Titel: Ueber die veränderte Zusammensezung der Kuhmilch und ihre Ausbeute an Butter und Käse je nach der Bewegung und Fütterung des Thieres; von Dr. Lyon Playfair.
Fundstelle: Band 91, Jahrgang 1844, Nr. XIV., S. 40
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XIV. Ueber die veraͤnderte Zusammensezung der Kuhmilch und ihre Ausbeute an Butter und Kaͤse je nach der Bewegung und Fuͤtterung des Thieres; von Dr. Lyon Playfair. Aus dem Philosophical Magazine, Okt. 1843, S. 281. Playfair, über die Zusammensezung der Kuhmilch und ihre Ausbeute an Butter und Käse. Da diese Abhandlung vorzüglich zum Zwek hat, die Aufmerksamkeit der Landwirthe auf die Umstände zu lenken, welche eine Veränderung in dem Producte ihrer Melkereien hervorbringen, habe ich sie populärer abgefaßt, als wenn sie bloß für wissenschaftliche Chemiker bestimmt gewesen wäre. Die vielen Schwierigkeiten, womit der Milchproducent zu kämpfen hat, rühren gänzlich von der Unkenntniß des chemischen Theils seines Gewerbes her. Mein Bestreben ist hier, auf die Ursachen der vielen Veränderungen der Milch hinzuweisen. Boussingault und LebelAnnales de Chimie et de. Phys. LXXI. 63. stellten Versuche in der Absicht an, zu beweisen, daß die Zusammensezung der Milch constant bleibt, wenn das der Kuh gegebene Futter gleich viel Stikstoff enthält; ihre Analysen bestätigten dieß auch in Betreff des Käsestoffs (Caseins) der Milch; die anderen Bestandtheile derselben sind jedoch sehr verschieden je nach der Beschaffenheit des Futters. Das Mittel von acht Analysen liefert nach ihnen folgende Zusammensezung der Kuhmilch: Kaͤsestoff (Casein) 3,2 Butter 4,1 Zuker 5,1 Salze 0,2 Wasser 87,4 Das von diesen Chemikern befolgte analytische Verfahren ist von jenem, dessen sich Peligot bei seiner Analyse der Eselsmilch bediente, nicht verschieden.Ebendaselbst LXII. 432. Es bestund darin, den trokenen Rükstand eines bekannten Gewichtes Milch mit Aether und dann mit Wasser zu behandeln. Der Gewichtsverlust nach der Erschöpfung mit Aether wurde als Butter angerechnet und der durch ähnliche Behandlung mit Wasser entstandene, als Zuker; der trokene unlösliche Rükstand war Casein. Lezteres wurde eingeäschert, um die Salze der Milch zu bestimmen. Dieses analytische Verfahren hat einen Fehler, welcher jenen Chemikern entgangen zu seyn scheint. Es ist nämlich vergessen worden, die vom Wasser aufgelöste unorganische Materie zu bestimmen. Beim Auswaschen des Gemenges von Casein und Zuker mit Wasser lösen sich alle in der Milch befindlichen löslichen Salze auf. Die unlöslichen bleiben im rükständigen Casein und diese allein werden bei der Einäscherung erhalten. In Boussingault's Analysen ist der Gehalt an Milchzuker daher immer zu hoch und derjenige an unorganischen Bestandtheilen zu gering ausgefallen. Die von mir angewandte analytische Methode war mit wenigen Modificationen dieselbe. Eine abgewogene Portion Milch, welcher vorher ein paar Tropfen Essigsäure zugesezt worden waren, wurde bei der Siedhize des Wassers zur Trokne abgedampft, der trokene Rükstand mit Aether digerirt, auf ein abgewogenes Filter gebracht und mit erwärmtem Aether ausgewaschen. Das Gemenge von Zuker und Casein, welches auf dem Filter zurükblieb, wurde wieder bei 80° R. ausgetroknet und ergab durch seinen Gewichtsverlust die Menge der von dem Aether aufgelösten Butter. Die ätherische Lösung selbst wurde zur Trokne abgedampft und bestand dann aus Butter mit, je nach dem Futter, mehr oder weniger intensivem Farbstoff. Das Gemenge von Casein und Zuker wurde mit heißem Wasser ausgewaschen und das auf dem Filter zurükbleibende Casein, nachdem es bei 80° R. getroknet worden, gewogen, dann eingeäschert und das Gewicht der Asche von dem des Caseins abgezogen. Die bei 80° abgedampfte Zukerlösung lieferte einen aus Milchzuker und den auflöslichen Salzen der Milch bestehenden Rükstand. Dieser wurde nach dem Wägen eingeäschert und das Gewicht der Asche bestimmt. Von dem Gewicht des Rükstandes abgezogen, zeigte dieses die Quantität des Zukers an, und der Asche des Caseins hinzugerechnet, gab es die Gesammtquantität der unorganischen Bestandtheile der Milch. Die Asche des Filters wurde natürlich abgezogen. Die Kuh, mit deren Milch die folgenden Versuche angestellt wurden, war von der Race der kurzgehörnten. Wie viel Tage es her waren, daß sie zulezt gekälbert hatte, ist mir nicht bekannt. Zur Zeit der Versuche war sie in gutem Milchzustand. Um den durchschnittlichen Betrag ihrer Milch zu bestimmen, maß ich dieselbe mehrere Tage hindurch jedesmal vor den Versuchen ab. Während dieser Zeit mußte sich die Kuh mit Nachgras nähren; die Wiese war eine halbe (engl.) Meile vom Kuhstall entfernt. Morgenmilch. Abendmilch. 