Titel: Unterricht über die Prüfung des Kalk-Chlorüres. (oxidirt salzsaurer Kalk). Von Hrn. Gay-Lussac.
Fundstelle: Band 14, Jahrgang 1824, Nr. CI., S. 423
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CI. Unterricht über die Prüfung des Kalk-Chlorüres. (oxidirt salzsaurer Kalk). Von Hrn. Gay-Lussac. Aus den Annales de Chemie et de Physique. Junius. 1824. S. 162. Mit Abbildungen auf Tab. VIII. Gay-Lussac's Unterricht über die Prüfung des Kalk-Chlorüres. Die Ungewißheit, die bisher in Bestimmung Desjenigen herrschte was im Handel unter dem Namen Kalk-Chloruͤr vorkommt, und folglich auch in Bestimmung des Werthes desselben, wodurch seine Anwendung so sehr vermindert wurde, hat uns veranlaßt einen Unterricht uͤber dasselbe herauszugeben. Wir wollen diesen in zwei Abschnitte theilen, und in dem ersten die Grundsaͤze entwikeln, auf welchen die Pruͤfung des Kalk-Chloruͤres beruht, und in dem zweiten das Instrument beschreiben, welches wir Chlorometer nennen, und die nothwendigen Handgriffe angeben, um diese Pruͤfung mit hinlaͤnglicher Genauigkeit fuͤr den Bedarf der Kuͤnste, die sich derselben bedienen, anzustellen. I. Abschnitt. Grundsaͤze, auf welchen die Pruͤfung des Kalk-Chloruͤres mittelst des Indiges beruht. Das Chlor zerstoͤrt, wie man weiß, die vegetabilischen Farben, und bildet mit ihren Grundstoffen neue Zusammensezungen. Um dieser seiner Eigenschaft willen, die es sowohl im gasfoͤrmigen Zustande, als in Aufloͤsung im Wasser oder in Verbindung mit einem Alkali besizt, wird es sowohl beim Bleichen als beim Druken angewendet. Dieselbe Menge Chlores zerstoͤrt in jedem dieser drei Zustande dieselbe Menge Faͤrbestoffes, und da es, wenn es mit einem Alkali verbunden ist, Gebundenheit erhaͤlt, beinahe nicht mehr riecht, sich weit besser aufbewahren und transportiren laͤßt, auch einen großen Grad von Concentration erhalten kann, so ist der Vortheil einleuchtend, den man gewinnt, wenn man dasselbe unter dieser Form bereitet. Pottasche, Sode und Kalk, im aͤzenden wie im kohlensauren Zustande, verbinden sich sehr gut mit dem Chlore. Die Verbindung mit der Pottasche, wie sie im Handel vorkommt, und mit Sode ist in Frankreich seit laͤnger Zeit unter dem Namen eau de javelle bekannt; die Verbindung mit dem Kalke hat den Namen oxigenirt kochsalzsaurer Kalk (muriate oxigéne de chaux) erhalten; man druͤkt sich aber genauer aus, wenn man die erstere, wie es jezt allgemein geschieht, mit dem Namen Pottasche-Chloruͤr oder Sode-Chloruͤr, (chlorure de potasse ou de soude), leztere mit den Namen Kalk-Chloruͤr (chlorure de chaux) bezeichnet. Die Pottasche- Sode- und Kalk-Chloruͤre sind sehr wenig bestaͤndig; man kann selbst die beiden ersteren nur im fluͤßigen Zustande mit einer großen Menge Wassers erhalten. Wenn die Pottasche, z.B., sich im Zustande concentrirter Aufloͤsung befand, und man Chlor in dieselbe gelangen laͤßt, so bildet sich alsogleich Pottasche-Chloruͤr: dieses Chloruͤr wuͤrde sich aber durch die Kraft der Aufloͤsbarkeit großen Theiles bald zersezen, und in chlorsaure Pottasche und Potassium Chloruͤr umwandeln. Da diese lezteren beiden Verbindungen nicht die Eigenschaft besizen die Farben zu zerstoͤren, so muß man suchen sie zu vermeiden, und das einzige Mittel