Titel: Ueber die Fabrikation des reinen Ammoniums in Frankreich und über dessen verschiedene Verwendung .
Fundstelle: Band 11, Jahrgang 1823, Nr. LIII., S. 319
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LIII. Ueber die Fabrikation des reinen Ammoniums in Frankreich und über dessen verschiedene Verwendung Wir verweisen hiebei auch auf die nachfolgende Abhandlung „Bereitung des Salmiaks etc.“. Aus dem Dictionaire Technologique. In Gill's technic. Repository September 1812. S. 90. Ueber die Fabrikation des reinen Ammoniums in Frankreich. Ammonium ist eines der aͤltesten bekannten Alkalien. Wegen seiner Fluͤchtigkeit nannte man es fluͤchtigen Geist, fluͤchtiges Alkali, fluͤssiges fluͤchtiges Alkali, fluͤchtigen Salmiak-Geist, und in neuern Zeiten, weil man dasselbe vorzuͤglich aus dem Salmiak oder Sal ammoniacum bereitet, Ammonium. Dieses Alkali gleicht in seinen Bestandtheilen durchaus keinem der uͤbrigen: es ist so weit von den Metall-Oxiden entfernt, unter welche man die uͤbrigen Alkalien rechnet, daß es bloß als eine Verbindung von Stikstoff und Wasserstoff betrachtet werden kann. Einige der ausgezeichnetsten Chemiker haben behauptet, daß Ammonium Sauerstoff enthalte, und haben selbst das Verhaͤltniß desselben wie 20 zu 100, nach der Saͤttigungs-Capacitaͤt desselben berechnet; es war indessen, bis auf die neuesten Zeiten, unmoͤglich, diese Behauptung geradezu und durch positive Beweise zu begruͤnden. Man erhielt, als Resultat der Analyse, nur Stiksstoff und Sauerstoff im Verhaͤltnisse von einem Maße des ersteren zu drei Maßen des lezteren. Da man bisher aber nur erwiesen hat, daß das eine oder das andere dieser Gasarten, oder vielleicht beide zugleich, Oxide sind, so wird man gestehen muͤssen, daß die Zusammensezung des Ammoniums von jener der uͤbrigen Alkalien ganz verschieden ist. Die Natur des Ammoniums zeigt, daß bloß Stikstoffhaltige Substanzen zur urspruͤnglichen Bildung desselben beitragen, und dieses Alkali ist auch wirklich bloß ein Product der Zersezung thierischer Stoffe, wie wir taͤglich uns uͤberzeugen koͤnnen: wo thierische Stoffe angehaͤuft sind, dort findet sich auch Ammonium. Und selbst das gegenwaͤrtig gebraͤuchliche Verfahren bei Erzeugung des Ammoniums ist eine unmittelbare Folge dieser Beobachtung: sobald man thierische Stoffe der Einwirkung der Waͤrme aussezt, zersezen sich dieselben, und liefern, nebst anderen Producten, auch eine bedeutende Menge fluͤchtiges Alkali. Wasserfreies Ammonium ist ein bestaͤndig gasfoͤrmig bleibender Koͤrper von starkem und durchdringendem Geruͤche, der das Wasser reichlich aus den Augen laufen macht. Dieses im Wasser hoͤchst aufloͤsbare alkalische Gas ist ein maͤchtiges Aezmittel, und erzeugt, wo es, selbst in Wasser aufgeloͤst, auf die Haut gebracht wird, in kurzer Zeit Blaͤtterchen auf derselben: Eigenschaften wegen welcher es auch in der Medicin angewendet wird; z.B. als Wiederbelebungs-Mittel bei Ohnmachten, wo der heftige Reiz auf die Schleimhaut der Nase, wenn man Ammonium unter dieselbe haͤlt, die Lebensgeister neu belebt Nichts kann verderblicher seyn, als wenn Nichtaͤrztliche uͤber aͤrztliche Gegenstaͤnde sprechen. Alle Aerzte