5. Oktober 5(engl.) Quarts Quarts 6. 5 4 7. 5 8. 5 4 9. 4 Das Wetter war für die Jahreszeit schön; da die Nächte aber sehr kalt waren, ließ ich am 7. Abends die Kuh in den Stall treiben und die Nacht über hier verweilen. Am Morgen wurde sie wieder zum Grasen geschikt, Abends aber wieder zurükgebracht. Am Abend des 9. begann ich die Analysen und sezte sie die folgenden Tage fort. Die zu analysirende Milch wurde erst dann aus dem Melkkübel genommen, nachdem die Kuh sorgfältig gemolken und die Milch wohl umgerührt worden war. Diese Vorsicht war nöthig, weil die Abscheidung des Rahms von der Milch zum Theil schon in dem Kuheuter stattfindet und daher die zulezt daraus gezogene Milch weit mehr Rahm enthält als die erste.Schuͤbler sagt, daß die zulezt abgezogene Milch dreimal so viel Rahm enthalte als die erste. — Dr. Anderson (in Dickson's Practical Agriculture, Vol. II. p. 517) fand das Verhältniß des Rahms von der lezten Portion Milch zu dem der ersten = 16 : 1. Erster Tag. Die auf der Wiese den Tag über mit Nachgras gefütterte Kuh wurde Abends in den Stall zurükgetrieben. Die sodann erhaltene Milch betrug 3 Quarts. Ein Theil derselben wurde analysirt; ihr spec. Gewicht war 1,034. 11,128 Gramme Milch gaben In 100 Thln. Kaͤsestoff 0,611 5,4 Butter 0,404 3,7 Milchzuker 0,429 3,8 Salze (Asche) 0,068 0,6 Wasser 9,616 86,5 –––––––––––––––––––––––– 11,128 100,0. Den Tag über hatte die Kuh ziemlich viel Bewegung. Vor dem Melken hatte sie von der Wiese aus eine halbe (engl.) Meile weit zu gehen. Da das Nachgras nicht so viel Nahrungsstoff enthält wie das erste Gras, so fraß das Thier mehr als sonst der Fall gewesen wäre, mußte daher auch mehr umhergehen, um sich so viel Nahrung zu verschaffen. Die dadurch gemachte Bewegung mußte, da es öfter athmete, auch die Aufnahme von mehr Sauerstoff in seinen Organismus zur Folge haben. Dieser Sauerstoff verbindet sich, wie wir nachher sehen werden, mit der Butter und verzehrt sie; folglich ist in dieser Milch weniger Butter enthalten, als der Fall gewesen wäre, wenn die Kuh in gehaltreicherem Grase geweidet hätte. Als sie aber wieder in den Stall zurük kam, wurde weniger Sauerstoff eingeathmet und die Wärme in diesem Raume war einer gewissen Menge stikstofffreien Futters äquivalent.Es werden hier die Grundzuͤge von Liebig's Thier-Chemie als richtig vorausgesezt. Die Nacht über erhielt die Kuh nichts zu fressen, folglich mußte die Morgenmilch von dem Tags zuvor verzehrten Nachgras herrühren. Sie maß 4½ Quarts. Specifisches Gewicht 1,032. 15,280 Gramme derselben gaben In 100 Thln. Kaͤsestoff (Casein) 0,610 3,9 Butter 0,864 5,6 Milchzuker 0,468 3,0 Salze (Asche) 0,091 0,5 Wasser 13,247 87,0 –––––––––––––––––––––––– 15,280 100,0. Butter war, wie zu erwarten, in größerm Verhältniß vorhanden als oben; der Käsestoff hingegen war weniger. Wir verschieben noch die Betrachtung der Ursachen, welche die Verschiedenheit im Gehalt an lezterm Bestandtheil veranlassen. Zweiter Tag. Die Absicht dieses Versuches war zu erfahren, ob durch Fütterung der Kuh mit Nachgras im Stall eine Zunahme an Butter hervorgebracht werde. Das Thier wollte aber dieses Futter nicht fressen und da es von seinen Cameraden entfernt wurde, so strengte es sich mehrere Stunden an, um seine Freiheit wieder zu gewinnen. Um die Kuh zur Ruhe zu bringen, gab man ihr einen Cameraden in denselben Stall, was sie denn vermochte, 28 Pfd. gutes Heu und 2½ Pfd. Hafermehl zu verzehren. Die Abendmilch maß 3½ Quarts. — Ihr spec. Gewicht war 1,031. 22,684 Gramme davon lieferten In 100 Thln. Kaͤsestoff 1,124 4,9 Butter 1,150 5,1 Zuker 0,867 3,8 Salze (Asche) 0,137 0,5 Wasser 19,406 85,7 –––––––––––––––––––––––– 22,684 100,0. Die Morgenmilch betrug 4 Quarts, wurde aber eines eingetretenen Zufalls wegen nicht analysirt. Dritter Tag. A. Die Kuh wurde im Stall gelassen und verzehrte 28 Pfd. Heu, 2½ Pfd. Hafermehl und 8 Pfd. Bohnenmehl. Die Abendmilch betrug 4 Quarts = 10,34 Pfd. — Ihr spec. Gew. war 1,034. 23,160 Gramme lieferten In 100 Thln. Kaͤsestoff 1,262 5,4 Butter 0,905 3,9 Milchzuker 1,112 4,8 Salze (Asche) 0,136 0,5 Wasser 19,745 85,4 –––––––––––––––––––––––– 23,160 100,0. B. Die Morgenmilch betrug 4½ Quarts = 11,61 Pfd. — Ihr spec. Gewicht war 1,032. 