ihrer Bildung zuvorzukommen ist, die Pottasche sehr verduͤnnt anzuwenden, z.B., hoͤchstens 125 Grammen auf ein Litre Wasser. Kalk hat nicht, wie Pottasche oder Sode, die Unbequemlichkeit das Chlor in Chlor-Saͤure zu verwandelnwerwandeln. Man kann folglich den Kalk in Masse anwenden, um ihn mit dem Chlor zu verbinden. Vollkommen trokener Kalk verschlingt has Chlor nicht, verbindet sich aber schnell mit demselben wenn er im Zustande eines Hydrates ist, d.h., so viel Wasser enthaͤlt, als er in feuchter Luft aufnehmen kann um zu zerfallen, und sich in Staub zu verwandeln. Als Hydrat angenommen bildet er, nach Welter, ein basisches Chloruͤr, und uͤberschreitet diesen Punct nicht. Dieses Sud-Chloruͤr besteht aus 2 Verhaͤltnißzheilen Kalk = 2 × 35,603 =   71,206; 2   –––––––––––– Wasser = 2 × 11,2435 =   22,487; 1   –––––––––––– Chlor =   –––––––– =   44,2653. –––––––– 137,9583. Mit Wasser verduͤnnt zersezt es sich alsogleich; die Haͤlfte Kalkes schlaͤgt sich nieder, und die andere Haͤlfte bleibt in der Aufloͤsung mit allem Chlor verbunden, und bildet folglich ein neutrales Chloruͤr. Es gibt also zwei Verbindungen des Chlores mit dem Kalke, ein Sub-Chloruͤr und ein neutrales Chloruͤr. Das Sub-Chloruͤr erhaͤlt man, wenn man das Kalk-Hydrat mit Chlor saͤttigt, und das Chloruͤr, wenn man das Sub-Chlor im Wasser aufloͤset, oder den in dieser Fluͤßigkeit verduͤnnten Kalk mit Chlor saͤttiget. Das neutrale ChloruͤrChoruͤr, welches wir geradezu Chloruͤr nennen wollen, ist hoͤchst aufloͤsbar; man kann es jedoch zur Kristallisation bringen, und in kleinen Prismen erhalten. Seine Aufloͤsung zersezt sich, dem Zutritte der Luft bloß gestellt, nach und nach; ein Theil des Kalkes verbindet sich mit der in der Luft enthaltenen Kohlensaͤure, und das mit demselben enthaltene Chlor entwikelt sich. Man kann diese Zersezung des Chloruͤres dadurch verzoͤgern, daß man immer uͤberschuͤßischen Kalk in der Aufloͤsung desselben aufgeloͤst erhaͤlt. Aus diesen Eigenschaften des Chloruͤres erhellt der Vortheil, den man dadurch erlangt, daß man bloß basisches Chloruͤr erzeugt; es laͤßt sich als solches viel leichter aufbewahren und transportiren. Die Menge Chlores, welche mit dem Wasser oder mit einer Basis verbunden ist, laͤßt sich auf verschiedene Weise des stimmen: man gab aber in den Werkstaͤtten, wo die Pruͤfung schnell geschehen muß, dem Verfahren des Hrn. Descroizilles den Vorzug, welches sich auf die Eigenschaft des Chlores gruͤndet den Indigo zu entfaͤrben. 1 Theil Indigo in 9 Theilen concentrirter Schwefelsaͤure aufgeloͤst, und mit 990 Theilen Wasser verduͤnnt, gibt die gefaͤrbte Fluͤßigkeit, deren man sich allgemein bedient um den Gehalt des Chlores zu bestimmen. Unter gleichen Umstaͤnden entfaͤrbt das Kalk-Chloruͤr eine seiner Menge angemessene Menge dieser Fluͤßigkeit; unter verschiedenen Umstaͤnden aber erhaͤlt man sehr verschiedene Resultate. So wild, wenn man Chloruͤr in Indigo gießt, und diese Operation nicht sehr schnell geschieht, weit weniger Chloruͤr zur Entfaͤrbung noͤthig seyn, als im entgegengesezten Falle. Das Minimum an Indigo-Aufloͤsung, welches das Chlor entfaͤrben kann, erhaͤlt man, wenn man sehr langsam den Indigo in das Chloruͤr gießt, und das Maximum, wenn man