Titel: Ueber ein neues Communicationssystem mittelst Schienen oder Hängeketten. Von Hrn. Louis Schertz in Straßburg.
Autor: Louis Schertz
Fundstelle: Band 59, Jahrgang 1836, Nr. LXVIII., S. 444
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LXVIII. Ueber ein neues Communicationssystem mittelst Schienen oder Haͤngeketten. Von Hrn. Louis Schertz in Straßburg. Schertz, uͤber ein neues Communicationssystem mittelst Schienen oder Haͤngeketten. Die meisten Tagblaͤtter und Zeitschriften enthielten im Laufe des vorigen Decembers die Nachricht, daß man sich gegenwaͤrtig in Wien mit einem neuen Communicationsmittel beschaͤftige, womit man im Stande waͤre eine Depesche innerhalb 36 Stunden von Wien nach Paris zu schaffen. Man fuͤgte dieser Anzeige die Bemerkung bei, daß man zwar noch nicht wisse, auf welche Weise dieß bewerkstelligt werden soll; daß man aber vermuthe, daß es durch Anwendung unterirdischer Roͤhren oder Canaͤle geschehen muͤsse. Ohne dieser Erfindung zu nahe treten zu wollen, und nur bemerkend, daß sie nichts weniger als neu waͤre, wenn man zu Roͤhren oder Canaͤlen seine Zuflucht nehmen wollte, in welchen Lasten durch den luftleeren Raum fortgeschafft werden sollten; oder wenn man solche Roͤhren zur Fortpflanzung des Schalles benuzen wollte, fuͤhle ich mich doch zu gegenwaͤrtiger Mittheilung veranlaßt, waͤre es auch nur um mir die Prioritaͤt einer Erfindung zu sichern, welche gewiß in keiner Beziehung derjenigen nachstehen duͤrfte, fuͤr welche man gegenwaͤrtig in Wien ein Patent zu erhalten suchtNach den Nachrichten, welche uns bisher uͤber die in Wien gemachte und patentirte Erfindung zugekommen, darf Hr. Schertz keine Collision hiemit fuͤrchten; dagegen wird es unseren Lesern nicht entgehen, daß der Vorschlag des Hrn. Schertz dem Principe nach ganz mit jenem zusammenfaͤllt, den der verdiente Hofrath Schultes in unserem Journale schon im Jahre 1829 Bd. XXXIV. S. 113 und S. 214 niederlegte und mit dem Namen der Drahtpost bezeichnete. Nur in der Ausfuͤhrung weicht die neu vorgeschlagene Methode von der Schultes'schen ab, und hierauf allein duͤrfte sich demnach die Schertz'sche Erfindung beschraͤnken.A. d. R.. Mein System ist keine eitle Hypothese mehr; denn ich habe gegenwaͤrtig in Paris einen Apparat zur Verfuͤgung, der mit einer Last von 10 bis 15 Kilogr. auf einer Streke von 200 Metern arbeiten kann, und welcher sich in wenigen Stunden zum Gebrauch aufstellen laͤßt. Dieser Apparat wuͤrde bereits im Fruͤhjahre 1835 in dem Etablissement der HH. Hunter und Comp. in Paris dem Publikum ausgestellt worden seyn, wenn dieß nicht durch die Liquidation des Hauses Pérégaux verhindert worden waͤre, indem ich nirgend anderswo ein eben so passendes Local und eben so wohlwollende Bedingungen finden konnte. Meine Absicht war, dieses Communicationssystem durch Thatsachen in die Welt einzufuͤhren, um Jedermann in Stand zu sezen daruͤber abzuurtheilen, und um vielleicht damit zugleich eine nuͤzliche Anwendung zu verbinden. Da mir jedoch dieß in jezigem Augenblike nicht gestattet ist, so will ich wenigstens eine kurze Beschreibung meiner Erfindung geben, um mir deren Prioritaͤt und ein Patent zur Einfuͤhrung derselben in Frankreich zu sichern, im Falle mein System mit dem Wiener gleich befunden werden sollte. Die vielen Schwierigkeiten, welche sich der Einfuͤhrung der Eisenbahnen entgegenstemmen, veranlaßten mich schon vor drei Jahren zur Erforschung eines Communicationsmittels, welches bei gleicher Geschwindigkeit