19,445 Gramme lieferten In 100 Thln. Kaͤsestoff 0,758 3,9 Butter 0,888 4,6 Zuker 0,877 4,5 Salze (Asche) 0,129 0,7 Wasser 16,793 86,3 –––––––––––––––––––––––– 19,445 100,0. Vierter Tag. A. Die wie Tags zuvor im Stall gehaltene Kuh bekam 24 Pfd. (gedämpfte) Kartoffeln, 14 Pfd. Heu und 8 Pfd. Bohnenmehl. Sie gab Abends 5 Quarts Milch = 12,9 Pfd. Von 1,033 spec. Gewicht. 17,820 Gramme davon lieferten In 100 Thln. Kaͤsestoff 0,707 3,9 Butter 1,190 6,7 Milchzuker 0,815 4,6 Salze (Asche) 0,104 0,6 Wasser 15,004 84,2 –––––––––––––––––––––––– 17,820 100,0. B. Die Morgenmilch betrug 4 Quarts = 10,32 Pfd. — Ihr spec. Gewicht war 1,032. 19,641 Gramme dieser Milch enthielten In 100 Thln. Kaͤsestoff 0,535 2,7 Butter 0,978 4,9 Milchzuker 0,991 5,0 Salze (Asche) 0,116 0,5 Wasser 17,021 86,9 –––––––––––––––––––––––– 19,641 100,0. Fünfter Tag. A. Die wie vorher gehaltene Kuh verzehrte 14 Pfd. Heu und 30 Pfd. (gedämpfte) Kartoffeln. Sie gab Abends 5⅛ Quarts Milch = 13,18 Pfd. von 1,030 spec. Gewicht. 18,141 Gramme davon lieferten In 100 Thln. Kaͤsestoff 0,716 3,9 Butter 0,845 4,6 Milchzuker 0,713 3,9 Salze (Asche) 0,099 0,5 Wasser 15,768 87,1 –––––––––––––––––––––––– 18,141 100,0. B. Die Morgenmilch betrug 4¾ Quarts = 12,20 Pfd. — Ihr spec. Gewicht war 1,030. 16,740 Gramme davon enthielten In 100 Thln. Kaͤsestoff 0,600 3,5 Butter 0,835 4,9 Zuker 0,648 3,8 Salze (Asche) 0,082 0,5 Wasser 14,575 87,3 –––––––––––––––––––––––– 16,740 100,0. Ehe wir zur Betrachtung dieser Versuche schreiten, müssen wir einen Blik auf die Zusammensezung der verschiedenen angewandten Futterarten werfen. Die Kuh erhielt im Laufe dieser Versuche Gras, Hafermehl, Heu, Bohnen und Kartoffeln; die Zusammensezung derselben ist aus folgenden Analysen ersichtlich. Heu Hafer Bohnen Kartoffeln Boussingault. Ders. Playfair. Boussingault. Kohlenstoff 38,47 41,57 38,24 12,30 Wasserstoff 4,20 5,25 5,84 1,74 Sauerstoff 32,51 30,10 33,10 12,04 Stikstoff 1,26 1,80 5,00 0,32 Asche 7,56 3,28 3,71 1,40 Wasser 16,00 18,00 14,11 72,20. Bohnen, welche von Boussingault analysirt wurden, gaben nur 4 Proc. Stikstoff; das von mir untersuchte Bohnenmehl aber 5 Proc. Multiplicirt man die Menge des Stikstoffs mit 6 1/5, so entspricht das Product natürlich dem Käsestoff oder Eiweißstoff in den verschiedenen Futterarten; zieht man dieses Product sammt dem Wasser und der Asche ab, so muß der Rest die Quantität stikstofffreier Materie anzeigen. Eiweißstoff oder Casein. Stikstofffreie Materie. Heu 7,81 68,63 Hafer 11,16 67,56 Bohnen 31,00 51,18 Kartoffel 1,98 24,42. Endlich enthält nach Liebig gutes Heu 1,56 Proc. einer fetten oder wachsartigen Substanz. Braconnot fand 0,70 Proc. einer ähnlichen Substanz in den Bohnen; Vogel 2 Proc. im Hafer und Liebig 0,3 Proc. in den Kartoffeln. Dumas behauptete kürzlich, daß das Fett der Thiere gänzlich von der in ihrem Futter enthaltenen Fettsubstanz herrühre. Diese Behauptung wurde von Liebig sehr glüklich bestritten, indem er sich auf eine Analyse der Milch von Boussingault bezieht, welche weit mehr Butter enthielt, als für das verzehrte Futter in Anrechnung gebracht werden konnte. Da die Theorie der Fettbildung für die Milchwirthschaft höchst wichtig ist, so wollen wir einen unserer obigen Versuche mit Rüksicht auf Dumas' Theorie näher untersuchen. Am zweiten Tag erhielt die Kuh 28 Pfd. Heu, welches 0,436 Pfd. Fett enthält und 2½ Pfd. Hafermehl mit 0,050 Pfd. Fettgehalt. Die Kuh gab (nach dem spec. Gewicht berechnet) ungefähr 19 Pfd. Milch, welche 0,969 Pfd. Butter enthielt. Das Futter aber enthielt zusammen nur 0,486 Pfd. Fett, so daß 0,483 Pfd. Butter von andern Quellen herrühren muß. Aehnlich verhält sich der Butterertrag des dritten, noch bei weitcm aber abweichender und gegen Dumas' Behauptung sprechender der des vierten und fünften Tages zu dem Fettgehalt des der Kuh gegebenen Futters. Die Butter in der Milch kann demnach ihren Ursprung unmöglich ausschließlich vom im Futter enthaltenen Fette haben und muß sonach durch Ausscheidung von Sauerstoff aus den Elementen der stikstofffreien Bestandtheile des Viehfutters erzeugt werden, was mit Liebig's Theorie übereinstimmt. Wir finden auffallende Verschiedenheiten der Butterquantitäten in vorstehenden Analysen, wie auch Boussingault sie bei seinen Versuchen erhielt. In der Milch des ersten Tages war wenig Butter enthalten. Die Kuh war den Tag über auf dem Feld gelassen worden und bedurfte daher einer größern Menge stikstofffreier Nahrung, um die Hize ihres Körpers ertragen zu können, als erforderlich gewesen wäre, wenn dieser von Kälte geschüzt