gleichfalls sehr langsam das Chloruͤr in den Indigo schuͤttet. Wiederholte Versuche haben bewiesen, daß das sicherste Verfahren um bestaͤndig gleichfoͤrmige Wirkungen zu erhalten, welche man mit Sicherheit vergleichen kann, darin besteht, daß man schnell Indigo-Aufloͤsung in die Aufloͤsung des Chloruͤr gießt, oder umgekehrt diese in jene. Wir werden spaͤter die Verfahrungs-Weise angeben. Wenn der im Handel vorkommende Indigo rein waͤre oder wenn man denselben wenigstens immer von gleichem Gehalte bekaͤme, so wuͤrde die Menge seiner Aufloͤsung, die man bei jedem Versuche anwendet, die correspondirende Menge Chloruͤr anzeigen; da aber der Indigo von sehr verschiedener Beschaffenheit ist, so kann man die Resultate der Proben mit verschiedenem Indigo nicht unter einander vergleichen. Um diese Unsicherheiten zu beseitigen, haben wir, nach dem Beispiele des Hrn. Welter, als Einheit der entfaͤrbenden Kraft jene Kraft des reinen und trokenen Chlores angewendet, welche dasselbe unter einem Druke von 0m 76 bei 0° TemperaturAm hundertgraͤdigen Thermometer? aͤussert. Wir nehmen nun. was immer fuͤr einen Indigo, aber von der besten im Handel vorkommenden Sorte, und bereiten aus demselben eine solche Aufloͤsung, daß das Chlor genau zehn Mahl sein Volumen entfaͤrbt: diese Aufloͤsung nennen Wir Probe-Tinctur (teinture d'épreuve). Grad (degré) nennen wir jedes Volumen der entfaͤrbten Probe-Tinctur und theilen den Grad in 10 Theile. Wenn man demnach 10 Gramme Kalk-Chloruͤr in Wasser so aufloͤst, daß man Ein Liter dieser Aufloͤsung erhaͤlt, so zeigt die Zahl der Volumen Judigs oder der Grade, die von einem Volumen dieser Chloruͤr-Aufloͤsung zerstoͤrt werden, die Zahl der Zehntel Litres Chlor, welche diese enthaͤlt. Folglich wird ein Kilogramm Kall-Chloͤruͤr, dessen Gehalt auf obige Weise bestimmt wurde, und z.B. 7° 6 oder 76 Centimen waͤre, 76 Litres Chlor enthalten. Jeder Grad ist also so viel, als 10 Litres in einem Kilogramme Chloruͤr. und jedes Zehntel 1 Liter. Nimmt man das basische Kalk-Chloruͤr als vollkommen rein an, und so wie wir es oben angegeben haben, so haͤlt es im Kilogramme 101 Lines, 21 Chlor. Der Grundsaz, den wir angenommen haben, schien uns seiner Einfachheit und Bestimmtheit im Ausdruke wegen in der Chlorometrie den Vorzug zu verdienen, er kann derselbe bleiben, man mag was immer fuͤr ein Mittel zur Messung der Staͤrke des Chores anwenden. Man erhaͤlt, im Allgemeinen, eine groͤßere Praͤcision mit einer schwachen Chlor-Aufloͤsung, die z.B. 4 bis 5 Grade zeigt, als mit einer sehr gesaͤttigten Aufloͤsung. Wenn man also, bei einem ersten Versuche, finden sollte, daß das Chloruͤr 10° um Vieles uͤberstiege, so muͤßte man derselben ein bekanntes Volumen Wasser zusezen, z.B. zwei Mahl so viel als jenes der Aufloͤsung. Man wuͤrde hierauf die Pruͤfung vornehmen, und die gefundene Zahl der Grade verdreifachen, um den wahren Gehalt des Chloruͤres zu finden. Pruͤfung des Braunstein-Oxides. Das Braunstein-Oxid, dessen man sich zur Bildung des Chlores bedient, ist von sehr verschiedener Reinheit, und es ist folglich wichtig den Grad der lezteren zu kennen. Hr. Berthier hat seine Analysen mehrerer Arten Braunstein-Oxides in den Annales de Chemie et de Physique T. 20. S. 