Titel: Neue Untersuchungen an landwirtschaftlichen Maschinen.
Autor: Gustav Fischer
Fundstelle: Band 322, Jahrgang 1907, S. 392
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Neue Untersuchungen an landwirtschaftlichen Maschinen. Von Professor Dr. Gustav Fischer, Berlin. (Schluß von S. 373 d. Bd.) Neue Untersuchungen an landwirtschaftlichen Maschinen. Um nach dem Aufgehen der Kartoffelpflanzen und während ihrer weiteren Entwicklung die Dämme stets wieder anzuhäufeln und das Unkraut zu zerstören, kann man entweder die Zudeckmaschinen oder besondere Häufelpflüge benutzen. Für große Wirtschaften mit ausgedehntem Kartoffelbau ist die Benutzung der Zudeckmaschinen billiger und der Bedarf an Arbeitern erheblich geringer als bei dem Häufelpflug. Trotzdem wird der letztere seiner Einfachheit wegen auf Gütern mit geringem Kartoffelbau und da, wo noch Arbeiter in ausreichender Zahl verfügbar sind, noch viel benutzt. Textabbildung Bd. 322, S. 392 Fig. 12. Daß die Bauart der Häufelpflüge bei aller Einfachheit doch auf verschiedene Punkte Rücksicht nehmen muß, bewies die Prüfung, die von uns auf den Domänen Altlandsberg (Pächter Amtsrat Schrader) und Falkenrehde (Amtsrat Mankiewicz) vorgenommen wurde. Geprüft wurden die Häufelpflüge von Textabbildung Bd. 322, S. 392 Fig. 13. 1. Rud. Sack, Leipzig-Plagwitz (s. Fig. 12 No. 1 und Fig. 13) Pflug mit festen Streichblechen, Stelzrand und ziemlich langer Sohle; 2. Ostdeutsche Maschinenfabrik vorm. Rud. Wermke, Heiligenbeil (s. Fig. 12 No. 2 und Fig. 14), Pflug mit verstellbaren Streichblechen, Stelzrand, schwacher Sohle und kurzem Grindel; Textabbildung Bd. 322, S. 392 Fig. 14. 3. Akt.-Ges. H. F. Eckert, Berlin-Friedrichsberg (s. Fig. 12 No. 3 und Fig. 15), Schwingpflug mit verstellbaren Streichblechen, hochgebogenem (Schwanenhals-) Grindel und kräftiger Sohle; 4. Domäne Altlandsberg (s. Fig. 12 No. 4 und Fig. 16), hölzerner Schwingpflug mit sehr langer Sohle (etwa 80 cm) und breitem Schar ohne Streichbleche. Textabbildung Bd. 322, S. 393 Fig. 15. Ein gutes Auflager auf der Sohle, wie es der Altlandsberger Pflug in besonderem Maße besitzt, gibt dem Pflug einen ruhigen Gang, so daß der Führer wenig angestrengt wird; die dabei auftretende große Reibung erhöht zwar den Zugwiderstand, aber nicht über das für ein kräftigeres Pferd zulässige Maß hinaus. Der Zugwiderstand des Altlandsberger Pfluges betrug auf schwererem Boden bei 17,7 cm Dammhöhe 88 kg. Textabbildung Bd. 322, S. 393 Fig. 16. In Halle In Hellersdorf Maschine Lanz Maschine Lanz Maschine Marshall kg Korn kg Stroh kg Spreu kg Korn kg Stroh kg Spreu kg Korn kg Stroh kg Spreu Roggen 3428 5415 270 3900 8127 339 2945 4909und etwa 327 kg Kurzstroh. 382 Gerste 4825 4925   162,5 4625 4350und etwa 250 kg Kurzstroh. 120 Weizen 3500 3561 745 Die Verstellbarkeit der Streichbleche, durch die die Breite der Furche geregelt wird, besitzt Vorteile, wenn in derselben Wirtschaft Kartoffeln in verschiedenen Reihenabständen gelegt werden, z.B. Frühkartoffeln enger als späte, oder wenn bei dem Zudecken der Kartoffeln mehr Erde aufgehäuft werden soll als bei dem späteren Anhäufeln. Dagegen sind feste Pflüge einfacher und widerstandsfähiger. Ueber Kartoffelerntemaschinen und Sortiermaschinen, von denen auch einige geprüft sind, soll der Bericht aufgeschoben werden, bis umfangreichere Untersuchungen vorliegen. Erwähnung verdienen aber die „Riesendreschmaschinen“, die seit einigen Jahren von Heinrich Lanz in Mannheim und Marshall Sons and Co. in Gainsborough, zeitweilig auch von der in Konkurs gekommenen Firma Garrett Smith in Magdeburg gebaut werden. Wie sich von selbst versteht, weichen diese für sehr große Leistungen bestimmten Dreschmaschinen in ihrem Aufbau nicht grundsätzlich von den üblichen kleineren ab; aber auch die Einzelheiten