wurden. Allgemeine Schlüsse lassen sich aus den genannten Versuchen noch nicht ziehen; fest steht, daß die bleibenden Durchbiegungen das Maß von 0,5 cm nicht überschritten, meist sogar unter diesem Wert blieben, und daß ausführliche Formänderungsmessungen notwendig sind, um ein klares Bild über das Verhalten einer Eisenbetondecke zu erhalten. Dipl.-Ing. A. Marx.