Titel: Verfahren zur Gewinnung der Knochengallerte. Von Hrn. Darcet.
Fundstelle: Band 14, Jahrgang 1824, Nr. LXV., S. 256
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LXV. Verfahren zur Gewinnung der Knochengallerte. Von Hrn. Darcet. An den Annales de l'Industrie. Im Repertory of Arts, Manufactures and Agriculture. Junius. 50.Vergl. polytechn. Journal. B. IX. S. 128.. Darcet's Verfahren zur Gewinnung der Knochengallerte. Nachdem die Knochen, zur Abscheidung des Fettes, durch einige Stunden ausgesotten wurden, werden sie gehoͤrig mit schwacher Hydrochlor-Saͤure (verduͤnnter Kochsalzsaͤure) behandelt, die allen Phosphor- und kohlensauren Kalk, so wie die phosphorsaure Bittererde aufloͤst, und die nakte Gallerte rein zuruͤklaͤßt, welche die Form der Knochen behaͤlt und so biegsam, wie Binse ist. Um von der auf diese Weise erhaltenen Substanz das wenige Fett und die Saͤure wegzuschaffen, die sie noch enthalten mag, wird sie einem Strome kalten Wassers ausgesezt, welcher derselben Weisse und Halbdurchscheinenheit gewaͤhrt. Nachdem man sie mit Leinwand gehoͤrig abgewischt hat, gibt man sie in Koͤrbchen, taucht sie auf einige Augenblike in siedendes Wasser, und hierauf wieder in kaltes. Wenn, ungeachtet aller dieser Vorsicht, die Gallerte noch immer Saͤure enthalten sollte, kann man sie in eine Aufloͤsung von basischer kohlensaurer Soda bringen, wodurch die Saͤure gesaͤttigt und hydrochlorsaure Pottasche gebildet wird, welche sich durch zwei- oder dreimahliges Waschen leicht entfernen laͤßt: uͤberhaupt bringt die Anwesenheit dieses Salzes keinen Nachtheil hervor. Nachdem die Gallerte gehoͤrig gewaschen wurde, wird sie auf Weidenhuͤrten oder Nezen an einer luftigen Stelle getroknet, wobei sie sehr an Umfang verliert, und wenn sie vollkommen troken geworden ist, wird sie in Kuͤsten oder Saͤken an einem trokenen Orte aufbewahrt, und vor Thieren gesichert, die sie sehr gierig fressen. Diese rohe Gallerte, die noch immer die Form der Knochen behaͤlt, loͤst sich geschnitten in wenigen Stunden in siedendem Wasser auf; und noch schneller, wenn sie vorlaͤufig 5 oder 6 Stunden lang in kaltes Wasser getaucht wurde: waͤhrend sie aufschwillt, nimmt sie 58 der Centn. ihres Gewichtes kalten Wassers in sich auf. Zwei Theile und ein halber dieser Gallerte bilden mit 100 Theilen siedenden Wassers bei dem Erkalten ohne alles weitere Kochen eine Sulze, welche durch Verduͤnstung dik genug wird um sich in Taͤfelchen schneiden zu lassen, die dann getroknet und wie die rohe Gallerte aufbewahrt werden. Das Troknen ist nothwendig, wo man sich einen Vorrath von derselben verschaffen will; wo man dieselbe aber taͤglich gebraucht, ist dieß nicht noͤthig, indem sie sich dann leichter aufloͤst. Die Gallerte ist in diesen beiden Zustaͤnden der Faͤulniß nicht unterworfen, und haͤlt sich ohne Verlust und ohne Veraͤnderung so gut, als ob sie noch in den Knochen waͤre, wo sie bekanntlich lang gegen alle Zersezung gesichert ist. Als Tischlerleim angewendet haͤlt sie um die Haͤlfte fester als der beste Pariser-Leim. Den Fabrikanten gemahlter Papiere und Papier-Tapeten und den Anstreichern mit Wasserfarben gibt sie ein farbenloses und wohlfeileres Mittel die Farbe haltbar zu machen, als der gewoͤhnliche Leim. Huͤte, die damit geleimt werden, werden von dem Regen nicht flekig und runzelig, wie die mit flaͤmmischen Leime (glue de Flander) geleimten Huͤte. Man kann diese Gallerte auch zu sogenanntem Mund-Leime der feinsten Gattung, zu durchscheinenden Blaͤttchen zum Pausen bei Zeichnungen, und zu Blaͤttern fuͤr kuͤnstliches Hornwerk benuͤzen. Hr. Darcet hatte die Idee durchsichtige Oblatten zum Siegeln der Briefe daraus zu verfertigen. Er hat einiges Papier verfertigt, indem er rohe Gallerte, wie Lumpen stampfen, und, nachdem dieselbe in Zeug verwandelt wurde, diesen so wie den Zeug in Papiermuͤhlen verarbeiten ließ. Er ließ das auf diese Weise erhaltene Papier durch Walzen laufen, und erhielt dadurch eine Art von Pergament, das zu verschiedenen Zweken hoͤchst brauchbar ist. Auch zu Schwefelbaͤdern kann man diese Gallerte verwenden, und dadurch den Reiz derselben auf die Haut vermindern, uͤber welchen die Kranken sich so oft beklagen.