Titel: Ueber die Theorie des Daguerre'chen Verfahrens zur Erzeugung der Lichtbilder; von G. Bayeux.
Fundstelle: Band 76, Jahrgang 1840, Nr. XXXII., S. 120
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XXXII. Ueber die Theorie des Daguerre'chen Verfahrens zur Erzeugung der Lichtbilder; von G. Bayeux. Aus dem Journal de Chimie médicale, 1840, No. 1. Bayeux, uͤber das Verfahren zur Erzeugung der Lichtbilder. Eine mit Silber plattirte Kupferplatte wird mit verdünnter Salpetersäure sorgfältig abgewaschen, um ihre Oberfläche von allen darauf haftenden Unreinigkeiten zu befreien und sie auch noch gleichförmiger zu machen. Man schreitet sodann zu mehreren Operationen, welche im polytechn. Journal Bd. LXXIV. S. 191 näher beschrieben sind und die ich nach einander durchgehen werde, um sie deutlicher erklären zu können. Erste Operation. Die Metallplatte wird auf der Silberseite in einem geschlossenen Kästchen, in welches kein Licht dringen kann, der Einwirkung von Joddämpfen ausgesezt, indem man ein wenig Jod vorher auf den Boden des Kästchens brachte und denselben sodann erwärmte; dieser Dampf streicht, ehe er auf die Oberfläche des Silbers gelangt, durch ein feines und leichtes Gaze, welches ihn gleichsam siebt und gleichförmig auf der Metallfläche verbreitet; das Jod verbindet sich mit dem Silber und bildet mit ihm eine Schichte Jodsilber, welche außerordentlich dünn ist, indem ihre Dike auf den Daguerre'schen Bildern nur den Millionsten Theil eines Millimeters beträgt. Zweite Operation. Die Metallplatte wird nun ohne mit dem Licht in Berührung zu kommen, in die camera obscura und zwar in deren Brennpunkt gebracht; das Licht wirkt sodann auf das Jodsilber, welches an den von den Lichtstrahlen getroffenen Punkten gänzlich zersezt wird, an den Stellen aber, die sich zwar im Schatten befinden, jedoch von dem zurükgeworfenen Lichte erhellt werden, nur zum Theil die Zersezung erleidet, endlich an den Theilen, die ganz im Schatten sind, unverändert bleibt. Bei dieser Zersezung wird das Jodsilber in reducirtes Silber verwandelt, welches wegen seiner großen Zertheilung weder die Farbe noch den Metallglanz des gewöhnlichen Silbers hat. Dritte Operation. Die Platte wird sodann der langsamen Einwirkung von Queksilberdämpfen ausgesezt, welche man bei einer Temperatur von nur 60° R. entwikelt; das Queksilber verbindet sich mit dem vorher reducirten Silber und bildet ein Silberamalgam, während es auf das Jodsilber keine Wirkung äußert. Es bildet sich also an den Stellen, welche vom Licht getroffen wurden, ein Silberamalgam, das weiß und um so weniger mit Jodsilber gemengt ist, je mehr diese Stellen erhellt waren: von nun an zeigt sich das Bild, worin die Schatten nach ihrer Intensität durch mehr oder weniger Jodsilber ausgedrükt sind. Nach Hrn. Daguerre gelingt die Operation besser, wenn die Metallplatte die Queksilberdämpfe unter einem Winkel von 45° empfängt, als wenn man sie parallel mit der Oberfläche des Queksilbers legt. Ich glaube, daß in diesem Falle die Wirkung eine rein mechanische ist, indem die Queksilberdämpfe, welche ungemein schwer sind und überdieß keine Strömung haben, außerdem stagnirend bleiben und sich viel schwerer mit dem Metall verbinden würden, während unter einem Winkel von 45° der Dampf gegen die Oberfläche des Metalls gleitet und sich damit viel leichter verbindet, weil er schneller erneuert wird. Vierte Operation. Man taucht sodann das Bild in eine Auflösung von. unterschweflichsaurem Natron; hiebei wirkt die plattirte Metallplatte gerade so wie ein Element der Volta'schen Säule und zersezt einen Theil des Wassers der Auflösung; der Wasserstoff dieses Wassers geht an das Jod und bildet Jodwasserstoffsäure, während der Sauerstoff einen Theil des unterschweflichsauren Natrons in schweflichsaures Natron verwandelt; die freie Jodwasserstoffsäure zersezt eine andere kleine Portion unterschweflichsaures Natron, indem sie mit dessen Basis jodwasserstoffsaures Natron bildet und ein wenig unterschwefliche Säure in Freiheit sezt: leztere kann aber bekanntlich nicht in freiem Zustande bestehen und zersezt sich also sogleich in Schwefel und Sauerstoff; der Sauerstoff wird von einer dritten Portion unterschweflichsauren Natrons aufgenommen, während der Schwefel sich mit dem Silber zu Schwefelsilber verbindet, welches also das zuvor auf der Platte gewesene Jodsilber ersezt und sich somit auf den Stellen im Schatten befindet. Diese vierte Operation ist offenbar viel schwerer zu erklären als die anderen, doch scheint mir obige Theorie die einfachste und natürlichste zu seyn, um so mehr weil sie auch erklärt, warum die Operation bei mit Silber plattirten Kupferplatten besser gelingt, als mit bloßen Silberplatten. Das Abwaschen mit destillirtem Wasser, welches zulezt vorgenommen wird, hat zum Zwek, alles unterschweflichsaure Natron, welches auf dem Bild zurükgeblieben seyn könnte, zu beseitigen und es mehr zu reinigen. Bei der ersten Operation bildet sich also auf der Silberplatte Jodsilber; bei der zweiten zersezt das Licht dieses Jodsilber und verwandelt es in metallisches Silber, das aber wegen seiner Zertheilung glanzlos ist; bei der dritten bildet das Queksilber mit dem reducirten Silber ein Amalgam, wodurch die von dem Licht getroffenen Stellen sichtbar werden; bei der vierten endlich verwandelt das unterschweflichsaure Natron das Jodsilber der schattigen Theile in Schwefelsilber, welches schwarz ist und vom Licht nicht angegriffen wird; daher die Bildung der Schatten und die Fixirung des Bildes.