344. (Polytechn. Journ. B. IX. S. 243) bekannt gemacht. Da die Menge Chlores. welche diese Arten liefern, den Werth derselben bestimmt, so haben wir, nach diesem Grundsaze, folgende Uebersicht derselben entworfen: 1 Kilogramm reinen Braunsteines liefert 0 K. 7964 Chlor. ––––––– Krettnischen ––– 7525   – ––––––– Calveron (Aude) ohne Kalkstein ––– 7658   – ––––––– Calveron, mit Kalkstein ––– 5724   – ––––––– Périgneux (Dordagne) ––– 5179   – ––––––– Romanèche (Saone de Loire) ––– 4692 bis 0,5135 ––––––– Laveline (Vosges) ––– 4648   – 1 Kilogramm Pesillo (Piémont) schwarz ohne Kalkstein liefert 0 K. 4426 Chlor. ––––––– Pesillo mit Kalkstein ––– 3320   – ––––––– St. Marcel in Piemont ––– 2789 bis 0,3098. Diese Resultate bestimmen wenigstens annaͤherungsweise den Werth dieser verschiedenen Arten von Braunstein; um aber den Werth irgend einer Art von Braunstein zu bestimmen, ist es noͤthig denselben zu pruͤfen, was auf folgende Weise leicht geschehen kann. Reines Braunstein-Peroxid besteht aus Braunstein 3 Gr. 5578 Sauerstoff 2 0000 –– ––– ––––– 5 5578 und kann 4 gr., 4265 Chlor erzeugen, oder 1 Litt., 3963 bei einer Temperatur von 0° und unter einem Druke von 0m, 76°; folglich wuͤrden 3 Gr., 980 desselben 1 Litte Chlor, und 1 Kilogramm 251 Litr. 23 Chlor liefern. Man nimmt also 3 Gr. 980 Braunstein-Oxid von derjenigen Art, die man pruͤfen will, behandelt sie bei gelinder Hize mit Hydrochlor-Saͤure, und faͤngt das sich entwikelnde Chlor in etwas weniger als einem Litre Kalkmilch auf; gegen das Ende der Operation kocht man die Hydrochlor-Saͤure, um das Chlor aus den Gefaͤßen in die Kalkmilch uͤbergehen zu machen, und sezt dem Kalk-Chloruͤr so viel Wasser als noͤthig zu, um das Litte voll zu machen. Der Gehalt dieses Chloruͤres wird genau den Gehalt des Braunstein-Oxides geben. Die Guͤte eines Braunstein-Oxides haͤngt nicht bloß von der Menge Chlor ab, welche dasselbe liefern kann, sondern auch von der Menge Hydrochlor-Saͤure, die man anwenden muß, um das Chlor zu erzeugen. Diese Operation ist aber zaͤrtlich, und der niedrige Preis der Hydrochlor-Saͤure macht sie uͤberfluͤßig. Wir wollen nur bemerken, daß das Braunstein-Peroxid oͤfters kohlensauren Kalk enthaͤlt, und Schwerere und Eisen, welche die Hydrochlorsaͤure zum Theile umsonst zersezen; daß ferner, da der Braunstein nicht immer im Zustande des Peroxides sich befindet, die Menge Hydrochlorsaͤure, welche er fordert, in diesem Falle nicht mehr mit der Menge des erhaltenen Chlors in Verbindung steht. II. Abschnitt. Beschreibung des Chlorometers und der Verfahrungs-Weise bei Pruͤfung des Kalk-Chloruͤres. A, Kleine Wage. B, Gewicht von 5 Grammen. C, Moͤrser zum Pulvern des Kalk-Chloruͤres. Wenn man das Kalk-Chloruͤr puͤlvert, so ist man eines genaueren Erfolges sicher, indem sich oͤfters Kluͤmpchen in demselben befinden, die sich nur langsam aufloͤsen. D, Gloke mit einem Fuße, die bis zu dem Striche m mit gegenuͤberstehenden Pfeilen, 1/2 Litre enthaͤlt. Die Oberflaͤche des Wassers muß mit diesem Striche uͤbereinstimmen, und nicht der obere Rand, der durch die punctirte Linie angezeigt ist. E, Ruͤhrer, zum Ruͤhren der Aufloͤsung des Chloruͤres, und zu gleichfoͤrmiger Verteilung des lezteren: man stoͤßt und hebt ihn abwechselnd