Titel: Kupplungen für Kraftfahrzeuge.
Autor: R. Lutz
Fundstelle: Band 323, Jahrgang 1908, S. 52
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Kupplungen für Kraftfahrzeuge. Von Prof. R. Lutz. (Fortsetzung von S. 38 d. Bd.) Kupplungen für Kraftfahrzeuge. Kupplungen mit Radialanpressung. Als man teilweise von Kegelkupplungen abzugehen gezwungen wurde, wandte man sich Bauarten zu, welche denen metallischer Kraftwagen-Bremsen völlig entsprachen, so daß die konstruktiven Eigenarten und rechnerischen Grundlagen der letzteren sich ohne weiteres bei den entsprechenden Kupplungen wiederfinden.Vergl. Z. d. V. 1906, S. 246.„Der Motorwagen“ 1906. S. 266.„Jahrbuch der Automobil- u. Motorboot-Industrie“ 1907, S. 134. Das übertragbare Drehmoment läßt sich durch derartige Konstruktionen erheblich steigern, sanftes Angehen wird dagegen nur durch eine sorgfältige Schmierung gesichert; fehlt diese, faßt also Metall unmittelbar Metall, so tritt leicht ein ruckweises Packen auf. Die Anpressungsbewegung der hierher gehörigen Kupplungen erfolgt radial, und je nachdem die dabei auftretenden Kräfte in sich ausgeglichen sind oder nicht, werden sie entsprechende Drucke in den Lagern der Maschinenwelle zur Folge haben oder solche vermeiden, was naturgemäß wünschenswert ist. Störend ist es, daß die hierher gehörigen Bauarten ihrer Radialbewegung zufolge auch dem Einfluß der Zentrifugalkraft unterliegen, welchen man jedoch durch Gegengewichte aufheben kann. Textabbildung Bd. 323, S. 52 Fig. 22. Eine von der Firma Mors gebaute Bandkupplung ist in Fig. 22Vergl. „Revue Francaise de Construction Automobile“ 1906, S. 292. zur Darstellung gebracht; soweit bekannt, ist sie die einzige Vertreterin ihrer Art. – Der mit dem Schwungrade verschraubte, gut zentrierte gußeiserne Ring a wird von den mit einzelnen Graugußstücken gefütterten Stahlbändern b gepackt. Die Bandenden sind im verrippten und auf der Maschinenwelle zentrierten Mitnehmer c gelagert, welcher seine Drehung mittels seines mittleren Hohlvierkantes auf den Vollvierkant d und somit auf das Getriebe überträgt. Die Kupplungskraft erzeugt die zentral angeordnete Spiralfeder, indem sie das Kegelstück e achsial verschiebt, die Schraubenbolzen f nach außen drückt und somit durch Drehung der Hebel g die Bänder spannt. Eine besondere Lösungsfeder fehlt, so daß die Kupplung; leicht schleifen dürfte. Die Schrauben f gestatten eine bequeme Ein- und Nachstellung, wobei sich eine völlig gleichartige Wirkung beider Stahlbänder allerdings nur schwer erreichen läßt. Textabbildung Bd. 323, S. 52 Fig. 23. Eine häufiger benutzte, hierher gehörige Kupplungsgattung ist die der Federringkupplungen, bei welchen ein aufgeschnittener elastischer Ring infolge Kraftwirkung auf seine Enden einen Zylinder mitnimmt. Die Peugeot-Kupplung (Fig. 23) stellt ein recht sorgfältig durchdachtes Beispiel einer Federringkupplung dar. Auf dem Schwungrad ist der Zylinder a zentriert, auf dem Fortsatz der Maschinenwelle läuft in Kuppellagern ein Vollvierkant b, welcher wiederum das zur Unterbringung des Federringes c dienende Stück d trägt. Ungespannt legt sich der Ring zentrisch auf d; gespannt wird er durch Drehung des Zahnes e. Tritt diese ein, so wird der Ring mitgenommen und treibt nunmehr durch den erwähnten Vierkantantrieb, welcher die Kupplung vor den Einflüssen der Rahmenverbiegung schützt, die angeflanschte Zwischenwelle und damit das Getriebe. Die beiderseitige Verflanschung der Zwischenwelle ermöglicht leichtesten Abbau. Eine in einem Hohlzylinder untergebrachte Spiralfeder bewirkt den Anzug der Kupplung, indem sie diesen Hohlzylinder nach links drückt; er besitzt außen keilförmige Anläufe f, welche je nach der Bewegungsrichtung den Gabelhebel g und damit den Zahn e in dem einen oder anderen Sinne drehen und so den Ring c spannen oder entspannen. Federringkupplungen fassen durchweg sehr scharf, was naturgemäß nicht erwünscht ist; im vorliegenden Falle ist daher sanfteres Anziehen durch Einschaltung der Federung h angestrebt. Beim Lösen der Kupplung läuft Flansch i gegen die federnde Bremsbürste k, so daß die Bewegungsenergie der umlaufenden Massen vernichtet, das Umschalten und Bremsen also erleichtert wird. Die Hauptfeder ist durch die bequem zugängliche Mutter l einstellbar; ausgeglichen sind ihre beiderseitigen Kräfte nicht; das ist bei allen Radialkupplungen auch bedeutungslos, insofern hier nur geringe achsiale Kräfte auftreten. Die Ausführung der im Kraftwagenbau verwendeten Federringkupplungen ist eine recht mannigfache; viele