viel wohlfeiler kaͤme, welches sich allen Zufaͤlligkeiten des Terrains anpassen ließe, und welches selbst an solchen Orten in Anwendung gebracht werden koͤnnte, wo man wegen Mangel einer gehoͤrigen Menge von Transportguͤtern an Errichtung einer Eisenbahn gar nicht denken kann. Die Palmer'schen Eisenbahnen und WagenIch muß hier bemerken, daß der bayerische Ingenieur, Hr. v. Baader, bereits im November 1815 in England ein Patent auf ein System nahm, welches dem Palmer'schen vollkommen aͤhnlich ist; und daß Palmer's Patent erst vom Jahre 1821 datirt ist, waͤhrend seine Schrift erst im Jahre 1824 erschien.A. d. O. so wie die Ketten der Haͤngebruͤken veranlaßten mich bei der Idee einer einzigen und biegsamen Schiene oder einer Haͤngekette stehen zu bleiben, welche aus Eisenstaͤben oder aus Eisendraht oder aus ungehaͤrtetem Stahldrahte bestuͤnde und in Entfernungen von 500, 800 und 1000 MeternDer bekannte Telford hatte fuͤr die Kettenbruͤke in Runcorn bei Liverpool eine Haͤngekette von einer halben Meile oder 800 Meter Laͤnge vorgeschlagen, und danach duͤrften also Curven von 1000 Metern nichts weniger als unausfuͤhrbar erscheinen. Borquis fuͤhrt in seinem Werke uͤber die Bewegung von Lasten an, daß man in den Gebirgen von Calabrien gespannte Taue anwendete, um Holzlasten mit Huͤlfe von Rollen von einem Berge zum anderen zu schaffen; die Bewegung fand hier bloß nach Abwaͤrts Statt, und war zwischen den beiden Aufhaͤngepunkten beschraͤnkt; die Last wurde unten getragen, wie die Rollen die Reverberelampen zu tragen pflegen. Derselben Methode bedient man sich, wie man mir sagte, in einigen Gegenden der Vogesen. In dem Etablissement der HH. Hausmann in Logelbach bei Colmar ist von einem Hause auf einer Seite der Straße an ein Haus auf der entgegengesezten Seite ein Eisendraht schief gespannt, an welchem man die Lasten hinabgleiten laͤßt. Das Hinaufziehen geschieht mittelst einer Schnur und eines kleinen Haspels.A. d. O. von einer Reihe von Pfeilern getragen wuͤrde, welche bei einer Hoͤhe von 10 bis 15 Metern aus Gußeisen, Mauerwerk oder auch aus einfachen hoͤlzernen, mit Huͤten oder Boͤken ausgestatteten Saͤulen bestehen koͤnnten, so daß auf diese Weise eine Reihe von Curven mit sehr schwachen Pfeilen entstuͤndeDie Curven der Taue der Kettenbruͤken haben einen Pfeil von 5 bis 10 Proc.; hier in dem fraglichen Falle haben die Haͤngeschienen oder Ketten nur 1/2 Proc. Pfeil, und dieser Pfeil wird durch die Normallast auf 1 1/4 bis 1 1/2 Proc. verlaͤngert.A. d. O.. Die Koͤpfe dieser Huͤte oder Boͤke muͤssen so eingerichtet seyn, daß uͤber deren scharfkantige Scheitel große Rollen oder Kehlraͤder, deren Seiten schraͤg zugeschnitten sind, und deren Umfang in der Tiefe oder Kehle dem Umfange der Schiene oder der Haͤngekette entspricht, laufen koͤnnen. Wenn man daher an den Verlaͤngerungen der Achsen der Rollen oder der Raͤder Haken anbringt, welche in der Richtung dieser Verlaͤngerungen nach Auswaͤrts gebogen und so lang sind, daß sich der Schwerpunkt der Rahmen und der zur Aufnahme der Lasten dienenden Kisten, welche zu beiden Seiten an diesen Haken aufgehaͤngt sind, und auf beiden Seiten ein gleiches Gewicht tragen, unter der Schiene befindet, so werden diese Rollen oder Raͤder mit ihrer Last auf der Schiene oder der Haͤngekette fortrollen koͤnnen, ohne umzuschlagen; und zugleich wird es auch moͤglich seyn, daß sie uͤber die Koͤpfe der Boͤke mit Leichtigkeit und Genauigkeit hinweg gelangen. Aus der Anordnung dieses Apparates