sind uͤberzeugt, daß durch unbedingte Anwendung des Ammoniums bei Ohnmachten, wo nicht mehr Unheil als Nuzen, doch gewiß eben soviel entstanden ist. Tausende, denen man in unverstaͤndiger Geschaͤftigkeit das Ammonium unter die Nase hielt, sind, statt dadurch wieder belebt zu werden, erst vollkommen getoͤdtet worden, weil sie davon uͤberreizt wurden. Wo der Arzt lang ansteht, ehe er sich zu der Anwendung eines bestimmten Mittels bequemt, darf man es nicht den Laien uͤberlassen, davon unbedingt Gebrauch zu machen. A. d. Ueb. ; als rothmachendes oder selbst als Aezmittel, wenn es in damit befeuchteten Leinwand-Laͤppchen auf die Haut gelegt, oder, was besser ist, mit Fett oder Oel zu einer Seife verbunden, und so auf die Haut angewendet wird. Es wirkt auf diese Weise schneller als Zugpflaster. Es dient ferner bei dem Bisse wuͤthender Thiere, um jene Theile, welche dadurch verlezt wurden, gewisser Massen zu brennen, und zu zerstoͤren, und dadurch der Einsaugung des Giftes vorzubeugen Diese Erklaͤrungs-Art ist ganz falsch. Alle kaustischen Alkalien haben, nach den vielfaͤltigen widerholten Erfahrungen von Redi, Fontana, Mederer von Wuthwehr etc. die Eigenschaft, das Gift der Schlangen, und selbst das Hundswuth-Gift, zu neutralisiren, und ganz unschaͤdlich zu machen. Es ist so wahr, daß kaustische Alkalien diese Gifte unschaͤdlich machen, daß man sich mit einer Lancette, welche man in eine Mischung von diesen Giften mit einem kaustischen Alkali taucht, ohne allen Nachtheil stechen oder schneiden kann, und es ist falsch, daß das Ammonium durch ein Brennen der Wunde die Einsaugung des Giftes hindert oder unmoͤglich macht, daß vielmehr jedes kaustische Alkali, wenn es sehr concentrirt und nicht reichlich mit Wasser verduͤnnt ist, die wohlthaͤtige Wirkung des Alkali gaͤnzlich vereitelt. Die Lauge, mit welcher man die vergiftete Wunde eines tollen Hundbisses auswaschen muß, um den Biß unschaͤdlich zu machen, darf nicht staͤrker seyn, als daß man sie im Munde halten kann; wenn man sie staͤrker anwendet, zieht sie, durch den Schmerz, den sie an den Wundraͤndern erregt, dieselben zusammen, und hindert die Lauge zwischen dieselben und in die Tiefe der Wunde einzudringen, und dort das Gift zu neutralisiren und zu zerstoͤren. Es ist unglaublich, daß die herrlichen Versuche des Freiburger Professors Mederer von Wuthwehr (eines urspruͤnglichen Baiers, der zu Wien als General-Feldstabsarzt der k. k. oͤsterr. Armee starb), durch welche es so klar, als irgend etwas in der Medicin klar seyn kann, erwiesen ist, daß das schnelle, wo moͤglich augenblikliche, Auswaschen der von einem tollen Hunde erhaltenen Wunde mit gemeiner Lauge, so wie man sie bei jedem Seifensieder und auf den meisten Herden immer vorraͤthig findet, in obenangegebener Staͤrke, das einzige sichere Mittel ist, wodurch diese gefahrvollen Bisse gaͤnzlich unschaͤdlich gemacht werden koͤnnen, wenn uͤberdieß noch die ausgewaschene Wunde gehoͤrige Zeit uͤber in erfoderlicher Eiterung gehalten wird, so wenig bekannt und benuͤzt bleiben konnten. Wuͤrden die Pfarrer in den Schulen dieses Mittel gegen den tollen Hundsbiß, statt des Hubertus-Sluͤssel, der Schuljugend