Konstruktionen vermeiden die in Fig. 23 vorhandene Linienberührung zwischen dem Federring und dem auf ihn wirkenden Spannungsorgan, indem sie die Ringspannung durch Keil- oder Hebelwirkung vornehmen und damit auch noch eine weitere Einstellungsmöglichkeit erzielen. Darauf näher einzugehen, mangelt der Raum. Zwei Bauarten von Federringkupplungen verdienen jedoch in Anbetracht ihrer Eigenart noch Erwähnung. Textabbildung Bd. 323, S. 53 Fig. 24. Textabbildung Bd. 323, S. 53 Fig. 25. Die Daimler-Spiralbandkupplung (Fig. 24) benutzt statt des einfachen Federringes ein Spiralband a, welches die Trommel b mehrfach umfaßt und in gelöstem Zustand nur ein sehr geringes Spiel aufweist (½ mm). Bei einem 60 PS-Wagen ist der Trommeldurchmesser ∾ 160 mm. c ist der in dem als Ventilator ausgebildeten Schwungrad sitzende feste Endpunkt des Bandes; den anderen Endpunkt zieht der Hebel d an, sobald ihn Feder e und der achsial verschiebbare Kugelkörper f drehen. In der Nut g läuft der Ausrückring. Die Verbindungsschrauben i sitzen in Langlöchern des Stückes h, welches somit gegen das Schwungrad ein wenig verdreht werden kann. Dadurch läßt sich die federnde Spirale genau einstellen. Die Daimler-Kupplung zieht außerordentlich scharf an, weshalb auch versucht worden ist, sie mit einer Kegelkupplung zur Erzielung weicheren Angehens zu kombinieren.Vergl. „La France Automobile“ 1904, S. 124. Die zweite, noch erwähnenswerte Federringkupplung ist die der Firma Horch (Zwickau); ihre Wirkungsweise ist aus Fig. 25 ersichtlich. Eine treibende Trommel a ist mit dem Schwungrade verschraubt, eine getriebene (b) überträgt mittels Cardangelenk (Aufnahme der Formänderungen des Rahmens) die Drehung auf das Wechselgetriebe. Beide Trommeln besitzen an einem Ende einen Rand und fassen dadurch Ringe von trapezförmigem Querschnitt zwischen sich, welche nach Art von Kolbenringen gesprengt sind und somit federn. Verschiebt die mittels der Schrauben c nachstellbare Spiralfeder die Trommel b nach links, so federn die Ringe teils gegen a teils gegen b und vermitteln so die Mitnahme, d ist die Ausschaltnut. – Nach Versicherung der Firma Horch hat sich die Kupplung gut bewährt, so daß etwaige Bedenken, welche sonst die Lösung der Kupplung betreffen könnten, hinfällig sind. Wie bei Bremsen, so ist auch bei Kupplungen der Uebergang vom Federring zum Backen ein naheliegender gewesen, so daß Backenkupplungen gleichfalls in mancherlei Formen vorkommen. Man preßt die Mitnehmerbacken durch Keile, Schrauben oder Hebelantrieb an, bewirkt den Abhub durch Federn oder Zwanglauf und sorgt außerdem stets für sichere und gut zugängliche Nachstellung. Die hierher gehörigen Ausführungen entsprechen denen der Backenbremsen, auf welche schon früher verwiesen wurde. Als Beispiel sei Fig. 26 (Benz) angeführt. Die beiden Backen werden durch Spannschrauben mit Rechts- und Linksgewinde angedrückt, und diese Schrauben durch Muffenverschiebung und Hebelwerk gedreht. Textabbildung Bd. 323, S. 53 Fig. 26. Textabbildung Bd. 323, S. 53 Fig. 27. Scheibenkupplungen. Leder-Kegelkupplungen rücken, wie wir sahen, unter Umständen zu scharf ein, besonders wenn ihr Spitzenwinkel gering ist. Ein erster Schritt zur Abhilfe ergab sich aus der Weglassung des Leders, also der Verwendung reiner Metallkupplungen; der zweite wird der sein, den Spitzenwinkel groß zu wählen, also z.B. = 90°. Damit wäre die einfachste Form einer Metallscheibenkupplung gegeben, eine solche würde jedoch einen beträchtlicheren Anpressungsdruck nötig machen und bei schweren Fahrzeugen deshalb nicht mehr anwendbar sein. Dion-BoutonVergl. „Revue Francaise de Construction Automobile“ 1906, S. 75. hat bei seiner für kleinere Wagen bestimmten Scheibenkupplung (Fig. 27) diesen Druck schon dadurch gehälftet, daß er gegen die mit ihrer Welle a achsial verschiebbare Scheibe b zwei mit dem Schwungrad verbundene Scheiben (c und d) drückt; die Anpressung wird durch 20 Spiralfedern (e) besorgt, die Auskupplung durch Druck auf den Laufring f und daraus folgende Verschiebung der Muffe g mit entsprechender Bewegung der Hebel h. Die Schmierung der Metallscheiben erfolgt durch eingelassene und sich mit den Scheiben abnutzende Graphitstifte i, die Kühlung der eingekapselten Scheiben soll Oeffnung k in der Umkapselung durch Luftumlauf herbeiführen. Eine Einstellung der Plattenentfernung ist durch Verstellung der Muffe g auf ihrem Gewinde möglich; die Federn sind gar nicht nachstellbar. Die Konstruktion ist umständlich, vielteilig und teuer. (Schluß folgt.)