Titel: Bericht des Hrn. Labarraque über die sogenannten mechanischen Hüte des Hrn. Gibus, Hutmachers in Paris, place des Victoires No. 3.
Fundstelle: Band 59, Jahrgang 1836, Nr. XLV., S. 291
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XLV. Bericht des Hrn. Labarraque uͤber die sogenannten mechanischen Huͤte des Hrn. Gibus, Hutmachers in Paris, place des Victoires No. 3. Aus dem Bulletin de la Société d'encouragement, Okt. 1835, S. 493. Bericht uͤber die sogenannten mechanischen Huͤte. Seit einer Reihe von Jahren ist fuͤr die maͤnnliche Kopfbedekung beinahe ausschließlich ein runder Hut angenommen; und wenn auch die Mode oder andere Beweggruͤnde irgend welche Veraͤnderungen an dieser Form anbrachten, so betrafen diese doch hoͤchstens die Hoͤhe des Hutes und die Breite und Form der Krempe. Wenn jedoch auch in Hinsicht auf Form keine wesentlichen Veraͤnderungen vorkamen, so hat die Hutmacherkunst doch in anderer Beziehung wesentliche Neuerungen und beinahe eine gaͤnzliche Revolution erfahren: namentlich durch die Anwendung von Seidenpluͤsch anstatt des Filzes, wodurch die Huͤte nicht nur ein glaͤnzenderes Aeußeres bekamen, sondern auch um Vieles wohlfeiler geliefert werden konnten. Diese Wohlfeilheit erhoͤhte die Hutfabrikation außerordentlich; denn, wenn in Paris fruͤher jaͤhrlich eine Million Huͤte fabricirt wurde, so belaͤuft sich diese Zahl gegenwaͤrtig auf das Dreifache; ja, sie wuͤrde hoͤchst wahrscheinlich noch bedeutend groͤßer seyn, wenn die Huͤte besser und in kleineren Raum verpakt werden koͤnnten. Lezterer Umstand ist hauptsaͤchlich fuͤr die Versendungen zur See in Betracht zu ziehen, da es sich hiebei am meisten um den Raum handelt. Auf Reisen und in groͤßeren Versammlungen sind die Huͤte ihrer Form wegen sehr laͤstig; und wenn man in dieser Hinsicht auch durch die sogenannten Claques abzuhelfen suchte, so ist dieß doch eine Kopfbedekung, deren man sich ihrer laͤcherlichen Form wegen nicht wohl auf den Straßen bedienen kann. Hr. Gibus hat nun allen diesen Unbequemlichkeiten der Huͤte zu steuern und abzuhelfen gesucht, und zu diesem Behufe einen sehr einfachen und leichten Mechanismus erfunden, womit sich die Huͤte in eine niedrigere Form bringen lassen. Folgende kurze Beschreibung duͤrfte eine Idee dieser Vorrichtung geben. Der Apparat besteht aus zwei Reifen, und an diesen sind vier staͤhlerne Staͤbchen von ungleicher Laͤnge angebracht, welche in der Mitte mit Charnieren so gegliedert sind, daß die Staͤbchen gegen das Innere der Reifen zu gebogen sind. Einer dieser Reifen ist an den inneren und oberen Rand des Hutes genaͤht; der andere hingegen an den unteren Rand, welcher sich der Form des Kopfes anfuͤgt. In diesem Zustande ist der Hut nieder oder platt gedruͤkt, so daß er einen zwoͤlf Mal kleineren Raum einnimmt, als in geoͤffnetem Zustande. Innen in dem Hute ist ein bewegliches Hutfutter mit einem in der Runde herumlaufenden Eisendrahte, an welchem sich vier den Stahlstaͤbchen entsprechende Falzen befinden, angebracht. Will man den Hut oͤffnen, so haͤlt man ihn mit der linken Hand bei der Krempe gegen sich, und treibt das Futter mit den fuͤnf Fingern der rechten Hand auf eine etwas regelmaͤßige Weise hinein, bis der in der Runde herumlaufende Eisendraht uͤber die Charniergelenke hinaus gelangt ist, und bis saͤmmtliche Stahlstaͤbchen ausgestrekt, und wie die Staͤbchen eines Regenschirmes ausgespannt sind. Der Filz oder der Pluͤsch wird solcher Maßen ausgespannt, so daß der Hut seine gewoͤhnliche Form bekommt, ohne daß man von Außen bemerkt, auf welche Weise dieß geschehen. Um den Hut wieder zusammenzulegen, braucht man nur mit dem Daumen auf zwei der Staͤbchen zu druͤken, den runden Draht austreten zu machen, und das bewegliche Unterfutter gegen sich anzuziehen. Bei dieser Einrichtung lassen sich in eine Kiste, welche sonst nur 50 Huͤte fassen konnte, ihrer leicht 600 verpaken. Auf Reisen braucht man ferner nichts mehr von den laͤstigen Hutschachteln, sondern man pakt seinen Hut wie ein anderes Kleidungsstuͤk in den Mantelsak, in welchem er kaum einen groͤßeren Raum einnimmt, als ein Hemd. Der Filz oder der Pluͤsch kann und muß, indem er auf keinen harten Koͤrper aufgezogen ist, an Dauerhaftigkeit gewinnen; er laͤßt uͤberdieß die Luft durch, so daß sich die Ausduͤnstung des Kopfes nicht so sehr im Hute ansammelt, was wahrscheinlich fuͤr manche Kopfleiden von wohlthaͤtigem Einflusse seyn duͤrfte. Hr. Gibus verkauft seine Huͤte im Detail zu 27 und im Großen zu 21 Fr. das Stuͤk; wenn man jedoch bedenkt, daß derselbe Mechanismus mehrere Male mit Filz oder Pluͤsch uͤberzogen werden kann, so duͤrfte der Unterschied im Preise, der zwischen den alten und neuen Huͤten besteht, nur hoͤchst unbedeutend seyn. Uebrigens wird sich der Preis auch noch ermaͤßigen lassen, wenn der Fabrikant die Federn im Großen fabriciren lassen kann. Daß die Erweiterung des Absazes dieß bald moͤglich machen duͤrfte, daran ist kaum zu zweifeln. Die Mitglieder der Commission haben mehrere Tage selbst solche mechanische Huͤte getragen, und fanden sie bequem und angenehm; sie sind weder schwer, noch laͤßt deren Form etwas zu wuͤnschen uͤbrig. Wir bemerken nur noch, daß Hr. Gibus seinen Mechanismus auch so abgeaͤndert hat, daß er sich auch fuͤr die Tschakos des Militaͤrs eignet; eine Militaͤrcommission wird entscheiden, ob er auch in dieser Hinsicht brauchbar ist.