Titel: Bücherschau.
Autor: Heintzenberg
Fundstelle: Band 332, Jahrgang 1917, S. 344
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Bücherschau. Bücherschau. Emil Rathenauund das Werden der Großwirtschaft. Von A. Riedler. 4. Tausend. Berlin 1916. Julius Springer. Preis geh. 5,– M, geb. 6,– M. „Das Werden der Großwirtschaft und Emil Rathenau“ sollte dies Buch heißen. Denn sein Schwergewicht liegt ganz offenbar in der meisterhaften Schilderung der Entwicklung der Maschinentechnik von der kleinen Einzelwirtschaft der Fabriken in der Mitte des vorigen Jahrhunderts zu der volkswirtschaftlichen Bedeutung der heutigen Großunternehmungen. Die Person Emil Rathenaus tritt dabei in gewissem Sinne ziemlich weit in den Hintergrund, sie bildet nur ein Beispiel: Wie im Wirken dieser gewaltigen Werde- und Entwicklungszeit an einer Stelle, auf einem bestimmten Gebiet, ein freilich das allgemeine Maß überragender Mensch werktätig schaffend und die Zeitentwicklung mit starker Hand und starkem Geist beeinflussend, getragen von dem Strom der Entwicklung und doch mit sicherem Willen darin steuernd, die Zeichen der Zeit erfaßt und vermöge seines eindringenden Verstehens sich und sein Werk zu einem mächtigen Baustein in der Entwicklung der heutigen Großwirtschaft heranbildet. Weit über eine Darstellung des Lebensganges und der persönlichen Entwicklung Rathenaus hinaus geht diese Darstellung des Werdens der Großwirtschaft. Wohl ist das Buch, das unmittelbar nach dem Tode Rathenaus geschrieben ist, als Würdigung seines Lebenswerkes, seiner Verdienste und seiner Persönlichkeit gedacht, aber dieses Lebenswerk wird von dem höheren Gesichtspunkt aus überschaut, daß es eben organisch hineingewachsen ist in das Werden der Großindustrie. Nach einem unvollständigen Bruchstück einer Selbstbiographie, das im Nachlaß Rathenaus gefunden ist und in dem Buche wohl mehr aus Pietät denn aus Interesse Platz gefunden hat, geht Riedler unmittelbar zu seinem eigentlichen Stoff über. „Alte Zeiten und neue Richtungen“, „Energiewirtschaft und Massenfabrikationen“, „Frühere Verhältnisse und Anschauungen der Technik“, drei Kapitel voll reichen Gedenkens und reicher Gedanken, leiten über zu „Großbetrieb“ und „Großwirtschaft“, der Darstellung der heutigen, auf Massenerzeugung und Massenversorgung eingestellten Großindustrie. Jede Seite der klaren, anschaulichen Darstellungen zeigt, daß der Verfasser in einem an Erfahrungen reichen, lebendigen Leben an den Verhältnissen, die er schildert, selbst teilgenommen hat. Er sagt selbst (Z. d. V. d. I. 1917 S. 318): „Ich wollte in dem Buche eine große Entwicklungszeit kennzeichnen, weil gar bald niemand mehr da sein wird, der das große Werden der Technik von den entscheidenden Anfängen an selbst schaffend miterlebt hat“, und wir müssen ihm dankbar sein für diesen Willen, der mit der einzigartigen Sachkenntnis Riedlers uns diese lebensvolle Darstellung beschert hat. Das Buch dürfte nicht aus der Feder eines Riedler stammen, der jahrzehntelang für die freie Voranentwicklung der Technik gekämpft hat, wenn nicht auch hier und da ein Hieb, ein Kampfruf aufspringen sollte. Was über das Patentwesen, was über die gegenseitige Wertung von Theorie und Praxis und Wissenschaft in der Technik gesagt wird, über Ingenieurarbeit und ihre Wertung und mancherlei anderes, das erinnert an die Zeiten des Kampfes, da Riedler eintrat für Wertung und Achtung des Wesens technischer Geistesarbeit gegenüber anderen, bevorzugten Gebieten. Und vollends das Schlußkapitel „Kommendes und Vergangenes“, das sich einem Kapitel „Persönliches“ mit einer eingehenden Würdigung der persönlichen Eigenschaften Rathenaus anschließt und sich ausführlich über die Schulbildung der Ingenieure und Techniker im besonderen und der heutigen Jugend im allgemeinen ausspricht, über unsere Mittelschulen und Hochschulen und ihren Lehrbetrieb, da sehen wir Riedler wieder auf seinem alten Schlachtfelde, wo er manchen Strauß zur Ehre und Wahrung des Ansehens der Technik und ihrer Wissenschaft ausgefochten, und wir sehen, daß sein Schwert auch heute noch scharf ist, wo der Kampf auch auf diesem Gebiete unter dem Eindruck des von den Vertretern der wissenschaftlichen Technik Geschaffenen von neuem aufzulodern scheint. Ein erstaunlicher Reichtum des Inhalts für ein Buch von 250 Seiten. Ein Buch, das gelesen werden sollte von jedem, dem das Verständnis für Werden und Ansehen der Technik am Herzen liegt. Dipl.