in der Aufloͤsung auf und nieder, ohne ihn aus derselben herauszuziehen. E, Kleines Maß oder Pfeifchen von 2 1/2 Kubik-Centimetern, welches bei dem Chlorometern, wovon hier die Rede ist, immer dasselbe bleiben muß. Es dient zur Messung der Kalk- Chloruͤr-Aufloͤsung. Um dieses Pfeifchen zu fuͤllen, senkt man dasselbe bis uͤber den Strich, n, in das Chloruͤr, durch welchen sein koͤrperlicher Inhalt bestimmt wird, oder man laͤßt das Chloruͤr in demselben durch Saugen aufsteigen. Nachdem es sich gefuͤllt hat, legt man den Zeigefinger, der weder zu naß noch zu troken seyn darf, auf die obere Oeffnung desselben, zieht es aus der Fluͤßigkeit, und stellt sein unteres Ende auf den Rand der Gloke, wie man in G, sieht, oder auf den Druk gehoͤrig anzubringen weiß, und dem Stiele des Maßes zwischen den Fingern eine leichte abwechselnde kreisfoͤrmige Bewegung zu geben versteht, so senkt sich die Fluͤßigkeit langsam hinab, und wenn der untere Theil der concaven Linie, der sie schließt, in der Ebene des kleinen Pfeiles ist, stellt man den Ausfluß dadurch, daß man etwas staͤrker druͤkt, und leert es in das große Trinkglas HWenn dieses Maß undurchsichtig geworden ist, gibt man demselben seine Durchscheinenheit dadurch wieder, daß man es in Hydrochlorsaͤure oder in Eßig taucht. A. d. Ueb. (Es legt sich naͤmlich der fluͤßige Chlorin-Kalk so fest an das Glas an, daß es seine Durchsichtigkeit ganz verliert, welche nur durch Anwendung von Saͤuren wieder hergestellt werden kann. D.). H, großes Trinkglas zur Mischung der Probe-Tinctur mit dem Chloruͤr. Dieses Glas muß auf ein Blatt weißes Papier gestellt werden, indem man auf diese Weise leichter die Veraͤnderungen, die der Indigo an seiner Farbe durch das entfaͤrbende Chlor erleidet, bemessen kann. I, Kaͤnnchen zur Messung der Probe-Tinctur. Jede groͤssere Abtheilung oder jeder Grad haͤlt eben so viel Fluͤßigkeit, als das kleine Maß F, und ist in 5 Theile getheilt, was fuͤr die Anwendung in Fabriken zureicht; zur Berechnung hingegen muͤssen die Fuͤnftel in Zehntel verwandelt werden. Man fuͤllt das Kannchen mit der Probe-Tinctur bis auf 0°, was sehr leicht ist; man gießt etwas mehr Probe-Tinctur hinein, als man braucht, und laͤßt das Ueberfluͤßige, Tropfen fuͤr Tropfen, durch den Schnabel abfließen, dessen Ende mit einer leichten Lage von Wachs oder Talg bedekt seyn muß, damit man die Tropfen desto sicherer fallen lassen kann. K, eine Roͤhre, die eben so, wie das Kaͤnnchen, aber in umgekehrter Richtung, in Grade getheilt seyn muß. Sie dient zur Aufnahme der Probe-Tinctur, die man schnell in die Chloruͤr-Aufloͤsung schuͤtten muß. Um mit Bequemlichkeit das noͤthige Volumen der Tinctur zu erhalten, bedient man sich der an ihrem unteren Ende verduͤnnten Roͤhre L. Man nimmt das Ueberschuͤßige derselben dadurch weg, daß man die Roͤhre mehr oder minder tief eintaucht, und mit dem Zeigefinger auf die obere Oeffnung druͤkt, ehe man sie herauszieht. Was abgehen sollte, ersezt man, indem man auf dieselbe Weise mit der Roͤhre in der Flasche schoͤpft, welche den Indigo enthaͤlt. Bereitung der Indigo-Aufloͤsung und der Probe-Tinctur mit dieser Aufloͤsung. Man nimmt eine bestimmte Menge durch ein seidenes Sieb durchgesiebten Indigs, sezt sie in eine