ergibt sich, daß ein derlei Wagen, welcher, je nachdem es der fortzuschaffende Gegenstand erfordert, ein, zwei, drei oder auch mehrere, saͤmmtlich in einer und derselben Flaͤche gelegene Raͤder haben kann, wenn er auf den Kopf eines der Tragpfeiler gesezt worden ist, bei dem geringsten ihm mitgetheilten Impulse abfahren und auf der zwischen den beiden ersten Pfeilern gespannten Haͤngekette fortlaufen wird, um dann durch seine Schwere und durch das Bewegungsmoment, welches er beim Durchlaufen der ersten Haͤlfte der Curve der Kette oder der Schiene erlangt, den groͤßten Theil der zweiten Haͤlfte dieser Curve emporzusteigenAngestellte Versuche haben mir bewiesen, daß man mit einem Pfeile von 1/2 Proc., welcher durch die Normallast auf 1 1/4 bis 1 1/2 Proc. verlaͤngert wird, bewirken kann, daß die Last 4/5 der ganzen Curve durchlaͤuft.A. d. O.. Es ist aus der Physik bekannt, daß dieses Bewegungsmoment nicht hinreichen kann, um die erste Curve vollends zuruͤkzulegen, oder um den Wagen uͤber den zweiten Tragpfosten hinweg auf die zweite Curve zu bringen, sondern daß hiezu ein neuer Impuls erforderlich ist; allein ein solcher laͤßt sich leicht durch einen beweglichen Zwischentragpfeiler, welcher zwischen je zwei fixirten Tragpfeilern angebracht ist, und der sich heben oder senken laͤßt, geben. Die Schiene oder die Tragkette muß auch uͤber die Koͤpfe dieser beweglichen Tragpfeiler laufen, und auf denselben befestigt seyn, wenn sie auch frei in der Flaͤche ihrer Aufhaͤngung spielen kann.Diese Bedingung ist durchaus erforderlich, damit keine seitliche Reibung, wodurch das ganze Spiel verloren gehen wuͤrde, entstehen kann.A. d. O. Zur Erzielung der Functionen dieser beweglichen Tragpfeiler koͤnnen verschiedene Mechanismen dienen; ich selbst habe mit mehreren derselben Versuche angestellt. Diesem Zweke am besten entsprechend fand ich einen Rahmen, der senkrecht zwischen den eisernen Falzen zweier rechts und links von der Schiene befindlichen Leitpfosten laͤuft, und der an seinen Seiten mit 8 Reibungsrollen versehen ist, von denen vier an den Seitenwaͤnden und vier auf dem Grunde der Falzen rollen. Mitten durch diesen Rahmen muß von seiner Basis an eine senkrechte Spindel laufen, deren Hoͤhe uͤber dem Rahmen nach der Laͤnge der Haken der Lastwagen so berechnet seyn muß, daß diese, wenn sie uͤber den Scheitel dieser Spindel gehen, den Rahmen nicht beruͤhren koͤnnen. Der Rahmen steht durch Ketten und Kloben mit einem Kurbelhaspel oder mit einem Trommel- oder Zapfenrade in Verbindung, dessen Welle zu beiden Seiten außen an den Leitpfosten des beweglichen Tragpfeilers befestigt ist, und mit dessen Huͤlfe ihm die Bewegung nach Aufwaͤrts oder nach Abwaͤrts mitgetheilt wird. Der bewegliche Tragpfeiler ist mit Gegengewichten versehen, welche nach dem Gewichte der zwischen den beiden Tragpfeilern befindlichen Schiene, nach dem Gewichte des Wagens und nach dem Gewichte des beweglichen Tragpfeilers selbst berechnet sind. Das Gegengewicht wechselt im Verhaͤltnisse der Entfernung, in welcher sich der Wagen in jedem Augenblike seines Laufes befindet, und nach dem Gewichte der Schiene, welches in demselben Augenblik darauf druͤkt: d.h. das Gegengewicht waͤchst oder vermindert sich dem Gewichte nach in einem Verhaͤltnisse, welches aus dem Gewichte der Schiene zum Wagen und zu dessen Beladung und aus der Entfernung, in der sich der Wagen in jedem Augenblike von den Tragpfeilern befindet, zusammengesezt ist. Oder mit anderen Worten: wenn