gewesen wäre. Am Abend aber kam sie in einen warmen und gut mit Streu versehenen Stall, wo die ihr mitgetheilte Wärme einer gewissen Menge Futters äquivalent war, woher es kam, daß die Morgenmilch viel butterreicher war. Man hat sich übereinstimmend davon überzeugt, daß eine im Stall gefütterte Kuh eine butterreichere Milch gibt als eine auf dem Feld gefütterte. Abgesehen von dem Einfluß der bloßen Stallwärme, wird auch weniger Butter von dem Sauerstosf der Luft verzehrt. Im Stall sind die Athemzüge des Thiers bei weitem nicht so zahlreich als auf dem Felde und es tritt sonach weniger Sauerstoff in den Organismus ein. Der Milchökonom hat also vorzüglich dafür zu sorgen, daß kein Uebermaaß von diesem Gase in den Körper des Thieres gelangt. Aus diesem Grunde pflegt man die vom Haus ent fernten Kühe auf dem Felde zu melken und nur jene Kühe behufs der Melkung heim zu treiben, welche nicht weit zum Stalle haben. Die Bewegung durch das Heimgehen verursacht ein lebhafteres Spiel des Respirationssystems und vermehrt hiedurch die Quantität des eingeathmeten Sauerstoffs. Dieser verbindet sich mit der Butter und verzehrt sie. Ein guter Milchökonom achtet sorgfältig darauf, daß man die Kühe ihren natürlichen Schritt heim gehen läßt und denselben nie zu beschleunigen sucht. Dabei tritt nur wenig Sauerstoff in den Organismus. Wird die Kuh gequält, so daß sie läuft, um der Plage zu entrinnen, so wird ihre Milch sehr erhizt, nimmt an Volum und Gehalt ab und wird bald sauer. Es ist dieß eine allen Milchwirthen bekannte Thatsache. Der während des Laufens von der Kuh eingeathmete Sauerstoff verbindet sich mit der Butter und die durch ihre Verbrennnng entwikelte Wärme erhöht die Temperatur der Milch und verdampft einen Theil ihres Wassers. Es wird hiedurch eine Essiggährung eingeleitet, die nicht mehr unterdrükt werden kann. Darum werden die Kühe bei sehr heißem Wetter nicht mehr auf das Feld getrieben, wo sie von den Müken geplagt und störrig gemacht werden. Bei solchem Wetter werden nicht selten die Kühe den Tag über im Stall gefüttert und des Nachts zum Grasen gelassen, wobei sie ruhig und vor Einathmung zu vielen Sauerstoffs geschüzt bleiben. Es kann nicht in Zweifel gezogen werden, daß die Stallfütterung im Winter oder bei kaltem Wetter sehr viel zur Bildung der Butter beiträgt; im Sommer aber ist, wenn der Weideplaz reich und dem Stalle nahe ist, die kleine Bewegung, welche sie durch ihn erhalten, ihrer Gesundheit zuträglich und vermehrt ihren Appetit. Sie nehmen dadurch mehr Futter zu sich als im Stall und geben folglich mehr Milch. Der Verlust durch Absorption von Sauerstoff wird durch den größeren Appetit des Thiers mehr als ausgeglichen. Aus obigen Versuchen wird man ersehen, daß die Kartoffeln auf die Ausbeute an Milch sowohl, als auf die Butterbildung sehr vortheilhaft wirken. Es stimmt dieß mit der Erfahrung völlig überein. Sie sind reich an Stärkmehl und liefern daher den Stoff, aus welchem sich die Butter bildet. Der Mehrgehalt der Milch vom vierten Tag an Butter ist sehr auffallend; an jenem Tag machten 24 Pfd. Kartoffeln einen Theil des Futters aus. Auch in der Milch des fünften Tages war viel Butter, doch nicht so viel als in der des vierten, obwohl 6 Pfd. Kartoffeln mehr gegeben wurden. Diese 6 Pfd. Kartoffeln enthielten nur 1½ Pfd. trokner, stikstofffreier Substanz, die keinen Ersaz bieten konnten für 8 Pfd. Bohnen (4 Pfd. stikstofffreie Materie enthaltend), welche einen Theil der Fütterung des vorhergehenden Tages ausmachten. Das Ergebniß entspricht daher genau unserer Voraussezung. Wenn das Futter viel Stärkmehl enthielt, so nahm die Quantität des Milchzukers sowohl als der Butter zu. Der große Buttergehalt der Milch vom zweiten Tage ist auffallend, daher wir den Zufall bedauern, welcher uns verhinderte, die Morgenmilch zu analysiren. Es wurde mir oft von praktischen Landwirthen die Bemerkung gemacht (wie weit sie richtig ist, weiß ich nicht), daß die Morgenmilch in der Regel gehaltreicher ist, als die Abendmilch. So weit die kleine Anzahl der hier mitgetheilten Analysen einen Schluß zuläßt, scheint diese Bemerkung nicht unrichtig zu seyn. Die Ursache hiefür ist einleuchtend; den Tag über, wo Bewegung stattsindet, ist die Anzahl der Athemzüge groß und es tritt viel Sauerstoff in den Organismus, was der Butterbildung nachtheilig ist; über Nacht aber, während des Schlafs, ist die Athmung träger und es wird nicht viel Sauerstoff eingeathmet. Dieser Zustand begünstigt die Ausscheidung des