Retorte mit 9 Mahl so viel concentrirter Schwefelsaͤure, und hizt sie in einem Wasserbade bis zur Siedehize sechs bis acht Stunden lang. Man verduͤnnt hierauf einen Theil dieser Indigo-Aufloͤsung mit einer hinlaͤnglichen Menge Wassers, so daß Ein Volumen Chlor genau zehn Mahl so viel derselben, dem Volumen nach, entfaͤrbt, was dann die Probe-Tinctur gibt. Die allereinfachste und zugleich hinlaͤnglich genaue Weise eine Fluͤßigkeit zu bereiten, die ihr Volumen-Chlor enthaͤlt, ist. 3 Gr. 980 in schoͤnen Nadeln kristallisirtes Braunstein-Peroxid zu nehmen, dasselbe mit Hydrochlorsaͤure zu behandeln, das Chlor in Kalk- Milch aufzufangen, und deren Volumen nach der Operation auf 1 Litre zu reduciren, wie bei der Pruͤfung der Braunstein-Arten angegeben wurde. Wenn man aber mit aller moͤglichen Genauigkeiten wollte, muͤßte man das Chlor im gasfoͤrmigen Zustande bereiten, und dasselbe vom Wasser verschlingen lassen, in welchem etwas Kalk vertrieben wurde, wobei die Temperatur, der Druk und die Feuchtigkeit desselben in Rechnung gebracht werden muͤßte. Wichtige Bemerkung. Da die Probe-Tinctur nach und nach durch das Licht entfaͤrbt wird, muß man sie gegen lezteres wohl bewahren, was am besten dadurch geschieht, daß man sie in steinernen Kruͤgen aufbewahrt. Zum Gebrauche des Chlorometers kann man sich einer glaͤsernen Flasche von 1/2 Litre bedienen, jedoch mit der Vorsicht, dieselbe nicht den Sonnenstrahlen auszusezen. Am besten ist es, diese Flasche in einem Kasten aufzubewahren. Verfahren bei Pruͤfung des Chloruͤrs. Man nimmt aus der Masse des zu pruͤfenden ChloruͤresChlouͤres mehrere Muster, und mengt sie, um die mittlere Guͤte desselben zu erhalten; wiegt 5 Gramme dieser Mischung ab, zerreibt sie in einem Moͤrser mit einer hinlaͤnglichen Menge Wassers, um daraus eine klare Bruͤhe zu erhalten, verduͤnnt sie noch mit einer neuen Menge Wassers, und gießt sie in die Gloke von 1/2 Liter ab. Um diese Operationen ohne Verlust an Fluͤßigkeit zu vollenden, stuͤzt man den Rand des Moͤrsers gegen den Stoͤssel, wie die Figur D zeigt. Man zerreibt noch ein Mahl den Ruͤkstand des Chloruͤres, der im Moͤrser zuruͤk geblieben seyn mochte, verduͤnnt, gießt ab, und wiederholt diese Operationen so lang, bis alles Chloruͤr zerrieben ist, und nichts mehr von demselben in dem Moͤrser zuruͤk bleibt. Man waͤscht diesen aus und gießt das Wasser in die Gloke. Man ergaͤnzt das Volumen eines halben Line, welches die Chloruͤr-Aufloͤsung haben muß, schuͤttelt die Fluͤßigkeit gehoͤrig, um sie vollkommen gleichfoͤrmig zu machen. Nun fuͤllt man das Kaͤnnchen mit Probe-Tinctur bis auf o, und gießt aus demselben in das Glas H weniger als man vermuthet, daß durch eine Maße Chloruͤr entfaͤrbt werden muß, z.B. 5°. Nun nimmt man mit dem Pfeifchen F eine Maß Chloruͤr, und laͤßt sie schnell in die Tinctur fließen, indem man in die Roͤhre blaͤst: waͤhrend dieser Zeit wird die Mischung geruͤhrt. Wenn die Tinctur vollkommen entfaͤrbt wurde, so sezt man alsogleich aus dem Kaͤnnchen soviel zu, als noͤthig ist um diese Fluͤßigkeit etwas gruͤnlich zu faͤrben. Die Menge dieser Probe- Tinctur, welche in dem Kaͤnnchen fehlt, wird das Maß des Inhaltes des Chloruͤres, vorausgesezt, daß die Menge der Tinktur, welche man