Titel: Theorie eines hydraulischen Maschinenreglers.
Autor: Otto Schäfer
Fundstelle: Band 322, Jahrgang 1907, S. 694
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Theorie eines hydraulischen Maschinenreglers. Von Diplom-Ingenieur Otto Schäfer, Hannover. (Schluß von S. 679 d. Bd.) Theorie eines hydraulischen Maschinenreglers. VIII. Berechnung eines Reglers für eine Maschine bestimmter Leistung. Die zu regelnde Dampfmaschine, möge 100 PSi leisten und 120 Doppelspiele i. d. Min. machen. Die Arbeit des Reglers möge 20 mkg/Sek. = rd. 0,27 v. H. der indizierten Maschinenleistung sein. Der Widerstand in der Leitung vom Regler zum Akkumulator soll so eingestellt werden, daß er bei der mittleren Maschinengeschwindigkeit einen Druckhöhenverlust von 5 m verursacht. Bei einem Wirkungsgrad der Pumpe η = 0,5 ist dann die i. d. Sekunde zu fördernde Wassermenge Q=0,5\,\frac{20}{5}=2 l/Sek. Da 120 Doppelhübe i. d. Min. erfolgen, hat die Pumpe 1 l bei jedem Hub zu fördern. Von dem Regler werde verlangt, daß er bei einer Veränderung der mittleren Umlaufzahl um 1 v. H. eine Kraft von 1 kg auf das Stellzeug ausübe. Da der Druckverlust in der Leitung bezw. in dem zur Einstellung des Widerstandes dienenden Hahn proportional dem Quadrate der Geschwindigkeit wächst, so steigert sich bei einem Anwachsen der Umlaufzahl von n auf 1,01 n der Druck p auf 1,012 p = rd. 1,02 p. Mithin entsteht statt des normalen Ueberdruckes von 0,5 at ein höherer Druck von 1,02 ∙ 0,5 = 0,51 at. Soll diese Drucksteigerung einen Ueberdruck von 1 kg ergeben, so muß die Fläche des Reglers 100 qcm und dessen Kolbendurchmesser 11,3 cm betragen. Wird letzterer mit rd. 120 mm ausgeführt, so wächst durch diese Aufrundung der Querschnitt auf 113 qcm und die Verstellungskraft auf 1,13 kg. Ein Nachteil, den jede Querschnittsvergrößerung im Gefolge hat, wird weiter unten noch erörtert werden. Bei einem Querschnitt von 113 qcm und einem Druck von 0,5 kg/qcm ist die ganze auf den Kolben ausgeübte Kraft 0,5 ∙ 113 = 56,5 kg, wovon jede der beiden Federn die Hälfte = 28,3 kg zu tragen hat. Um bei der ständig wechselnden Belastung ein Setzen der Federn zu vermeiden, ist die Beanspruchung des Federstahles gering zu wählen. Nimmt man letztere für Verdrehung τ = 1500 kg/qcm und den Windungshalbmesser = 5 cm, so ergibt sich aus der für zylindrische Schraubenfedern gültigen Verdrehungsformel P=\frac{\pi}{16}\,\frac{d^3}{r}\,\tau=0,19\,63\,\frac{d^3}{r}\,\tau d = 0,8 cm. Die Anzahl der Windungen (= a) soll so bestimmt werden, daß bei einer Steigerung der Umlaufzahl um 5 v. H. der Regler den Dampf absperrt und zwar bei 2 cm Hub. Wenn die Umlaufzahl um 5 v. H., also auf 1,05 n steigt, so wächst der Druck auf das 1,052-fache von 0,5 at also auf 0,55 at. Die auf eine Feder entfallende Kraft ist hierbei \frac{1}{2}\,0,55\cdot 113=31,1\mbox{ kg.