Titel: Neuerungen in der Ziegelindustrie.
Autor: G. Benfey
Fundstelle: Band 323, Jahrgang 1908, S. 584
Download: XML
Neuerungen in der Ziegelindustrie. Von G. Benfey. Lauban. (Fortsetzung von S. 572 d. Bd.) Neuerungen in der Ziegelindustrie. Textabbildung Bd. 323, S. 584 Fig. 9 u 10. Tonschraubenring von Schlickeysen. Der Altmeister Carl Schlickeysen, dem wir die Erfindung der Schraube für plastische Körper und ihre Anwendung in unserer Industrie und damit die Grundlage aller über die ganze Erde verbreiteten Schneckenpressen verdanken, hat in allerjüngster Zeit eine neue Erfindung, den Tonschraubenring in unsere Industrie eingeführt. Er ist zwar bis jetzt noch nicht praktisch verwertet, scheint aber eine so wesentliche Verbesserung des Arbeitsganges innerhalb des Tonschneiders, wie der kontinuierlichen Strangpresse zu bedeuten, daß er an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben darf. Wie aus Fig. 9 und 10 ersichtlich, hat dieser Tonschraubenring die Gestalt eines Hohlzylinders mit konischer Aufnahmeerweiterung, der mit letzterer gegen das Druckende der Tonschraube gerichtet in einem Preßzylinder eingesetzt wird, um allen von der Tonschraube beförderten Ton zu verdichten und damit die Luft auszutreiben, ihn blasenfrei zu machen. Sobald der Ton den Ring verlassen hat, hört der Druck zwar auf, dagegen wird der Ton wieder von der nächstfolgenden Schraube ergriffen und dem weiter angebrachten Tonschraubenring zur erneuten Verdichtung und Verreibung übergeben usw., bis zur Auspressung aus dem Tonschneider oder dem Preßmundstücke. Durch dieses energische Gegeneinanderarbeiten von Tonschraube und die durch den Ring verursachte Verengung des Zylinders soll eine kräftige Längs- und Querverschiebung der innern Tonteilchen und dadurch eine innige Mischung, Dichtheit und vor allen Dingen Strukturfreiheit erzielt werden. Textabbildung Bd. 323, S. 584 Fig. 11.Einkarrwagen (Karusselwagen) von Keller. Der bereits in meinen vorjährigen Ausführungen erwähnte Keller-Trockenapparat hat inzwischen wesentliche Verbesserungen erfahren und bildet sich immer mehr dazu aus, das fehlende Glied zwischen Formgebung und Brennern in dem von Witterung dann unabhängigen Ziegeleibetriebe zu werden. Es stehen letzterer ja eine Menge Trocknereien zur Verfügung, aber sie sind entweder in ihrer Haupttätigkeit von der äußeren Luft abhängig, deshalb unzuverlässig in Beziehung auf die Länge des Trockenprozesses, oder sie sind nur einem bestimmten Materiale, einer bestimmten Ware angepaßt, versagen deshalb leicht beim Wechsel derselben. All dieses zu vermeiden, eine Trockeneinrichtung zu beschaffen, die allen Textabbildung Bd. 323, S. 585 Fig. 12.Rähmchenwagen von Keller. Textabbildung Bd. 323, S. 585 Fig. 13.Senkbares Drehgerüst von Keller. Ansprüchen genügt, vollständig unabhängig von der äußeren, stets wechselnden Witterung ist, dabei billig in Beziehung auf Heizmaterial, wie menschliche Arbeitskraft schafft, darauf arbeitet die Keller-Trockeneinrichtung hin und hat auf diesem Gebiete schon so wesentliche Erfolge erzielt, daß es sich wohl lohnt, näher hier darauf einzugehen. Zunächst erscheint es als wesentliche Verbesserung, daß die Trockeneinrichtung jetzt über dem Ofen angebracht wird, um auch die Wärme zum Trocknen ausnutzen zu können, die selbst der bestgebaute Ofen nach oben durch sein Gewölbe ausstrahlt. Da ferner der Ringofen der meist angewendete Ofen in der Ziegelindustrie ist, so ergibt es sich von selbst, daß sein fortschreitender, in sich selbst zurückkehrender Betrieb auf die darüber gebaute Trocknerei übertragen und diese ihm angepaßt wird. Dadurch wird es Keller möglich die abgehende Ofenwärme gewissermaßen als natürliche, kostenlose Wärmequelle zu benutzen, denn nur die Luft wird zum Trocknen benutzt, die sonst nutzlos verloren gehen würde, höchstens noch die, welche sonst zum Vorschmauchen der Ware verwendet wird. Keller liefert aber dafür die Ware so warm und vollständig ausgetrocknet dem Ofen, daß ein