Titel: Verbesserungen im Spinnen und Zwirnen der Seide zu Näheseide, Organsin-Seide, Bergam-Seide und allen Arten von Seide, zu welchen diese Verbesserungen brauchbar sind, und worauf Rich. Badnall, der Jüngere, Seiden-Fabrikant zu Leek, Staffordshire sich am 18. März 1823 ein Patent geben ließ.
Fundstelle: Band 13, Jahrgang 1824, Nr. LXVII., S. 320
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LXVII. Verbesserungen im Spinnen und Zwirnen der Seide zu Näheseide, Organsin-Seide, Bergam-Seide und allen Arten von Seide, zu welchen diese Verbesserungen brauchbar sind, und worauf Rich. Badnall, der Jüngere, Seiden-Fabrikant zu Leek, Staffordshire sich am 18. März 1823 ein Patent geben ließ. Aus Gill's techn. Repository, November 1823. S. 289. Mit Abbildungen auf Tab. VIII. Badnall's Verbesserungen im Spinnen und Zwirnen der Seide. AA in Fig. 1 ist eine der Haupt-Spindeln an der Seiden-Spinnmaschine. Sie dreht sich in einem Loche am oberen Ende der Schraube, B, welche sich in eine Schraubenmutter einschraubt, die in dem Balken, C, eingelassen ist, und in einem Einschnitte, D, der Latte, E, des Gestelles der Maschine. Der Stift, F, hindert sie vor dem Heraustreten aus diesem Einschnitte. Diese Spindel wird von einem Riemen oder Bande, G, getrieben, der von einer Trommel herlaͤuft, und auf den Wertel, H, wirkt. Auf dieser Spindel sind die Querstuͤke, I und I, befestigt, die gespalten und mittelst Schrauben vereinigt sind, so daß sie die Spindel umfassen und kraͤftig an derselben befestigt sind. An jedem Ende des Querstuͤkes, I, sind Loͤcher angebracht, KK, in welchen, so wie in den Zapfenloͤchern, LL, die beiden zweiten Spindeln, MM, sich drehen. An jeder dieser Spindeln ist ein Zahnrad, NN, befestigt, welches innerhalb eines befestigten Zahnringes, OO, der innerhalb einer Metall-Platte, PP, gebildet ist, spielt. Diese Platte ist mittelst Schrauben an den Balken, QQ, befestigt, kann aber auch gelegentlich, wie unten gezeigt wird, von dem gezahnten Ringe befreit werden. Die zweiten Spindeln, MM, laufen verduͤnnt zu, so daß sie die Spuhlen, RR, fest auf denselben halten koͤnnen. SS sind Leiter von Draht mit einem Auge an jedem Ende derselben, spielen frei um die Spindeln, MM, und werden durch die Nuͤsse, TT, gehindert abzugehen. Oben auf der Hauptspindel ist eine messingene Kappe, U, aufgeschraubt, in welche auf aͤhnliche Weise die beiden unteren Draht-Leiter, VV, und die beiden oberen, WW, aufgeschraubt sind. Wenn nun die Hauptspindel, AA, von dem Riemen, G, gedreht wird, so treibt der befestigte Zahnring, OO, die beiden gezaͤhnten Raͤder, NN, auf den zweieten Spindeln so, daß sie sich in entgegengesezter Richtung mit der Hauptspindel drehen; diese zweiten Spindeln spinnen oder zwirnen die Seide, welche durch die Augen, R, T, V und W, geleitet wird. Ehe jedoch die Seide durch die Augen, WW, laͤuft, werden die beiden Faden demselben ein Mahl uͤber einander gekreuzt, so daß sie senkrecht uͤber dem oberen Theile der Hauptspindel zu stehen kommen, und, nachdem sie durch das feststehende Auge, X, durchgegangen sind, werden sie durch die Wirkung der Hauptspindel gezwirnt, und nach der bei Seiden-Spinnerei gewoͤhnlichen Weise auf einem Haspel aufgewunden. Im Falle, daß einer dieser beiden Faden braͤche, ist, damit nicht einfache Faden