Titel: Ueber eine Veränderung, welche Korn durch Aufbewahrung in einem unterirdischen Behälter erlitt. Von Hrn. Heinr. Braconnot.
Fundstelle: Band 26, Jahrgang 1827, Nr. XLII., S. 164
Download: XML
XLII. Ueber eine Veraͤnderung, welche Korn durch Aufbewahrung in einem unterirdischen Behaͤlter erlitt. Von Hrn. Heinr. Braconnot. Aus den Annales de Chimie. Jul. 1827. S. 262. Braconnot, uͤber eine Veraͤnderung, welche das Korn durch Aufbewahrung in einem unterirdischen Behaͤlter erlitt. Ein Privat-Mann zu Deneuvre, Departement de la Meurthe, grub an der Stelle, wo einst die Citadelle dieses Staͤdtchens stand, einen Keller, und fand eine große Menge Kornes, das verkohlt zu seyn schien. Hr. Guibal zu Luneville schikte mir etwas davon zur Untersuchung, konnte mir aber keinen Aufschluß uͤber die Natur dieses unterirdischen Behaͤlters geben. Dieses Korn war außen glatt, und hatte seine Gestalt vollkommen gut erhalten; allein seine schwarze Farbe und sein verkohltes Aussehen verkuͤnden deutlich, daß seine Grundbestandtheile zersezt worden seyn mußten. Es schwamm auf dem Wasser, und fiel erst nach einiger Zeit zu Boden, nachdem es mit dem Wasser in Beruͤhrung stand. Es war so zerreiblich, daß es sich zwischen den Fingern in ein Pulver zerdruͤken ließ, das wie Ofenruß aussah. Man konnte damit auf Papier, wie mit schwarzer Kreide, zeichnen und schreiben.Gerade solches Korn erhielt der Uebersezer vor 25 Jahren von dem beruͤhmten Historiker, Abbé Eder, in Hermannstadt. Es wurde in Siebenbuͤrgen aus einer roͤmischen Villa ausgegraben, die unter Trajan erbaut wurde. A. d. Ueb. 10 Gramm dieses Kornes wurden gepuͤlvert, in Wasser gekocht, und gaben demselben eine gelblich braune Farbe. Die bis zur Trokenheit abgerauchte Fluͤßigkeit ließ 0,15 Gramm einer salzigen Masse zuruͤk, wovon ein Theil sich in concentrirtem Alkohole aufloͤste. Diese Masse zerfloß an der Luft, und verpuffte auf gluͤhenden Kohlen mit vieler Lebhaftigkeit. Ein Theil davon in Wasser aufgeloͤst, gab mit salpetersaurem Silber, und mit kohlensaurem Ammonium einen haͤufigen Niederschlag: der Niederschlag war salzsaures Silber und kohlensaurer Kalk. Jener Theil dieser salzigen Masse, auf welchen der Alkohol noch nicht einwirkte, gab, nachdem er neuerdings in Wasser aufgeloͤst wurde, durch freiwillige Verduͤnstung: 1) einige kleine Nadeln von salpetersauren Kali, das auf gluͤhenden Kohlen schnell zerfloß. 2) Weit haͤufiger ein wuͤrfelfoͤrmiges Salz, welches durch salpetersaures Silber und salzsaures Platin niedergeschlagen wurde, und alle Eigenschaften des salzsauren Kali besaß. 3) Einen im Wasser wenig aufloͤsbaren Bodensaz, der mir schwefelsaurer Kalk; zu seyn schien. Die 10 Gramm Kornes, auf welche das Wasser nicht mehr wirkte, wurden mit kochendem Alkohole behandelt, und gaben eine kaum gefaͤrbte Fluͤßigkeit, welche, bis zur Trokenheit abgeraucht, eine sehr geringe Menge einer braͤunlichen, fettartigen Masse zuruͤkließ, die die Consistenz des Wachses besaß. Dieses mit Wasser und Alkohol ausgezogene Korn wurde nun mehrere Mahle mit einer leichten Kali-Aufloͤsung gekocht; man erhielt eine sehr gefaͤrbte Fluͤßigkeit, aus welcher die Saͤuren eine dunkelbraune Masse niederschlugen, die die Alkalien vollkommen saͤttigte, und der Ulmine aͤhnlich war. Es blieben 7,2 Gramm in Kali unaufloͤsbaren Ruͤkstandes. Nachdem man denselben aber mit sehr schwacher Hydrochlor-Saͤure (Salzsaͤure) in Beruͤhrung brachte, die ihm den Kalk, das Eisen-Oxyd und den phosphorsauren Kalk entzog, erhielt er die Eigenschaft sich großen Theils in mit Wasser verduͤnntem Kali