-Ing. W. Speiser. Handbuch der Fräserei. Kurzgefaßtes Nachschlagebuch für den allgemeinen Gebrauch. Gemeinverständlich bearbeitet von Emil Jürthe und Otto Mietzschke, Ingenieure. Vierte, durchgesehene und vermehrte Auflage. Mit 362 Abbildungen, Tabellen und einem Anhang über Konstruktionen der gebräuchlichsten Zahnformen bei Stirn- und konischen Getrieben sowie Schnecken- und Schraubenrädern. 317 Seiten. Berlin 1917. Julius Springer. Preis geb. 12,– M. Fräser und Fräsmaschinen beherrschen heute wichtige Gebiete der neuzeitlichen Werkstattechnik. Das genaue Vertrautsein mit ihren verschiedenen Formen und ihrer Anwendungsmöglichkeit gehört nicht allein zu den selbstverständlichen Anforderungen an den Werkstattingenieur, es muß auch vom Konstrukteur verlangt werden, damit er nicht Formen zu Papier bringt, die nachher erst im Betriebe den Bedürfnissen wirtschaftlicher Arbeitsverfahren entsprechend abgeändert werden müssen; schließlich wird aber die eingehende Kenntnis der Frästechnik auch dem strebsamen Arbeiter zu hohem Nutzen gereichen. Der Inhalt des vorliegenden Handbuches ist geschickt zusammengestellt und unmittelbar aus der Praxis geschöpft, so daß Betriebsleiter, Konstrukteure und Arbeiter, jeder von seinem Gesichtspunkte aus, reiche Belehrung und Anregung darin finden werden. Der erste Teil des Buches behandelt die Fräser, ihre verschiedenen Formen, ihre Herstellung, die Schnitt- und Schaltgeschwindigkeiten, dann die Feuerbehandlung der Fräser, sowie das Schleifen und Schärfen. Aus dem zweiten Teil, der sich mit den Fräsmaschinen befaßt, sind besonders die Abschnitte über Teil-, Spiral- und Kopierarbeiten sowie das Fräsen von Zahngetrieben hervorzuheben. Ein umfangreicher Anhang enthält schließlich noch eine leicht faßliche Darstellung der verschiedenen Verzahnungen und der Bestimmung der Abmessungen von Zahntrieben. Leider müssen hier einige unerfreuliche Feststellungen über den literarischen Wert des technisch vortrefflichen Buches angeschlossen werden. Im Kampfe um seine gesellschaftliche Anerkennung sollte den Ingenieur das technische Schrifttum unterstützen. Was für eine Vorstellung bekommt aber der Außenstehende – sagen wir beispielsweise ein Jurist – von der Allgemeinbildung des Ingenieurs, wenn er in einem solchen Buch in erschreckender Zahl Verstöße gegen die deutsche Sprache findet? Daß mit Vorliebe die „Umstellung nach und“ angewendet wird, dürfte allenfalls übergangen werden, wenn aber in einem von einer der ersten technischen Verlagsanstalten in vierter Auflage herausgegebenen Buche sich Sätze finden wie: „ . . . . wenn Stirnzähne an den Fräser angeordnet sind“ (S. 40) oder: „Die Zähne der ersten beiden Gewindesteigungen stehen über das Radmittel“ (S. 284) oder wenn auf S. 88 von einem „harten Kampf gegen alten Ueberlieferungen“ die Rede ist, so muß gegen eine derartige Verunglimpfung der deutschen Sprache mit allem Nachdruck Einspruch erhoben werden. Leider sind diese Schnitzer so häufig, daß es sich nicht um Druckfehler handeln kann, zumal der Satz von anderen Druckfehlern völlig frei ist. Man kann dem Buch wegen seines unzweifelhaften Wertes für weite technische Kreise gern noch viele Auflagen wünschen, es muß aber verlangt werden, daß bei nächster Gelegenheit eine gründliche Sprachreinigung vorgenommen wird. Heintzenberg.