empfehlen, und in den Schulen zur allgemeine Kenntniß bringen, so wuͤrde manches Todesopfer dem Grabe entrissen. Wir wuͤrden uns keine medicinische Bemerkung in unserem Journale erlaubt haben, wenn nicht der Hr. Verfasser durch seine irrigen Ansichten in einer hoͤchst wichtigen Sache uns dazu, gezwungen haͤtte. A. d. Ueb. , und wenn es mit vielem Wasser verduͤnnt ist, auch die Schmerzen, die von dem Stiche der Insecten entstehen, zu lindern. Auch in den Kuͤnsten wird Ammonium angewendet. Es dient zur Aufloͤsung des Carmines, und zieht aus den Schuppen des Weißfisches einen Stoff aus, den man zur Verfertigung kuͤnstlicher, sogenannter falscher Perlen verwenden kann. In der Chemie wird es sowohl als Aufloͤsungs-Mittel, als auch als Faͤllungs-Mittel gewisser Stoffe, deren Daseyn es beurkundet, haͤufig verwendet. Sehr viele Metall-Oxide sind in Ammonium aufloͤsbar, und koͤnnen dadurch von andern nicht aufloͤsbaren geschieden werden. Alle Silbersalze, mit Ausnahme des blausauren Silbers, sind in diesem Alkali aufloͤsbar: das chlorsaure Silber loͤst sich mit solcher Leichtigkeit in demselben auf, daß man bereits an gewissen Silberbergwerken, vorzuͤglich an jenen in Mexico und Peru, ernstlich damit umging, sich des Ammoniums statt des Queksilbers zu bedienen, und die Amalgamation aufzugeben, indem man, theils wegen der Langsamkeit derselben, theils wegen Mangels an kraͤftigem Brennmateriale, wodurch das Roͤsten unmoͤglich und man gezwungen wurde, auf eine groͤßere Masse von Eisen, oder wenigstens auf aͤrmere Erze zu wirken, sehr großen Verlust an Queksilber erlitt. Man wird jezt den Versuch machen, und das chlorsaure Silber in Ammonium aufloͤsen, wodurch zugleich durch Eintauchung von Kupferplatten in diese Aufloͤsung, das Silber im metallischen Zustande niedergeschlagen werden kann. Da das Ammonium keine besonders starke Verwandtschaft zu den Saͤuren besizt, so kann es beinahe aus allen seinen salzigen Verbindungen durch die meisten Basen geschieden werden: einige derselben, wie z.B. jene mit der Bittererde, werden nur zum Theile zersezt, und verbinden sich mit demselben, die Natur der Saͤure beibehaltend, zu einem Doppelsalze; dieß ist indessen ein seltener Fall, und gewoͤhnlich geschieht die Zersezung vollkommen. So scheidet nicht bloß Pottasche und Soda, sondern auch Kalk, Schwererde und Strontian, und selbst die meisten Metalloxide, das Ammonium aus den Salzen, deren Basis dasselbe bildet. Es gibt also Mittel genug, um dieses fluͤchtige Alkali sich zu verschaffen, und es handelt sich bei der Wahl derselben bloß um ihre Wohlfeilheit. In Laboratorien und auch in Fabriken bedient man sich zur Bereitung desselben einer Mischung aus frisch gebranntem, mit Wasser geloͤschtem Kalke und gepuͤlvertem Salmiak. Will man es in gasfoͤrmigem Zustande, so nimmt man kaustischen wasserfreien Kalk, und wendet, so wie bei anderen im Wasser aufloͤsbaren Fluͤssigkeiten, Queksilber an. Um es in fluͤssigem Zustande zu erhallen, bedient man sich eines gewoͤhnlichen Woulfe'schen Apparates aus einer irdenen Retorte und drei bis vier Flaschen mit Verbindungs-Roͤhren und Sicherheits-Roͤhren. Wo eine große Menge auf einmal bereitet