} Der Zunahme von 2,8 kg soll eine Dehnung von 2 cm (= Reglerhub) entsprechen. Die Federdehnung berechnet sich aus f=\frac{64\cdot a\cdot r^3\cdot P}{d^4\,G}. das gibt 2=\frac{64\cdot a\cdot 5\cdot 2,8}{0,8^4\cdot 750000} a = 28. Die Feder hat im ungespannten Zustande eine Länge von rd. 25 cm. Sie muß, um die Kraft von 28,3 kg ausüben zu können, auf etwa 45 cm gedehnt werden, beansprucht also diese Baulänge im Regler. Der Reglerkolben bewegt sich bei jedem Hube der Pumpe etwas auf und ab, außerdem dreht er sich, weil der Strom des zufließenden Wassers die schrägen Schaufeln trifft. Durch diese beiden Umstände soll die Eigenreibung ausgeschaltet werden. Ob nicht doch ein Rest von Reibung bleibt und wie groß dieser Rest ist, läßt sich durch Rechnung nicht entscheiden. Sobald infolge von Geschwindigkeitsänderung der Maschine der Druck unter dem Kolben so weit gestiegen ist, daß er die etwaige Eigenreibung des Reglers und die Reibung des Stellzeuges zu überwinden vermag, wird die Regelung beginnen. Die Massen des Reglers und des Wassers spielen gegenüber den in der Pumpe verfügbaren Kräften keine wesentliche Rolle, die Fortpflanzung der Drucke geschieht auch schnell genug. Trotzdem wird die Regelung nur verhältnismäßig langsam weiter gehen, weil der Reglerkolben steigt und weil hierdurch das Volumen des unteren Teiles des Reglers vergrößert wird. Dieses vergrößerte Volumen muß durch das von der Pumpe gelieferte Wasser erst ausgefüllt werden, ehe die Drucksteigerung weiter fortschreiten kann. Dieser Nachteil wächst mit größerem Querschnitt des Reglers. Wird eine bestimmte Verstellungskraft bei einer bestimmten Schwankung der Umlaufszahl verlangt, so hängt dieser Querschnitt nur von dem Ueberdruck ab, der im normalen Zustande herrscht. Wäre statt 0,5 at ein Ueberdruck von 1 at angenommen worden, so hätte sich der halbe Querschnitt des Reglers ergeben. Man kann den Ueberdruck aber nicht willkürlich wählen, weil der Kolben. des Reglers nicht dicht schließt. Ein geringer Wasserdurchfluß am Kolben vorbei durch den oberen Teil des Reglers in den Akkumulator schadet nicht: Große Undichtheit des Kolbens würde natürlich den Regler unbrauchbar machen, falls man nicht die Pumpen von vornherein größer wählt. Mit der Vergrößerung der Pumpen nehmen aber die Arbeitsverluste und die Anlage- und Betriebskosten zu. Eine überschlägliche Rechnung mag zeigen, wie groß die Wassermenge etwa sein wird, die an dem Kolben vorbeiströmt. Der Zylinder habe den Durchm. d1, der Kolben den etwas kleineren d2 und seine Höhe sei = l; dann ist der berührte Umfang n = d1π + d2 π. der Querschnitt des Spaltes F={d_1}^2\,\frac{\pi}{4}-{d_2}^2\,\frac{\pi}{4}, mithin der Druckhöhenverlust (Keck, Mechanik 11, S. 277) Z=\beta\,\frac{u\cdot l}{F}\cdot \frac{w^2}{2\,g}. Diese Formel hat man für zylindrische Röhren, wo u = dπ und F=d^2\,\frac{\pi}{4} ist, vereinfacht zu Z=4\cdot \beta\cdot \frac{l}{d}\,\frac{w^2}{2\,g} oder 4β = λ gesetzt: Z=\lambda\,\frac{l}{d}\,\frac{w^2}{2\,g} λ ist, wie schon erwähnt, durch Versuche ermittelt. Es wird jedenfalls nur eine rohe Schätzung sein, den obigen Wert β für den ringförmigen Querschnitt aus diesem λ zu ermitteln, muß aber wegen des Mangels an genaueren Unterlagen hier geschehen. Für reines Wasser ist λ = 0,025 zu setzen, daher β = rd. 0,006 Z=0,006\,\frac{n\cdot l}{F}\cdot \frac{w^2}{2\,g}. Der Unterschied zwischen Zylinder- und Kolbendurchmesser betrage 0,4 mm; dann ist hier d1 = 120 mm = 0,12 m, d2 = 0,1196 m und l = 100 mm = 0,1 m. Unter der Annahme, daß der ganze Druckverlust von 0,5 at in der Leitung vom Regler bis zum Akkumulator stattfindet, ist der Druck unter dem Kolben 0,5 at höher als über ihm; denn hier herrscht derselbe Druck wie im Akkumulator. Dann ist die Druckhöhe