zu zertheilen, woraus erhellt, daß ein Theil Ulmine mit dem Kalke vereint war, und eine in Alkalien unaufloͤsbare Verbindung mit dem Kalke bildete. Uebrigens enthielt dieser Stoff, den ich mit Ulmine vergleiche, etwas Stikstoff und selbst Schwefel. Es blieben, als Ruͤkstand, 3 Gramm eines sehr schwarzen, kohlenartigen Stoffes, auf welchen die Alkalien keine Wirkung mehr aͤußerten; er brannte ohne Flamme, knirschte aber nicht unter den Zaͤhnen, wie die Kohle. Concentrirte Schwefelsaͤure schien im kalten Zustande, wenig Wirkung auf denselben zu aͤußern; Salpetersaͤure aber loͤste ihn auf, vorzuͤglich unter Beihuͤlfe einer gelinden Waͤrme. Wasser, mit dieser braunen Fluͤßigkeit gemengt, bildete einen chocolatfarbigen Niederschlag, welcher, gut gewaschen, keinen Geschmak aͤußerte, und sich sehr leicht und ganz in Alkalien aufloͤste, welchen er ihre Eigenschaften entzog, und aus welchen er durch Saͤuren gefaͤllt wurde. Es scheint also, daß die Salpetersaͤure diesem kohlenartigen Stoffe eine Eigenschaft ertheilt, die denselben der Ulmine naͤhert. 20 Gramm dieses Kornes wurden in einer Retorte roth gegluͤht, und gaben ein Product, welches sehr leicht war, und das geroͤthete Lakmußpapier wieder blau machte, und es blieben 10 Gramm einer Kohle, die sich wie Phosphor „(Pyrophor?)“ von selbst entzuͤndet. Dem Feuer ausgesezt verbreitete sie, bis an das. Ende ihrer Einaͤscherung, einen deutlichen Ammonium-Geruch, zumahl in Beruͤhrung mit feuchter Luft, und es blieb eine roͤthliche Asche, die salz- und schwefelsaures Kali enthielt, sehr wenig kohlensaures Kali, Phosphor- und schwefelsauren Kalk, und eine bedeutende Menge kohlensauren Kalk- und Eisenoxyd. Aus dieser Untersuchung dieses Kornes erhellt, daß es aus 26,5 Ulmine, 42,0 ulminsaurem Kalke mit phosphorsaurem Kalke und Eisenoxyd, 30,0 kohlenartigen Stoffes,   1,5 salzsaurem Kali,  detto    Kalke,salpetersaurem Kali,  detto    Kalke, und einer unbestimmbaren Menge fettigen Stoffes  von der Consistenz des Wachses bestand. ––––––– 10,0. Obschon die Zeit, zu welcher dieses Korn aufgespeichert worden seyn mochte, mir sehr entfernt scheint, so ist es doch wahrscheinlich, daß die Ursache dieser Veraͤnderung hauptsaͤchlich in der Feuchtigkeit gelegen war. Gilt nicht vielleicht eben dieß von jener Gerste, die man neulich in einem aͤgyptischen Grabe fand? Die HHrn. Julio Fontelle und Raspail sagten zwar, daß diese Gerste vorher gebrannt wurde. Indessen hat man in unserem Departemente, zu Scarpone, einem alten roͤmischen Feldposten, Korn gefunden, das in einem Behaͤlter von roͤmischem Moͤrtel achtzehn Jahrhunderte lang wohl erhalten geblieben ist. Was das Korn von Deneuvre betrifft, so hielt man es mit Recht fuͤr das Beste, dasselbe als Duͤnger zu benuͤzen. Wirklich enthaͤlt es die Bestandtheile der fruchtbarsten Erde, in welcher ich schon vor langer Zeit die Ulmine entdekte, so wie den Einfluß derselben und ihrer Saͤure auf die Vegetation. Ich kann hier beifuͤgen, daß die beste sogenannte Heideerde (terre de Bruyere) mir als ein Gemenge von einem Viertel brennbaren Stoffe aus Ulmine und einer kohlenartigen Masse, die sich in Kali wenig aufloͤste, und obigem Stoffe aͤhnlich war, und aus 3/4 sehr reinen Quarz-Sand, dessen Koͤrner farbenlos und durchsichtig waren, und keine Spur von Kalk enthielten, vorgekommen ist. Der brennbare Stoff enthielt auch keinen Kalk, was merkwuͤrdig scheint, vorzuͤglich wenn man bedenkt, daß Heideerde eine so treffliche Erde ist, daß man wegen Mangels derselben in einigen Gegenden gewisse auslaͤndische Gewaͤchse gar nicht ziehen kann.