Sauerstoffs vom Stärkmehl, um den Abgang (an Butter) wieder zu ergänzen. Alle Erfahrung spricht gegen Dumas' Theorie hinsichtlich der Bildung der Butter in der Milch und des Fetts in den Thieren. In Schottland ist die Stallfütterung der Kühe in hohem Grad ausgedehnt. Die Glasgower Milchwirthe füttern ihre Kühe in warmen Ställen mit Träbern (aus den Bierbrauereien), einigen Pfunden Bohnen, gedämpften weißen Rüben und Kartoffeln, und soviel Branntweinschlempe als sie saufen wollen. Die Träber bestehen aus Stärkmehl, Gummi und etwas Zukerstoff, enthalten aber soviel man weiß kein Fett. Diese Träber sind das beste Futter und der Buttererzeugung sehr förderlich, was offenbar von ihrem Gehalt an stikstofffreier Substanz herrührt. Die Bohnen liefern die stikstoffhaltige Substanz, welche den übrigen Futterarten mangelt und da sie Casein (Käsestoff) fertig gebildet enthalten, unterstüzen sie die Milchbildung sehr. Ihr Werth ist von allen schottischen Milchwirthen anerkannt, obwohl sie hierzulande (London) noch wenig im Gebrauch sind. Die Branntweinschlempe enthält Zuker und Alkohol, trägt daher zur Erhaltung der Wärme des Körpers bei und sezt dadurch das andere Futter in den Stand, sich in Butter umzuwandeln. Ihre Hauptfunction aber scheint zu seyn, die Secretionen zu verdünnen. Neines Wasser tritt nicht schnell in das Blut über; wir wissen im Gegentheil, daß es die Blutkügelchen zerstört. Bei saurem Wasser aber ist dieß nicht der Fall, und die Schlempe ist in der Regel sehr sauer. Daher verdünnt sie die Secretionen. Die Hauptaufgabe bei dieser Art der Fütterung ist, den Kühen so viel möglich stikstofffreies Futter zu geben und das bessere Futter besteht gerade aus solchen Körpern, welche die kleinsten Quantitäten Fetts enthalten. Porter und Bier sind bekanntlich der Buttererzeugung in der Milch sowohl der Frauen als der Kühe sehr förderlich und diese Flüssigkeiten enthalten kein Fett. Alles dieses beweist also daß die Praxis gegen die Dumas'sche Theorie und zu Gunsten der Liebig'schen spricht. Bei der Stallfütterung steht es in unserer Gewalt, die Zusammensezung der Milch, auch in Bezug auf das Casein, zu verändern. So erhielt die Kuh am zweiten Tag in ihrem Futter 2½ Pfd. Eiweiß oder eine Substanz von gleicher Zusammensezung (28 Pfd. Heu, 2½ Pfd. Hafermehl). Sie gab 19 Pfd. Milch, in welcher 0,93 Pfd. Käse waren. Am darauffolgenden Tag erhielt sie 5 Pfd. oder die doppelte Quantität Eiweiß in ihrem Futter und die 22 Pfd. wiegende Milch enthielt 1 Pfd. Casein.Nach der Abendmilch berechnet, da die Morgenmilch nicht analysirt worden war. Der Theorie nach wäre eine noch größere Vermehrung desselben zu erwarten gewesen, als wirklich statt fand. Der die Erzeugung von Casein in der Milch begünstigende Umstand wird weiter unten in Betracht gezogen werden. Die Kuh erhielt in dem am vierten Tag gegebenen Futter 4 Pfd. Casein und Eiweißstoff (14 Pfd. Heu, 8 Pfd. Bohnen, 24 Pfd. Kartoffeln) und gab 23,22 Pfd. Milch, welche 0,75 Pfd. Casein enthielt. Am fünften Tag erhielt sie bedeutend weniger Casein in ihrem Futter, nämlich 1,7 Pfd. (14 Pfd. Heu und 30 Pfd. Kartoffeln), aber die Menge des Caseins in der Milch, obwohl den Procenten nach geringer, war ihrem wirklichen Betrage nach gleich, weil die Milch überhaupt mehr war. Sie betrug nämlich 25 Pfd., wovon 0,94 Pfd. Casein waren. Obwohl hier das Futter nicht viel Casein enthielt, so erzeugte es doch viel Milch, welche ihr Casein aus dem Blute nehmen mußte. Wäre die Kuh bei diesem Futter gelassen worden, so hätte ohne Zweifel das Casein der Milch weniger werden, oder die Kuh an Stärke abnehmen müssen, indem sie diese Substanz auf Kosten ihrer Gewebe (festen Gebilde) abgegeben hätte. Der Werth dieser Versuche leidet sicherlich sehr darunter, daß sie nicht bei jeder Futterart auf mehrere Tage erstrekt wurden. Allein in England, wo der Aether so außerordentlich theuer ist, werden solche Versuche für eine Privatperson zu kostspielig. Wären sie unter gleichen Umständen in Bezug auf Temperatur und Bewegung fortgesezt worden, so hätte man Aufschlüsse über den Erfolg der verschiedenen Futterarten erhalten, obschon die Endursachen der Entdekung ergehen. Lassen wir den zweiten Tag, an welchem sich durch einen zufälligen Umstand eine abnorme Zunahme des Caseins ergab, unberüksichtigt, so finden wir, daß die Milch vom dritten Tage 5,4 Proc., die vom vierten 3,9 und die vom fünften ebenfalls 3,9 Proc. Casein enthielt. Das Futter am dritten Tag enthielt auch sehr viel Casein, was