zum zweiten Mahle zusezte, nicht sehr bedeutend ist, und nicht drei Zehntel Grad betraͤgt. Wenn aber diese zum zweiten Mahle aus dem Kaͤnnchen zugegoßene Menge Chloruͤres mehr als drei Zehntel Grad betraͤgt, z.B. 1°2, so muß man den Pruͤfungs-Versuch wieder von vorne beginnen. Man fuͤllt das Kaͤnnchen mit Tinctur, und gießt eben soviel davon in das Glas, als in dem vorigen Versuche entfaͤrbt wurde, und selbst noch einige Hundertel mehr. Man sezt die Operation uͤbrigens auf die oben angegebne Weise fort. Der Probe-Versuch hat nur dann den hoͤchsten Grad von Genauigkeit erreicht, deren er faͤhig ist, wenn die Probe-Tinctur unmittelbar, wie man das Chloruͤr in dieselbe bringt, die angezeigte Farbe annimmt, ohne daß es nothwendig wird neuerdings Tinctur aus dem Kaͤnnchen zuzusezen. Durch diese auf einander folgenden Operationen kommt man dem wahren Chloruͤr-Gehalte so nahe als moͤglich: indessen glauben wir nicht, daß man fuͤr mehr als 1/50 uͤberhaupt buͤrgen kann. Das hier angegebene Verfahren wird vielleicht complicirt erscheinen; wir glauben aber hier nur bemerken zu muͤssen, daß jede der verschiedenen Operationen in zwei, drei Minuten vollendet ist; daß, wenn man schon vorher den Gehalt des Chloruͤres beilaͤufig kennt, zwei Operationen hinreichen; und daß endlich, zum Fabrik-Gebraͤuche, schon eine einzige Operation genuͤgt. Wo es sich aber darum handelt, den Gehalt des Kalk, Chloruͤres mit Genauigkeit zu kennen, damit man den Werth desselben darnach bestimmen kann, darf man, wie wir vermuthen, weder Zeit noch Sorgfalt sparen. Dasselbe Verfahren laͤßt sich unmittelbar auf Pruͤfung einer Chlor-Aufloͤsung in Wasser anwenden; indessen ist es besser, wenn man damit anfaͤngt, daß man etwas gepulverten lebendigem Kalk zusezt, um dasselbe in Chloruͤr zu verwandeln. Das sogenannte eau de javelle, welches gleichfalls ein Chloruͤr ist, wird durchaus auf dieselbe Weise gepruͤft. Die Roͤhre k, die zu dem Chlorometer gehoͤrt, dient zur Pruͤfung des Chloruͤres, indem man schnell den Indig in das Chloruͤr gießt. In dieser Hinsicht sucht man zuerst mit dem Kaͤnnchen, wie viel man Tinctur braucht, um eine Maß Chloruͤre zu saͤttigen. Man faͤngt den Versuch damit wieder an, daß man in die Roͤhre k eben so viel Tinctur bringt, als entfaͤrbt wurde, und selbst noch etwas mehr, und gießt sie schnell in eine neue Maß Chloruͤr; man sezt noch soviel von der Tinctur, als fehlen sollte, zu, um die gruͤnliche Farbe zu erhalten, und faͤngt den Versuch wieder von vorne an, indem man in die Roͤhre eben so viel Tinctur bringt, als in dem vorhergegangenen Versuche entfaͤrbt wurde. Der Gang dieses Verfahrens ist genau derselbe, wie bei dem ersteren; da aber bei gleichen Resultaten hier noch die Roͤhre K und das Pfeifchen L noͤthig ist, so glauben wir nicht, daß dasselbe den Vorzug verdientDiese Pruͤfungsart sezt schon einen gewandten Experimentator voraus. So wie wir den vom Hrn. Verfasser beschriebenen Apparat aus Paris erhalten, werden wir von unsern Versuchen, welche wir nach unsern Maßen angeben werden, nachtraͤglich mittheilen und die geraͤthschafte auf deutschen Glashuͤtten fuͤr Liebhaber derselben anfertigen lassen. Ueber diesen Gegenstand vergl. man auch polyt. Journal. B. 4. S. 477. D..