und ihre Abmessungen sind nicht so sehr verändert wie man anzunehmen geneigt ist. Lanz vergrößert allerdings den Durchmesser der Dreschtrommel auf 710 mm, dagegen behält Marshall das übliche Maß von 610 mm bei. Immerhin ist die Vergrößerung zweckmäßig, weil die kleinere Trommel bei den großen Leistungen leicht weniger rein ausdrischt, d.h. Körner in den Aehren läßt. Die wesentlichen Aenderungen an der Maschine haben überhaupt das Ziel, die Trennung der Körner vom Stroh und ihre Reinigung zu sichern. So dient ein- vierarmiger Haspel, der bei der Lanzschen Maschine parallel zur Dreschtrommel liegt, dazu, das aus dem Dreschkorb austretende Stroh gleichmäßig auf das vordere Ende der Strohschüttler zu verteilen; die Strohschüttler sind verlängert und in zwei Teile zerlegt, zur völligen Entfernung leichter Verunreinigungen ist ein drittes Gebläse außer den beiden sonst üblichen angeordnet. Eine wesentliche Arbeitsersparnis an den Dreschmaschinen gewährt die Verwendung von Gebläsen zur Fortschaffung des Kurzstrohs und der Spreu. Das erstere kann am Auslauf aus dem Kurzstrohsiebe aufgefangen und in die Strohpresse geblasen werden, wo es in die Strohballen mit hineingepreßt wird; die Spreu wird, nachdem sie aus dem Korn herausgeblasen ist, durch ein Gebläse in ein Rohr befördert, das über einem Wagen oder im Speicher münden kann. In Amerika sind solche Gebläse auch für das Langstroh üblich, die völlige Nachahmung dieses Verfahrens ist aber in Deutschland wegen der bedeutend größeren Länge des Strohs nicht möglich. An Versuchen mit Riesendreschmaschinen liegen zwei vor, die eingehend durchgeführt sind; der erste ist von Professor Dr. Walter in Halle an einer Maschine von Lanz angestellt worden, der zweite bestand in einer Vergleichsprüfung zwischen einer Maschine von Lanz und einer von Marshall, die auf Wunsch der Verwaltung der Berliner Rieselfelder von mir auf dem Rieselgut Hellersdorf abgehalten wurde. Es wurden in 1 Stunde erdroschen: Der Kraftbedarf wurde durch Indikatorversuche ermittelt und belief sich bei Maschine Lanz in Halle bei Roggen auf 34,03 PSi, bei Weizen auf 35,2 PSi, in Hellersdorf bei Roggen auf 45,91 PSi; die Maschine Marshall verlangte bei Roggen 47,28 PSi. Der erhebliche Mehrbedarf an Arbeit bei dem Roggendrusch in Hellersdorf findet seine Erklärung in der etwas größeren Leistung, und ganz besonders in der erheblich höheren Strohmenge, die durch die Maschine ging. Eine Durchschnittsleistung von rd. 40 PSe muß also die zum Antrieb der Riesendreschmaschine dienende Lokomobile besitzen. Beide Prüfungen haben gezeigt, daß die Absonderung der Körner vom Stroh durchaus befriedigend erfolgt, und daß insbesondere die mehrfachen Reinigungsvorrichtungen und Schüttler der Maschine Lanz hervorragendes leisten, denn bei dem Gerstendrusch in Hellersdorf waren von der Gesamtmenge der in den Garben sitzenden Körner nur 0,65 v. H. im Stroh geblieben, und bei dem Roggen war die Menge so gering, daß auf die Wägung überhaupt verzichtet wurde. Bei so großen Maschinensätzen wie sie hier besprochen wurden, wird die Dampflokomobile ihren Platz voraussichtlich noch lange behaupten, während für die kleineren Kräfte, die auch bei Anordnung einer Strohpresse neben der Dreschmaschine nicht über 20 PSe hinausgehen, die Verwendung von Spiritus in den Verpuffungskraftmaschinen für die Landwirtschaft sehr beliebt geworden ist. Diese Vorliebe ist allerdings etwas erschüttert worden, als der Preis für Motorenspiritus durch die Spirituszentrale von 15 M. auf 28 M. erhöht wurde, und seitdem ist das Bestreben der Motorenfabriken darauf gerichtet gewesen, ihre Spirituskraftmaschinen auch für billige Kohlenwasserstoffe wie Ergin, Resin, Benzol u. ä. benutzbar zu machen. Neuerdings ist es verschiedenen Fabriken gelungen, ihre Motoren für