unmittelbar dessen Zunahme in der Milch zur Folge hatte. Einige besondere Umstände begünstigten das Ergebniß an Milch am fünften Tag troz der kleinen Menge Eiweißes im Futter; die Milch schöpfte ihr Casein aus andern Quellen. Die Milch vom zweiten Tag enthielt 4 Proc. Casein, während die vom vierten Tag nur 3,9 Proc. davon enthielt, obschon die Kuh an diesem Tag 4 Pfd. Eiweiß im Futter erhielt, und an jenem nur 3,9 Pfd. Solche Abweichungen begegnen stets dem Milchwirth und erzeugen Schwankungen im Werthe der Milch, wenn auch die Umstände der Fütterung dieselben zu seyn scheinen. Wir haben nun zu ermitteln, woher diese anscheinend abweichenden Resultate rühren. Bei Versuchen dieser Art muß man bedenken, daß der thierische Körper kein bloßes chemisches Laboratorium ist, in welchem der Chemiker nach Gefallen operiren kann. Es existirt eine Kraft, die Lebenskraft, welche über der seinigen steht, und nur durch deren Beistand werden die von ihm gewünschten Veränderungen hervorgebracht. Am zweiten Tag nun hatte sich das Thier sehr abgearbeitet, um seine Freiheit wieder zu erlangen und es fand also ein großer Aufwand von Materie behufs der Krafterzeugung statt. Es ist nicht wohl zu glauben, daß ein Verlust an Geweben stattfinden könne ohne eine Veränderung in ihrer chemischen Zusammensezung; und doch können wir (nach dem gegenwärtigen Stande unseres Wissens) nicht läugnen, daß eine Veränderung in der Gestalt ebenso einen Verlust hervorbringen könne, als eine Veränderung in der Zusammensezung. Wir wissen wenig oder gar nichts von dem Wesen der Secretion. Alles was wir wissen, ist, daß gewisse Drüsen die Kraft haben, gewisse Theile des Organismus oder des Futters zu assimiliren und Flüssigkeiten zu erzeugen, welche entweder neue Functionen im Organismus verrichten, oder von demselben ausgeschieden werden; wie aber diese Secretionen vor sich gehen, ist uns gänzlich unbekannt. Scherer hat wirklich dargethan, daß das Eiweiß durch Digestion mit Aezkali in Casein umgewandelt werden kann, und es ist möglich, daß dieß der Proceß seiner Bildung im Organismus ist. Von dieser Ansicht ausgehend kann man annehmen, daß der Verlust an Geweben indirect dessen Erzeugung bewirke. Durch deren Verschwinden werden auch die alkalischen Substanzen welche sie enthalten frei und können auf den Eiweißstoff des Bluts, ihn in Casein umwandelnd, einwirken. Sey dem wie ihm wolle, so müssen wir vielen Thatsachen zufolge glauben, daß das Verschwinden von Geweben die Erzeugung von Casein in der Milch befördert. Die Milch einer im Stall gefütterten Kuh ist nicht nur absolut, sondern auch relativ ärmer an Casein als eine auf dem Feld gefütterte, wo Bewegung die Umbildung der Gewebe vermehrt. Während des Gebärens sind alle Muskeln in sehr große Thätigkeit versezt. Da die Nöthen einer Kuh viele Stunden lang fortdauern, muß ein großer Theil von Geweben zur Erzeugung der zur Anstrengung der Muskeln nöthigen Kraft verwendet werden. Wenn dieß der Fall ist, so muß, ist unsere Ansicht richtig, in der Kuhmilch sogleich nach der Geburt Casein in großer Menge vorhanden seyn; bekanntlich ist aber auch diese Milch ganz dik von Käse. Wir verdanken Boussingault eine Analyse von der Milch einer Kuh, ehe man das Kalb zum Saugen zuließ. Er fand, daß sie 15 Proc. Casein enthielt, während die Milch derselben Kuh, ein paar Tage nach dem Kälbern analysirt, nur 3 Proc. also nur 1/5 obiger Quantität davon enthielt.Man koͤnnte gegen diese Ansicht einwenden, daß die Analyse dieser Milch eine nur sehr kleine Menge unorganischer Bestandtheile gab. Boussingault fand davon naͤmlich nur 0,3 Proc. Darauf kann aber geantwortet werden, daß die die Bildung des Caseins beguͤnstigenden Alkalien aufloͤslich sind und daher in B's Analyse vernachlaͤssigt wurden, indem sie im Milchzuker mit inbegriffen sind. (Annales de Phys. et de Chimie. LXXI. 72.) Wenn nun durch das Verschwinden von Geweben direct oder indirect die Menge des Caseins in der Milch vermehrt wird, dann sind wir um die Erklärung nicht mehr verlegen, warum die Milch des zweiten Tags so ungewöhnlich reich an Casein war. Die Bohnen enthalten 31 Proc. wirkliches Casein, weßhalb sie für die Milchbildung von so großem Nuzen sind. Die zur Erzeugung von Casein nöthigen Bedingungen sind verschieden von den ver Butterbildung günstigen Umständen. Ist Butter der Hauptzwek, so darf die Kuh nicht auf zu reiche Weidepläze gegeschikt werden. In allen Käsedistricten hingegen stimmt man darin überein, daß armer Boden der