wird, nimmt man statt einer Retorte einen Topf oder einen Cylinder aus Gußeisen, an welchem ein hinlaͤnglich geraͤumiger Apparat angebracht wird: zuweilen bedient man sich bloß steinerner Flaschen, die auf dieselbe Weise, wie bei Bereitung der Hydrochlorsaͤure angewendet werden. Man beginnt die Operation durch Zerkleinung des Kalkes mit etwas Wasser, und bringt in dieser Hinsicht kleine Stuͤke Kalkes in eine irdene Pfanne oder in ein hoͤlzernes Faß, und besprengt sie nach und nach auf allen Seiten mit Wasser solang, bis aller Kalk geloͤscht ist, wo man ihn dann abkuͤhlen laͤßt, und durch ein Sieb treibt. Einige Fabrikanten empfehlen die Anwendung des wasserfreien Kalkes, den sie bloß in einem Moͤrser stoßen: diese Methode hat jedoch ihre Nachtheile: die Arbeit wird bedeutend vermehrt, und die Operation selbst ist viel laͤstiger; der Kalk wird uͤberdieß nicht gehoͤrig und gleichfoͤrmig zertheilt. Ein Hauptgrund gegen obige Methode ist endlich die Gegenwart des Wassers in dem Kalke, wodurch die Zersezung ohne Vergleich leichter wird: das Wasser dient als Vehikel fuͤr das Gas, und wird mit groͤßerer Schnelligkeit losgerissen. Der Salmiak wird auf die gewoͤhnliche Weise gepulvert. Man macht dann eine Mischung aus gleichen Theilen dieser beiden Substanzen, bringt sie in eine Retorte oder in einen Cylinder, je nachdem die Menge groß ist, und gibt Acht, daß das Gefaͤß nicht ganz voll wird. Gewoͤhnlich mischt man nicht alles auf einmal, um weniger von dem Geruche, der sich dabei entwikelt, zu leiden zu haben. Nachdem die Materialien auf diese Weise vorgerichtet wurden, wird die Retorte oder der Cylinder mit dem Apparate verbunden, dessen Theile, vorher alle gehoͤrig in einander gepaßt worden seyn muͤssen. Die erste Flasche, in welcher das Gas gewaschen, d.h., von allen fremden Stoffen gereinigt wird, ist mit einer großen krummen Roͤhre vorgerichtet. Mit dieser Flasche, in welche etwas Wasser gegossen wird, und die mit einer Sicherheits-Roͤhre versehen ist, wird eine zweite und dritte verbunden, wovon jede die Haͤfte des Wassers erhaͤlt, welche dem Gewichte des ganzen angewendeten Salzes ungefaͤhr gleich ist: man sorgt uͤbrigens dafuͤr, daß jede Flasche wenigstens bis auf zwei Drittel leer bleibt. Hierauf wird alles gehoͤrig verkittet, und der Ofen mit seiner Kuppel bedekt. Die Cylinder aus Gußeisen, deren man sich bei großen Operationen bedient, haben an dem einen ihrer Enden eine Roͤhre, welche mit dem Woulfe'schen Apparate in Verbindung steht; das andere entgegengesezte Ende, an welchem man die Cylinder fuͤllt, und den Ruͤkstand herausnimmt, ist mit einem vierekigen Rahmen versehen, in welchem eine vierekige Oeffnung paßt, die mit Schrauben und Schrauben-Nieten daran befestigt wird, nachdem vorlaͤufig ein kleiner Ring von Filz zwischen beide gelegt wurde. Die Fugen werden hierauf mit einem Gemenge aus feuchtem Ofen-Lehme, etwas Kochsalz und zerschnittenen Striken, bedekt, und wieder uͤber diesem Kitte mit feuchter Thonerde bedekt, um sie immer feucht zu halten, und das Abspringen zu verhindern. Diese Operation fodert, selbst wenn sie im Großen vollbracht wird, mehr Aufmerksamkeit, als andere aͤhnliche