aufgehaspelt werden, ein Messer, Y, an dem Balken, Z, befestigt, und der ganz gebliebene Faden, der jezt, sobald er los geworden ist, nach auswaͤrts getrieben wird, wird augenbliklich von demselben abgeschnitten. Es versteht sich uͤbrigens von selbst, daß das Messer in hinlaͤnglicher Entfernung von dem Kreuzungspuncte stehen muß, damit die Faden nicht vor ihrem Zerreissen zerschnitten werden, was sonst vielleicht durch die Centrifugalkraft geschehen koͤnnte. Wenn der Faden gerissen und abgeschnitten ist, kann der an der Muͤhle stehende Arbeiter die Bewegung der Hauptspindel augenbliklich unterbrechen, wenn er den Bolzen, a, einwaͤrts einschiebt, der die untere Querstange, I, faͤngt. Fig. 2 ist ein Grundriß unter den Spuhlen, RR, in Fig. 1, wo OO, der Zahnring in der Platte, PP, I das Querstuͤk mit den beiden Zapfenloͤchern, LL, ist, in welchen die zweiten Spindeln sich drehen, die die Zahnraͤder, NN, auf sich fuͤhren. Fig. 3 ist der Grundriß der Kappe, U; VV und WW, sind die Drahtleiter, und Y, ist das an dem Balken, Z, befestigte Messer. Dieß ist die Einrichtung der Maschine zur Organsin-Seide. Da aber auch die sogenannte Tramseide durch dieselbe Maschine gesponnen werden muß, so muß hier die dazu noͤthige Vorrichtung gleichfalls angegeben werden. Da hier zuvoͤrderst die Umdrehung der zweiten Spindeln, MM, gestellt werden muß, so ist ein Bolzen, b, vorgerichtet, welcher, wo er niedergedruͤkt wird, zwischen den Zaͤhnen der beiden Raͤder, NN, bleibt, und darin mittelst der Zugschraube, c, festgehalten wird. Die Raͤder, NN, muͤssen dann ausser Beruͤhrung mit dem Zahnringe, OO, gebracht werden, was durch Umdrehung der Schraube, B, geschieht: und damit dieß geschehen kann, ist der obere Hals der Spindel, AA, verlaͤngert. Wenn Bergam gesponnen werden soll, muß eines der Zahnraͤder, NN, von der Spindel abgehoben werden, und das andere noch in dem Zahnringe, OO, fortspielen: dieß ist aber dort selten noͤthig, wo man Organsin-Seide um denselben Preis und mit nicht groͤßerer Muͤhe erhalten kann. Fig. 4 zeigt eine andere Weise die Augen, VV und WW, auf der Hauptspindel, AA, vorzurichten, durch welche die zwei Drahtstuͤke, VV und WW, entweder durchgezogen, oder auf eine andere Weise befestigt werden koͤnnen, was auch durch Anschrauben geschehen kann, wie in Fig. 4. Wenn gehoͤrig dafuͤr gesorgt wird, daß die Augen, VV und WW, so genau als moͤglich uͤber den Mittelpunct einer jeden Spuhle kommen, so koͤnnen die Augen, TT, in Fig. 1 wegbleiben. Fig. 5 zeigt eine andere Weise, den Raͤdern, NN, auf den zweiten Spindeln eine drehende Bewegung zu geben. In diesem Falle wirken diese Raͤder, die jezt eine flache, walzenfoͤrmige Oberflaͤche besizen, gegen die Feder, dd, welche waͤhrend ihrer Umdrehung, durch ihr Streben nach innen auf dieselben druͤkt. Diese Feder ist mit einem Ende in einem Loche innerhalb der kreisfoͤrmigen Platte, PP, befestigt, und ihr loses Ende ist so vorgerichtet, daß es der Richtung folgt, in welcher die Hauptspindel sich dreht. Bei dem Aufwinden der Seide auf die Spuhlen, RR, Fig. 1., empfiehlt der Patent-Traͤger den Leiter, dessen man sich gewoͤhnlich bei Dublir-Gestellen bedient, und dessen horizontaler Umfang, so wie der Linder es noͤthig findet, abgeaͤndert werden kann. Dieß geschieht, damit die Seide sich nicht an den Kanten