Schmauchen völlig entbehrt werden kann. Diese Ofenwärme, wie der Abdampf vom Kessel oder Maschine genügen in den weitaus meisten Fällen, die Ware vollkommen zu trocknen also auf möglichst billigem Wege. Besonderen Wert legt Keller ferner auf den billigen Transport der Formlinge, möglichste Ersparung der menschlichen Arbeitstätigkeit und Vermeidung jeder Berührung der Formlinge, die bei den Massen, welche hier zu behandeln sind, fast stets schädigend auf den einzelnen Formung einwirkt. Um diese Zwecke zu erreichen, hat Keller eine Anzahl genial ausgedachter Hilfswerkzeuge eingeführt, die den Transport der Formlinge von der formgebenden Presse in die und aus der Trockenanlage bis in den Ofen hinein fast vollständig selbsttätig gestalten. Zunächst ist in unmittelbarer Nähe der Presse bei dem Abschneidetische ein Elevator so angebracht, daß der Abnehmer die Formlinge bequem auf die in dem Elevator befindliche Rahmen setzen kann. Der Elevator ist so breit ausgeführt, um die der Breite des Trockenganges entsprechenden Rähmchen aufnehmen und nach oben befördern zu können. Er ist mit einem ganz sperrbaren Schneckengetriebe versehen, der Antrieb erfolgt durch eine Friktionsscheibe. Zufolge des ganz sperrbaren Schneckengetriebes ist ein besonderes Festhalten beim Ausrücken nicht erforderlich. Außer der selbsttätigen Ausrückvorrichtung, sobald die Formlinge oben dem Elevator entnommen werden sollen, ist noch eine besondere Ausrückvorrichtung vorhanden, die von dem Einsetzer an der Presse benutzt werden kann, um den Elevator, im Falle die Presse zu wenig Ziegel liefert, ab und zu still zu setzen. Der Ablaßelevator, dazu bestimmt, die Formlinge von der Höhe des Trockenraumes auf die Sohle des Ofens zu bringen, stellt genau denselben Apparat dar, nur daß derselbe nicht angetrieben, sondern durch das Gewicht der Formlinge bewegt wird. Auch dieser ist mit selbsttätiger Aus- und Einrückung versehen, die durch das Uebertragen beim Ein- bezw. Ausfahren auf dem selbsttätigen Wagen betätigt wird. Anstatt eines ganz sperrbaren Schneckengetriebes besitzt derselbe ein halb sperrbares, und wird es durch angeordnete Bremsen auf dem bestimmten Punkte gehalten ebenfalls, wie erwähnt, selbsttätig. Außerdem ist der Ablaßelevator mit einer Luftbremse versehen, um ein allzuschnelles Laufen zu verhindern. Textabbildung Bd. 323, S. 586 Fig. 14.Schiebebühne mit Ueberbrückungsgleis von Keller. Textabbildung Bd. 323, S. 586 Fig. 15.Gleisstuhl von Keller. Auf der Sohle des Ofen werden die Formlinge von dem Karusselwagen (Fig. 11) dem Niederlaßelevator entnommen. Ist dieser ganz mit Ziegeln besetzt, und sind die untersten Etagen in der Höhe des Karusselwagen unten angelangt, so hält der Elevator an und werden alsdann die auf der einen Seite des Wagens befindlichen Arme unter die Rähmchen geschoben; in demselben Augenblicke sinkt der Elevator einige Zentimeter herunter, und setzt die Rähmchen mit den Formungen auf die untergeschobenen Arme des Karusselwagens. Alsdann wird dieser zurückgezogen und das Oberteil des Wagens auf dem festen Untergestell umgedreht, um die auf den anderen Seite sich befindlichen Arme wieder in den Elevator zu schieben und zu beladen. Während dem der Karusselwagen herausgezogen und umgedreht wird, senkt sich der Elevator um so viel Etagen, wie Arme an der einen Seite des Wagens vorhanden sind. Nach der zweiten Beladung fährt der vollbesetzte Wagen zum Ofen, währenddessen der Elevator wiederum sich senkt. Textabbildung Bd. 323, S. 586 Fig. 16.Einkarrwagen von Keller. Der Karusselwagen ist sehr niedrig gebaut, damit man mit ihm durch die kleinsten Ofentüren fahren kann. Das Abnehmen der Formlinge zum Einsetzen in den Ofen ist vermöge der Drehbarkeit des Wagens sehr leicht und verbilligt jene Arbeit erheblich. Die entleerten Rähmchen werden zunächst von dem Karusselwagen bis vor den Ofen gebracht, dann von dem Rähmchenwagen (Fig. 12) aufgenommen, der sie nach der Presse bezw. nach dem Elevator zum Wiedereinlegen in