Z=5\,m=0,006\,\frac{(0,12\,\pi+0,1196\,\pi)\,0,1}{(0,12^2-0,1196^2)\,\frac{\pi}{4}}\,\frac{w^2}{2\cdot 9,81} w = 4,13 m/Sek. Die durch den ringförmigen Spalt verloren gehende Wassermenge beträgt daher F . w = 0,31 l/Sek., das sind 16 v. H. der gesamten Fördermenge. Der Einfluß der fortwährenden Auf- und Niederbewegung des Reglerkolbens auf die Steuerung läßt sich auf 2 Weisen unschädlich machen. Erstens durch einen künstlichen toten Gang zwischen Regler und Steuerung, der dem Regler das normale Spiel gestattet. Kommt der Regler über den höchsten oder tiefsten Punkt des vorigen Spiels hinaus, so beeinflußt er die Steuerung, die in der Zwischenzeit sich selbst überlassen bleibt. Zweitens kann man Steuerung und Regler fest verbinden und das die Pumpe antreibende Exzenter so aufkeilen, daß beim Dampfabschluß der Regler gerade in einer bestimmten Stellung ist. Beim Antrieb durch eine einzige Taucherkolbenpumpe geht die Bewegung nach einem periodischen Gesetz vor sich, das in einfachster Form in Fig. 12 (s. S. 679) dargestellt ist. Man muß nun diejenigen Punkte der Fig. 12 nehmen, die bei gleicher Höhenlage um eine halbe Periode voneinander entfernt sind. Durch einen Pumpenwindkessel würden die periodischen Schwingungen des Reglers, herrührend von der Pumpe, sehr vermindert und wären in der Phase gegen die Pumpe verschoben. Die Größe der Phasenverschiebung würde von dem Luftinhalt des Windkessels abhängen und weil dieser sich im Betrieb ändert, so würde auch die Phasenverschiebung und dadurch die Zeit des Dampfabschlusses eine veränderliche sein, was unzulässig ist. Ein Windkessel würde ferner die Regelung verzögern, weil er immer erst mit Wasser aufgefüllt werden muß, ehe der Reglerkolben steigen kann. Er ist zur Schonung der Pumpen hier auch nicht unbedingt erforderlich, weil der Regler selber wie ein Windkessel wirkt; nur muß man Regler und Pumpe nahe zusammen bringen und durch eine weite Leitung verbinden. Bei Anwendung von zwei Taucherkolbenpumpen ist man in der Wahl der Stellung, die der Regler im Augenblick des Dampfabschlusses haben soll, frei, weil alle zwei um eine halbe Periode versetzten Punkte (Fig. 12) gleich hoch liegen. Läßt man den Dampfabschluß zu der Zeit erfolgen, in welcher der Regler im absteigenden Ast durch seine Mittelstellung hindurchgeht, so bleibt der Regler, wenn die Maschine schneller läuft, etwas in der Phase zurück und der Dampfabschluß erfolgt bei einer höheren, als der normalen Stellung des Reglers, also bei einer geringen Füllung. Hierbei erfolgt die Regelung schon dann, wenn der Einfluß des Schnellerlaufens noch nicht bis zum Regler gedrungen ist. IX. Arbeitsweise des Reglers. Bei den weiteren Betrachtungen über die Arbeitsweise eines Reglers werde vorausgesetzt, daß es möglich ist, einen leicht beweglichen und doch nicht übermäßig undichten Kolben, etwa in der bei Indikatoren verwendeten Art, für den Regler herzustellen. Je höher der Ueberdruck ist, gegen den der Kolben noch genügend abdichtet, desto geringer wird der Querschnitt des Reglers, desto geringer also auch das Volumen, welches bei der Verstellung des Kolbens erst wieder von der Pumpe ausgefüllt werden muß, ehe die Geschwindigkeit des Wassers in der Leitung zum Akkumulator zunimmt. Der Antrieb des Reglers möge, wie vorher erörtert, durch zwei Tauchkolbenpumpen geschehen. Herrscht nun