der Spuhle sammelt, was sonst leicht der Fall seyn koͤnnte, und hier um so laͤstiger waͤre, als die Spuhle, in der Mitte einen kleineren Durchmesser, als gewoͤhnlich, hat. Dabei dem Spinnen der Naͤhseide die zweiten Spindeln uͤberhaupt in genauerem Verhaͤltnisse mit den Umdrehungen der Hauptspindel stehen muͤssen, als bei der Bewegung innerhalb des Zahnringes, OO, oder der Feder, dd, nicht der Fall seyn kann, so hat man eine neue Vorrichtung, Fig. 6, angebracht, wo jedes verlangte Verhaͤltniß von Drehung zwischen der Hauptspindel und den zweiten Spindeln hervorgebracht werden kann, je nachdem man die Groͤße der Raͤder, ee, oder das Rad auf der Hauptspindel aͤndert; ein Verfahren, das beinahe bei den meisten, wenn nicht bei allen Seidenspinnereien angewendet werden kann. In dieser Figur drehen sich die unteren Enden der Spindeln, ff, in den Loͤchern, gg, welche in dem Balken, h, angebracht sind, und ihre Haͤlse in Halsbaͤndern, welche in dem Balken, i, befestigt sind. Auf diesen Spindeln, welche, wie die zweiten oben beschriebenen Spindeln verduͤnnt zulaufen, sind die Spuhlen, jj, befestigt, welche wie gewoͤhnlich, mit Leitern, kk, und Nuͤssen, U, versehen sind. Eine andere Spindel, m, die der Patent-Traͤger seine Hauptspindel nennt, laͤuft mit ihrem unteren Ende in einem Loche, n, welches sich in dem oberen Ende der Schraube, o, befindet, und mit ihrem Halse in einem Halsbande in dem Balken, p; auf der lezten Spindel ist ein Rad, q, befestigt, dessen Groͤße die Drehung bestimmt. Auf dem unteren Ende der Hauptspindel ist ein Wertel, r, befestigt, welcher von einem Riemen, s, bewegt wird, den ein Trommelrad treibt. Wenn diese Hauptspindel, m, sich dreht, so theilt sie den zweiten Spindeln, ff, in entgegengesezter Richtung ihre Bewegung durch das Rad, q, mit, welches in die Raͤder, ee, auf den lezteren eingreift. Da auf diese Weise die Seide auf jeder der Spuhlen, jj, gedreht wurde, so wird sie durch die Augen, tt und u, mittelst Einwirkung der gefurchten Metall-Walze, v, und der oberen bedekten Walze, w, gezogen: die Walze, v, erhaͤlt ihre Bewegung durch die Kraft, welche die Maschine in Bewegung sezt, und die Walze, w, wird entweder durch eine Feder oder durch ein hinlaͤngliches Gewicht auf die Walze, v, aufgedruͤkt, und die Seide auf diese Weise hinaufgezogen: man muß aber dafuͤr sorgen, daß die Schnelligkeit der Walzen im Verhaͤltnisse zu dem Grade der Drehung steht, den man erhalten will. Nachdem die Seide durch die Walzen, v und w, durchging, wird sie von der Fliege, x, die, nach Art der Baumwollenspinnereien an der Hauptspindel, mm, befestigt ist, gedreht, und, wie in Baumwollenspinnereien, auf der Spuhle, y, aufgewunden. Unter der Spuhle, y, die frei auf der Spindel, m, spielt, befindet sich ein Stuͤk Leder, z, welches, zugleich mit der Spuhle, y, auf dem Hebel 1 ruht, welcher Hebel entweder mittelst eines Herzrades oder einer Kurbel oder einer Stange, 2, die an einem Zahnrade, 3, angebracht ist, welches von einem Triebstoke 4 getrieben wird, der sich, wie die Figur zeigt, an der Achse der Walze, v, befestigt ist, auf- und niedergehoben oder auf eine andere Weise in Thaͤtigkeit gesezt wird. Der Zwek dieses Hebels ist die Spuhle, y, abwechselnd zu heben und zu senken, damit die Seide sich gleichfoͤrmig auf derselben