letzteren befördert. Bei Trockenanlagen zu ebener Erde werden die Formlinge von der Presse in ein sogen. Drehgerüst, welches entweder stabil oder senkbar (Fig. 13) ausgeführt wird, eingesetzt. Das senkbare Drehgerüst bezweckt, daß die Ziegel von dem Abnehmer ziemlich in Handhöhe abgesetzt werden können. Es ist mit Federn und Gegengewicht versehen und zweiteilig, wobei sich jede Seite unabhängig von der anderen senkt und hebt. Die Seite, welche leer ist, befindet sich in der höchsten, jene, welche beladen ist, in der tiefsten Lage. Das Senken erfolgt beim Einlegen der Formlinge unter dem Gewicht derselben allmählich. Ist das Gerüst auf der einen Seite voll beladen, so wird es umgedreht. Gleichzeitig hebt sich diese Seite vermittels Federn, Gewichte und schiefer Ebene, und zwar genau zu der Höhe, daß die Etagen zu dem selbsttätigen Wagen passen und die Formlinge ausgefahren werden können. Textabbildung Bd. 323, S. 587 Fig. 17.Harmonikawagen von Keller. Während das Gerüst auf der einen Seite ausgefahren wird, wird es auf der anderen Seite neu belegt. Das stabile Drehgerüst senkt sich dahingegen nicht, kann aber, wie das senkbare Gerüst, wenn es auf der einen Seite belegt ist, herumgedreht werden, so daß dann die nicht belegte Seite dem Absetzer zugewendet ist und ohne jede Störung des Betriebes belegt werden kann. Das Einfahren der nassen Formlinge von dem Drehgerüste in die Trockenanlage geschieht, wie früher erwähnt, mit dem selbsttätigen Absetzwagen, welcher sich in den Korridoren, d.h. in dem Raume vor den Trockengängen, auf Schiebebühnen und in den Trockengängen auf Gleisen bewegt. In den früheren Anlagen waren die Korridore mit Wendeplatten belegt, zum Befahren und Wenden der selbsttätigen Wagen, welche Platten sich jedoch infolge ihres leichten Werfens hier schlecht bewährten. Sie sind deshalb in den neueren Anlagen durch Schiebebühnen ersetzt. Diese Schiebebühnen werden in zweifacher Art ausgeführt, in gewöhnlicher Art und mit beweglichem Ueberbrückungsgleis (Fig. 14). Diese Einrichtung erwies sich als notwendig, damit man mit derselben bei Anlagen mit nur einem Korridore, auf dem zugleich das Ein- und Ausfahren geschieht, vorbeifahren kann. Den Korridor durchziehen Doppelgleise. Auf dem einen Gleise bewegt sich eine einteilige Schiebebühne zunächst den Trockengängen, auf dem anderen Gleise dagegen eine Schiebebühne mit beweglichem Ueberdrückungsgleise. Dieses ist mit der Schiebebühne derart verbunden, daß das Auf- und Abklappen desselben fast von selbst erfolgt. Da man nun mit dem selbsttätigen Ziegelwagen zufolge seiner Höhe und der langen Rähmchen nicht direkt in den Ofen fahren kann, ist ein sogen. Einkarrwagen mit Gleisstuhl (Fig. 15) geschaffen. Die Formlinge werden mit dem selbsttätigen Wagen aus der Trockenanlage gefahren und von diesem in dem sogen. Einkarrwagen abgesetzt. Im Falle die Ofentüren eine ziemliche Höhe haben, genügt ein einfacher Einkarrwagen (Fig. 16), bei niedrigen Ofentüren kommt ein sogen. Harmonikawagen (Fig. 17) in Frage; dessen Etagen, wenn der Wagen beladen ist, zusammengeschoben werden, und zwar um so viel, als Raum zwischen den einzelnen Etagen vorhanden ist. Diese Wagen können bis zu einer Höhe von 1,45 m zusammengedrückt werden und zwar bei sechs Etagen. Der zum Umladen der Formlinge von dem selbsttätigen Wagen in den Einkarrwagen dienende Gleisstuhl besitzt ein unterbrochenes Gleis, welches selbsttätig durch das Aus- und Einfahren betätigt wird. Das Gleis zu dem Einkarrwagen liegt in der Querrichtung des selbsttätigen Wagens. Die Heizungsanlage der Kellerschen Trocknerei erfolgt je nach dem vorliegenden Materiale entweder mit Wasserheizung oder Dampfheizung oder mit beiden gleichzeitig. Es ist so ermöglicht die Ziegel durch Wasserheizung langsam vorzutrocknen und durch Dampfheizung vollständig nachzutrocknen. Dies ist von besonderem Vorteile, da man es hierdurch in der Hand hat, die Wärmezuführung genau nach dem vorliegenden Materiale einzurichten. (Schluß folgt.)