Käseerzeugung am zuträglichsten ist. Arm wird der Boden genannt, nicht wenn das Gras stikstoffhaltiger, sondern wenn es stikstofffreier Bestandtheile ermangelt. Die Landwirthe sagen sodann, das „Aequivalent“ sey größer, d. h. das Thier ist gezwungen, vom armen Gras eine größere Quantität zu verzehren als vom reichen, um die animalische Wärme zu unterhalten; es muß daher größere Streken durchziehen, um sich Futter zu verschaffen; hierdurch wird eine erhöhte Einathmung von Sauerstoff und ein größerer Verlust an Geweben veranlaßt; dieß steigert den Appetit des Thiers und es verzehrt mehr Futter. Ist die schon ausgesprochene Ansicht richtig, so befördert das Verschwinden von Geweben die Erzeugung von Casein in der Milch. Eine Hauptsache in Käsereien ist, die Kühe viel Nahrung zu sich nehmen zu machen, in welcher Absicht man ihnen in großen Oekonomien täglich neue Weiden zu kosten gibt. Die Cheddar-, Cheshire- und Stiltonkäse enthalten bedeutend viel Butter. In einer berühmten Käserei, ein paar Meilen von Bridgewater, wo ausgezeichneter Cheddarkäse gemacht wird, pflegt man (wie es mir scheint, sehr zwekmäßig) die Kühe des Morgens auf Weiden von troknem Sandboden, Abends aber auf solche von zarter Moorerde zu treiben. Da das Gras auf dem Sandboden arm ist, durchstreichen die Kühe große Streken, um sich hinlänglich Nahrung zu verschaffen. Sie fressen demnach eine größere Portion, als dieß auf reichem Boden der Fall wäre, wo ihnen das Auffinden der Nahrung nicht so viel Anstrengung kosten würde. Hierdurch erzeugt sich viel Käse in der Milch. Die Nacht über läßt man sie aber auf reichen Pläzen weiden, welche für die Buttererzeugung geeignet sind, und da die Dunkelheit sie im Umherwandern hindert, so wird wenig Sauerstoff eingeathmet, der die gebildete Butter verzehren, oder ihre Bildung verhindern könnte. Da die Abend- und Morgenmilch behufs der Käsebereitung immer gemischt werden, erhält man auf diese Weise ein geeignetes Verhältniß beider Bestandtheile. In Districten, wo geringere Käsesorten bereitet werden, d. h. wo der Landwirth auf seine Butter ebensowohl als auf seinen Käse hingewiesen ist, weiß er nichts von dem Werthe eines armen Bodens. Die Milchwirthe gerathen sogar manchmal hierüber in Widerspruch, jedoch niemals solche, die nur allein vom Käse abhängen und sich um die Butter wenig bekümmern, außer um mit derselben ihren Käse zu verbessern. Ehe ich diese Abhandlung schließe, benüze ich diese Gelegenheit, um für Praktiker einige Bemerkungen über die Aufbewahrung der Milch beizufügen, über welchen Gegenstand schon oft Anfragen an mich kamen. Die Milch besteht aus Käsestoff, Milchzuker und mehreren Salzen, aufgelöst in Wasser, worin kleine Fett- oder Butterkügelchen schweben. Diese Kügelchen sind mit einer Hülle oder Schale umgeben, welche (von Otto) für geronnenes Casein gehalten werden. Das auflösliche Casein, ein stikstoffreicher Körper, geht sehr leicht in Fäulniß über. Im Sommer findet dieß nicht so bald statt, da bei der hohen Temperatur der Milchzuker vermöge der Einwirkung der Milchsäure in Traubenzuker, dann in Alkohol und dieser in Essigsäure umgewandelt wird. Diese Veränderungen werden durch eine vorausgehende Einwirkung des Sauerstoffs auf das Casein eingeleitet, welche sich sodann den übrigen Bestandtheilen mittheilt, deren Atome, wenn sie einmal in Bewegung gesezt sind, die angegebenen Veränderungen bald eingehen. Die durch die Einwirkung der Luft auf den Alkohol gebildete Essigsäure wirkt auf das auflösliche Casein und coagulirt es oder macht es unauflöslich. Hierdurch wird es aber der Einwirkung des Sauerstoffs der Luft entzogen und kann eine Zeit lang aufbewahrt werden, ohne in Fäulniß überzugehen. Dieß sind die Veränderungen, welche die Milch im Sommer erfährt; im Winter aber sind sie ganz verschieden. Im Winter ist die erste Einwirkung die des Sauerstoffs auf das Casein. Die Temperatur ist nicht hoch genug, um eine geistige Gährung zu verursachen. Das der Zersezung unterliegende Casein geht gewöhnlich in Fäulniß über, d. h., die Atome desselben wandeln sich schneller um, als sie sich mit Sauerstoff verbinden. Es entwikelt sich dann ein fauliger Geruch. Von einer Milch, welche diese Veränderung erlitten hat, kann keine Butter gemacht werden. Die Ursache davon ist, daß die Butter immer eine gewisse Menge Casein enthält, die schwer zu entfernen ist. Hat eine anfangende Fäulniß Plaz gegriffen, so kann ihr durch gewöhnliche Mittel kein Einhalt gethan werden und sie theilt sich den