vertheilt. Noͤthigen Falles, und wenn die Leichtigkeit der Spuhle es erfordert, dient auch die Feder, 5, um die Zugkraft derselben zu reguliren. Wenn Tram Seide auf dieser Maschine gesponnen werden sollte, so darf man nur das Loch, n, in der Schraube aufwaͤrts schrauben, wodurch das Zahnrad, q, uͤber die zweiten Raͤder, ee, gehoben, und dadurch die Umdrehung derselben, die sonst Statt haben wuͤrde, beseitiget wird. Fig. 7 zeigt die Stellung der Raͤder, ee, gegen einander, und gegen q; sie koͤnnen aber auch in eine andere Lage gebracht werden, ohne daß ihre Wirkung dadurch litte. Der Patent-Traͤger nimmt vorzuͤglich das Messer und die Stellung der Theile, wie in Fig. 6 und 7, als seine Erfindung in Anspruch, und bemerkt: 1tens, daß das Spinnen, Dubliren, Drehen und Haspeln der Seide auf diese Weise auf ein Mahl geschieht. 2tens, daß die Maschine, die dieß bewirkt, keinen groͤsseren Raum einnimmt, als die gewoͤhnlichen Seidenspinn-Maschinen, indem dadurch das doppelte Gestell und eine der Spinn-Muͤhlen erspart wird. 3tens, daß es bei dieser Maschine unmoͤglich ist, daß einzelne Faden aufgehaspelt werden. 4tens, daß man mit derselben Maschine Organsin- und Naͤhseide und Tramseide spinnen kann, so wie jede andere Art von Seide, und dabei das Dubliren erspart. 5tens, daß endlich viel Raum und viele Muͤhe dabei erspart wird, und kein so großes CapitalDieses bei einer großen, und nach der bisherigen Methode eingerichteten Organsin-Muͤhle noͤthige Capital, verbunden mit der Unerfahrenheit, dieselbe gehoͤrig zu leiten, ist die Klippe, an welcher alle unsere Unternehmungen, Seide in Deutschland zu ziehen, gescheitert sind. Gelingt es, die Organsin-Muͤhlen zu vereinfachen, so steht uns Baiern bei unseren kleinen Capitalen nichts im Wege, uns von dem Tribute zu befreien, welchen wir jaͤhrlich an Frankreich und Italien fuͤr Seiden-Waaren bezahlen. Die Maulbeerbaͤume, die unser vortrefflicher Churfuͤrst Max pflanzen ließ, stehen noch, und haben seit einem halben Jahrhunderte den strengsten Wintern widerstanden. Die Moͤglichkeit des Gedeihens des Maulbeerbaumes in Baiern ist demnach erwiesen durch Reihen von Jahren. Es ist ferner durch die Geschichte der Cultur der Seidenraupe in Europa und Asien erwiesen, daß die Seide desto feiner und besser ist, je noͤrdlicher die Lage ist, in so fern diese das Gedeihen des Maulbeerbaumes noch gestattet. Es ist ferner erwiesen, daß die Zeit, in welche die Wartung und Pflege der Seidenraupen in Baiern faͤllt, den baierschen Landmann weit weniger bei feinen uͤbrigen Feldarbeiten hindert als den Landmann in Italien und Frankreich, und daß 3 bis 4 Kinder in 6 Wochen in jeder Bauern-Familie leicht fuͤr 50 fl. Seide ziehen koͤnnen, wenn man sie dazu verwenden will. Es ist aber auch durch die verungluͤkten Unternehmungen der oͤsterreichischen und der preußischen Regierung erwiesen, daß der Staat sich nimmermehr mit Vortheil fuͤr seine Rechnung der Seidenzucht annehmen kann, und es ist endlich noch, in Hinsicht auf Unternehmungen von Privaten erwiesen, daß in Baiern der Landmann, solang die Schulen auf dem Lande so bleiben werden, wie sie gegenwaͤrtig sind, als Mensch nicht soviel lernen wird, als die Seidenraupe, als Raupe weiß. A. d. Ueb. bei dieser Seidenspinn-Maschine noͤthig ist, als bei den gewoͤhnlichen Organsin-Muͤhlen.