den Betrieb mit reinem Ergin herzurichten, in den Kreisen der kartoffelbauenden Landwirte wird aber natürlich die Verwendung eines Gemisches mit Spiritus vorgezogen werden. Textabbildung Bd. 322, S. 394 Fig. 17.Universalmotor der Motorenfabrik Oberursel. Textabbildung Bd. 322, S. 394 Fig. 18.Schema der Steuerung des Universalmotors der Motorenfabrik Oberursel. Die Motorenfabrik Oberursel in Oberursel bei Frankfurt a. M. baut seit etwas über einem Jahr einen sogen. Universalmotor, den sie einer eingehenden Untersuchung durch die Maschinenprüfungsanstalt in Berlin unterworfen hat. Der in Fig. 17 dargestellte Motor liegender Bauart arbeitet im Viertakt; die seitlich in der bekannten Art angeordnete Steuerwelle wird durch Schraubenräder angetrieben, wobei das treibende Rad in der Mitte des geteilten Achslagers sitzt und gleichzeitig als feste Scheibe zur Schmierung des Lagers dient. In ähnlicher Weise erfolgt die Schmierung des anderen Achslagers durch eine feste Scheibe. Das Ausströmventil A (Fig. 18) wird durch Einwirkung eines Nockens auf einen Hebel mit Rolle Ra gesteuert, der Steuernocken N2 für das Einströmventil E ist derart abgeschrägt, daß der Ventilhub stets bei der gleichen Kolbenstellung beginnt und bei schwächerer Belastung des Motors geringer ist und früher endet als bei großer Leistung. Der Hebel, der das Einströmventil betätigt, wirkt auch auf die Brennstoffpumpe, so daß die Regelung durch Veränderung der Füllung erfolgt. Die mit Saug- und Druckventil versehene Pumpe P saugt, so lange wie das Einströmventil sich öffnet, und preßt im Abschlußlauf dieses Ventils Brennstoff durch eine kleine Brause in den Luftstrom. Die Kurbelstange ist geteilt und kann durch Zwischenlagen verlängert werden, um den Kompressionsgrad für verschiedene Brennstoffe zu verändern. Bei dem geprüften Motor von 16 PSe Normalleistung bei Spiritusbetrieb ist die Kurbelstange 778 mm lang und kann durch die Zwischenlagen auf 823 bezw. 853 mm und 858 mm gebracht werden; die entsprechenden Verdichtungsgrade sind 3,76, 5,36, 8,08 und 8,9. Wie die Versuche bestätigten, ist hierdurch und durch die Einstellbarkeit des Hubes der Brennstoffpumpe eine gute Leistung bei Spiritus, Benzin und Mischungen von Spiritus mit Ergin oder Benzol erreicht worden. Um die gleiche Ausführung der Maschine statt für flüssige Brennstoffe auch für Sauggas benutzen zu können, wird statt des Gehäuses für die Zuführung flüssiger Brennstoffe ein Blindflansch langesetzt und an der anderen Seite des Zylinderkopfes ein Gußstück mit Zuführungsteilen für Gas angeschlossen. Die Steuerung des Gasventils G erfolgt durch dieselben Getriebe wie die des Ventils für Spiritus, die Drosselung der Luft durch einen Konus K, der auf der Spindel des Einströmventils sitzt. Die Zündung erfolgt durch einen Magnetinduktor; für die Schmierung des Kolbens und des Kolbenzapfens dient eine Taucherpumpe, die von der Steuerwelle aus durch einen Nocken bewegt wird. Der Kurbelzapfen wird mittels Tropfölers und Schleuderringes geschmiert. Die Prüfung ergab mit Spiritus bei einem Verdichtungsgrad von 8,9 eine Höchstleistung von 21,96 PSe, mit Benzin bei der Verdichtung 3,76 eine Höchstleistung von 17 PSe. Die Verbrauchszahlen für verschiedene Leistungen sind in untenstehender Tabelle zusammengestellt. Die beiden Kurven (Fig. 1920) zeigen graphisch den Brennstoffverbrauch für verschiedene Brennstoffe und Leistungen. Bei den Versuchen wurde die Brennstoffpumpe für jeden Brennstoff auf möglichst geringen Verbrauch eingestellt und für alle Belastungen unverändert gelassen, die Kühlwassermenge wurde bei jeder Belastung so geregelt, daß die Temperatur möglichst hoch wurde, ohne daß Stöße auftraten. Die Pumpeneinstellung war offenbar nicht richtig gewählt bei den Mischungen von 20 v. H. Benzol mit 