Körpern mit, womit sie in Berührung kömmt. Aus diesem Grunde hat die im Winter gemachte Butter gewöhnlich einen ranzig fauligen Geschmak. Die erste Aufgabe, um die Milch im Winter aufzubewahren, ist dem Anfang der Fäulniß zu begegnen. Ein Verfahren hiezu wurde das Brühen (scalding) der Milch genannt und ist in den Milchereien allgemein im Gebrauch. Es besteht im Erhizen der Milch, bis der Sauerstoff der Luft auf das Casein einwirkt und ein Häutchen auf ihrer Oberfläche bildet. Man läßt nun die Milch ganz ruhig stehen. Die Haut schließt die Luft von dem aufgelösten Casein aus. Die theilweise Oxydation, durch welche die Haut gebildet wurde, fand bei zu hoher Temperatur statt, als daß das Product in Fäulniß übergehen könnte. Wird diese Operation geschikt vorgenommen, so erhält sich die Milch vier bis fünf Tage ganz gut. Man ist jedoch der Gefahr ausgesezt, daß sie mißlingt und das Verfahren ist auch nur in kleinen Milchereien anwendbar. Das beste Verfahren, welches ich mit vielem Erfolg in Ausführung bringen sah, scheint das zu seyn, die Essiggährung in der Milch einzuleiten. Zu diesem Behufe wird der Rahm oder die Milch in einem passenden Gefäß in heißes Wasser gestellt; als dazu sich am besten eignende Temperatur fand ich 30°–35° R. Man kann über das Ganze ein Tuch breiten, um die Wärme zusammenzuhalten und wenn das Wasser sich abkühlt, so wird es herausgenommen und durch frisches von obiger Temperatur ersezt. In einigen Stunden nimmt der Rahm den Geruch und Geschmak des Essigs an. Die oben beschriebenen Veränderungen treten ein. In großen Milchereien kann eine Portion dieses sauren Rahms oder der sauren Milch frischer Milch zugesezt werden, die man in ein Zimmer von 12½° R. Temperatur stellt. Durch Zusezen dieses sauren Rahms zur frischen Milch liefern wir eine Säure, durch welche der Milchzuker in Traubenzuker umgewandelt wird. Der Käsequark wirkt nun auf den Traubenzuker und verwandelt ihn in Alkohol. Lezterer wird durch Oxydation zu Essigsäure und so die ganze Milchmasse sauer gemacht, das Casein aber coagulirt und dadurch vor unmittelbarer Fäulniß geschüzt. Die aus solcher sauren Milch gemachte Butter ist ganz süß und frei von jenem ranzigen Geschmak, welcher unsere Winterbutter von der Sommerbutter unterscheidet. Wenn aber einmal die Fäulniß in der Milch ihren Anfang genommen hat, so hilft dieß alles nichts mehr, weil sie sich dem unlöslichen Casein mittheilt. Man muß sich daher vollkommen frischer Milch bedienen. Frische, auf diese Art gesäuerte Milch hält sich mehrere Tage und läßt ziemlich lange Zeit über Rahm in die Höhe steigen. Meines Wissens ist dieses Verfahren noch nicht allgemein bekannt, verdient aber eingeführt zu werden. Im Sommer ist diese Operation natürlich nicht nöthig, da sie auf Kosten der abgerahmten Milch geschieht. Eine Hauptursache der Fäulniß der Milch ist der Mangel vollkommener Reinheit in den Milchereien. Wenn ein Tropfen Milch auf den Tisch fällt, sollte er weggewischt und die Stelle sorgfältig gewaschen werden, da die Fäulniß desselben die Entwiklung eines faulen Gases herbeiführt und dieses die Fäulniß der übrigen Milch mittheilt. Das Buttermachen anbelangend können wissenschaftliche Erklärungen dem Praktiker wenig nüzen. Die Theorie des Kernens ist sehr einfach. Durch das Rühren werden die Butterkügelchen gebrochen, so daß sie sich zu einer Masse vereinigen. Die Einführung der Luft beim Kernen, von der dem Rahm oder Milch inwohnenden Wärme noch unterstüzt, verursacht die Bildung von Milch- oder Essigsäure, leztere coagulirt das Casein und befördert dadurch die Abscheidung der Butter. Im Sommer, wenn die Hize das baldige Zusammenhängen der Butter verhindert, wird durch Einschütten einer Quantität frischen Brunnenwassers, nachdem sich die Buttermilch gebildet, oft der Zwek erreicht. Die Temperatur wird dadurch erniedrigt, die Butter fester und zusammenhängender gemacht, während die im Wasser enthaltene Luft die Bildung von Säure und Gerinnung des Caseins befördert. Alles was vom wissenschaftlichen Gesichtspunkt aus nach Abtrennung der Butter zu beobachten ist, ist die Befreiung derselben von der Buttermilch oder dem Casein. Läßt man dieses daran, so erfolgt Fäulniß und die Butter bekommt einen fauligen Geschmak. Die Trennung desselben ist daher von höchster Wichtigkeit. Daß gewisse ausländische Butter besser sind und ihren Wohlgeschmak lange Zeit behalten, beruht mehr auf dem Umstande, daß sie frei von Casein sind, als irgend einem Geheimniß bei ihrer Bereitung.