Operationen, indem der Druk, dem der Kitt zu widerstehen hat, nicht wohl vermieden werden kann, was in anderen Faͤllen nicht zu besorgen ist. Bei Bereitung der Kochsalzsaͤure z.B. ist es genug, wenn das Gas an die Oberflaͤche des Wassers gelangt, indem die Aufloͤsung derselben viel dichter als das Wasser ist, und alsogleich auf den Boden des Gefaͤßes faͤllt, so daß, bis zur vollkommenen Saͤttigung, das Wasser immer oben ist; waͤhrend hier bei dem Ammonium-Gas gerade das Gegentheil Statt hat, indem seine Aufloͤsung im Wasser leichter ist, als das Wasser selbst, und folglich immer an die Oberflaͤche des Wassers emporsteigt, wo es bald mit einer gesaͤttigten Schichte in Beruͤhrung kommt, welche die Saͤttigung der unteren Schichten hindert. Es ist daher durchaus nothwendig, entweder die Fluͤssigkeit sehr oft zu ruͤtteln, oder die Roͤhren, welche das Gas leiten, recht tief einzutauchen, wo dann im lezteren Falle die verkitteten Stellen einen sehr großen Druk zu erleiden haben, welchem sie oͤfters nicht zu widerstehen im Stande sind. Nachdem nun der Apparat gehoͤrig vorgerichtet ist, faͤngt man an Feuer zu geben, und man sieht alsogleich das Gas sich entwikeln: die staͤrkere oder geringere Heftigkeit, mit welcher das Gas sich entwikelt, dient als Maßstab, nach welchem das Feuer verstaͤrkt oder vermindert werden muß. So wie das Gas sich entwikelt, nimmt die Fluͤssigkeit an Umfang zu, und die Temperatur derselben erhoͤht sich in einem weit staͤrkerem Verhaͤltnisse, als man nach der Menge des waͤhrend eines gewissen Zeitraumes aufgeloͤsten Gases vermuthen sollte. Die Vermehrung des Umfanges erklaͤrt sich von selbst, und man begreift auch, daß die Erhoͤhung der Temperatur davon herruͤhrt, daß die elastische Fluͤssigkeit ihren luftfoͤrmigen Zustand aufgibt, und in einen tropffoͤrmigen Zustand uͤbergeht, und folglich jenen Theil von verborgenem Waͤrmestoffe fahren laͤßt, welchen sie im gasfoͤrmigen Zustande enthielt. Indessen kommt allmaͤhlig eine Periode, in welcher, obschon der Strom des Gases immer gleich stark bleibt, die Fluͤssigkeit dessen ungeachtet erkuͤhlt, weil sie naͤmlich dann ihrem Saͤttigungs-Puncte nahe ist, und die Faͤhigkeit aufzuloͤsen sich immer mehr und mehr vermindert, und ein Theil des Gases in die folgende Flasche uͤbergeht, um dort aufgeloͤset zu werden, und, wie wir oben erklaͤrten, wieder die Temperatur zu erhoͤhen und das Volumen zu vergroͤßern. So geht die Operation fort, bis aller Salmiak vollkommen zersezt und die Arbeit beinahe vollendet ist, wo dann die Roͤhre, welche die Retorte mit der Flasche verbindet, außerordentlich heiß wird, und eine Menge Fluͤssigkeit in der ersten Flasche anfaͤngt sich zu verdichten. Diese Erscheinung ist der Feuchtigkeit in dem Kalke und Salze zuzuschreiben, welche gegen das Ende ausgetrieben wird, und wahrscheinlich auch der Verbindung des Wasserstoffes der Hydrochlorsaͤure mit dem Sauerstoffe des Gases. Zu dieser Zeit entwikelt sich zuweilen auch etwas brennbares Gas, wie wenn eine Zersezung eines Theiles des Ammonium-Gases bei einer sehr erhoͤhten Temperatur Statt hat. Wenn die Operation bis auf diesen Punct vorgeschritten ist, laͤßt man den Apparat