Beharrungszustand, so geht der Regler fortwährend auf und nieder. Er sei so eingestellt, daß der Dampfabschluß jedesmal dann erfolgt, wenn der Regler beim Abwärtsschwingen die Mittellage passiert. Einer höheren Stellung entspreche eine kleinere Füllung, einer tieferen Stellung eine größere Füllung. Beim Lentz-Regler (desgl. beim Regler der Parsonsturbinen) wird bekanntlich als Vorzug hervorgehoben, daß er fortgesetzt „arbeitet“, weil hierdurch die Reibung der Ruhe ausgeschaltet wird. Denselben Vorzug besitzt der hydraulische Regler, so daß er empfindlich genug sein wird. Wenn die Maschine entlastet wird, so läuft sie selbst und auch die Pumpe schneller. Bleibt nun auch der Regler zunächst noch etwas zurück, so erfolgt doch schon eine Regelung, weil der Regler im Augenblicke des Dampfabschlusses noch in einem höheren Punkte seiner Bewegungskurve steht als normal. Wird die Maschine belastet, so eilt umgekehrt der Regler vor und gibt größere Füllungen. Sehr bald aber ist die Phasenverschiebung von Regler und Maschine wieder die normale; inzwischen hat der Regler Zeit gehabt, seine neue höhere oder tiefere Mittelstellung einzunehmen, weil der vergrößerte Raum unter dem Kolben von den Pumpen mit Wasser gefüllt, oder das Wasser, das unter dem Kolben im Ueberschuß vorhanden war, in den Akkumulator abgeflossen ist. Bei Belastung durch Federn ist der Regler im allgemeinen statisch: Je länger die Federn sind, desto mehr nähert er sich der Astasie, welche erreicht werden würde bei unendlich langen Federn oder bei Gewichtsbelastung. Die Massen des hydraulischen Reglers sind gegenüber den in den Pumpen verfügbaren Kräften klein; trotzdem können sie die erwähnte Phasenverzögerung herbeiführen, so lange die Zeit für die Wirksamkeit der Kräfte noch kurz ist. Ein Ueberregeln ist nicht zu befürchten, weil die Anpassung an den neuen Zustand allmählich erfolgt. X. Vorteile und Nachteile des Reglers. Die Vorzüge, welche der hydraulische Regler haben soll, sind: 1. große Verstellungskraft, 2. großer Hub, 3. kleiner Unempfindlichkeitsgrad, 4. kleiner Ungleichförmigkeitsgrad. Demgegenüber läßt sich eine Reihe von Bedenken vorbringen, deren Berechtigung nur an einem ausgeführten Regler festgestellt werden könnte. Die Nachteile sind folgende: 1. Der Pumpenantrieb bedingt einen Arbeitsverbrauch. Macht man die Fördermenge der Pumpe sehr klein, so wird die Undichtheit des Kolbens zur Folge haben, daß zuviel Wasser am Kolben vorbeifließt und der Regler leicht versagt. Nimmt man die Fördermenge groß, so wird man zwar diesem Fehler entgehen, dafür aber eine erhebliche Mehrarbeit aufzuwenden haben. 2. Eine Ausbesserung der Pumpe hat Stillstand der ganzen Maschine zur Folge. 3. Es müssen noch besondere Vorrichtungen eingebaut werden, welche bei dem Versagen eines Pumpenventils oder einem Bruch in der Pumpenrohrleitung ein Durchgehen der Maschine verhindern. 4. Der Regler wird seine Eigenschaften im Laufe der Zeit etwas verändern, weil die Undichtheit des Kolbens allmählich größer wird und weil die Federn im Laufe der Jahre nachlassen. Infolgedessen verlangt der Regler vielleicht etwas aufmerksamere Wartung als ein Fliehkraftregler. Ein endgültiges Urteil über Wert oder Unwert des Reglers kann selbstverständlich nur an der Hand von einwandfreien Versuchsergebnissen gefällt werden.