der Wagen von dem fixirten Tragpfeiler abrollt, so ist dessen Druk auf den sich senkenden beweglichen Tragpfeiler anfangs sehr gering; allmaͤhlich wird dieser Druk hingegen staͤrker, bis der Wagen endlich in dem Augenblike, in welchem er uͤber den Kopf des beweglichen Tragpfeilers laͤuft, mit seiner ganzen Schwere auf lezteren druͤkt; hierauf wird der Druk in dem Maaße als der Wagen sich entfernt, und als der bewegliche Tragpfeiler sich erhebt, wieder geringer. Dagegen uͤbt die Haͤngeschiene im Augenblike der Abfahrt des Wagens das Maximum des Drukes auf den beweglichen Tragpfeiler, der dann emporgestiegen ist, aus; waͤhrend dieser Druk null wird, wenn der bewegliche Tragpfeiler im Augenblike des Daruͤbergleitens des Wagens herabgesenkt ist.Dieser Gegensaz, der in demselben Zeitmomente zwischen dem Gewichte der Schiene, welche auf den beweglichen Tragpfeiler druͤkt, und dem Wagen besteht, gestattet die Anwendung von Gegengewichten, welche im Vergleiche mit der Last, die wirklich auf den beweglichen Tragpfeiler zu druͤken scheint, sehr klein sind.A. d. O. Das Gegengewicht, bei welchem ich als dem besten definitiv stehen blieb, ist jenes des Hrn. Poncelet, welches man gegenwaͤrtig an den Zugbruͤken der meisten franzoͤsischen Festungen angewendet findet. Es steht mit dem Rahmen in Verbindung und theilt sich in zwei Hauptbuͤndel, von denen jeder vier Arme hat, und welche zur Rechten und zur Linken an den Pfosten befestigt sind, in denen der Rahmen laͤuft. Dieses Gegengewicht gleicht seiner Biegsamkeit wegen so ziemlich einer Schlange, und sein Gewicht laͤßt sich fuͤr jeden Punkt seines Laufes oder seiner Biegungen nach Belieben abaͤndern. Der bewegliche Tragpfeiler wird durch einen Menschen in Bewegung gesezt, und zwar entweder indem dieser auf die Kurbel des Haspels wirkt, oder indem er in dem Trommelrade oder in dem mit Zapfen versehenen Rade herumtritt. Die Kraft eines einzigen Mannes reicht hin, indem sich Alles im Gleichgewichte befindet, und weil nur ein sehr geringer Kraftaufwand erforderlich ist, um dieses Gleichgewicht zu unterbrechen und um die Bewegung zu unterhalten; und zwar um so mehr, als die Bewegung des beweglichen Tragpfeilers im Vergleiche mit jener, die der Wagen innerhalb derselben Zeit vollbringt, nur eine langsame und wenig ausgedehnte ist, und als der Mann nur in Zwischenzeiten und nach einiger Zeit Ruhe, zu arbeiten hat. Ich glaube nicht, daß sich fuͤr eine Locomotion nach der hier angedeuteten Methode fuͤglich eine andere, als die durch Menschen hervorgebrachte Triebkraft benuzen laͤßt; bei ihr werden auch die Kosten uͤberall so ziemlich gleich seyn, waͤhrend sie bei der Anwendung der Dampfkraft je nach der groͤßeren oder geringeren Entfernung von Steinkohlengruben um das Doppelte und Dreifache groͤßer seyn wuͤrden. Ich kann ohne Huͤlfe einer Zeichnung nicht wohl eine genauere Beschreibung meiner ganzen Vorrichtung geben; damit man sich jedoch einen Begriff von der Geschwindigkeit der Communication machen kann, will ich hier jene Geschwindigkeiten angeben, welche ich auf drei Haͤngeschienen von verschiedener Laͤnge erzielte. Ich bemerke vorlaͤufig nur, daß sich diese Geschwindigkeiten erhoͤhen oder mindern lassen, je nachdem der bewegliche Tragpfeiler mehr oder minder schnell gehandhabt wird, und daß sie haͤuptsaͤchlich von der Laͤnge der Haͤngecurven bedingt sind. Saͤmmtliche meiner drei Schienen trugen ein gleiches Gewicht, und alle hatten sie auch einen und denselben Pfeil von 1/2 