kalt werden, und nimmt den Kitt ab. Als Ruͤkstand findet man eine licht braͤunliche Masse, welche so dik und hart ist, daß sie unter dem Hammer Funken gibt. Auf dem frischen Bruche ist sie blaͤttrig und glaͤnzend, die Blaͤtter werden aber, der Luft ausgesezt, bald matt, weil sie Feuchtigkeit anziehen. Mit Wasser behandelt loͤst sich dieser Ruͤkstand nicht ganz auf, und ein Theil des unverbundenen Kalkes bleibt auf dem Filtrum. Die, bis auf einen gewissen Grad von Concentration abgerauchte, Fluͤssigkeit gibt, beim Abkuͤhlen, Krystalle, welche jenen der Boraxsaͤure aͤhnlich sind, und welche man fuͤr basischen hydrochlorsauren Kalk haͤlt, und die ich geneigt bin fuͤr Calcium-Deuteroxid zu halten; wenigstens haben sie ganz die Charaktere desselben. Da indessen diese Krystalle sich mitten in einer ausserordentlich schleimigen Fluͤssigkeit bilden, und sich sehr leicht veraͤndern, so konnte man sie nie vollkommen von dem kochsalzsauren Kalke, der sie umgibt, gereinigt darstellen. Man glaubt indessen, daß sie eine gewisse Menge Hydrochlorsaͤure in ihrer Mischung enthalten. Was nun die erhaltenen fluͤssigen Producte betrifft, so muß das, was in der ersten Flasche sich gesammelt hat, als gefaͤrbt, unrein und sehr schwach, indem der Wasserdampf am Ende der Operation so kalt ist, daß er kaum das Gas aufloͤst, weggeschuͤttet werden. Die Fluͤssigkeit in der zweiten Flasche ist meistens am staͤrksten gesaͤttigt. Das Volumen des Wassers, welches dieselbe anfangs enthielt, ist ungefaͤhr um ein Drittel vergroͤßert, die Dichtigkeit desselben ist aber auf eine auffallende Weise vermindert. Man bestimmt im Handel den Werth des Ammoniums nach der Dichtigkeit desselben mittelst des Weingeist-Araͤometers. Gewoͤhnliches fluͤssiges Ammonium zeigt gewoͤhnlich zwischen 20 und 22°; es kann aber bis auf 24 und 25° erhoͤhet werden: indessen ist es sehr schwer, vorzuͤglich im Sommer, dasselbe auf diesem Grade von Concentration zu erhalten. Bei Versuchen, welche den hoͤchsten Grad von Genauigkeit erfodern, muß die specifische Schwere sehr streng genommen werden. Sir Humphrey Davy hat folgende Tabelle berechnet, in welcher er das Verhaͤltniß zwischen dem Wasser, zwischen dem darin aufgeloͤsten Gase, und zwischen der specifischen Schwere der Aufloͤsung bestimmte, wie folgt: Specifische Schwere. Ammonium. Wasser 0,9054 – – 25,37 – 74,63. 0,9166 – – 22,07 – 77,93. 0,9255 – – 19,54 – 80,46. 0,9326 – – 17,52 – 82,48. 0,9385 – – 15,83 – 84,12. 0,9435 – – 14,53 – 85,47. 0,9476 – – 13,46 – 86,54. 0,9513 – – 12,40 – 87,60. 0,9545 – – 11,56 – 88,44. 0,9573 – – 10,82 – 89,18. 0,9597 – – 10,17 – 89,83. 0,9619 – – 9,60 – 90,40. 0,9684 – – 9,50 – 90,50. 0,9713 – – 7,17 – 92,83. Wo Ammonium als Pruͤfungs-Mittel, als Reagens, angewendet wird, muß es von der hoͤchsten Reinheit seyn, welche das im Handel vorkommende und fabrikmaͤßig erzeugte Ammonium nie besizt. Viele Umstaͤnde sind hieran Schuld. Man nimmt erstlich kein destillirtes Wasser und laͤßt auch oͤfters, um einen zu starken Druk auf den Apparat zu vermeiden, die Flasche weg, in welcher das Gas gewaschen wird. Ueberdieß sind auch die Materialien, die man zur Erzeugung des Ammoniums