80 v. H. Motorenspiritus und von Brennstoffverbrauch in g i. d. Stunde und in g i. d. PS/Std. Leistungin PS Benzin Spiritus 90 v. H. Spir.10 v. H. Benzol 70 v. H. Spir.30 v. H. Benzol 50 v. H. Spir.50 v. H. Benzol 90 v. H. Spir.10 v. H. Ergin 75 v. H. Spir.25 v. H. Ergin 50 v. H. Spir.50 v. H. Ergin 20,0 7520  376 6525  326 5900  295 5180  259 6813  340 6186  309 5580  279 16,0 4600288 6222  389 5495  343 4937  309 4377  274 5672  355 5144  322 4601  288 10,0 3497350 4320  432 3997  400 3598  360 3195  320 4122  412 3636  364 3475  348 40 v. H. Benzol mit 60 v. H. Motorenspiritus. Bei einer Mischung von 90 v. H. Motorenspiritus mit 10 v. H. Benzol, deren Heizwert sich zu H=\frac{90\cdot 5500+10\cdot 9605}{100}=5910 WE/kg berechnet, ist der thermische Wirkungsgrad am größten, nämlich \eta_w=\frac{632}{0,323\cdot 5910}=33,1 v. H. Textabbildung Bd. 322, S. 395 Fig. 19. S = Motorenspiritus; Bn = Benzin; B = Benzol-Spiritus-Mischung; z.B. B10 = 90 Teile Motorenspiritus + 10 Teile Benzol. Bei dem Betrieb als Sauggasmaschine beträgt der Anthrazitverbrauch 460–470 g für die PSe/Std. bei der auf 14,64 PSe ermittelten Höchstleistung. Die Umdrehungszahl beträgt 250 i. d. Min. Sie ging bei den Versuchen mit flüssigen Brennstoffen in einem Falle, nämlich bei dem Betrieb mit Motorenspiritus, von 243,4 bei voller Belastung auf 274,3 bei Leerlauf, also um 12,3 v. H., hinauf, während sie sonst Schwankungen von 8 bis 10 v. H. unter den gleichen Bedingungen zeigte. Textabbildung Bd. 322, S. 395 Fig. 20. S = Motorenspiritus; E = Enzin-Spiritus-Mischung. Zum Schluß sei noch auf zwei Kraftmaschinen kurz hingewiesen, über die genaue Versuchsergebnisse noch nicht vorliegen. Die eine ist die fahrbare Sauggasmaschine, deren Durchbildung mancherlei Schwierigkeiten hinsichtlich der Unterbringung der Reinigungseinrichtungen ohne zu große Erhöhung des Gewichtes begegnete, jetzt aber den Deutschen Sauggas-Lokomobilwerken G. m. b. H. in Hannover gelungen sein soll. Die andere besteht in der Verbindung einer Kraftmaschine (Verpuffungsmaschine) mit einer Dynamomaschine und wird von der Firma „Kraftmaschinen mit elektrischem Ausgleich G. m. b. H.“ in Berlin gebaut. In recht geschickter Anordnung ist eine Batterie von Sammlern mit einem aus dem Benzinmotor und der Dynamomaschine bestehenden Satz auf einem Wagen vereinigt. Bei Arbeiten mit schwankendem Kraftbedarf wirkt die Batterie als Puffer, man kann deshalb die Größe der Kraftmaschine dem durchschnittlichen Arbeitsbedarf anpassen und braucht nicht auf die Spitzen in der Arbeitskurve Rücksicht zu nehmen. Textabbildung Bd. 322, S. 395 Fig. 21.Elektromobile der „Kraftmaschinen mit elektr. Ausgleich G. m. b. H.“ Fig. 21 zeigt eine solche Elektromobile von 6 bis 10 PS mit einem de Dion-Bouton-Motor, an dessen Stelle die Firma auch einen Körting-Motor verwendet. Beide können mit Benzin, nach Angabe der Firma aber auch mit Benzol betrieben werden. Die Batterie besteht aus 36 Elementen, die bei zehnstündiger Entladung eine Kapazität von 111 Amperestunden besitzen. Dadurch, daß die Batterie bei stärkerem Arbeitsbedarf die Leistung des Motors unterstützt, kann die Gesamtleistung auf rd. 12 PS gesteigert werden. Die Schalter, Widerstände, Sicherungen und Meßapparate sitzen in dem in der Figur rechts sichtbaren Kasten, von der Batterie durch eine Wand getrennt. Bei einem Versuche im Anschluß an eine Dreschmaschine wurde neben dem Dreschbetrieb noch ein Ladesstrom von 10 Amp. bei 80 Volt Klemmspannung erzeugt, bei stärkerer Beanspruchung traten Entladeströme bis zu 28, selbst 40 Amp. auf. Von der Haltbarkeit der Akkumulatoren, die bei dem Fahren stark erschüttert werden, wird die Wirtschaftlichkeit des sehr bequemen Betriebes, der gleichzeitig auch die Erzeugung von elektrischem Licht gestattet, abhängen.