Proc., der auf 1 1/2 Proc. verlaͤngert wurde. Meine erste Schiene von 16 1/2 Meter Laͤnge wurde in 8 Secunden durchlaufen, was einer Geschwindigkeit von 1 3/4 Meilen in der Zeitstunde entspricht; die zweite wurde bei 33 1/2 Meter Laͤnge in 10 Secunden durchlaufen, und gab folglich eine Geschwindigkeit von 3 Meilen in der Zeitstunde; die dritte endlich wurde bei einer Laͤnge von 200 Metern in 24 Secunden durchlaufen, was einer Geschwindigkeit von 7 1/2 Meile per Stunde entspricht. Wollte man hienach Curven von 1000 Meter anwenden, so gaͤbe dieß eine Geschwindigkeit von 19 bis 20 Meilen per Stunde: eine Geschwindigkeit, die wirklich fuͤrchterlich waͤre, wenn sie nicht mittelst des beweglichen Tragpfeilers gemaͤßigt werden koͤnnte. Mein Apparat laͤßt sich nur dann gehoͤrig wuͤrdigen, wenn man denselben arbeiten sieht, wo er dann durch seine Leichtigkeit, seine Festigkeit und durch die Genauigkeit uͤberrascht, womit sich die Lasten bewegen, und selbst dann uͤber die Koͤpfe der Tragpfeiler hinweg gleiten, wenn deren Bewegung durch einen starken Wind von der Seite, der wegen des daraus folgenden seitlichen Drukes auf die Schiene ein großes Hinderniß erzeugt, beeintraͤchtigt wird. Ich kann hier auf keine Eroͤrterung der Details und der Kosten meines Apparates eingehen, und eben so wenig kann ich mich auf eine Beleuchtung der Vortheile und Nachtheile, welche natuͤrlich auch dieses Communicationsmittel, wie jedes andere gewaͤhrt, einlassen; nur einige Bemerkungen erlaube ich mir in dieser Hinsicht. Ein in die Augen springender Vortheil ist der, daß hier nur so viel Grund und Boden angekauft zu werden braucht, als zum Baue der Tragpfeiler erforderlich ist, und daß an die Stelle der Expropriation nur eine einfache Entschaͤdigung fuͤr die Erlaubniß laͤngs der Bahn uͤber den Grund und Boden gehen zu duͤrfen, tritt. Alle Erdarbeiten fallen hier weg und eben so auch die Bruͤken, so daß die Kunst nichts zu thun hat, als die zur Aufhaͤngung noͤthigen unbedeutenden Bauten herzustellen. Den Haͤngeschienen so wie den Tragpfeilern kann man alle Dimensionen von dem einfachen Eisendrahte an bis zur Eisenstange von mehreren Centimetern im Gevierte geben, je nachdem es sich um Fortschaffung von Lasten handelt, die nur einige Kilogramme betragen, oder deren Gewicht auf 50, 100, 200, 500, 1000, 2000 und mehr Kilogramme ansteigt. Die Haͤngeschienen lassen sich demnach allen speciellen Zweken anpassen und so einrichten, daß deren Kosten lediglich den auf ein Mal fortzuschaffenden Lasten entsprechen, waͤhrend die Eisenbahnen in Hinsicht auf Material und Einrichtung keine Veraͤnderungen im Baue gestatten. Ich muß noch erinnern, daß alle Vorkehrungen getroffen sind, um von der geraden Bahn abweichen und noͤthigen Falles ganz kurz unter einem rechten Winkel abbeugen zu koͤnnen; auch ist fuͤr Platformen zum Aufladen, so wie auch dafuͤr gesorgt, daß die Wagen leicht und schnell auf die Schienen gebracht und darauf hinabrollen koͤnnen. Eben so koͤnnen Abhaͤnge von 4 bis 5 Proc. zuruͤkgelegt werden, wenn man die Aufhaͤngepunkte einander naͤhert, und wenn man jedem der auf einander folgenden beweglichen Tragpfosten eine hoͤhere Bewegung nach Aufwaͤrts gibt, als sie dem vorausgehenden Pfosten zukam.Es ist dieß eine Steigung, wie sie z.B. an einer Reihe auf einander folgender Schleusen Statt findet.A. d. O. Was die Kosten betrifft, so laͤßt sich ein Kilometer von staͤrkster Dimension leicht fuͤr 30 bis 40,000 Fr. herstellen, also fuͤr weniger als die