anwendet, nicht immer von der beßten Beschaffenheit: man nimmt in den Ammonium-Fabriken oͤfters den Salmiak, der weggeworfen wird, und Stuͤke von den Salmiak-Leiben: etc. Daher haͤlt das im Handel vorkommende Ammonium immer Salmiak oder andere Salze in dem Wasser, das man dabei anwendet, und zugleich auch eine unbestimmte Menge empyreumatischen Oeles. Durch die bekannten Pruͤfungs-Mittel lassen sich alle diese fremdartigen Koͤrper in dem Ammoium leicht entdeken, wie z.B. durch Barytsalze die schwefelsauren, und durch salpetersaures Silber die kochsalzsauren Salze: im lezteren Falle muß man aber die Vorsicht brauchen, und, ehe man salpetersaures Silber dem Ammonium zusezt, lezteres mit reiner Salpetersaͤure saͤttigen; denn sonst erhaͤlt man keinen Niederschlag, selbst wenn das Ammonium viele Hydrochlorsaͤure enthielte, weil das Ammonium die Eigenschaft besizt, hydrochlorsaures Silber aufzuloͤsen. Was das empyreumatische Oel betrifft, so muß man, wenn man dasselbe nicht durch den Geruch erkennt, das Alkali mit Wasser verduͤnnen, um den Geruch desselben zu schwaͤchen, und dann jenen des empyreumatischen Oeles dadurch leichter wahrnehmen zu koͤnnen. Man kann auch ein gleiches Volumen concentrirter Schwefelsaͤure zusezen, wodurch dann das Oel verkohlt, und die Mischung schwarz wird. Ammonium besizt sowohl im tropfbar fluͤssigen als im gasfoͤrmigen Zustande, mehrere Eigenschaften, deren wir hier nicht erwaͤhnten, weil sie nicht geradezu hierher gehoͤren; wir koͤnnen jedoch diese Abhandlung nicht schließen, ohne die Mittel anzugeben, durch welche man sich von der Zusammensezung dieses Alkalis uͤbezeugen kann. Scheele war der Erste, welcher bemerkte, daß es Stikstoff enthielt, und nach ihm entdekte Priestley Wasserstoff in demselben, indem er es der Einwirkung der Elektricitaͤt bloß stellte. Im J. 1785 bestimmte Graf Berthollet, durch genaue Untersuchung, die Verhaͤltnisse, in welchen diese Bestandtheile in demselben vorkommen. Er brachte ein gewisses Volumen Ammonium-Gas, und eben so viel Wasserstoffgas, in einem Eudiometer uͤber Queksilber, und ließ das Wasserstoffgas mittelst des elektrischen Funkens verknallen, wo dann das Stikstoffgas, mit dem uͤberschuͤssigen Sauerstoffe verbunden, den Ruͤkstand bildete. Nimmt man zwei Drittel der bei der Wasserbildung Statt gefundenen Absorption als die Menge des Wasserstoffes an, so gibt das uͤbrige Drittel den verbundenen Sauerstoff. Dieses Drittel, von dem halben angewendeten Volumen abgezogen, gibt genau den Sauerstoff, welcher einen Theil des Ruͤkstandes bildet. Und dieser, wieder abgezogen von dem ganzen Ruͤkstande, gibt die Menge Stikstoffes. Hiernach erhellt, daß 100 Maßtheile Ammonium aus 150 Maßtheilen Wasserstoff und 50 Maßtheilen Stikstoff bestehen, oder, in Hinsicht auf die specifische Schwere dieser beiden Elemente, aus 12,15 des ersteren und 100 des lezteren. Da nun die Bestandtheile des Ammoniums bekannt sind, so laͤßt es sich leicht erklaͤren, wie es den Sauerstoff aus gewissen leicht reducirbaren Oxiden an sich zieht, und wie es auf gewisse Koͤrper wirken muß, welche eine ausgezeichnete Verwandtschaft mit dem Wasserstoffe besizen, wie Chlorine, Jodine etc.