wohlfeilsten aller Eisenbahnen kosten, die auf das Drei- und Vierfache zu stehen kommen. Eben so berechnen sich die Kosten der Locomotion niedriger als bei irgend einer anderen Methode. Wenn z.B. zwischen zwei großen Staͤdten taͤglich 5 bis 6 Briefpostfelleisen hin und her gehen solltenBabbage hat in seinem neuesten Werke, welches ich erst nach Errichtung meines Apparates durch die von Biot dem Sohne veranstaltete Uebersezung kennen lernte, ein aͤhnliches Communicationsmittel fuͤr Depeschen in Vorschlag gebracht, doch scheint mir dieses weit weniger vorteilhaft und mehr complicirt. Er schlaͤgt naͤmlich vor einen Eisendraht uͤber Pfosten zu spannen, welche nur 100 bis 150 Fuß weit von einander entfernt sind, und die zu beiden Seiten herabhaͤngenden Depeschenbehaͤlter mittelst eines endlosen Taues und mittelst Trommeln, die in Entfernungen von 3 bis 4 Meilen von einander angebracht sind und von einem Menschen rasch in Bewegung gesezt werden, fort zu bewegen. Die Nachtheile dieser Methode, bei welcher die Depeschen an jeder Station losgemacht und neu eingehaͤngt werden muͤssen, sind so auffallend, daß Hr. Biot mit Recht glaubt, daß dieselbe langsamer, und ich moͤchte sagen auch noch kostspieliger ist, als die englischen Malleposten, bei denen ein großer Theil der Kosten durch die Reisenden gedekt wird.A. d. O., so koͤnnten die gegenwaͤrtigen Kosten dieser Postverbindung die Kosten der Errichtung und des Betriebes einer Haͤngeschiene, welche eine Last von 2 bis 2 1/2 Tonnen zu tragen vermag, deken; und dabei wuͤrden die Briefe nicht nur wenigstens um das Fuͤnffache schneller an Ort und Stelle gelangen, sondern die Communication bliebe nebenbei auch noch zu anderen Zweken frei. Wenn es dagegen allerdings richtig ist, daß eine derlei Schienenbahn zwischen je zwei fixirten Tragpfeilern nur einen einzigen Wagen zu tragen vermag, und daß folglich die Tonnenzahl weit beschraͤnkter ist, als auf einer gewoͤhnlichen Eisenbahn, auf der man eine Last von 100 Tonnen und daruͤber mit einem Male in Bewegung zu sezen im Stande ist; so darf man andererseits nicht vergessen, daß auf den Haͤngeschienen die Transporte weit schneller auf einander folgen, und daß folglich weit weniger Ueberladung und weit mehr Bequemlichkeit Statt finden wird, als auf den gegenwaͤrtigen Eisenbahnen. Da es uͤberdieß bekannt ist, daß eines der Haupthindernisse gegen die Errichtung von Eisenbahnen darin besteht, daß nur an wenigen Orten ein solcher Verkehr besteht, als zur Dekung der Unkosten erforderlich ist, so koͤnnen die Haͤngeschienen, deren Errichtungskosten sich weit geringer berechnen, selbst an solchen Orten benuzt werden, an welchen man den Eisenbahnen entsagen muß. Es duͤrfte zwar wahrscheinlich geraume Zeit vergehen, bevor man sich zur Benuzung meines Systemes entschließen wird; ja man wird dasselbe vielleicht anfaͤnglich auf dieselbe Weise behandeln, wie den Vorschlag zur Anwendung der Dampfmaschine auf die Schifffahrt; allein welches Urtheil man auch daruͤber faͤllen mag, so hoffe ich doch den Keim zu einer neuen kuͤnftigen Locomotion, uͤber die ich demnaͤchst eine ausfuͤhrlichere Abhandlung bekannt zu machen gedenke, gelegt zu haben. Es wird mir immer zum großen Vergnuͤgen gereichen allen denen, welche mein System zur einfachen Mittheilung von Depeschen, oder als Transportmittel, oder zum Uebersezen uͤber Fluͤsse oder Thaͤler benuzen moͤchten, alle Details der von mir angestellten Versuche und der dabei gemachten Erfahrungen mitzuteilen.